Landgericht Köln:
Urteil vom 18. Juli 2012
Aktenzeichen: 28 O 89/12

(LG Köln: Urteil v. 18.07.2012, Az.: 28 O 89/12)

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung verurteilt, es zu unterlassen

in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a) Kam nach GB und verabreichte Patienten toedliche Ueberdosis. Durch diese Tat stehen nun deutsche Aerzte im Kreuzfeuer der Kritik, wobei Dr W noch nicht einmal deutschstaemmig ist! Dr W entzieht sich seit der Tat jeglicher Verantwortung und weigert si...

und/oder

b) Dr W wurde in C wegen fahrlaessiger Toetung eines Patienten zu einer Bewaehrungsstrafe verurteilt. Der Gerichtsmediziner ist der Auffassung, dass Herr W eine akute Gefahr fuer Patienten ist. Vorsicht!!!! Lebensgefahr!

und/oder

c) Der Patient (A) starb an einer verordneten Überdosis. W darf in Grossbritannien nicht mehr praktizieren und ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

und/oder

d) Tot wegen der Behandlung Ws

und/oder

e) Dr W ist rechthaberisch und teilweise inkompetent er ist außerdem schnell erregt und will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W) ich spreche aus eigener erfahrung was falsche dosierungen angehen.

wenn dies geschieht wie im Internet auf der Seite T.de im Zusammenhang mit der Injektion einer letalen Dosis des Schmerzmittels Diamorphin am 16.02.2008 in Cambridgeshire/GB.

2. Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung weiterhin verurteilt, es zu unterlassen,

in Bezug auf den Antragsteller zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

Dr W ist rechthaberisch und teilweise inkompetent er ist außerdem schnell erregt und will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W) ich spreche aus eigener erfahrung was falsche dosierungen angehen. falls sie das alles nicht stört ist er ansonsten ein guter arzt wenn es darum geht für simmulationen einen krankenschein zu bekommen. sollten sie allerdings wirklich krank sein kann ich ihnen nur raten sich einen richtigen arzt zu suchen bevor sie das nächste opfer von dr W werden. (kein scherz)

wenn dies geschieht wie auf der Internetseite T.de.

3. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger EUR 610,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2012 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 10% und die Beklagte 90%.

6. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung. Die Sicherheitsleistung beträgt für den Antrag zu 1) und den Antrag zu 2) jeweils EUR 2.000,00 und im Übrigen 110% des zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Arzt für Allgemeinmedizin und Chirurgie; er betreibt eine Praxis in C. Im Februar 2008 leistete er Wochenendnotdienst in England. Dort verabreichte er einem Patienten ein Schmerzmittel, wobei er sich über die einzuhaltende Dosierung irrte. Der Patient verstarb infolge einer Überdosierung. Diesbezüglich wurde der Kläger durch Strafbefehl der deutschen Strafverfolgungsbehörden zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Der Strafbefehl ist seit dem 15.04.2009 rechtskräftig.

Die Beklagte betrieb unter der Internetseite www.T.de ein Bewertungsportal für Ärzte. Dieses Portal ist nach Veröffentlichung der streitgegenständlichen Aussagen zwischenzeitlich von der Firma T UG übernommen worden.

Der Kläger wendet sich gegen einzelne Aussagen in den ihn betreffenden Bewertungen, die dort seit dem 06.08.2010 veröffentlicht sind. Auf seinen Antrag hin hat die Kammer zu Aktenzeichen 28 O 767/11 am 28.09.2011 der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

1. in Bezug auf den Antragsteller zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a) Kam nach GB und verabreichte Patienten toedliche Ueberdosis. Durch diese Tat stehen nun deutsche Aerzte im Kreuzfeuer der Kritik, wobei Dr W noch nicht einmal deutschstaemmig ist! Dr W entzieht sich seit der Tat jeglicher Verantwortung und weigert si...

und/oder

b) Dr W wurde in C wegen fahrlaessiger Toetung eines Patienten zu einer Bewaehrungsstrafe verurteilt. Der Gerichtsmediziner ist der Auffassung, dass Herr W eine akute Gefahr fuer Patienten ist. Vorsicht!!!! Lebensgefahr!

und/oder

c) Der Patient (A) starb an einer verordneten Überdosis. W darf in Grossbritannien nicht mehr praktizieren und ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

und/oder

d) Tot wegen der Behandlung Ws

und/oder

e) Dr W ist rechthaberisch und teilweise inkompetent er ist außerdem schnell erregt und will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W) ich spreche aus eigener erfahrung was falsche dosierungen angehen. Falls sie das alles nicht stört ist er ansonsten ein guter arzt wenn es darum geht für simmulationen einen krankenschein zu bekommen. sollten sie allerdings wirklich krank sein kann ich ihnen nur raten sich einen richtigen arzt zu suchen bevor sie das nächste opfer von dr W werden. (kein scherz)

wenn dies geschieht wie im Internet auf der Seite T.de im Zusammenhang mit der Injektion einer letalen Dosis des Schmerzmittels Diamorphin am 16.02.2008 in Cambridgeshire/GB.

