Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2011
Aktenzeichen: 26 W (pat) 528/10

(BPatG: Beschluss v. 11.05.2011, Az.: 26 W (pat) 528/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 22. März 2010 hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patentund Markenamtes die für die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Schubladenbox (Möbel), Stehsammler (Möbel), Anschlagtafeln, Schaugestelle, Schilder aus Holz oder Kunststoff, Schauund Infokästen, Ablagesysteme aus Kunststoff (Möbel); Körbe nicht aus Metall, Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder Kunststoffen; Prospektständer; Schlüsselanhänger (Schilder) aus Kunststoff;

Klasse 35: Einzelhandelsund Großhandelsdienstleistungen im Bereich Computersoftware und -hardware, Projektoren, Diktiergeräte, Taschenrechner, Rechenmaschinen, Kassen, Fotokopierer, Faxgeräte, Telefone, Digitalkameras, Waagen, Magnetaufzeichnungsträger, CD-Rom, Disketten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Beamer; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Trocken-, Lüftungsund Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; Büroartikel, ausgenommen Möbel; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papierund Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff; Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Schubladenbox (Möbel), Stehsammler (Möbel), Anschlagtafeln, Schaugestelle, Schilder aus Holz oder Kunststoff, Schauund Infokästen, Ablagesysteme aus Kunststoff (Möbel); Körbe nicht aus Metall, Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder Kunststoffen; Prospektständer; Schlüsselanhänger (Schilder) aus Kunststoff; Glaswaren, Porzellan und Steingut"

angemeldete Wortmarke 30 2009 072 860.7/20 officetimemit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle. In seiner deutschen Entsprechung "Öffnungszeiten/Anwesenheitszeiten im Geschäft/Büro" bringe das im Inland leicht verständliche Zeichen für die Waren der Klasse 20 und die Einzelhandelsund Großhandelsdienstleistungen der Klasse 35 zum Ausdruck, dass es sich um Öffnungsoder Anwesenheitszeiten im Büro oder in den Geschäftsräumen handele, um den Einund Verkauf der im Verzeichnis aufgeführten Waren durch die Beschäftigten zu erledigen und die damit in Verbindung stehenden einzelnen Handelsdienstleistungen zu erbringen. Um die Anwesenheit der einzelnen Beschäftigten genau zu erfassen, könnten während der Öffnungszeiten Zeiterfassungsgeräte eingesetzt werden, die auch als "Office time" bezeichnet würden. Wegen des beschreibenden Gehaltes der Wortfolge werde der angesprochene Verkehr "officetime" nicht als betriebliches Unterscheidungsmerkmal auffassen und keinem bestimmten Unternehmen zuordnen, sondern in dem Zeichen lediglich einen herausgestellten Begriff sehen, der im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen steht.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er hält das angemeldete Markenwort unter Bezugnahme auf die Entscheidungen BGH GRUR 2009, 949, 950 - My world und BPatG 27 W (pat) 77/02 - MY WAY für unterscheidungskräftig. Der durch die Markenstelle hergestellte Bezug zu Zeiterfassungsgeräten erschließe sich ihm nicht.

Der Anmelder beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent und Markenamtes vom 22. März 2010 aufzuheben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2011, der auf seinen Hilfsantrag hin anberaumt worden ist, ist der Anmelder nicht erschienen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2011 wird Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Da der Anmelder nach ordnungsgemäßer Ladung von sich aus darauf verzichtet hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, war über die Beschwerde in seiner Abwesenheit zu entscheiden (vgl. hierzu BPatG, PAVIS PROMA, 32 W (pat) 67/05 -SYNEXION/SYNAVION; BPatG GRUR 1997, 534, 535 f. -ETOP/Itrop; BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 170/03 -Silvamed/SILCA med). Wie sich aus seiner Ladung sowie dem zur Akte gereichten Empfangsbekenntnis vom 31. März 2011 ergibt, ist der Anmelder zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2011 über seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten ordnungsgemäß und insbesondere unter Hinweis darauf geladen worden, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 75 Abs. 2 MarkenG.

Eine Eintragung der Wortmarke "officetime" steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das von der Markenstelle angenommene Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdn. 45 -Strandbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 -Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 -Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 -FUSSBALL WM 2006 m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen mit seiner Eintragung in das Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2006, 608, 610, Rdn. 59 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 -SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 -Libertel).

"Officetime" setzt sich aus den zum englischen Grundwortschatz zählenden und dem inländischen Durchschnittsverbraucher durch ihre häufige Verwendung in der Werbesprache geläufigen Wortbestandteilen "office" und "time" zusammen. So finden sich allein in der Datenbank der Werbung www.slogans.de 203 Einträge mit Bürobezug unter Verwendung des Wortes "office" und 1.573 Slogans, die das Wort oder den Wortbestandteil "time" im Sinne von "Zeit" verwenden. Dem sprachüblich gebildeten Markenwort "officetime" kommt dementsprechend die für den inländischen Durchschnittsverbraucher im Deutschen verständliche Bedeutung "Bürozeit" zu.

Werden die angemeldeten Einrichtungsgegenstände der Klasse 20 unter "officetime" angeboten, versteht der Verbraucher das Markenwort als werbeübliche Kaufaufforderung verbunden mit dem Hinweis darauf, dass diese Gegenstände zur Ausstattung von Büros bestimmt sind oder, wie die Schlüsselanhänger, dort benutzt werden können und es an der Zeit sei, durch den Erwerb dieser Gegenstände die Ausstattung des eigenen Büros zu erneuern.

Bewerben Anbieter die in Klasse 35 angemeldeten Einzelhandelsund Großhandelsdienstleistungen mit "Bürozeit" oder "officetime", wird der informierte Durchschnittsverbraucher davon ausgehen, dass der Händler für eine bestimmte Zeit besondere Angebote für Büromöbel, Einrichtungsgegenstände für das Büro, Büroartikel, Schreibwaren, Büroleuchten, Software für den professionellen Einsatz oder elektronische Geräte zum Einsatz im Büro bereithält. Dies schließt auch Künstlerbedarfsartikel und Pinsel ein, welche zu den Schreibwaren und damit zu einer Warengruppe zählen, die von deutschen Versandhändlern und Einzelhändlern mit dem Schlagwort "office" bezeichnet wird (vgl. www.amazon.de/.../B003VFXDS2 "Office Schul Pinsel set"; www.Schlecker.com/officepinselset-8416). Betreffen die angemeldeten Einzelhandelsund Großhandelsdienstleistungen den Bereich Fotografie, können sie sich mit dem thematischen Schwerpunkt "officetime" beschäftigen oder zur Dekoration von Büros und Geschäftsräumen angeboten werden. Soweit sie Lehrund Unterrichtsmittel betreffen, ergibt sich der enge sachliche beschreibende Bezug dadurch, dass sich diese Einzelhandelsund Großhandelsdienstleistungen ebenfalls mit dem Thema "officetime" befassen können.

Weil einer Eintragung des angemeldeten Zeichens für sämtliche angemeldeten Waren und Dienstleistungen aus diesen Gründen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, hat die Beschwerde des Anmelders keinen Erfolg.

Dr. Fuchs-Wissemann Richter Reker hat Urlaub Dr. Schnurrund kann daher nichtunterschreiben.

Dr. Fuchs-Wissemann Bb






BPatG:
Beschluss v. 11.05.2011
Az: 26 W (pat) 528/10


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