Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Februar 2007
Aktenzeichen: 23 W (pat) 46/05

(BPatG: Beschluss v. 15.02.2007, Az.: 23 W (pat) 46/05)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2005 aufgehoben.

Die Sache wird auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1 bis 4 und der geänderten Beschreibung und Zeichnung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 3. März 1999 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 22. Februar 1999 (Aktenzeichen 299 03 080.6) eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Leuchtenanordnung für Kraftfahrzeuge" durch Beschluss vom 3. Februar 2005 zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 vom 12. September 2000 unmittelbar aus der - DE 29 48 524 A1 Druckschrift 1)

ergäbe und nicht mehr neu sei.

Zum Stand der Technik sind im Prüfungsverfahren außerdem die - DE 43 30 327 A1 Druckschrift 2)

- US 4 054 789 Druckschrift 3)

- FR 2 715 908 A1 Druckschrift 4)

- EP 0 385 229 A1 Druckschrift 5)

- DE 197 06 043 A1 Druckschrift 6) und - DE 41 01 418 A1 Druckschrift 7)

in Betracht gezogen worden.

Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verteidigt ihr Schutzbegehren zuletzt mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 4 und vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des neugefassten Patentanspruches 1 patentfähig sei.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2005 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2007, Beschreibung, Seiten 1 bis 3, eingegangen am 21. März 2005, ursprüngliche Beschreibung, Seite 5 ab 3. Absatz, Beschreibung, Seiten 6 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2007, 8 Blatt Zeichnung, Figuren 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2007.

Die Patentansprüche 1 bis 4 haben folgenden Wortlaut:

"1. Leuchtenanordnung für Kraftfahrzeuge, die eine Heckklappe aufweisen, mit an beiden Längsseiten der Heckklappe vorgesehenen Heckleuchten und mit mindestens einer Sicherheitsleuchte, die an einem karosserieseitigen Rand einer Ladeöffnung vorgesehen und bei geöffneter Hecklappe Licht nach hinten abstrahlt und die bei geschlossener Heckklappe durch diese verdeckt ist, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Heckleuchten (4) vom oberen Rand (9) der Heckklappe (2) bis nahezu zum unteren Rand (10) der Heckklappe (2) erstrecken, dass die Sicherheitsleuchten (6) an den Längsrändern (12, 13) der Ladeöffnung (11) angeordnet sind, unddass die Breite der Sicherheitsleuchten (6) der Breite der Längsränder (12, 13) der Ladeöffnung (11) entspricht.

2. Leuchtenanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Sicherheitsleuchte (6) durch die am Kofferraumdeckel (2) bzw. an der Heckklappe vorgesehene Heckleuchte (4) verdeckt ist.

3. Leuchtenanordnung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Heckleuchten in den Kofferraumdeckel (2) bzw. in die Heckklappe integriert sind.

4. Leuchtenanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Heckklappe aus Kunststoff besteht, in die die Heckleuchten (4) integriert sind."

Wegen der geltenden Beschreibung mit Figuren und der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet; denn entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, weil die im Zurückweisungsbeschluss genannten Gründe in Hinblick auf das geänderte Patentbegehren nicht mehr zutreffen; die Anmeldung ist mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten neugefassten Patentansprüchen 1 bis 4 zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, weil das geänderte Patentbegehren noch nicht ausreichend geprüft ist.

1.) Die Patentansprüche 1 bis 4 sind zulässig.

Der Patentanspruch 1 findet hinsichtlich des Oberbegriffs inhaltlich eine ausreichende Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3 und 9 in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung, S. 5, 2. Absatz, die ersten 6 Zeilen sowie S. 7, 3. Absatz, 3. und 4. Zeile. Der kennzeichnende Teil stützt sich inhaltlich auf die Beschreibung des Ausführungsbeispiels gemäß den Figuren 2 und 3, vgl. dazu insb. S. 7, 3. Absatz und den die Seiten 7 und 8 verbindenden Absatz der ursprünglichen Beschreibung. Die geltenden Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 10, 12 und 13.

