Bundesgerichtshof:
Urteil vom 1. August 2014
Aktenzeichen: I ZR 19/13

(BGH: Urteil v. 01.08.2014, Az.: I ZR 19/13)

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. Januar 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, für den ungefähr 450 als "Vertrauensleute" bezeichnete Versicherungsvermittler tätig sind. Diese sind ausschließlich an den Beklagten vertraglich gebunden.

Die Agenturverträge zwischen dem Beklagten und den Vertrauensleuten sehen vor, dass diese in gewissem Umfang auch Versicherungen für andere, als "Kooperationspartner" bezeichnete Versicherer vermitteln können, die Versicherungen außerhalb des Leistungsspektrums des Beklagten anbieten. Zu diesen Kooperationspartnern zählen die H. Krankenversicherung AG und die B. Krankenversicherung AG. Der Beklagte hat die Vertrau- ensleute angewiesen, Versicherungsverträge, die sie für Kooperationspartner vermittelt haben, über die I. GmbH, einen nicht gebundenen Versicherungsvermittler (im Weiteren: I. GmbH), weiterzuleiten. Die Vertrauensleute sind bei ihrer Ver- mittlertätigkeit ausschließlich über den Beklagten versichert. Soweit sie für andere Unternehmen Versicherungen vermitteln, werden sie nicht zusätzlich von diesen versichert und unterhalten auch keine eigene zusätzliche Versicherung. Die von den Vertrauensleuten des Beklagten für dessen Kooperationspartner vermittelten Versicherungsverträge machen rund 3% des Geschäftsvolumens des Beklagten aus.

Die Klägerin, eine Versicherungsmaklerin, ist der Ansicht, die Vermittlung von Versicherungen für die Kooperationspartner durch die Vertrauensleute des Beklagten sei mit § 34d GewO unvereinbar. Zumindest benötigten die Vertrauensleute für die Vermittlung solcher Versicherungen eine eigene oder von den Kooperationspartnern gestellte Haftpflichtversicherung. In jedem Fall sei die Weiterleitung der abgeschlossenen Versicherungsverträge an die Kooperationspartner über die I. GmbH unzulässig.

Die Klägerin hat beantragt, 1. dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, seine Versicherungsvertreter, die er nach § 34d Abs. 4 GewO als gebundene Versicherungsvertreter zum Versicherungsvermittlerregister angemeldet hat, anzuweisen oder diese in sonstiger Weise zu veranlassen, a) Versicherungsverträge mit Versicherungsunternehmen, die nicht zu der It. Versicherungsgruppe gehören (sog. Kooperationspartner des Beklagten), insbesondere mit der H. Krankenversicherung AG zu vermitteln, b) den Abschluss solcher Verträge mittelbar oder unmittelbar zu fördern, insbesondere mündliche oder schriftliche Angebote oder Anfragen an die I. GmbH weiterzuleiten; 2. dem Beklagten zu gebieten, seine gebundenen Versicherungsvertreter aufzufordern, a) es zu unterlassen, Versicherungsverträge mit Versicherungsunternehmen, die nicht zu der It. Versicherungsgruppe gehören (sog. Ko- operationspartner des Beklagten), insbesondere mit der H. Krankenversicherung AG zu vermitteln und/oder den Abschluss solcher Verträge mittelbar oder unmittelbar zu fördern, insbesondere derartige Angebote oder Anfragen an die I. GmbH weiterzuleiten, b) Interessenten von Versicherungsprodukten mitzuteilen, dass sie ausschließlich Versicherungsverträge mit Versicherungsprodukten der It. Versicherung anbieten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge - ebenso wie die damit übereinstimmenden Hauptanträge der Klägerin im vorangegangenen Verfügungsverfahren (vgl. OLG Schleswig, VersR 2011, 115, 116 f. unter 1) - gleichfalls als nicht begründet angesehen und die Berufung der Klägerin daher zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Klageanträge seien hinreichend bestimmt gefasst. Die Wendung "mittelbar oder unmittelbar zu fördern" mache deutlich, dass das Unterlassungsbegehren jegliche Mithilfe der Vertrauensleute beim Zustandekommen der beanstandeten Versicherungsverträge erfassen solle. Begriffe oder ausführlichere Wendungen gleicher inhaltlicher Reichweite mit genauerer abschließender Beschreibung der erfassten Verhaltensformen seien nicht ersichtlich. Der Begriff "It. Versicherungsgruppe" sei bestimmt, weil die dieser angehörenden Unternehmen aus der Verbraucherinformation des Beklagten ersichtlich seien.

