Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2003
Aktenzeichen: 20 W (pat) 46/02

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2003, Az.: 20 W (pat) 46/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Patent 197 39 676 wurde widerrufen, weil der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 keine Erfindungshöhe habe. Der Beschluß gründet auf folgende Entgegenhaltungen:

(1) EP 0 651 544 A2,

(2) DE 44 06 390 A1.

Die Patentinhaberin teilt das Patent und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, hilfsweise in der Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsanträgen 1 und 2.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2, versehen mit durch Unterstreichung hervorgehobenen Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1, lautet:

"1. Funkgerät zur Ein-Hand-Bedienung (1), insbesondere Mobilfunkgerät oder Schnurlostelefon, mit einer Anzeigevorrichtung (5), an der Funktionen des Funkgerätes (1) darstellbar sind, mit einem richtungsabhängigen ersten Bedienelement (110), durch dessen Betätigung an der Anzeigevorrichtung (5) eine Eingabemarkierung in zumindest eine Richtung bewegbar ist, so daß eine an der Anzeigevorrichtung (5) dargestellte Funktion auswählbar ist, und mit einem zweiten Bedienelement (115), durch dessen Betätigung eine an der Anzeigevorrichtung (5) ausgewählte Funktion aktivierbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Anzeigevorrichtung (5) in mindestens einen ersten Bereich (65) zur Anzeige von Bedienfunktionen und mindestens einen zweiten Bereich (70) zur Darstellung von Daten und/oder Datenanzeigefunktionen automatisch aufgeteilt ist, wobei die Aufteilung von einem gerade eingestellten Betriebsmodus abhängt."

In der Fassung nach Hilfsantrag 1 ist lediglich "automatisch" ergänzt.

II.

Das Patent ist nicht rechtsbeständig, sein Gegenstand nach den §§ 1 und 4 PatG nicht patentfähig.

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist dem Fachmann durch (1) und (2) nahegelegt, unbeschadet der Frage, ob der Anspruch 1 zulässig ist.

a) Einem Elektroingenieur mit Fachhochschulabschluß, der beruflich mit der Entwicklung von Funkgeräten, namentlich Mobilfunkgeräten und Schnurlostelefonen, befaßt ist, zeigt die Entgegenhaltung (1) ein tragbares Kommunikationsgerät, das unter einer Vielzahl von auswählbaren Einsatzmöglichkeiten auch die Verwendung als zellulares Telefon anbietet (Fig 1 und 2, Sp 1 Z 11 bis 23). In der Gehäusemitte des Funkgerätes dient ein berührungsempfindlicher Bildschirm ("touchscreen") als Anzeigevorrichtung 28 (Fig 1), an der Funktionen des Geräts darstellbar sind. Sie ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Der erste zeigt Daten 152, 162, der zweite Bedienfunktionen 156 an (Fig 5). Auch werden die beiden Bereiche bereits automatisch aufgeteilt, dergestalt, daß ihre jeweilige Größe von einem gerade eingestellten Betriebsmodus abhängt: Der zweite Bereich 156 zeigt entweder sämtliche Bedienfunktionen bei geschrumpftem Datenbereich 152, oder aber es führt der zweite Bereich nur eine verminderte Zahl von Bedienfunktionen vor Augen, einhergehend mit stark erweitertem Datenbereich (Anspruch 1 Sp 9 Z 44 bis 52). Diese Aufteilung hängt von dem jeweiligen Betriebsmodus ab, den der Benutzer des Gerätes mittels zweier Tasten VIEW, BACK (Fig 5) einstellt (Anspruch 1): Hat er beispielsweise einen Betriebsmodus aufgerufen, der einen möglichst schnellen Überblick über eine Datenmenge verschafft, so verhilft ihm dazu eine selbsttätig sich darstellende Anzeige 160 mit großem Daten- und kleinem Bedienfunktionenbereich (Fig 5 Mitte). Wechselt der Benutzer in den Betriebsmodus, in dem er bestimmte Daten redigieren möchte, so sieht er am Gerät automatisch eine Anzeige 150 mit sämtlichen eingebbaren Bedienfunktionen und nur relativ wenigen Daten zur Anzeige gebracht (Fig 5 unten, Sp 8 Z 3 bis 38).

Vergleichbar liegen die Dinge, wenn man die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten des Gerätes nutzt: Arbeitet es zB in einem Zustand, in dem es die Daten einer aufgerufenen Datei darstellt (Fig 4 unten re), so ist der Bedienfunktionenbereich geschrumpft, der Datenbereich 142 überwiegt. Will der Benutzer nun telefonieren und stellt hierzu durch Betätigung der Taste PHONE den entsprechenden Betriebsmodus ein, so wechselt die Anzeige automatisch in eine Aufteilung, bei der die erforderlichen Bedienfunktionen 120, 111 im Vergleich zum Datendarstellungsbereich 122 den größeren Teil der Anzeigevorrichtung ausfüllen (Fig 4 oben li iVm Sp 6 Z 56 bis Sp 7 Z 2). Welche Betriebsart man auch ins Auge faßt: Stets bringt das Gerät die hierfür geeignete Aufteilung der beiden in Rede stehenden Bereiche (Fig 4, oben re, unten li): Der Benutzer muß dazu nicht weiter eingreifen, er stellt lediglich den Betriebsmodus ein.

b) Es liegt nahe, im Funkgerät nach (1) die auf der Anzeigevorrichtung des berührungsempfindlichen Bildschirms dargestellten Funktionen mittels einer sogenannten Computermaus anzuwählen, bei der in herkömmlicher Weise über einen "Rollball" auf dem Bildschirm ein "Mauszeiger" angezeigt und daraufhin der angewählte Parameter aktiviert wird.

Es besteht der Wunsch, das tragbare Funkgerät nach (1) in einem Kraftfahrzeug zu verwenden, wie dies allgemein für Mobilfunkgeräte anhand von (2) belegt ist (Sp 1 Z 6 bis 13). Um nicht den Fahrzeugführer beim Bedienen des Funkgerätes vom Fahren abzulenken, löst der Fachmann, wie (2) dartut, die gewünschte, auf dem Bildschirm dargestellte Funktion mittels einer eigenen Cursor-Steuerung aus. Hierzu sieht er ein vom Funkgerät räumlich abtrennbares Mittel 2 zur Zeigersteuerung vor und erreicht damit eine Einhandbedienung, die lediglich einen Finger zur Aktivierung von Funktionen erfordert (Sp 2 Z 11 bis 18). Dieses Mittel zeigt ein erstes Bedienelement C, durch dessen Betätigung der Benutzer einen Zeiger auf die Funktion schiebt, die er unter den auf der Anzeigevorrichtung des "touchscreens" dargestellten Funktionen auswählen möchte. Die Aktivierung erfolgt dann durch Eingabebestätigung mittels eines zweiten Bedienelements B (Fig 1 li, Sp 4 Z 18 bis 25, Ansprüche 1, 2, 3 und 8 iVm Sp 3 Z 26 und 27).

2. Auf den Hauptantrag und Hilfsantrag 1 braucht nicht gesondert eingegangen zu werden, weil ihre allgemeineren Ansprüche 1 den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 mitumfassen.

Dr. Anders Obermayer Martens Dr. Zehendner Pr






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2003
Az: 20 W (pat) 46/02


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