Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. November 1998
Aktenzeichen: 6 U 40/98

(OLG Köln: Urteil v. 13.11.1998, Az.: 6 U 40/98)

1. Allein der Umstand, daß ein Stoffdessin ein sonst nicht vorkommendes Muster aufweist, verleiht ihm (noch) keine wettbewerbliche Eigenart. Erforderlich ist zusätzlich, daß das Dessin durch Vertrieb und Werbung in einem Umfang bekannt geworden ist, der bei den Verbraucherinnen und gewerblichen Abnehmern betriebliche Herkunftsvorstellungen bewirkt. 2. Beliefert der Hersteller von gemusterten Stoffen lediglich Konfektionäre, die die hieraus gefertigten Kleider an den Einzelhandel weitergeben, von dem die Verbraucherinnen sie alsdann erwerben, entwickeln sich betriebliche Herkunftsvorstellungen regelmäßig allenfalls in Bezug auf den Vertreiber des Fertigproduktes. Eine gegenteilige Beurteilung setzt ein Dessin von erheblicher Auffälligkeit oder Bekanntheit voraus.

Tenor

1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.1.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 781/97 - abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefaßt:Die Klage wird abgewiesen.2.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Berufungsbeklagte zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Berufungsbeklagte kann jedoch die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 33.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten. Den Beklagten wird auf ihren Antrag nachgelassen, die Sicherheit auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.4.) Die Beschwer des Berufungsbeklagten wird auf 250.000 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Beklagte zu 1) vertreibt im Versandhandel Textilien, die Beklagte zu 2) ist ihre Lieferantin, wobei zwischen den Parteien in zweiter Instanz Streit über die Frage besteht, ob sie ihr - wie das Landgericht angenommen hat - lediglich Textilstoffe oder bereits fertig konfektionierte Textilien liefert.

Die Klägerin war Herstellerin und Vertreiberin bedruckter Textilstoffe. Sie hat im vorliegenden Verfahren die Beklagten wegen unzulässiger Nachahmung eines bestimmten, von ihr unter der Nr.10303 vertriebenen Dessins in Anspruch genommen, wegen dessen Ausgestaltung auf die von ihr mit der Klageschrift vorgelegte Anlage 1 Bezug genommen wird. Die Klägerin hatte früher Stoffe dieses Dessins auch an die Beklagte zu 2) geliefert.

Die Klägerin ist im Verlaufe des Verfahrens in Konkurs geraten. Nach einer hierauf beruhenden Verfahrensunterbrechung verfolgt nunmehr ihr Konkursverwalter die in Betracht kommenden Rechte weiter.

Die Beklage zu 1) bot in ihrem Katalog Frühjahr/Sommer 1997 das aus der Seite 5 dieses Urteils ersichtliche Kombi-Set für Damen an. Wegen der Ausgestaltung des Rockes wird ergänzend auf das als Anlage 3 bei den Akten befindliche Exemplar Bezug genommen. Die Beklagte zu 2) lieferte der Beklagten zu 1) entweder den Stoff oder das bereits fertig konfektionierte Kombi-Set.

Die Klägerin und nunmehr ihr Konkursverwalter, der Berufungsbeklagte, sehen in den in diesen Kleidungsstücken verarbeiteten Stoffen eine unzulässige Nachahmung des Dessins 10303. Die Klägerin hat zunächst die Beklagte zu 1 und später auch die Beklagte zu 2) mit der Begründung abgemahnt, es liege u.a. eine Verletzung von Urheberrechten vor. Sodann hat sie Klage erhoben und sich nunmehr ausschließlich auf § 1 UWG, und zwar unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung gestützt.

Sie hat behauptet, das Dessin sei von einem Poolstudio/C. entworfen worden. Die ausschließlichen Verwertungsrechte habe im Jahre 1979 die V.D. Textilgruppe erworben. Nach deren Konkurs habe sie die Rechte 1982 aus der Konkursmasse erworben. Seit dieser Zeit sei das Muster, das sich über die Jahre zu einem Klassiker entwickelt habe, von ihr genutzt worden. Wegen der nach ihrer, von der Beklagten zu 1) bestrittenen Darstellung in den Jahren 1992 - 1996 umgesetzten Metermengen wird auf die Aufstellung Bl.6 verwiesen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Dessin 10303 weise aus bestimmten Gründen wettbewerbliche Eigenart auf und es bestehe wegen der großen Ähnlichkeit der Stoffe die Gefahr von Herkunftstäuschungen, die auch vermeidbar sei.