Die Klageanträge seien aber unbegründet, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Vermittler nach § 34d Abs. 4 GewO keiner Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO bedürfe, im Streitfall vorlägen. Es sei weder nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte noch nach dem Zweck dieser Bestimmungen unzulässig, wenn die Vertrauensleute des Beklagten Krankenversicherungen der H. Krankenversicherung AG oder eines anderen Krankenversicherers anböten oder vermittelten, ohne dass diese Unternehmen neben dem Beklagten eine zusätzliche uneingeschränkte Haftung für die Versicherungsvermittler übernommen hätten. Auch die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts stünden der Tätigkeit der Versicherungsvermittler des Beklagten für die Kooperationspartner nicht entgegen. Die Einschaltung der I. GmbH sei ebenfalls nicht zu beanstanden.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Die Klage ist zulässig.

a) Das Berufungsgericht hat die Klageanträge mit Recht als hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig angesehen. Die Verwendung der Formulierung "mittelbar oder unmittelbar zu fördern" in den Klageanträgen zu 1b und 2a begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, weil der Beklagte und gegebenenfalls auch das Vollstreckungsgericht durch Auslegung ermitteln kann, welche Verhaltensweisen hiervon erfasst sind (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 1993 - I ZR 42/91, GRUR 1993, 556, 557 = WRP 1993, 399 - TRIANGLE, zum Begriff des Gestattens [insoweit nicht in BGHZ 121, 242]; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10, GRUR 2012, 411 Rn. 27 = WRP 2012, 453 - Glücksspielverband, zur Formulierung "zu ermöglichen und/oder ... ermöglichen zu lassen"). Die Klägerin hat zudem durch den Zusatz "insbesondere mündliche oder schriftliche Angebote oder Anfragen an die I. GmbH weiterzuleiten" verdeutlicht, worin sie das Charakteristische der von ihr gesehenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweise des Beklagten sieht (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 26 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 12 Rn. 2.46 mwN).

Das vorstehend Ausgeführte gilt auch insoweit, als die Revisionserwiderung die im Klageantrag zu 1 verwandte Formulierung "oder diese in sonstiger Weise zu veranlassen" ebenfalls als unbestimmt rügt. Die Wendung besagt, dass dem Beklagten (auch) verboten werden soll, seine gebundenen Versicherungsvermittler in anderer Weise als durch Anweisungen dazu zu bewegen, in der nachfolgend unter a und b des Klageantrags zu 1 beschriebenen Weise tätig zu werden.

b) Mit dem Klageantrag zu 2 verfolgt die Klägerin Beseitigungsansprüche. Das Rechtsschutzbedürfnis für diese Klageanträge ergibt sich daraus, dass der Beklagte durch die von der Klägerin beanstandete Verhaltensweise - das Vorliegen eines Rechtsverstoßes unterstellt - einen fortdauernden Störungszustand geschaffen hat, der fortbesteht, solange die Störungsstelle nicht beseitigt ist. In einem solchen Fall besteht ein Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb, weil der Beseitigungstitel nicht wie der Unterlassungstitel nach § 890 ZPO, sondern nach § 887 ZPO oder § 888 ZPO vollstreckt wird (Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 1.72).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin stehen die auf § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO gestützten Abwehransprüche nicht zu, weil die für den Beklagten in seiner Vertriebsorganisation tätigen Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 4 GewO von der in § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO bestimmten Erlaubnispflicht befreit sind.

