Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 25. Februar 2015
Aktenzeichen: 6 K 5245/13

(VG Köln: Urteil v. 25.02.2015, Az.: 6 K 5245/13)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Auskunftsanspruch der Klägerin zu bestimmten Vergabeverfahren.

Die Klägerin betreibt mehrere Internetseiten über Auftragsvergaben aus öffentlichen Beschaffungsverfahren. Fünf davon sind kostenpflichtig (C. -E. .de, C1.--- .eu, T. .de, F. -Q. .eu, C2.----------- -G. .de); zwei sind frei zugänglich (B. .de und C1.--- -W. .eu). Nutzer können jeweils abrufen, wer den Auftrag erhalten hat, wie hoch die Auftragssumme ist und wie viele Bieter beteiligt waren.

Mit einer E-Mail vom 5.7.2013 richtete die Klägerin unter Vorlage eines Presseausweises eines ihrer Mitarbeiter eine presserechtliche Anfrage an die Beklagte. Darin bat sie um Informationen zum Vergabeverfahren 00000 C3. X. mit M. -M1. (0 00.00 - 0000/00/00.0), und zwar über den Namen und die Adresse des Auftragnehmers, den Auftragswert in EUR und die Anzahl der Bieter.

Mit einer weiteren E-Mail vom 13.7.2013 erbat die Klägerin dieselben Auskünfte zu dem Vergabeverfahren 00000 I. H. -A. und 00000 I. V. (0 00.00 - 0000/00/00.0).

Mit Bescheiden vom 8.7.2013 und vom 15.7.2013 lehnte die Beklagte die Anträge auf Auskunftserteilung ab.

Gemäß der Rechtsbehelfsbelehrung legte die Klägerin Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5.8.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Landespressegesetz NRW sei auf Dienststellen des Bundes nicht anwendbar. § 14 Abs. 3 der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) regele ausdrücklich, dass in vergaberechtlichen Verfahren im unterschwelligen Bereich Angebote und ihre Anlagen sowie die Dokumentation über die Angebotsöffnung auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens sorgfältig zu verwahren und vertraulich zu behandeln seien. Für umfangreichere Vergabeverfahren im oberschwelligen Bereich (ab 25.000 EUR) habe der Gesetzgeber demgegenüber eine "Expost-Bekanntmachung" vorgesehen.

Am 28.8.2013 hat die Klägerin Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt (6 L 1278/13). Den Antrag im vorläufigen Rechtsschutz hat das Gericht mit Beschluss vom 6.11.2013 abgelehnt, die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das OVG NRW mit Beschluss vom 4.7.2014 (5 B 1430/13) abgelehnt.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Sie recherchiere und bearbeite öffentliche Beschaffungsverfahren redaktionell und publiziere die Informationen allgemein zugänglich auf ihren Onlineportalen. Die Angaben zu den Unternehmen, die den Zuschlag in öffentlichen Vergabeverfahren erhalten hätten, diene der Erhöhung der Transparenz im öffentlichen Beschaffungs- und Vergabewesen und liege daher im öffentlichen Interesse. Die von ihr recherchierten Informationen seien an die Zielgruppe der Unternehmen der Bauwirtschaft adressiert. Dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit werde dadurch Rechnung getragen, dass sie seit Anfang 2014 Telemedien anbiete, deren Zugang nicht kostenpflichtig sei und in denen ausgewählte Auftragsvergaben der öffentlichen Hand publiziert und kommentiert würden. Diese würden ab 2014 zusätzlich als periodische Printmedien im Abonnement angeboten. Der Schwerpunkt ihrer publizistischen Tätigkeit liege in der Nachrichtenbeschaffung und -verbreitung. Die erbetene Auskunft über den Namen und die Adresse des Bieters, der den Zuschlag erhalten habe, lasse keine Rückschlüsse auf dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu. Wettbewerbsnachteile seien nicht zu befürchten. Auskünfte zu Angebotsdetails begehre sie nicht. Andere Behörden würden die erbetenen Auskünfte erteilen. Die von ihr betriebenen Internetseiten seien Telemedien mit journalistischredaktionell gestaltetem Inhalt im Sinne des § 54 Abs. 2 RStV, so dass ihr ein Auskunftsrecht nach § 9 a RStV zustehe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu ihren Anfragen aus den Vergabeverfahren Nr. 00000 - C3. X. mit M. -M1. und Nr. 00000 - I. H. -I1. und V. zu erteilen, mindestens Name und Anschrift des bezuschlagten Auftragnehmers, Auftragssumme, Zahl der Bieter und Tag der Auftragsvergabe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die Klägerin verfolge ausschließlich kommerzielle Interessen. Die erbetenen Informationen würden ohne journalistischredaktionelle Bearbeitung in die Portale eingespeist. Eine publizistische Verbreitung an die Öffentlichkeit finde nicht statt. Ein Mitwirken an der Meinungsbildung sei nicht erkennbar. Ein Auskunftsbegehren, durch das allein die Chancen im wirtschaftlichen Wettbewerb verbessert werden sollten, falle nicht unter den presserechtlichen Auskunftsanspruch. Die Portal-Nutzer sollten den jeweiligen Auftragnehmer kontaktieren können, um diesem eigene Leistungen anzubieten. Der Bund habe von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Vergaberechts abschließend Gebrauch gemacht. Die Veröffentlichungspflichten seien für Vergabeverfahren im oberschwelligen Bereich abschließend geregelt. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen, da sie schon nicht Vertreterin der Presse sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die allgemeine Leistungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die verlangten Auskünfte.