Sie hat b e a n t r a g t,

Die Beklagten zu verurteilen,

es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland Textilien mit einem Blumendesign wie nachfolgend wiedergegeben anzubieten, feilzuhalten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen:

Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie ab dem 18.4.1997 Handlungen der in Ziff. I 1.) beschriebenen Art begangen haben, insbesondere welche Werbemaßnahmen sie hierfür betrieben und welche Umsätze sie insoweit getätigt haben, und zwar aufgeschlüsselt nach DM-Beträgen und Kalendermonaten;

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die zu Ziffer I 1.) bezeichneten Handlungen seit dem 18.4.1997 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Die Beklagten haben b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die behauptete Entwicklung des Dessins durch das Poolstudio/C. sowie den Erwerb der Nutzungsrechte durch die Klägerin bestritten.

Die Beklagte zu 1) hat überdies die behaupteten Umsätze bestritten. Im übrigen haben die Beklagten die wettbewerbliche Eigenart des Stoffmusters mit der Begründung in Abrede gestellt, es handele sich um ein Allerweltsmuster. Verwechslungen schieden überdies mit Blick auf den Umstand aus, daß die Klägerin Stoffe, die Beklagte zu 1) aber fertige Textilien vertreibe. Schließlich komme ohnehin nur ein zeitlich begrenzter Schutz in Betracht, der indes jedenfalls längst abgelaufen sei.

Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt und dabei ausgeführt, daß wegen der nahezu identischen Nachschaffung die Anforderungen an die wettbewerbliche Eigenart gering seien. Tatsächlich bestünden lediglich in der farblichen und bildlichen Wirkung des Dessins geringe Unterschiede, die auf einer schlechteren Fertigungsqualität bei den von den Beklagten vertriebenen Produkten beruhten. Das Dessin sei auch hinreichend im Verkehr bekannt. Schließlich sei den Beklagten der Vorwurf unlauteren Verhaltens zu machen, weil es ihnen ohne weiteres möglich gewesen wäre, eine eigenständige Gestaltung zu wählen.

Ihre gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründen die Beklagten wie folgt:

Die in Anspruch genommenen Rechte setzten voraus, daß die Leistung von der Klägerin stamme, diese also entweder selbst das Dessin entworfen oder aber doch die Rechte an dem Dessin erworben habe. Zu beidem werde indes die Darstellung der Klägerin weiterhin bestritten, zumal sie im Widerspruch zu deren in den Abmahnungen aufgestellten Behauptung stehe, sie selbst habe das Muster entwickelt.

Im übrigen scheide eine Herkunftstäuschung schon mit Rücksicht auf die unterschiedliche Teilnahme der Parteien am Markt aus: Im Gegensatz zu der Annahme des Landgerichtes vertreibe nämlich auch sie, die Beklagte zu 2), fertig konfektionierte Textilien. Der Unterschied zu der Beklagten zu 1) liege diesbezüglich nur darin, daß jene (im Versandgeschäft) Endverbraucher und die Beklagte zu 2) Handelsunternehmen, also Wiederverkäufer, beliefere.

Was die mithin in Betracht kommende erste Handelsstufe zwischen Hersteller und Händler angehe, so seien Täuschungen deswegen ausgeschlossen, weil Facheinkäufer auf Grund des direkten Kontaktes zu Lieferanten genau wüßten, mit wem sie die Verhandlungen führten. Es komme hinzu, daß sich die Beklagte zu 1) eine exclusive Belieferung von der Beklagten zu 2) habe zusichern lassen, weswegen ein weiteres potentielles Täuschungsopfer nicht existiere.

Auch auf der zweiten Stufe zwischen der Beklagten zu 1) und den Endverbraucherinnen bestehe indes die Gefahr von Herkunftsverwechslungen nicht, und zwar deswegen, weil ein Interesse der Kundinnen an den verwendeten Stoffen nicht existiere. Soweit ein Interesse der Verbraucher an der Herkunft von fertigen Bekleidungsstücken bestehe, richte sich dieses auf den Modeschöpfer oder den Konfektionär, aber nicht den Hersteller des verwendeten Stoffes. Auch unter den von der Rechtsprechung für Modeschöpfungen aufgestellten Gesichtspunkten sei die Klage jedenfalls deswegen nicht begründet, weil ein derartiger Schutz zeitlich begrenzt und nach nunmehr 20 Jahren jedenfalls abgelaufen wäre.

