Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 273/99

(BPatG: Beschluss v. 18.12.2000, Az.: 30 W (pat) 273/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet ist die Bezeichnung ViewSetfür

"Optische, elektrotechnische und elektronische Apparate und Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); elektrische Geräte für die Aufnahme, Aussendung, Übertragung, Vermittlung, den Empfang, die Wiedergabe und die Bearbeitung von Lauten, Signalen, Zeichen und/oder Bildern; Nachrichten-, Informations- und Datenaufnahme-, -verarbeitungs-, -sende-, -übertragungs-, -vermittlungs-, -speicher- und -ausgabegeräte; Kommunikationscomputer, Software; optische, elektrotechnische und elektronische Geräte der Sprach-, Bild-, Text-, Daten-, Multimedia-, Bewegtbildkommunikationstechnik".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß der Prüferin als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. "View" bedeute "Sicht, Ansicht" und werde im EDV-Bereich als Teil eines sogenannten Menüs für die Ansicht von Texten oder Graphiken verwendet. "Viewer" werde ein Programm zum Betrachten von Dateien genannt. "Set" bezeichne auch im Deutschen mehrere gleichartige oder sich ergänzende Gegenstände. "ViewSet" verweise auf die Möglichkeit, mehrere Bild- und/oder Textdateien zusammen aufrufen und ansehen zu können.

Die Anmelderin führt zur Begründung der Beschwerde aus, bei "ViewSet" handele es sich um eine phantasievolle Wortkombination. Die Interpretation des Bestandteils "Set" durch die Markenstelle gehe an der konkreten Bedeutung dieses Wortes vorbei.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Der Senat hat der Anmelderin als Ergebnis einer Internet-Recherche verschiedene Ausdrucke zugeleitet. Die Anmelderin ist der Auffassung, in diesen Unterlagen werde der Begriff "Viewset" bzw "View Sets" vornehmlich markenmäßig benutzt.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Anmelderin und auf den Inhalt der eingezogenen Amtsakte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin kann in der Sache nicht zum Erfolg führen. Die angemeldete Marke ist als beschreibende Angabe gemäß § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Nach dieser Bestimmung steht die Eintragung als Marke solchen Zeichen oder Angaben nicht offen, die im Verkehr zur Bezeichnung ua der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können.

Die angemeldete Marke "ViewSet" ist aus den Bestandteilen "View" und "Set" zusammengesetzt. Beide Wörter entstammen der englischen Sprache und bedeuten "Ansehen, Betrachten" oder "(An-, Hin-)Sehen, Besichtigung, Sicht, Ansicht, Bild" bzw "Satz, Garnitur, Sortiment, Kollektion, Gruppe, Gerät usw" (s zB Langenscheidts Handwörterbuch Englisch 1988). Das Wort "Set" hat auch in die allgemeine deutsche Umgangssprache Eingang gefunden (s zB Duden, Deutsches U-niversalwörterbuch, 3. Aufl - mehrere zusammengehörende gleichartige oder sich ergänzende Gegenstände). Das Wort "View" gehört zum englischen Grundwortschatz und ist darüberhinaus vor allem im EDV-Bereich als Fachbegriff anzutreffen, in dem sich die englische Sprache auf internationaler Ebene und auch in Deutschland als allgemein verständliche Fachsprache durchgesetzt hat. Hier wird "View" in der Bedeutung "Ansicht, Darstellung" (so Carl - Amkreutz, Wörterbuch der Datenverarbeitung 4. Aufl S 620) bzw "Betrachten, (An-)Sicht, Betrachten, Blick" (so Schulze, Computer-Englisch, Rowohlt Taschenbuchverlag 2000) gebraucht. Für "set" wird hier die Bedeutung "Gruppe, Menge" (so IBM, Fachausdrücke der Informationsverarbeitung, Wörterbuch und Glossar 1985) bzw "Einheit, Gerät, Satz" angegeben (so Carl - Amkreutz, aaO). Beide Wörter finden auch in zusammengesetzten Begriffen Verwendung, wie zB view data (Bildschirmtext), view finder (Bildsucher), viewphone (Bildtelefon), viewpoint (Gesichts-, Standpunkt; zu diesen Beispielen s Langenscheidt aaO), VIEW MODE (der Status, in dem die vollen Funktionen von Bildschirmdatenstationen benutzt werden können, s IBM aaO), View Type (s Brown ua, Internet S 592/3 - Einrichtung eines Viewers = Anzeigenprogramm: "Select View Type"), view sorce (= Quellenanzeige, s IBM aaO) bzw character set (Zeichensatz), colour set (Farbsatz), data set (geordnete Datenmenge) file set (Dateimenge), Instruction set (Befehlsvorrat), message set (Nachrichtengruppe uam; zu diesen Beispielen s IBM aaO).

Die angemeldete Bezeichnung "ViewSet" ist sprachüblich gebildet, reiht sich in die oben angeführten Ausdrücke zwanglos ein und ist auch wie die mit Verfügung vom 2. September 2000 übersandten Internetausdrucke aufzeigen bereits als beschreibende Angabe belegt. Die Firma S..., Cultural Documentation, bietet ua View Sets an, wobei den Texterläuterungen zu entnehmen ist, daß es sich um Sortimente von Ansichten (Bildern) für Kunsthistoriker zu verschiedenen Themenbereichen handelt. Zumindest bei dieser Fundstelle ist ein rein markenmäßiger Gebrauch des Worts "ViewSets" nicht erkennbar. Entsprechendes gilt für den ebenfalls übersandten Ausdruck von vier unterschiedlichen Abbildungen (Abb. 4 bis 7), die mit "Advanced Visualizer Viewset ...", "Data Explorer Viewset ...", "DesignReview Viewset ..." und "ProCDRS-02 Viewset" unterschrieben sind. Ob insoweit Viewset (auch) markenmäßig gebraucht ist, mag dahinstehen, jedenfalls wird es vom unbefangenen Publikum auch in seiner beschreibenden Bedeutung erkannt.

Bei den für die angemeldete Marke beanspruchten Apparaten und Geräten kann es sich entweder um ein "viewset" in dem aufgezeigten Sinn handeln oder aber sie können über ein entsprechendes Teil verfügen bzw in Verbindung mit diesem betrieben werden oder auch der Vorführung von "Viewsets" dienen. Die Bezeichnung "ViewSet" kommt daher für sie als beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG in Betracht und ist deshalb freihaltebedürftig; wobei die Schreibweise keine ausreichend ins Auge springende Besonderheit darstellt, auf die sich zwanglos der Schutz beziehen ließe. Nachdem sowohl View Set wie auch Viewset bereits in Gebrauch sind, ist der beim Zeichen ausgelassene Zwischenraum zwischen View und Set ohne Entscheidungsrelevanz. Es kann bei dieser Sachlage dahinstehen, ob dieser Bezeichnung darüberhinaus auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Dr. Buchetmann Sommer Schwarz-Angelebr/Hu






BPatG:
Beschluss v. 18.12.2000
Az: 30 W (pat) 273/99


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