§ 4 Abs. 1 PresseG NRW kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob diese Regelung auf die Beklagte als Bundesbehörde anwendbar ist.

Vgl. zur Anwendbarkeit landesrechtlicher presserechtlicher Auskunftsansprüche gegenüber dem Bundesnachrichtendienst BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 6 A 2/12 -; zur Anwendbarkeit des § 4 PresseG NRW auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben OVG NRW, Urteil vom 18.12.2013 - 5 A 413/11 -.

Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 PresseG NRW nicht vor, da die Klägerin nicht Vertreterin der Presse ist. Einen presserechtlichen Auskunftsanspruch kann nur derjenige geltend machen, der einem Presseunternehmen zugeordnet werden kann, das die Gewähr für die publizistische Verbreitung an die Öffentlichkeit bietet und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt (§ 3 PresseG NRW).

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2008 - 5 A 2794/05 -.

Zu der Frage der Zuordnung der Klägerin zu einem Presseunternehmen hat das OVG NRW im zu Grunde liegenden Eilverfahren (Beschluss vom 04.07.2014 - 5 B 1430/13 -) ausgeführt:

"Für die Antragstellerin ist dies - anders als für Presseagenturen - deshalb zweifelhaft, weil bei ihr die zentrale Funktion der Presse, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu dienen, ersichtlich außerpublizistischen Geschäftszwecken untergeordnet ist... Der Antragstellerin geht es mit ihrem Onlineangebot in erster Linie darum, Transparenz des öffentlichen Beschaffungs- und Vergabewesens auch im unterschwelligen Bereich, der nicht europarechtlich geprägt ist, zu erhöhen. In diesem Sinne soll Materiallieferanten und Herstellern die Möglichkeit gegeben werden, sich an denjenigen zu wenden, der den Zuschlag im Vergabeverfahren erhalten hat, um Leistungen, die für die Durchführung des Auftrags erforderlich sind, anzubieten. Danach geht es primär um die Befriedigung geschäftlicher Interessen potentieller Anbieter. Dementsprechend ist die Antragstellerin vor allem daran interessiert, möglichst umfassend diejenigen, die öffentliche Aufträge erhalten haben, in ihren Datenbanken namentlich und mit ihrer Anschrift sowie unter Angabe des Auftragswerts und der Zahl der Bieter aufzunehmen. Diese Daten sollen zwar nicht vollständig automatisch aufgelistet, aber doch im Wesentlichen lediglich als systematisch zugeordnete Rohdaten in Datenbanken dauerhaft archiviert werden. Ihr Onlineangebot ist mithin insgesamt auf die Geschäftsinteressen gewerblicher Nutzer aus der Bauwirtschaft zugeschnitten. Soweit die Antragstellerin auch andere interessierte Bürger als Zielgruppe versteht, die sich etwa über die Wettbewerbssituation informieren wollen, ist dies nach Aktenlage allenfalls ein zu vernachlässigender Nebeneffekt. Das lückenlose Informationsinteresse, das alle öffentlichen Vergaben ausnahmslos erfasst, ist durch ein mögliches Bestreben, interessierte Bürger über die Wettbewerbssituation zu unterrichten, nicht zu erklären. Vor allem aber sind für eine derartige Unterrichtung die im Fokus des Begehrens der Antragstellerin stehenden Namen und Anschrift als derjenigen, die einen öffentlichen Auftrag erhalten haben, nicht entscheidend."