Im übrigen wiederholen und vertiefen die Beklagten ihr Vorbringen zur wettbewerblichen Eigenart des klägerischen Stoffes. Es handele sich um ein Allerweltsdessin, wie die in erster Instanz als Anlage B 2 vorgelegten Muster belegten.

Die Beklagten b e a n t r a g e n,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.1.1998 - 31 O 781/97 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Berufungsbeklagte b e a n t r a g t,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß nunmehr Leistung an ihn begehrt wird.

Zur Entwicklung des Dessins wiederholt er unter Beweisantritt die Behauptung der Klägerin in erster Instanz.

Im übrigen bestreitet er die Darstellung der Beklagten zu 2), wonach diese lediglich fertig konfektionierte Kleidungsstücke und nicht auch Stoffe vertreibe.

Entgegen den Ausführungen der Beklagten weise das von der Klägerin früher vertriebene Dessin wettbewerbliche Eigenart auf: es hebe sich nämlich insgesamt gesehen einprägsam von anderen vergleichbaren Blümchenmustern ab.

Es drohe auch Verwechslungsgefahr, weil sich die Verbraucher im Gegensatz zu der Darstellung der Beklagten Vorstellungen über die Herkunft des Stoffes machten. Dies folge daraus, daß der Stoff - was die Zahlen belegten - seit Jahren im Verkehr sehr bekannt sei und der Zuschnitt des Bekleidungsstückes in der Aufmerksamkeit des Verbrauchers hinter dem verwendeten Stoffdessin nahezu völlig zurücktrete. Zudem sei den Verbraucherinnen bekannt, daß Stoffe mit bestimmten Mustern von bestimmten Herstellern stammten. Überdies drohten Täuschungen auch auf der Handelsstufe zwischen Hersteller und Händler. Denn nachdem die Klägerin in der Vergangenheit die Beklagte zu 2) beliefert gehabt habe, hätten deren Abnehmer das Muster aus den früheren Lieferungen gekannt. Bei einer erneuten Verwendung gingen die Abnehmer selbstverständlich davon aus, daß es sich um Stoff desselben Herstellers handele.

Im übrigen komme mit Rücksicht auf die frühere Belieferung der Beklagten zu 2) durch die Klägerin ein Verbot auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensbruches in Betracht.

Schließlich könne sich die Beklagte zu 1) nicht auf seine angebliche frühere Gutgläubigkeit berufen, weil sie auch nach inzwischen erlangter Kenntnis der Zusammenhänge nicht erklärt habe, die Produkte nicht mehr vertreiben zu wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unter keinem der geltendgemachten Gesichtspunkte begründet. Es handelt sich bei dem Dessin, das das angegriffene Kombi-Set aufweist, zwar um eine Nachahmung des von der Klägerin vertriebenen Dessins, gleichwohl bestehen die geltendgemachten Ansprüche nicht.

Die bloße Nachahmung als solche begründet wettbewerbliche Unterlassungs- und sonstige Ansprüche aus § 1 UWG angesichts der grundsätzlich bestehenden Nachahmungsfreiheit nicht (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19.Aufl., RZ 439 ff m.w.N.). Die Nachahmung muß vielmehr von besonderen Unlauterkeitsmerkmalen gekennzeichnet sein. Das ist indes bezüglich der Verwendung des Dessins durch die Beklagten nicht der Fall. Insbesondere sind entgegen der Auffassung des Berufungsbeklagten weder die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung, noch diejenigen eines Vertrauensbruches im Zusammenhang mit der früheren Belieferung der Beklagten zu 2) erfüllt.

Die Klage ist zunächst nicht aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung begründet. Danach handelt wettbewerbswidrig, wer ein Erzeugnis in den Verkehr bringt, das wettbewerblich eigenartige Merkmale eines fremden Produktes aufweist, mit denen der Verkehr Herkunfts- und Gütevorstellungen verbindet, wenn er die zur Vermeidung einer Herkunftstäuschung nötigen und zumutbaren Maßnahmen nicht getroffen hat. Das gilt insbesondere dann, wenn das beanstandete Produkt eine Nachahmung des fremden Produktes darstellt (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RZ 450 m.w.N.).

Es ist schon zweifelhaft, ob das Dessin die erforderliche wettbewerbliche Eigenart aufweist. Jedenfalls fehlt es aber bezüglich der angesprochenen Verbraucherinnen an der notwendigen Entwicklung von Herkunftsvorstellungen bzw. bezüglich etwaiger gewerblicher Abnehmer der Beklagten zu 2) an der Verwechslungsgefahr.

Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob dem Dessin überhaupt die für einen Nachahmungsschutz erforderliche wettbewerbliche Eigenart zukommt. Es müßte dazu Elemente aufweisen, die geeignet sind, im Verkehr als kennzeichnend für seine betriebliche Herkunft zu dienen.

Von Hause aus dürfte dem Muster diese Eigenschaft fehlen. Es mag zwar zutreffen, daß es sich um ein individuell geschaffenes und in seiner konkreten Ausgestaltung einmaliges Muster handelt. Dadurch unterscheidet es sich indes nicht von allen anderen vergleichbaren Stoffmustern, weil es für gemusterte Kleiderstoffe gerade typisch ist, daß diese in der Ausgestaltung des Musters unterschiedlich sind. Allein dem Umstand, daß ein Dessin ein bestimmtes - sonst nicht vorkommendes - Muster aufweist, verleiht ihm angesichts dieser Umstände keine wettbewerbliche Eigenart. Der Verkehr, der daran gewöhnt ist, daß die in Betracht kommenden Stoffe bzw. Textilien typischerweise unterschiedliche Muster aufweisen, verbindet mit dem einzelnen Dessin nämlich nicht - jedenfalls nicht ungeachtet einer etwaigen Bekanntheit des Dessins - die Vorstellung der Herkunft von einem bestimmten Hersteller. Allerdings wird es - gerade mit Blick auf diese Problematik - im Rahmen des Schutzes von Modeneuheiten als ausreichend angesehen, wenn die kennzeichnenden Elemente zwar nicht auf die betriebliche Herkunft des Produktes hinweisen, wohl aber von individueller Ästhetik geprägt sind (vgl. BGH GRUR 73,478,480 - "Modeneuheiten"; GRUR 84,453 - "Hemdblusenkleid"; GRUR 98,477,478 - "Trachtenjanker"; Baumbach/Hefermehl, a.a.O. RZ 514). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann indes ebenfalls offenbleiben, weil der wettbewerbsrechtliche Schutz von Modeschöpfungen nur die laufende und in Einzelfällen auch die folgende Saison erfaßt und diese Frist längst abgelaufen war, als die Beklagten mit dem angegriffenen Kleidungsstück auf den Markt kamen.

Vor diesem Hintergrund kann dem Dessin der Klägerin nur dann die erforderliche wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn dieses durch hinreichenden Vertrieb und Werbung in einem Umfange bekannt geworden ist, der bei den Verbraucherinnen und gewerblichen Abnehmern betriebliche Herkunftsvorstellungen bewirkt. Ob hierfür die von dem Berufungsbeklagten vorgetragenen Umsatzzahlen ausreichen können, läßt der Senat offen. Die Frage kann dahinstehen, weil auch bei anzunehmender wettbewerblicher Eigenart die geltendgemachten Ansprüche aus den nachfolgend darzustellenden Gründen nicht bestehen. Vor diesem Hintergrund sind auch die angebotenen Beweise zu den von dem Berufungsbeklagten behaupteten Umsatzzahlen nicht zu erheben.

Auch bei unterstellter wettbewerblicher Eigenart bestehen die geltendgemachten Ansprüche wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung deswegen nicht, weil die angesprochenen Verbraucherinnen keine auf das Dessin bezogenen Herkunftsvorstellungen entwickeln und etwaige gewerbliche Abnehmer der Beklagten zu 2) einer Verwechslungsgefahr nicht unterliegen werden.

Was zunächst die Verbraucherinnen angeht, so ist diesen das früher von der Klägerin vertriebene Muster nicht in einem - etwa von Ihnen oder in ihrem Auftrag zu bearbeitenden - Stück Stoff, sondern in einem fertig konfektionierten Kleidungsstück gegenübergetreten. Denn die Klägerin hat nicht Endverbraucher, sondern gewerbliche Konfektionierer beliefert. Aus diesem Grund haben die Verbraucherinnen - wenn überhaupt - betriebliche Herkunftsvorstellungen entwickelt, die sich auf das fertige Kleidungsstück und weder auf den darin verarbeiteten Stoff, noch erst Recht allein auf das Muster bezogen haben, das dieser Stoff aufwies. Das gilt um so eher, als die Klägerin selbst in der Vergangenheit nicht etwa nur die Beklagte zu 2), sondern auch andere Konfektionierer mit Stoffen beliefert hat, die das streitgegenständliche Dessin aufwiesen. Aus diesem Grunde ist das Muster den Kundinnen in verschiedensten Verwendungen, nämlich jeweils so gegenübergetreten, wie der einzelne Konfektionär die Stoffe verarbeitet hat. Das schließt indes die Annahme aus, daß die Kundinnen gleichwohl auf das Dessin bzw. den verwendeten Stoff bezogene Güte- und Herkunftsvorstellungen entwickelt haben könnten.