a) Nach der zur Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung mit Wirkung vom 22. Mai 2007 in die Gewerbeordnung eingefügten Bestimmung des § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf derjenige, der als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter gewerbsmäßig den Abschluss von Versicherungsverträgen vermitteln will, grundsätzlich einer Erlaubnis der zuständigen Industrie- und Handelskammer. Diese Regelung bezweckt - ebenso wie die ihr zugrundeliegende Richtlinie 2002/92/EG (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - C-555/11, juris Rn. 25 bis 27 - EEAE u.a./Ypourgos Anaptyxis u.a.) - die Schaffung eines hohen beruflichen Niveaus der Versicherungsvermittlung und die Harmonisierung des unionsweiten Vermittlermarkts durch die Beseitigung von Hindernissen für die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr sowie die Verbesserung des Verbraucherschutzes (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, BT-Drucks. 16/1935 S. 1 f. und 13; VG Bremen, Urteil vom 2. November 2011 - 5 K 3670/07, juris Rn. 26; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 34d Rn. 3 mwN). Die Bestimmung des § 34d GewO ist daher eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, die eine unionsrechtskonforme Reglementierung der Berufsausübung darstellt (BGH, Urteil vom 18. September 2013 - I ZR 183/12, GRUR 2013, 1250 Rn. 9 und 11 = WRP 2013, 1585 - Krankenzusatzversicherungen; Urteil vom 6. November 2013 - I ZR 104/12, GRUR 2014, 88 Rn. 14 = WRP 2014, 57 - Vermittlung von Netto-Policen, jeweils mwN).

b) Nach § 34d Abs. 4 GewO bedarf ein Versicherungsvermittler keiner Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO, wenn er seine Tätigkeit ausschließlich im Auftrag eines oder, soweit die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen, mehrerer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugter Versicherungsunternehmen ausübt und das oder die Versicherungsunternehmen für ihn die uneingeschränkte Haftung aus seiner Vermittlertätigkeit übernehmen. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber von der für vertraglich gebundene Versicherungsvermittler im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie 2002/92/EG in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 und Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 und Abs. 3 dieser Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit einer Ausnahme von der Erlaubnispflicht mit Sachkundeprüfung Gebrauch gemacht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/1935 S. 19 und 20; Dörner in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., § 34d GewO Rn. 17; Schönleiter in Landmann/

Rohmer, Gewerbeordnung, 55. Lief. August 2009, § 34d Rn. 108; Schulze-Werner in Friauf, Gewerbeordnung, 254. Lief. September 2011, § 34d Rn. 83). Die Eintragung der erforderlichen Angaben in das gemäß § 11a GewO von der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer geführte Vermittlerregister erfolgt in diesem Fall nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VAG auf Veranlassung des Vermittlers durch das oder die Versicherungsunternehmen, für das oder die der Vermittler ausschließlich tätig wird. Das oder die Versicherungsunternehmen haben nach § 80 Abs. 2 und 3 Satz 2 VAG sicherzustellen, dass der Vermittler über eine angemessene Qualifikation verfügt und die Voraussetzungen des § 34d Abs. 4 GewO vorliegen. Die Industrie- und Handelskammer nimmt, da sie in solchen Fällen keine Erlaubnis erteilt, insoweit auch keine Prüfung vor (Schönleiter in Landmann/Rohmer aaO § 34d Rn. 109; Schulze-Werner in Friauf aaO 262. Lief. August 2012, § 34d Rn. 84).

c) Die Voraussetzungen des § 34d Abs. 4 GewO liegen im Streitfall auch vor.