2. in Bezug auf den Antragsteller zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

Dr W ist rechthaberisch und teilweise inkompetent er ist außerdem schnell erregt und will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W) ich spreche aus eigener erfahrung was falsche dosierungen angehen. falls sie das alles nicht stört ist er ansonsten ein guter arzt wenn es darum geht für simmulationen einen krankenschein zu bekommen. sollten sie allerdings wirklich krank sein kann ich ihnen nur raten sich einen richtigen arzt zu suchen bevor sie das nächste opfer von dr W werden. (kein scherz)

Die Beklagte hat die Äußerungen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung zwar gelöscht. Jedoch hat sie keine Abschlusserklärung zu der einstweiligen Verfügung abgegeben.

Der Kläger verfolgt sein Unterlassungsbegehren mit der vorliegenden Hauptsacheklage weiter, ergänzt um einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die ihn identifizierende Berichterstattung über den Vorfall in England aus dem Februar 2008 unzulässig sei. An einer identifizierenden Berichterstattung bestehe schon kein Informationsinteresse, jedenfalls aber überwögen wegen der damit verbundenen Prangerwirkung seine Interessen. Im Rahmen der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, der bereits 4 Jahre zurückliege, sich in einer besonderen Situation (Ausland, Notdienst) ereignet habe, durch rechtskräftigen Strafbefehl staatlich geahndet worden sei und ihm die Approbation nicht entzogen worden sei. Im Übrigen enthielten die Äußerungen auch unwahre Tatsachenbehauptungen und Beleidigungen bzw. Schmähkritik.

Der Kläger beantragt - unter Beschränkung des ursprünglich der einstweiligen Verfügung entsprechenden Antrags zu 2) auf die nachstehende Fassung - zuletzt,

1. die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, es zu unterlassen

in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a) Kam nach GB und verabreichte Patienten toedliche Ueberdosis. Durch diese Tat stehen nun deutsche Aerzte im Kreuzfeuer der Kritik, wobei Dr W noch nicht einmal deutschstaemmig ist! Dr W entzieht sich seit der Tat jeglicher Verantwortung und weigert si...

und/oder

b) Dr W wurde in C wegen fahrlaessiger Toetung eines Patienten zu einer Bewaehrungsstrafe verurteilt. Der Gerichtsmediziner ist der Auffassung, dass Herr W eine akute Gefahr fuer Patienten ist. Vorsicht!!!! Lebensgefahr!

und/oder

c) Der Patient (A) starb an einer verordneten Überdosis. W darf in Grossbritannien nicht mehr praktizieren und ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

und/oder

d) Tot wegen der Behandlung Ws

und/oder

e) Dr W ist rechthaberisch und teilweise inkompetent er ist außerdem schnell erregt und will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W) ich spreche aus eigener erfahrung was falsche dosierungen angehen.

wenn dies geschieht wie im Internet auf der Seite T.de im Zusammenhang mit der Injektion einer letalen Dosis des Schmerzmittels Diamorphin am 16.02.2008 in Cambridgeshire/GB.

2. die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, es zu unterlassen,

in Bezug auf den Antragsteller zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

Dr W ist rechthaberisch und teilweise inkompetent er ist außerdem schnell erregt und will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W) ich spreche aus eigener erfahrung was falsche dosierungen angehen. falls sie das alles nicht stört ist er ansonsten ein guter arzt wenn es darum geht für simmulationen einen krankenschein zu bekommen. sollten sie allerdings wirklich krank sein kann ich ihnen nur raten sich einen richtigen arzt zu suchen bevor sie das nächste opfer von dr W werden. (kein scherz)

wenn dies geschieht wie auf der Internetseite T.de.

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 610,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint zunächst, die Klage sei auf die T UG zu ändern, die den Geschäftsbetrieb übernommen habe. In der Sache ist sie ist der Auffassung, die Bewertungen seien vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Dass der Kläger wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden sei, sei zutreffend. An dieser Information bestehe ein Interesse der Öffentlichkeit, das das Interesse des Klägers überwiege, zumal dieser allein in seinem beruflichen Wirken betroffen sei. Der Zeitablauf stehe dem nicht entgegen, da das Verhalten des Klägers zeige, dass er sich mit dem Verstoß gegen seine beruflichen Sorgfaltspflichten nicht auseinandersetze. Informationen hierüber lägen im Interesse zukünftiger Patienten. Soweit die Äußerungen Tatsachenbehauptungen enthalten, ist die Beklagte der Auffassung, dass die Beweislast bei dem Kläger liege: eine Beweislastverteilung entsprechend dem Rechtsgedanken aus § 186 StGB komme wegen § 10 TMG nicht in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und weitestgehend begründet. Abzuweisen war sie lediglich hinsichtlich eines Teils des Antrags zu 2).

