Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. März 2004
Aktenzeichen: I-20 U 118/03

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.03.2004, Az.: I-20 U 118/03)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung, mit der die Beklagte die Abweisung der Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils begehrt, ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass die Anrufe auch dann zu unterlassen seien, wenn der Vertrag der Angerufenen folgende Allgemeine Geschäftsbedingung enthält:

"M. darf meine Verbindungsdaten (vgl. Ziff. 6.1 der AGB) zur bedarfs- gerechten Gestaltung von Telekommunikationsdienstleistungen nutzen. M. darf außerdem meine Bestandsdaten (vgl. Ziff. 6.1 der AGB) ver- arbeiten und nutzen, soweit dies zu meiner Beratung, zur Marktforschung für M.-eigene Zwecke und zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telekommunikationsdienstleistungen erforderlich ist."

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zum in zweiter Instanz unveränderten Sachverhalt wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Der - gegenüber dem Vortrag der ersten Instanz ebenfalls unveränderte - Berufungsvortrag rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Klage ist auch nach dem Vorbringen der Beklagten begründet. Dazu wird vorab auch auf das den Parteien bekannte Urteil des Senats vom 5. März 2002 - 20 U 7/02 - verwiesen.

1.)

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte zunächst auf die im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegebene AGB-Klausel. Dieser Klausel ist schon nicht zu entnehmen, dass die Kundin der Beklagten, die diese Klausel akzeptiert hat, damit ihr Einverständnis erklärt hat, in ihrem privaten Bereich zu Werbezwecken angerufen zu werden. Selbst wenn eine Einwilligung anders als nach der derzeitigen Rechtslage (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1, Rdn. 151 m. N.) in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich zulässig wäre, fehlt es der Klausel jedenfalls an der erforderlichen Klarheit und Verständlichkeit (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB); sie wäre zu Lasten der Beklagten auszulegen (§ 305 c Abs. 2 BGB). Die Beklagte wurde schon in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sie sich bei Zulässigkeit einer Einwilligung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls an das Transparenzgebot halten müsse; der Wortlaut der hier betroffenen Klausel lässt es bereits als fraglich erscheinen, ob die Beklagte damit selbst eine Einwilligung ihrer Kunden zu Werbeanrufen erreichen wollte. Selbst bei einer klareren AGB-Klausel müsste der Grundsatz gelten, dass ein Verzicht nie zu vermuten und im Zweifel eng auszulegen ist und insbesondere unbekannte Rechte davon im Zweifel nicht erfasst werden (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 397, Rdn. 4). Eine wirksame Einwilligung setzte erst einmal voraus, dass der Kunde in Kenntnis des zu seinen Gunsten bestehenden gesetzlichen Verbots sich gleichwohl mit Werbeanrufen der Beklagten einverstanden erklärte. Zumindest wäre es geboten, wie in der mündlichen Verhandlung von der Gegenseite vorgetragen, dem Kunden beim sogenannten "opt out" eine echte Wahl zu lassen, nämlich mit zwei Kästchen für "ja" und "nein". Hier fehlt es in jedem Fall an der auch in der Berufungsbegründung akzeptierten Voraussetzung, dass die zu wählenden Optionen ihrem Inhalt nach klar und verständlich sein müssen.

2.)

Falsch ist die Rechtsansicht der Beklagten, sie habe bei dem Anruf zur Erweiterung des bestehenden Vertragsverhältnisses der Kundin M. nicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Dabei wird grundlegend verkannt, dass ein objektives Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, das auf eine entsprechende Absicht schließen lässt, nicht nur dann vorliegt, wenn neue Kunden gewonnen werden sollen, sondern auch dann, wenn bereits gewonnene Kunden "gehalten" werden sollen (vgl. statt aller Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 11, Rdn. 7). Das ist bei einem Anruf mit dem Zwecke der Vertragserweiterung offensichtlich der Fall.

3.)

Ohne Belang ist ferner, dass auf einem Mobilfunkgerät angerufen wurde, denn auch hier kann der Anrufer keineswegs sicher sein, den Verbraucher nicht in seiner Privatsphäre zu belästigen. Unerheblich ist weiter, dass das Gespräch mit dem Hinweis begonnen wurde, dass die Kundin das vorhandene Mobilfunkgerät turnusgemäß bald austauschen könne und, dass das Gespräch erst auf einen Rückruf der Kundin hin zustande kam. Auch unter solchen Umständen verstoßen Werbeanrufe gegen den von der Rechtsprechung bezweckten Schutz der Privatsphäre.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Berufungsstreitwert: 15.000 €.

B. RiOLG Dr. S. S. ist wegen Krankheit ver- hindert zu unterschreiben.

B.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 30.03.2004
Az: I-20 U 118/03


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