aa) Im Schrifttum ist allerdings umstritten, ob und inwieweit die in § 34d Abs. 4 Nr. 1 GewO geregelte Voraussetzung, dass der Versicherungsvermittler seine Tätigkeit ausschließlich im Auftrag eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmers ausübt, auch dann erfüllt ist, wenn der gebundene Versicherungsvermittler mit Zustimmung des Versicherungsunternehmens in dessen ausschließlichem Auftrag er seine Tätigkeit ausübt, nicht in Konkurrenz stehende Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermittelt. Weit überwiegend wird hierzu die Ansicht vertreten, dass eine solche Versicherungsvermittlung zwar an sich dem Bild des gebundenen Versicherungsvertreters grundsätzlich widerspricht, gleichwohl aber dann zulässig ist, wenn sie nur einen geringen Teil der Tätigkeit des Vertreters ausmacht (vgl. Schulze-Werner in Friauf aaO 262. Lief. August 2012, § 34d Rn. 88; Schönleiter in Landmann/Rohmer aaO 58. Lief. Mai 2011, § 34d Rn. 115; Ramos in Pielow, Beck'scher Online-Kommentar Gewerberecht, Stand 1.1.2013, § 34d Rn. 121; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat aaO § 34d Rn. 96; aA Michaelis in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl., § 34d GewO Rn. 41 f.) und die Vereinbarung zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem gebundenen Vermittler hinreichend bestimmt gefasst ist (Schönleiter in Landmann/Rohmer aaO 58. Lief. Mai 2011, § 34d Rn. 118). Für diese Ansicht spricht neben dem Wortlaut des § 34d Abs. 4 Nr. 1 GewO auch der Umstand, dass der Gesetzgeber beim Erlass des § 34d GewO im Jahr 2007 nicht hat erkennen lassen, dass er die Möglichkeit gebundener Vermittler, die Produkte dritter Versicherungsunternehmen anzubieten, mit der gesetzlichen Neuregelung des Rechts der Versicherungsvermittlung hat unterbinden wollen (vgl. Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat aaO; Hansen, VersR 2011, 118).

Aus dem Unionsrecht ergeben sich in dieser Hinsicht ebenfalls keine Bedenken. Die Richtlinie 2002/92/EG legt nach ihrem Art. 4 Abs. 6 lediglich ein Mindestmaß an beruflichen Anforderungen für die innerhalb des Hoheitsgebiets der einzelnen Mitgliedstaaten eingetragenen Versicherungsvermittler fest. Auch die Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 und Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Richtlinie stellen keine Anforderungen, die einer Konzeption entgegenstehen, wie sie im Streitfall zu beurteilen ist. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 sieht vor, dass vertraglich gebundene Versicherungsvermittler von einem Versicherungsunternehmen oder einem Zusammenschluss von Versicherungsunternehmen unter der Aufsicht einer zuständigen Behörde eingetragen werden können. Nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 können die Mitgliedstaaten für die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 genannten Fälle vorsehen, dass das Versicherungsunternehmen prüft, ob die Kenntnisse und Fertigkeiten der betreffenden Vermittler den Anforderungen nach Unterabs. 1 des vorliegenden Absatzes entsprechen, und ihnen gegebenenfalls eine Ausbildung verschafft, die den Anforderungen im Zusammenhang mit den von ihnen vertriebenen Produkten entspricht.

