Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Januar 2006
Aktenzeichen: 21 W (pat) 67/03

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Auf die am 17. November 1997 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent 197 50 873 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Steuerung eines atmosphärischen Gasbrenners für Heizgeräte, insbesondere Wassererhitzer" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Erteilung ist am 23. März 2000 erfolgt.

Die Patentabteilung 43 hat das Streitpatent nach Prüfung des für zulässig erklärten Einspruchs mit Beschluss vom 11. September 2003 widerrufen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, dass dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der nachveröffentlichten älteren Anmeldung E1: DE 198 20 192 A1 (Prioritätstag 28. April 1997)

die erforderliche Neuheit fehle.

Im Einspruchsverfahren ist zum Stand der Technik unter anderem noch auf die Druckschrift E2: DE 43 09 934 A1 verwiesen worden. In der Beschreibungseinleitung des Streitpatents wird darüber hinaus die DE 33 46 437 A1 abgehandelt.

Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie verteidigt das angegriffene Patent auf der Grundlage eines neuen, eingeschränkten Patentanspruchs 1. Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand dieses Patentanspruchs neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf Basis des in der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2006 eingereichten Patentanspruchs 1 beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass auch der Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei.

Der verteidigte, mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 lautet:

M1 Verfahren zur Steuerung eines ausschließlich atmosphärisch betriebenen vollvormischenden Gasbrenners für Heizgeräte, insbesondere Wassererhitzer, M2 mit einer Gaszufuhreinrichtung M3 und einer Injektoranordnung, in die der Brenngasstrom eingedüst und damit die für die Verbrennung erforderliche Luft mitgerissen wird, M4 sowie mit einer Zündeinrichtung zum Starten des Gasbrenners, dadurch gekennzeichnet, M5 dass beim Starten des Gasbrenners zeitabhängig die Startgasmenge erhöht wird, M6 dass der Start in mehrere Zündvorgänge aufgeteilt ist, M7 dass nach einem oder mehreren Zündvorgängen zu Beginn oder während des nächsten Zündvorgangs die Gaszufuhr erhöht wird, M8 dass der Zündvorgang und die Gaszufuhr zwischen dem ersten und dem zweiten Zündvorgang unterbrochen werden, wenn während des ersten Zündvorgangs kein Flammensignal erfasst wird, M9 und dass zur Erhöhung der Gaszufuhr die Startgasmenge von 45 % der Nennleistung des Gasbrenners auf 65 % der Nennleistung erhöht wird.

Den Ausführungen in der Streitpatentschrift (Spalte 1, Zeilen 24 bis 29) zufolge soll das beanspruchte Verfahren insofern von Vorteil sein, als die Startgasmenge für eine sicheres Zünden des atmosphärisch betriebenen Gasbrenners ohne zusätzliche Bauteile an die jeweiligen Betriebsbedingungen (Gasqualität, Gasart, Kaltstart, hoher Kaminzug etc.) angepasst wird.

II Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist nicht begründet, da sich der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht patentfähig erweist.

1.) Die seitens des Senats von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung des Einspruchsvorbringens hat ergeben, dass der Einspruch zulässigerweise erhoben worden ist. Denn der auf mangelnde Patentfähigkeit des Streitpatentgegenstandes gestützte Einspruch ist innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG ausreichend substantiiert worden. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden.

2.) Es kann dahinstehen, ob der verteidigte Patentanspruch 1 durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt ist und ob sein Gegenstand den Schutzbereich des Streitpatents erweitert. Ebenso braucht nicht geklärt zu werden, ob das beanspruchte - zweifelsohne gewerblich anwendbare - Verfahren neu ist. Denn dieses Verfahren beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der als ein mit der Entwicklung steuerbarer Gasbrenner befasster, berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Energietechnik zu definieren ist.

Aus der in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents genannten Druckschrift DE 33 46 437 A1 ist unstrittig ein Verfahren zur Steuerung eines Gasbrenners mit den im Oberbegriff des verteidigten Patentanspruchs 1 aufgeführten Merkmalen bekannt. Denn auch bei diesem Stand der Technik (vgl. die Figur mit zugehöriger Beschreibung Seite 6, 1. Absatz bis Seite 7, 1. Absatz und den Anspruch 1) ist vorgesehen, einen ohne Gebläse und ohne Zwischenschaltung eines Mischers arbeitenden, also ausschließlich atmosphärisch betriebenen, vollvormischenden Gasbrenner für Heizgeräte (Heizungskessel 10 ) zu steuern [Merkmal M1], wobei der Gasbrenner eine Gaszufuhreinrichtung (Leitung 14) [Merkmal M2] und eine Injektoranordnung (Gasbrenner 12) aufweist, in die der Brenngasstrom eingedüst und damit die für die Verbrennung erforderliche Luftmenge mitgerissen wird [Merkmal M3]. Darüber hinaus ist beim Stand der Technik offensichtlich auch eine Zündeinrichtung zum Starten des Gasbrenners (vgl. Seite 6, letzter Absatz bis Seite 7, 1. Absatz) vorhanden [Merkmal M4].

