Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. März 2002
Aktenzeichen: 23 W (pat) 28/00

(BPatG: Beschluss v. 19.03.2002, Az.: 23 W (pat) 28/00)

Tenor

Der Antrag der Anmelderin auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 R des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 1. April 1996 mit der Bezeichnung "Kontaktelementgruppe einer elektrotechnischen Mehrfachsteckverbindung für elektrische Geräte" eingereichte Patentanmeldung nach einem Beanstandungsbescheid vom 29. Januar 1997 und einer schriftlichen Stellungnahme der Anmelderin vom 2. April 1997 durch Beschluss vom 9. Mai 2000 zurückgewiesen. Die Prüfungsstelle führt darin aus, dass unabhängig von der Frage einer unzulässigen Erweiterung der geltende Patentanspruch 1 jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Hiergegen richtete sich die ursprüngliche Beschwerde der Anmelderin. Zwischenzeitlich hat sie ihre Patentanmeldung zurückgezogen und hierzu erklärt, dass die parallele europäische Patentanmeldung inzwischen zur Patenterteilung mit Wirkung für Deutschland geführt habe.

Die Anmelderin beantragt nunmehr noch, ihr die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Entgegen ihrem vor dem Patentamt gestellten Antrag sei ihr die Möglichkeit abgeschnitten gewesen, den Prüfer über den Sachverhalt in einem Anhörungstermin aufzuklären. Diese Verweigerung des rechtlichen Gehörs rechtfertige zugleich die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Prüfungsstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin war ursprünglich zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 73 Abs 1 und 2 PatG. Nachdem sich die Beschwerde durch die Rücknahme der Anmeldung erledigt hat, ist nur noch über den Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr zu entscheiden. Dieser Antrag ist nicht begründet.

Nach § 80 Abs 3 PatG kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden. Nach gefestigter Rechtsprechung kommt dies nur in Betracht, wenn die Einbehaltung der Gebühr unbillig wäre (vgl zB Busse, PatG, 5. Aufl, § 80 Rdn 95). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn die Beschwerde bei sachgemäßer Behandlung durch die Prüfungsstelle vermeidbar gewesen wäre. Dies kann zB bei Verfahrensfehlern seitens des Patentamts der Fall sein (siehe Busse aaO).

Eine unsachgemäße, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigende Verfahrensweise kann dem Patentamt indes nicht vorgeworfen werden. Insbesondere ist die Anmelderin nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Dieser Anspruch wird nicht nur durch eine Anhörung verwirklicht, sondern es genügt in Verfahren ohne obligatorische mündliche Verhandlung regelmäßig, wenn das Vorbringen der Beteiligten bei der Entscheidung berücksichtigt wird und sie zu den wesentlichen Gesichtspunkten Stellung nehmen können. Dazu gehört in den Verfahren vor den Prüfungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts auch, dass ausreichend Gelegenheit gegeben wird, zu Beanstandungsbescheiden Stellung zu nehmen.

Dies ist geschehen. Auf den Beanstandungsbescheid der Prüfungsstelle vom 29. Januar 1997 mit einer ausreichend bemessenen Frist zur Stellungnahme von vier Monaten hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 2. April 1997 erwidert. Ein weiterer Beanstandungsbescheid war auch nicht deshalb veranlasst, weil das Patentamt seine Entscheidung auf neue Gesichtspunkte gestützt hätte. Auf den neuen Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung hat die Prüfungsstelle ihre Entscheidung ausdrücklich nicht gestützt, sondern sie hat diese Frage offen gelassen, so dass es auch insoweit keines weiteren Hinweises bedurfte.

Eine unsachgemäße Vorgehensweise kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Patentamt nach dem Beanstandungsbescheid vom 29. Januar 1997 und der Eingabe der Anmelderin vom 2. April 1997 mit neu formulierten Patentansprüchen dem Hilfsantrag auf die Anberaumung eines Anhörungstermins nicht stattgegeben hat. Die Verweigerung eines beantragten Anhörungstermins stellt nämlich nicht schon für sich genommen einen Verfahrensfehler dar. Eine Anhörung muss nur dann stattfinden, wenn sie sachdienlich ist, § 46 Abs 1 Satz 2 PatG. Die Sachdienlichkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, wobei der Prüfer einen Beurteilungsspielraum hat (vgl Busse, 5. Aufl, § 46 Rdn 13).

Zur Frage der Erfindungshöhe war im Beanstandungsbescheid ausgeführt, es sei naheliegend, bei einer Mehrfachsteckverbindung mit im Basisbereich eingearbeitetem Gewinde eine zusätzliche Crimphülse vorzusehen. In ihrer Erwiderung hat die Anmelderin dazu lediglich ausgeführt, dass der Anmeldegegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, weil erstmals eine Mehrfachsteckverbindung mit einem Crimpanschluß versehen worden sei. Diese Argumentation setzt sich nur scheinbar mit der Frage der Erfindungshöhe auseinander. Denn die Erfindungshöhe wird hier ausschließlich mit der Neuheit begründet. Es ist schon im Hinblick auf § 1 Abs 1 PatG offensichtlich, dass eine solche Begründung jedenfalls keinen Anknüpfungspunkt darstellt, der bei einer Anhörung sinnvoll weiter erörtert oder geklärt werden könnte. In der Beurteilungsfrage zur Erfindungshöhe standen sich die Ansichten der Anmelderin und des Prüfers gegenüber. Zum damaligen Zeitpunkt war nach Aktenlage bei einem Anhörungstermin zu dieser Frage somit nur der Austausch der konträren Standpunkte zu erwarten. Bei dieser Ausgangslage kann es nicht beanstandet werden, wenn der Prüfer eine Anhörungstermin nicht für sachdienlich gehalten und deshalb nicht durchgeführt hat. Wesentliche Gesichtspunkte, die für eine Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung sprechen könnten, hat die Anmelderin im übrigen erst im Beschwerdeverfahren vorgetragen.

Nach alledem konnte der Antrag der Anmelderin keinen Erfolg haben.

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BPatG:
Beschluss v. 19.03.2002
Az: 23 W (pat) 28/00


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