bb) Ebenfalls nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, ob das für die Erlaubnisfreiheit der Tätigkeit eines gebundenen Versicherungsvermittlers nach § 34d Abs. 4 Nr. 2 GewO bestehende Erfordernis der Haftungsübernahme nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung auch dann als erfüllt anzusehen ist, wenn - wie im Streitfall - allein das Versicherungsunternehmen, für das der Vermittler in erster Linie tätig ist, die uneingeschränkte Haftung auch für dessen übrige Vermittlungstätigkeiten übernimmt (so Schulze-Werner in Friauf aaO 262. Lief. August 2012, § 34d Rn. 88 aE; Schönleiter in Landmann/Rohmer aaO 58. Lief. Mai 2011, § 34d Rn. 121; Dörner in Prölss/Martin aaO § 34d Rn. 24; Ambs in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 188. Lief. Januar 2012, § 34d GewO Rn. 10; im Ergebnis ebenso Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat aaO § 34d Rn. 96 und Ramos in Pielow aaO § 34d Rn. 123; aA Adjemian/Dening/Klopp/Kürn/Moraht/Neuhäuser, GewArch 2009, 186, 187). Dem mit § 34d Abs. 4 Nr. 2 GewO verfolgten Verbraucherschutzzweck wird bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass in solchen Fällen das Versicherungsunternehmen, das den Vermittler gemäß § 34d Abs. 7 GewO in Verbindung mit § 80 Abs. 3 VAG anmeldet, damit nach § 34d Abs. 7 Satz 3 GewO kraft Gesetzes die uneingeschränkte Haftung für dessen gesamte Vermittlertätigkeit übernimmt (Schulze-Werner in Friauf aaO 262. Lief. August 2012, Rn. 89; Schönleiter in Landmann/Rohmer aaO 58. Lief. Mai 2011, § 34d Rn. 121; Dörner in Prölss/Martin aaO; Ambs in Erbs/Kohlhaas aaO; Hansen, VersR 2011, 118 f.; im Ergebnis ebenso Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat aaO; abweichend Ramos in Pielow aaO Rn. 123 aE; aA Schwintowski in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, 9. Aufl., § 59 Rn. 48). Diese Sichtweise entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der die Haftungsübernahmeerklärung eines Versicherungsunternehmens als entscheidend für die in § 34d Abs. 4 GewO geregelte Befreiung von dem in § 34d Abs. 1 GewO bestimmten grundsätzlichen Erlaubniszwang ansieht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/1935 S. 19), und steht im Übrigen auch mit dem Unionsrecht in Einklang. Nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92/EG ist das dort geregelte Erfordernis, dass für die Tätigkeit des Versicherungsvermittlers eine hinreichende Berufshaftpflichtversicherung oder eine andere gleichwertige Garantie besteht, nicht nur dann erfüllt, wenn eine solche Versicherung oder Garantie von dem Unternehmen, in dessen Namen der Vermittler handelt, gestellt worden ist oder dieses Unternehmen die unbeschränkte Haftung für das Handeln des Vermittlers übernommen hat, sondern auch dann, wenn ein anderes Unternehmen, für das der Vermittler zu handeln befugt ist, eine solche Versicherung oder Garantie gestellt oder die unbeschränkte Haftung für das Handeln des Vermittlers übernommen hat.

cc) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die Vertrauensleute des Beklagten auch insoweit gemäß § 34d Abs. 4 GewO von der in § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO bestimmten grundsätzlichen Erlaubnispflicht befreit sind, als sie nach den Agenturverträgen mit dem Beklagten in gewissem Umfang Versicherungen für sogenannte Kooperationspartner vermitteln können, die Versicherungen außerhalb des Leistungsspektrums des Beklagten anbieten.

(1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Vertriebsmodell des Beklagten führe dazu, dass seine Vertrauensleute Versicherungen anderer Versicherer vermittelten, ohne den nach § 34d Abs. 1 und 2 Nr. 4 GewO erforderlichen Nachweis ihrer Sachkunde geführt zu haben. Die Eintragung in das Vermittlerregister nach § 11a GewO erfolgt beim Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VAG auf Veranlassung des Vermittlers durch das oder die Versicherungsunternehmen, für die der Vermittler ausschließlich tätig ist. In diesem Zusammenhang ist es nach § 80 Abs. 2 VAG Sache des jeweiligen Versicherungsunternehmens sicherzustellen, dass nicht nur die Voraussetzungen des § 34d Abs. 4 GewO vorliegen, sondern der Vermittler auch über eine angemessene Qualifikation verfügt. Die insoweit in § 80 Abs. 2 und 3 VAG enthaltenen einschlägigen Bestimmungen haben ihre unionsrechtliche Entsprechung und Grundlage in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 und Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2002/92/EG (vgl. dazu oben Rn. 20).

