Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juli 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 17/00

(BPatG: Beschluss v. 23.07.2003, Az.: 26 W (pat) 17/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Sortierung von Gewerbe- und Baustellenmischabfällen sowie von Verkaufsverpackungen; durch Recycling gewonnene Sekundärrohstoffe, nämlich Kunststoffe als Halbfabrikat, FE- und NE-Metalle als Halbfabrikate; teilweise behandelte Hölzer, Holz mit Rinde; Altpapier und Altkartonagen; Gewerbeabfallberatung; Erstellung von betrieblichen Abfallwirtschaftskonzepten zur betrieblichen Umsetzung der Abfall-Beseitigung mit technischen, betriebswirtschaftlichen bzw finanziellen konzeptionellen Ansätzen"

angemeldete Markeist Widerspruch erhoben worden 1. aus der für die Widersprechende durchgesetzten Marke 1 110 281 BASF, eingetragen für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1-6, 11, 16-19, 30, 31, 37 und 42 sowie 2. aus der Marke 886 154 eingetragen für Waren der Klassen 1-12, 16-34.

Die Anmelderin hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 1 110 281 bestritten. Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung der Benutzung dieser Marke zwei eidesstattliche Versicherungen sowie diverse Informationsschriften vorgelegt.

Die Markenstelle hat die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Frage der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen könne dahingestellt bleiben, weil die Marken selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe einen hinreichenden Abstand aufwiesen. Obwohl die Zeichen in drei von vier Buchstaben übereinstimmten, präge der verbleibende abweichende Buchstabe den jeweiligen Gesamteindruck sowohl in phonetischer als auch in schriftbildlicher Hinsicht derart, dass eine Verwechslungsgefahr selbst bei Zugrundelegung einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken verneint werden müsse. Während die beiden Widerspruchsmarken dem Verkehr als reine Buchstabenfolgen begegneten, die kein aussprechbares Wort ergäben, sondern als Abkürzung erkannt und ausgesprochen würden, erwecke die angemeldete Marke den Eindruck eines Phantasiewortes. Besonders geprägt werde die angemeldete Marke durch den Umstand, dass der Vokal "A" in ihr zweimal vorhanden sei. Optisch unterschieden sich die Vergleichszeichen darüber hinaus durch ihre grafischen Ausgestaltungen. Auf die Frage, ob die Widerspruchsmarke 1 110 281 rechtserhaltend benutzt worden sei, komme es angesichts der fehlenden Verwechslungsgefahr nicht an.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Unterschiede der Marken in den Endbuchstaben reichten nicht aus, um die Gefahr von Verwechslungen in schriftbildlicher Hinsicht auszuschließen. Im Schriftbild könnten - je nach verwendeter Schrifttype - zwischen den Buchstaben "A" und "F" erhebliche Ähnlichkeiten bestehen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die angemeldete Marke im Verkehr immer in ihrer grafisch ausgestalteten Form auftrete. Insbesondere bei Nennungen in der Fachpresse sei auch mit einer Wiedergabe in Normalschrift zu rechnen. Auch die Widerspruchsmarken unterlägen Wandlungen. Eine dem Zeitgeschmack angepasste Änderung ihrer Schriftart sei, sofern sie sich an einer gebräuchlichen Schrifttype orientiere, von der Eintragung abgedeckt. Die Widersprechende verfüge über ca. 30 Marken, die mit der Buchstabenfolge "BASA" begännen. Der oberflächliche Betrachter werde die angemeldete Marke daher der Widersprechenden zuordnen. Diese Zuordnung werde durch den hohen Bekanntheitsgrad der Widersprechenden und die hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken gefördert. Der Umstand, dass die angemeldete Marke als Phantasiewort und die Widerspruchsmarke als reine Buchstabenfolge wahrgenommen werde, sei deshalb kein wirkliches Unterscheidungskriterium. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angemeldete Marke wegen der erhobenen Widersprüche zurückzuweisen.

Die Anmelderin beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der Gesamteindruck der beiderseitigen Marken sei hinreichend unterschiedlich, weil die Widerspruchsmarken als reine Buchstabenzeichen verstanden würden, die angemeldete Marke hingegen als einheitliches Phantasiewort erkannt werde. Die Marken seien einander auch nicht in allen denkbaren künftigen Formen, sondern in ihrer jeweils eingetragenen Form gegenüber zu stellen. Sie bestreitet ferner die Behauptung der Widersprechenden, sie verfüge über eine Anzahl von Marken mit der Buchstabenfolge "BASA", und hält die Einrede der mangelnden Benutzung aufrecht.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, weil bereits das aufgrund der dem angefochtenen Beschluss beigefügten fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung eingelegte, als "Erinnerung" bezeichnete Rechtsmittel als Beschwerde auszulegen ist. Auch die Beschwerdegebühr ist rechtzeitig gezahlt worden (BPatGE 23, 61).