Hiervon ausgehend steht auch nach den Ausführungen des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin nicht publizistischen, sondern kommerziellen Zwecken dient. Die Klägerin sammelt die von ihr abgefragten Daten zu einzelnen Vergabeverfahren, ordnet sie und teilt sie in verschiedene Kategorien ein. Insoweit hat der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Vielzahl der bei verschiedenen Behörden abgefragten Daten von den Mitarbeitern der Klägerin nach bestimmten bauwirtschaftlichen Geschäftsfeldern sortiert wird, so dass die Nutzer der Datenbanken die Möglichkeit haben, gezielt die sie interessierenden Vergaben abzurufen. Bei den kostenpflichtigen Angeboten bietet die Klägerin die von ihr gesammelten Daten den gewerblichen Nutzern zum Kauf an. Diese Tätigkeit der Klägerin bei der Datensammlung und -verwaltung ist vergleichbar mit dem Erstellen von Statistiken. Die allgemeine Information der Nutzer der Datenbanken, die zur Meinungsbildung in öffentlichen Vergabeverfahren beitragen könnte, ist dabei ein reiner Nebeneffekt von allenfalls untergeordneter Bedeutung.

Im Übrigen haben nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten auch die Bundesvereinigung der Fachjournalisten e. V und der Deutsche Fachjournalisten-Verband AG dem Vertreter der Klägerin, der jeweils unter Vorlage seines Presseausweises die Anfragen bei den verschiedenen Behörden stellt, untersagt, Presseausweise dieser Verbände zu verwenden, da der Vertreter der Klägerin nach ihrer Auffassung nicht journalistisch tätig ist.

Darüber hinaus kann die Klägerin ihren Auskunftsanspruch auch nicht auf § 54 Abs. 2 i.V.m. § 9a RStV stützen. Danach steht ein Auskunftsanspruch gegenüber Behörden auch Anbietern von Telemedien mit journalistischredaktionell gestalteten Angeboten zu, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text und Bild wiedergegeben werden. Journalistischredaktionelle Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass bei Ihnen Informationen nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz ausgewählt und als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung verbreitet werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.7.2014 - 5 B 1430/13 - unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.3.2014 - 1S 169/14 -, juris.

Dahinter steht das Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen. Die Arbeitsweise bei Auswahl und Strukturierung zeichnet sich bei journalistischen Angeboten durch einen hohen Grad an Professionalisierung aus. Das jeweilige Angebot vermittelt den Eindruck, dass Tatsachen umfassend recherchiert und dabei verschiedene Informationsquellen genutzt wurden.

Vgl. Held in: Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 54 RStV, Rn. 51 ff.

Gemessen hieran ist das Onlineangebot der Klägerin nicht als journalistischredaktionell zu qualifizieren. Die Klägerin betreibt Datenbanken, in denen sie die abgefragten Daten sortiert, kategorisiert und archiviert. Die meinungsbildende Wirkung über das öffentliche Vergabewesen ist dabei nicht prägender Bestandteil des Angebots. Vielmehr beschränkt sich die Klägerin im Wesentlichen auf die Wiedergabe automatisiert erzeugter Meldungen über den Auftragsgegenstand, die Auftragssumme, Namen und Adresse des beauftragten Unternehmens und die Zahl der Bieter. Bei dieser Arbeitsweise ist nicht erkennbar, dass die vorrangige Intention der Klägerin darin bestünde, zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen.

Die Berufung war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.






VG Köln:
Urteil v. 25.02.2015
Az: 6 K 5245/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f5cb0b7f1c30/VG-Koeln_Urteil_vom_25-Februar-2015_Az_6-K-5245-13




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share