Amtsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 16. Dezember 2008
Aktenzeichen: 36 C 9324/08

(AG Düsseldorf: Urteil v. 16.12.2008, Az.: 36 C 9324/08)

Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2008

durch den Richter am Amtsgericht X

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 110 % abwenden, wenn nicht die Beklagte diese erbringt.

Tatbestand

Der Kläger ist eine Gewerkschaft und bei der Beklagten rechtsschutzversichert zum Versicherungsschein xxxxxxxx.

Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) 75 und 94 zugrunde.

Danach gewährt die Beklagte gemäß § 5 Abs. 1 d Rechtsschutz für die Gebühren eines Schieds- oder Schlichtungsverfahrens.

Über den Kläger genießen dessen Mitglieder satzungsgemäßen Rechtsschutz. Die Arbeitsverhältnisse werden nach einer Empfehlung des Klägers unter anderem durch die Nordelbischen XXX Kirchen (XXXX) und den Verband XXX (XXXX) mit einer unter § 9 der Arbeitsverträge vorgesehenen Klausel abgeschlossen: "Beide Vertragspartner verpflichten sich für den Fall von Streitigkeiten aus dem Arbeitsvertrag, vor Beschreitung des Rechtsweges die Vermittlung der in § 10 genannten Dienststelle anzurufen".

Der Kläger begreift diese kirchenspezifische Forderung als eine Verkörperung des Prinzips des Nachrangs der Rechtsverfolgung vor den staatlichen Gerichten für Arbeitssachen in kirchlichen Angelegenheiten.

In den fristgebundenen Fällen nach dem Kündigungsschutzgesetz (§ 4) wird die Einleitung dieses Vermittlungsverfahrens auch zeitgleich durchgeführt mit der vorsorglich erfolgten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht. In diesem Zusammenhang weist der Kläger auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.99 hin, wonach die kirchenarbeitsvertraglich geforderte Schlichtung nicht geeignet ist, die Klagefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz zu suspendieren.

Wegen des generellen Streits der Parteien bezüglich der im Vermittlungsverfahren anfallenden Anwaltsgebühren haben sich die Parteien entsprechend einem Schreiben der Beklagten vom 07.11.07 dahin geeinigt, dass anhand von zwei Musterverfahren zu klären sei, ob die Beklagte zusätzliche Gebühren nach § 65 BRAGO bzw. nach VV 2303 Ziffer 4 VVG zu erstatten hat. Die gerichtliche Entscheidung soll bei Rechtskraft auch für übrige vergleichbare Fälle gelten.

Klägerseits werden hier beispielhaft dargestellt eine Gebührenforderung aus der Sache F gegen Kirchenkreis XX, wo klägerseits aus dem Vermittlungsverfahren restliche 818,96 Euro gefordert werden; ferner aus dem Verfahren W gegen

XXX-Kirche, wonach der Kläger restliche 582,88 Euro fordert.

Unter anderem gestützt auf ein Gutachten xxxxxx Anwälte vom 02.10.07 vertritt der Kläger die Auffassung, das kircheninterne Vermittlungsverfahren entspringe dem grundgesetzlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Demzufolge sei die dabei eingerichtete Einigungsstelle zuzuordnen "einer sonstigen gesetzlich eingerichteten Einigungsstelle, Gütestelle oder Schiedsstelle". Das Gutachten schließt mit dem Ergebnis, die Gebühren, die durch Anrufung einer kircheninternen Schlichtungsstelle entstehen, seien nach Nummer 2300 Ziffer 4 VV RVG erstattungsfähig zu einem Satz von 1,5.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Kosten der Rechtsanwälte X & X in Höhe von 1.401,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.09.06 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie zieht die klägerische Aktivlegitimation in Zweifel. So sei der Kläger nicht Auftraggeber der Rechtsanwälte gewesen. Das Mandatsverhältnis habe vielmehr mit den versicherten Mitarbeitern bestanden. Indessen sei sie mit dem gewählten Klageverfahren einverstanden.

Sie erhebt weiter Einwände zur Höhe, dabei auch insoweit, als nach § 65 BRAGO in einem Fall statt 10/10 17,5/10 gefordert wurde.

Insgesamt vertritt sie die Auffassung, die arbeitsrechtlich vereinbarte kircheninterne Vermittlungsstelle sei keine gesetzliche oder auch gesetzlich ermächtigte Schlichtungsstelle.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Forderungslegitimation des Klägers mag dahinstehen, da sich die Parteien einverständlich zu dem jetzigen Streitverhältnis entschieden haben.

Die Einwände der Beklagten zur Forderungshöhe mag ebenfalls dahinstehen, da die Klage bereits dem Grunde nach unbegründet ist.

Der Rechtsschutzvertrag schließt nämlich nach § 5 ARB 94 bzw. § 2 Abs. 1 c die Aufwendungen vor kircheninternen Vermittlungsstellen nicht ein (vgl. Prölss-Martin, VVG 27. Aufl., S. 2035 und S. 2144). Danach wird Rechtsschutz nur gewährt für Tätigkeiten vor Schieds- und Schlichtungsstellen, deren Entscheidung verbindlich ist. Nur ein Gericht, das den Rechtsstreit anstelle des staatlichen Gerichts abschließend entscheidet, ist Schiedsgericht im Sinne dieser Rechtsschutzbestimmung. Gleiches findet sich auch unter RVG VV 2303 Nr. 4. Auch hiernach gilt, dass die Schieds- oder Schlichtungsstelle anstelle des Gerichts, das über die Klage zu entscheiden hat, sachzuständig ist. Die beispielhaft aufgeführten Gütestellen nach dieser Vorschrift schließen kircheninterne Vermittlungsstellen nicht ein. Ausgeschlossen ist auch beispielsweise die Gutachterkommission der Ärztekammern, da diese nicht sachentscheidend tätig wird (vgl. Gerold/Schmidt "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz", 18. Aufl. VV 2303, Rn. 6 und 7).

Gerade auch aus der klägerseits herangeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.99 ergibt sich ein das gerichtliche Verfahren nicht einmal hemmendes kircheninternes Instrument. Mangels einer staatlich ermächtigten Güte- oder Schlichtungsstelle ist nach der vorgenannten Entscheidung das Mitglied des Klägers ohne jede Einschränkung an § 4 Kündigungsschutzgesetz wegen der dortigen Frist gebunden.

Unerheblich sind hier die grundgesetzlichen Erwägungen zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Daraus lassen sich konkrete Verpflichtungen für Rechtsschutzversicherungen nicht herleiten. Das Verhältnis zwischen Versicherten und Versicherer ist ein rein privatrechtliches. Eine Art Drittwirkung wie bei einzelnen Grundrechten lässt sich aus Artikel 140 Grundgesetz ebenso wenig herleiten wie aus Artikel 137 WRV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






AG Düsseldorf:
Urteil v. 16.12.2008
Az: 36 C 9324/08


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