Die Beschwerde kann in der Sache jedoch keinen Erfolg haben, weil zwischen den beiderseitigen Marken selbst dann keine Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 S 2 MarkenG) besteht, wenn zugunsten der Widersprechenden von einer rechtserhaltenden Benutzung der Marke 1 110 281 etwa für Entsorgungsdienstleistungen ausgegangen und ferner eine große Nähe der beiderseitigen Dienstleistungen oder Waren sowie eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken unterstellt wird. Auch bei dieser Ausgangslage und Berücksichtigung des Umstands, dass ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit unter Umständen durch einen höheren Grad an Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und an Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann, reichen die vorhandenen klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede zwischen den beiderseitigen Marken nämlich für eine Verneinung der Verwechslungsgefahr aus.

Eine klangliche Verwechslungsgefahr scheidet, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, schon deshalb aus, weil es sich bei den Widerspruchsmarken jeweils um eine nicht als Wort aussprechbare Buchstabenabfolge handelt, die dem Verkehr aufgrund der Werbung der Widersprechenden sowie aufgrund des Umstands, dass die Buchstabenabfolge "BASF" eine Abkürzung des ursprünglichen Namens "Badische Anilin- und Soda-Fabrik(en)" darstellt, auch als solche geläufig ist, während bei der angegriffenen Bezeichnung zu erwarten ist, dass sie vom Verkehr durchweg als zweisilbiges Wort ausgesprochen werden wird.

Auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr besteht entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht. Zu einer wesentlichen Reduzierung möglicher Verwechslungsfälle trägt insoweit bereits die Gestaltung der beiden Buchstaben "A" in der angemeldeten Marke bei, die sich aufgrund ihrer an schräggestellte Dreiecke erinnernden Form sowohl von gängigen Formen dieses Buchstabens als auch von den in den Widerspruchsmarken enthaltenen Buchstaben "A" und "F" deutlich abheben. Aber auch dann, wenn die angegriffene Marke und die Widerspruchsmarken in üblichen Schriftarten wiedergegeben werden sollten, weisen sie noch hinreichend deutliche Unterschiede auf. Bei einer solchen Wiedergabe unterscheiden sie sich zwar nur in den jeweiligen Endbuchstaben "A" bzw "F". Diese weisen jedoch eine deutlich unterschiedliche Kontur auf. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Erfahrungssatzes, dass kurze Wörter durch einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker beeinflusst werden und zudem insgesamt besser und genauer in Erinnerung bleiben als längere Markenwörter (Ströbele/Hacker, Markengesetz, § 9 Rdn 193), reichen die deutlich erkennbaren Abweichungen in den Endbuchstaben aus, um ein Verlesen oder ein sonstiges Verwechseln der Marken aufgrund des eher unsicheren Erinnerungsbildes auszuschließen. Dies gilt um so mehr, als es sich bei den maßgeblichen Dienstleistungen um solche handelt, die sich an den Fachverkehr richten und die angesichts ihres nicht geringen Preises mit Bedacht ausgewählt werden, so dass zu erwarten ist, dass der Verkehr auch den zu ihrer betrieblichen Herkunftskennzeichnung verwendeten Marken eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegenbringen wird (BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions).

Auch für die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten, fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Soweit die Widersprechende insoweit vorgetragen hat, sie verfüge über eine Anzahl eigener Marken mit dem Wortanfang "BASA", vermag dies die Gefahr einer gedanklichen Verbindung nicht zu begründen, weil Gegenstand des vorliegenden Widerspruchs-Beschwerdeverfahrens Widersprüche aus "BASF"-Marken, nicht jedoch solche aus Marken sind, die den Bestandteil "BASA" enthalten. Hinzu kommt, dass die Anmelderin die Benutzung solcher Marken bestritten hat, und die Widersprechende nicht konkret vorgetragen und glaubhaft gemacht hat, wie viele und welche Marken sie mit diesem Bestandteil in welchem Umfang bisher tatsächlich benutzt hat, so dass die Benutzungslage solcher Marken auch nicht liquide ist.

Bei dieser Sach- und Rechtslage musste die Beschwerde der Widersprechenden erfolglos bleiben.

Anlass dafür, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG aufzuerlegen, bestand nicht.

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Beschluss v. 23.07.2003
Az: 26 W (pat) 17/00


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