Bei diesen Gegebenheiten ist es entgegen der Ansicht der Revision auch unerheblich, dass die von den Kooperationspartnern stammenden Versicherungen, die die Vertrauensleute vermitteln, zum Teil - etwa bei Krankenversicherungen - nicht lediglich das Angebot des Beklagten als Sachversicherer ergänzen. Nach den vorstehend in Randnummer 23 angeführten Bestimmungen ist es allein Sache des Versicherungsunternehmens, das die Eintragung des Versicherungsvermittlers in das Register veranlasst, sicherzustellen, dass der Vermittler über eine angemessene Qualifikation verfügt.

(2) Der Revision verhilft auch nicht die Rüge zum Erfolg, es lasse sich nicht ausschließen, dass die Versicherungsvermittler des Beklagten konkurrierende Produkte der Kooperationspartner vertrieben. Von einem derartigen Vertrieb kann - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - nicht (mehr) ausgegangen werden. In dem dem vorliegenden Hauptsacheverfahren vorangegangenen Verfügungsverfahren hat das Berufungsgericht dem Beklagten auf den Hilfsantrag zu 2 a aufgegeben, seine gebundenen Versicherungsvermittler aufzufordern, es in Bezug auf nicht zur Versicherungsgruppe gehörende Versicherungsunternehmen (Kooperationspartner) zu unterlassen, einzelnen Interessenten gleichzeitig solche Versicherungsprodukte anzubieten, die aus dem Angebot verschiedener Kooperationspartner stammen und untereinander in Konkurrenz stehen (OLG Schleswig, VersR 2011, 115, 118 unter II 2 d der Gründe). Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Beklagte in der Klageerwiderung vorgetragen, dass er dem ihm insoweit auferlegten Gebot nachgekommen ist, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hat. Gegenteiliges zeigt auch die Revision nicht auf. Vor diesem Hintergrund kann die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, Kooperationspartner des Beklagten für Krankenversicherungen seien die H. Krankenversicherung AG und die B.

Krankenversicherung AG, nicht dahin verstanden werden, dass die Vertrauensleute des Beklagten in Konkurrenz stehende Produkte der Kooperationspartner gleichzeitig anbieten.

dd) Die Tätigkeit der Vermittler des Beklagten für dessen Kooperationspartner ist schließlich auch nicht wegen der Einbeziehung der I. GmbH unzu- lässig. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die beanstandete Vermittlungstätigkeit der Vertrauensleute nur dann wegen der Einschaltung der I. GmbH erlaubnispflichtig wäre, wenn diese Einschaltung zur Folge hätte, dass die im Blick auf § 34d Abs. 4 Nr. 1 GewO erforderliche unmittelbare Anbindung des Vertreters an das Versicherungsunternehmen fehlte (vgl. Schönleiter in Landmann/Rohmer aaO 58. Lief. Mai 2011, § 34d Rn. 119). Das Berufungsgericht hat dieses für den Streitfall verneint und dazu ausgeführt, dass der Vermittler den Versicherungsantrag zwar bei der I. GmbH einreicht, Vertragspartner aber das Versicherungsunternehmen wird, um dessen Produkt es geht, und die Einschaltung der I. GmbH die Anbindung der Vermittler an den Beklagten nicht berührt. Dass diese Erwägungen rechtsfehlerhaft sind, ist nicht zu erkennen und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.

III. Nach allem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher Pokrant Schaffert Koch Löffler Vorinstanzen:

LG Itzehoe, Entscheidung vom 30.08.2011 - 5 O 10/11 -

OLG Schleswig, Entscheidung vom 22.01.2013 - 6 U 37/11 -

Bundesgerichtshof Karlsruhe Geschäftsstelle I ZR 19/

Schreibfehlerberichtigung Das Urteil vom 30. Januar 2014 - I ZR 19/13 - wird dahin berichtigt, dass es im ersten Satz der Randnummer 14 statt:

Störungsstelle richtig heißen muss:

Störungsquelle.

Karlsruhe, den 1.8.20 Bürk, Amtsinspektorin






BGH:
Urteil v. 01.08.2014
Az: I ZR 19/13


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