2.a) Die Leuchtenanordnung für Kraftfahrzeuge nach dem neugefassten Patentanspruch 1 ist durch den - eingangs genannten - nachgewiesenen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen.

Aufgrund des nunmehr geltenden Patentanspruchs 1 ist der dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Zurückweisungsgrund der mangelnden Neuheit entfallen. Jedoch stellt die mit dem neugefassten Patentanspruch 1 vorliegende Merkmalskombination eine wesentliche Änderung des bisherigen Patentbegehrens dar, die im Rahmen des Prüfungsverfahrens ersichtlich noch nicht ausreichend geprüft ist.

Aus der Druckschrift 5) ist zwar unbestritten eine Leuchtenanordnung mit Sicherheitsleuchte gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bekannt, vgl. dort insb. Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung sowie Spalte 3, Zeilen 24 bis 30. Sowohl die Heckleuchten (Schlussleuchten mit Bezugszeichen 30`) als auch die Sicherheitsleuchten (30) befinden sich bei dieser bekannten Leuchtenanordnung jedoch im unteren Bereich der Heckklappe bzw. der Ladeöffnung. Für die im kennzeichnenden Teil des neugefassten Anspruchs 1 angegebene Lehre, wonach für eine verbesserte Sicherungsfunktion für das Fahrzeug die Heckleuchten sich vom oberen Rand der Heckklappe bis nahezu unteren Rand der Heckklappe erstrecken und die Sicherheitsleuchten an den Längsrändern der Ladeöffnung angeordnet sind und zwar so, dass die Breite der Sicherheitsleuchten der Breite der Längsränder der Ladeöffnung entspricht, geben jedoch weder die Druckschrift 5) noch die übrigen im Verfahren befindlichen, eingangs genannten Druckschriften dem Fachmann ein Vorbild bzw. eine Anregung.

Der zuständige Durchschnittsfachmann ist hier als ein mit der Kraftfahrzeugbeleuchtung befasster berufserfahrener Entwicklungsingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Fachhochschulausbildung zu definieren.

Soweit nach der Druckschrift 7) eine Leuchtenanordnung für Kraftfahrzeuge, die eine Heckklappe aufweisen, offenbart ist, erstrecken sich die Heckleuchen - in offensichtlichem Unterschied zur beanspruchten Lehre - nicht vom oberen Rand der Heckklappe bis nahezu zum unteren Rand derselben und die entsprechenden Sicherheitsleuchten sind auch nicht an den Längsrändern der Ladeöffnung angeordnet, sondern an der Heckklappe selbst, vgl. Figur 11 mit zugehöriger erläuternder Beschreibung. Die restlichen im Verfahren befindlichen Druckschriften 1) bis 4) und 6) liegen noch weiter entfernt. Sie geben ebenfalls ersichtlich keinen Anhalt bzw. keine Anregung für eine Leuchtenanordnung für Kraftfahrzeuge, die eine Heckklappe aufweisen und bei der Sicherheitsleuchten an den Rändern der Ladeöffnung angeordnet sind, wie dies der Lehre des neugefassten Patentanspruchs 1 entspricht.

2.b) Die vorliegende Sache ist jedoch noch nicht entscheidungsreif. Aufgrund der wesentlichen Änderung des Patentbegehrens im Beschwerdeverfahren durch Aufnahme erfindungswesentlicher Merkmale aus der Beschreibung ist der von der Prüfungsstelle recherchierte Stand der Technik unvollständig und es ist daher nicht auszuschließen, dass ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert. Da eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür in erster Linie die Prüfungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts mit den ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen sind, ist die Sache im Rahmen der geltenden Patentansprüche 1 bis 4 und der geltenden Beschreibung mit Figuren an das Deutsche Patent- und Markenamt zur weiteren Prüfung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 3 Satz 1, Nr. 1 und 3 PatG).






BPatG:
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Az: 23 W (pat) 46/05


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