Gemäß der Lehre der DE 33 46 437 A1 (vgl. den Anspruch 1) wird davon ausgegangen, dass der bekannte Gasbrenner bereits beim ersten Versuch zuverlässig zündet. Insofern fehlt bei diesem Stand der Technik jeglicher Hinweis dahingehend, das bekannte Verfahren entsprechend den Merkmalen des kennzeichnenden Teils des verteidigten Patentanspruchs 1 weiterzubilden, das heißt Maßnahmen zu ergreifen, die ein sicheres Zünden des Gasbrenners auch dann noch gewährleisten, wenn der erste Zündversuch scheitern sollte.

Eines solchen Hinweises bedarf es für den vorstehend definierten Durchschnittsfachmann freilich nicht. Denn die ihm zweifelsohne geläufige DIN 4788, Teil 3 - wie sie beispielsweise in der eingangs genannten Entgegenhaltung E2 (vgl. Spalte 1, Zeilen 26 bis 28 ) erwähnt wird - schreibt für Gasbrenner zwingend vor, dass ein Zündvorgang dann abzubrechen ist, wenn ein solcher zweimal erfolglos gestartet wurde. Diese Vorschrift besagt mit anderen Worten, dass sich der Start eines Gasbrenners - entsprechend dem Merkmal M6 des verteidigten Patentanspruchs 1 - in mehrere, genauer gesagt maximal zwei Zündvorgänge aufteilen lässt. Ist der erste Zündversuch, wie sich am ausbleibenden Flammensignal erkennen lässt, erfolglos, muss vor dem zweiten Zündversuch zunächst sichergestellt sein, dass sich das im Brenner verbliebene, hochexplosive Gas-Luft-Gemisch verflüchtigen kann. Es versteht sich deshalb für den Fachmann schon aus Sicherheitsgründen von selbst, dass der Zündvorgang und die Gaszufuhr zwischen dem ersten und dem zweiten Zündvorgang gemäß dem Merkmal M8 des verteidigten Patentanspruchs 1 unterbrochen werden müssen.

Aber auch die noch verbleibenden Verfahrensschritte M5, M7 und M9 ergeben sich für den Fachmann in nahe liegender Weise. Denn bereits aufgrund seiner praktischen Lebenserfahrung im Umgang mit verschiedenen motorisierten Vorrichtungen wie Auto, Rasenmäher etc. wird der Fachmann nach einem erfolglosen ersten Startversuch des Gasbrenners beim nachfolgenden zweiten - und aufgrund von DIN 4788, Teil 3 bekanntlich auch letzten - Startversuch instinktiv durch eine zeitabhängige Erhöhung der Gaszufuhr zu Beginn oder während dieses zweiten Starversuchs die Chancen auf eine erfolgreiche Zündung erhöhen, wie dies insoweit durch die Merkmale M5 und M7 des geltenden Patentanspruchs 1 beansprucht wird. Hierbei liegt es im Rahmen fachmännischen Handelns, aufgrund einfacher Versuche die jeweils günstigsten Startgasmengen in Relation zur späteren Nennleistung des Brenners zu ermitteln. Deshalb kann auch in der gemäß Merkmal M9 beanspruchten Erhöhung der Startgasmenge von 45 % auf 65 % der Nennleistung keine Maßnahme gesehen werden, durch welche sich die Patentfähigkeit des Verfahrens gemäß dem verteidigten Patentanspruch 1 begründen ließe, zumal schon aus der DE 33 46 437 A1 (vgl. Seite 7, 1. Absatz, Zeilen 4 bis 7) bekannt ist, die Startgasmenge auf die besagten 65 % der Nenngasmenge eines Gasbrenners zu begrenzen.

Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, dass es für den Fachmann - ausgehend von der zuletzt genannten Druckschrift - keiner erfinderischen Tätigkeit bedurfte, um zum beanspruchten Verfahren zu gelangen.

Der verteidigte Patentanspruch 1 ist somit nicht gewährbar.

3.) Die Beschwerde der Patentinhaberin war deshalb zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 19.01.2006
Az: 21 W (pat) 67/03


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