Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 7. Dezember 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 117/08

(BGH: Beschluss v. 07.12.2009, Az.: AnwZ (B) 117/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2009 (Aktenzeichen AnwZ (B) 117/08) die sofortige Beschwerde einer Antragstellerin gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 2008 zurückgewiesen.

Die Antragstellerin wurde aufgrund von Vermögensverfall gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO die Zulassung als Rechtsanwältin entzogen. Sie hatte gegen diesen Bescheid einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, jedoch wurde dieser zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin nun eine sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass das Rechtsmittel zwar zulässig ist, es in der Sache jedoch keinen Erfolg hat. Die Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft wurde zu Recht widerrufen.

Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO kann die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall gerät und dadurch die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet sind. Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen erfüllt. Es lagen Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall vor, da gegen die Antragstellerin Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos durchgeführt wurden und sie ihren Verbindlichkeiten nicht nachkommen konnte. Die Interessen der Rechtsuchenden waren ebenfalls gefährdet, da der Vermögensverfall Auswirkungen auf den Umgang der Antragstellerin mit Mandantengeldern haben könnte.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Widerrufsgrund nachträglich entfallen ist. Die finanzielle Situation der Antragstellerin hat sich sogar verschlechtert, da weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren. Auch konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gefährdet sind. Da die Antragstellerin unentschuldigt im Termin fehlte, konnte der Bundesgerichtshof in ihrer Abwesenheit verhandeln und entscheiden.

Die Kosten des Rechtsmittels muss die Antragstellerin tragen und sie ist verpflichtet, der Antragsgegnerin die entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 50.000 € festgesetzt.

Vorinstanz war der Anwaltsgerichtshof Hamm, der in seinem Beschluss vom 20.06.2008 - 1 ZU 91/07 - die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen den Widerruf der Zulassung bestätigt hatte.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 07.12.2009, Az: AnwZ (B) 117/08


Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist seit 1989 als Rechtsanwältin zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 die Zulassung der Antragstellerin gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Zum Zeitpunkt des Widerrufs waren gegen die Antragstellerin die in der Anlage zum Widerrufsbescheid im Einzelnen aufgeführten Vollstreckungsmaßnahmen bekannt geworden. Zuletzt hatte die Sparkasse M gegen sie am 12. September 2007 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Teilforderung in Höhe von 85.000 € nebst Zinsen erwirkt. Der Aufforderung der Antragsgegnerin, eine substantiierte Vermögensaufstellung unter Angabe aller bestehenden Verbindlichkeiten vorzulegen, war die Antragstellerin nicht nachgekommen.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den hierauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), kann nicht festgestellt werden.

Eine Konsolidierung ihrer Vermögensverhältnisse hat die Antragstellerin nicht dargetan. Vielmehr hat sich ihre finanzielle Situation eher verschlechtert. Auch nach Erlass der Widerrufsverfügung sind weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen sie bekannt geworden. So ist zuletzt nach einer Mitteilung des zuständigen Gerichtsvollziehers vom 15. September 2009 die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Höhe von 12.541,48 € erfolglos geblieben. In einem weiteren Vollstreckungsverfahren des Gläubigers K. wegen einer Hauptforderung in Höhe von 11.210,26 € hat die Antragstellerin am 19. Mai 2009 die eidesstattliche Versicherung abgegeben, so dass nunmehr auch der Vermutungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gegeben ist.

3. Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht (mehr) gefährdet sind.

4. Der Senat konnte in Abwesenheit der Antragstellerin verhandeln und entscheiden, da diese ihr Ausbleiben im Termin nicht entschuldigt hat.

Ganter Ernemann Lohmann Frey Hauger Vorinstanzen:

AGH Hamm, Entscheidung vom 20.06.2008 - 1 ZU 91/07 -






BGH:
Beschluss v. 07.12.2009
Az: AnwZ (B) 117/08


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