Anderes käme nur in Betracht, wenn es sich bei dem Dessin um ein Muster von erheblicher Auffälligkeit oder Bekanntheit handeln würde, das allein durch seine Verwendung auch bei ganz unterschiedlich geschnittenen Textilien und Herstellern Herkunftsvorstellungen bezüglich des Stoffes auslösen würde. Hiervon kann indes keine Rede sein. Es handelt sich um ein ästhetisch zwar ansprechendes, aus dem üblichen aber nicht herausfallendes gewöhnliches Blümchenmuster für Textilien. Dies vermögen die Mitglieder des Senats, dessen Beisitzerin zu den angesprochenen Verbraucherinnen gehört, selbst zu beurteilen. Auch die behaupteten Umsatzzahlen belegen - ihre Richtigkeit unterstellt - einen so hohen Wiedererkennungswert, wie er für die Entwicklung von Herkunftsvorstellungen bezüglich gerade des Musters erforderlich wäre, nicht.

Was schließlich gewerbliche Abnehmer der Beklagten zu 2) angeht, so kann schon nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte zu 2) überhaupt andere Abnehmer als die Beklagte zu 1) beliefert. Die Beklagten haben unwidersprochen vorgetragen, daß die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) eine Exclusivbelieferung zugesagt habe. Da sich aus dem Vortrag des Berufungsbeklagten eine Belieferung anderer Abnehmer nicht ergibt und auch Anhaltspunkte für eine insoweit bestehende Erstbegehungsgefahr nicht vorliegen, kommt bereits aus diesem Grunde die Gefahr von zukünftigen Herkunftsverswechslungen bei Abnehmern nicht in Betracht. Im übrigen stünde einer Verwechslungsgefahr auch der von den Beklagten weiter vorgetragene direkte Kontakt zwischen Hersteller und Abnehmer entgegen.

Auch der aus der früheren Belieferung der Beklagten zu 2) hergeleitete angebliche Vertrauensbruch vermag die Unlauterkeit der Nachahmung nicht zu begründen. Aus dem in zweiter Instanz erstmals vorgetragenen diesbezüglichen Vortrag des Berufungsbeklagten ergeben sich weder Einzelheiten zu den Umständen und dem Umfang der früheren Geschäftsverbindung, noch zu den Umständen von deren Beendigung. Indes kann allein aus dem vorgetragenen Umstand der früheren Belieferung als solcher eine Unlauterkeit der Nachahmung nicht hergeleitet werden. Ausgehend von dem bestehenden Grundsatz der Nachahmungsfreiheit kann die Nachahmung nicht allein deswegen als unlauter angesehen werden, weil der Nachahmer das Original aus einer Belieferung durch den Hersteller erlangt hat.

Dem Berufungsbeklagten stehen schließlich auch keine urheberrechtlichen Ansprüche zu, weil das Dessin nicht die für einen Urheberschutz gem. § 2 Abs.2 UrhG erforderliche Gestaltungshöhe erreicht. Der Senat sieht hierzu von weiteren Ausführungen ab, weil der Berufungsbeklagte - wie schon in erster Instanz die Klägerin - sich nicht auf urheberrechtliche Vorschriften, die allerdings Gegenstand der Abmahnung waren, stützt.

Scheidet aus den vorstehenden Gründen der geltendgemachte Unterlassungsanspruch aus, so bestehen auch weder der Schadensersatzanspruch, auf den sich der Feststellungsantrag des Berufungsbeklagten bezieht, noch der Auskunftsanspruch, weil beide das ursprüngliche Bestehen eins Unterlassungsanspruches voraussetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer des Berufungsbeklagten entspricht dem Wert seines Unterliegens im Rechtsstreit.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird unter der in dem Senatsbeschluß vom 30.3.1998 vorgenommenen Differenzierung endgültig auf 250.000 DM festgesetzt.






OLG Köln:
Urteil v. 13.11.1998
Az: 6 U 40/98


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