I.

Die Klage richtet sich gegen die ursprünglich beklagte Z UG. Ein Parteiwechsel ist schon deshalb nicht erfolgt, weil der insoweit allein entscheidende Kläger diesen nicht beantragt hat. Beklagte ist mithin weiterhin allein die Z UG.

II.

Dem Kläger steht der verfolgte Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 BGB, Art. 1, 2 GG im Wesentlichen zu. Die angegriffenen Äußerungen verletzen den Kläger insoweit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen von Presse- und Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) einerseits und allgemeinem Persönlichkeitsrecht des Antragstellers andererseits (Art. 2, 1 GG) unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Palandt, BGB, § 823 Rn. 95 m.w.N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen - wie vorliegend - die Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2, 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung im Regelfall maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Dabei müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, unwahre dagegen nicht.

Unter Anwendung dieser Grundsätze gilt vorliegend Folgendes:

1. Die angegriffenen Äußerungen

a) Kam nach GB und verabreichte Patienten toedliche Ueberdosis. Durch diese Tat

b) Dr W wurde in C wegen fahrlaessiger Toetung eines Patienten zu einer Bewaehrungsstrafe verurteilt.

c) Der Patient (A) starb an einer verordneten Überdosis. W darf in Grossbritannien nicht mehr praktizieren und ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

d) Tot wegen der Behandlung Ws

e) Dr W ... will fehler die er selber macht nie einsehen (ENGLAND überdosis eines 70 jahre alten mannes fahrlässige tötung durch dr W)...

berichten sämtlich über das gegen Kläger geführte Strafverfahren, an dessen Ende er durch seit April 2009 rechtskräftigen Strafbefehl zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist wegen fahrlässiger Tötung durch fehlerhafte Medikamentendosierung.

Hieran besteht zwar im Ausgangspunkt ein öffentliches Interesse. Im konkreten Fall überwiegen indes bei der gebotenen Abwägung die Interessen des Klägers.

Für die Zulässigkeit der Äußerung spricht, dass sie den Kläger in seiner Sozialsphäre betrifft und die potentiellen Patienten ein Interesse daran haben, zu erfahren, wie es der Kläger mit seinen beruflichen Sorgfaltspflichten hält. Dennoch überwiegen die Interessen des Klägers. Dies ergibt sich aus folgendem: es handelte sich um einen einmaligen Vorfall, der sich zudem in einer besonderen Situation ereignete, nämlich unter den speziellen Bedingungen eines Notdienst im Ausland. Dieser Vorfall liegt zudem bereits 4 Jahre zurück und die Tat ist durch einen Strafbefehl geahndet worden, den der Kläger akzeptiert hat; dies liegt seinerseits bereits 3 Jahre zurück. Zudem ist dem Kläger auch die Approbation nicht entzogen worden, obwohl dies zur Prüfung gestellt worden ist.

Angesichts dessen gibt es keinen Anlass für eine Warnung zukünftiger Patienten. Der Kläger ist für seine Tat zur Rechenschaft gezogen worden und hat nunmehr - wie jeder andere Straftäter - ein Recht auf Resozialisierung, in das durch die anprangernde Form der Darstellung in nicht hinzunehmender Weise eingegriffen wird.

2. Die Äußerungen

Dr W entzieht sich seit der Tat jeglicher Verantwortung

will fehler die er selber macht nie einsehen

beziehen sich auf den Vorfall in England. Mit diesem Bezug sind sie als Tatsachenbehauptungen anzusehen, die unwahr sind. Denn der Kläger hat den Strafbefehl akzeptiert und sich nach seinem unbestrittenen Vortrag auch bei der Familie des Opfers entschuldigt.

3. Die Äußerung

Der Gerichtsmediziner ist der Auffassung, dass Herr W eine akute Gefahr fuer Patienten ist. Vorsicht!!!! Lebensgefahr!

enthält die falsche Tatsachenbehauptung, ein Gerichtsmediziner habe festgestellt, dass der Kläger eine "akute Gefahr für Patienten" sei. Eine solche Feststellung gibt es nicht.

Vor diesem Hintergrund ist die Meinungsäußerung "Vorsicht!!!! Lebensgefahr!" als Schmähkritik zu werten, da sie auf unzutreffender Tatsachengrundlage allein der Diffamierung des Klägers dient.

4. Die Äußerung (Antrag zu 2)

falls sie das alles nicht stört ist er ansonsten ein guter arzt wenn es darum geht für simmulationen einen krankenschein zu bekommen.

enthält die unwahre Tatsachenbehauptung, der Kläger würde ohne medizinische Indikation Krankenscheine ausstellen.

5. Kein Anspruch besteht jedoch in Hinblick auf die Äußerung

sollten sie allerdings wirklich krank sein kann ich ihnen nur raten sich einen richtigen arzt zu suchen bevor sie das nächste opfer von dr W werden. (kein scherz)

die der Kläger zunächst vollständig untersagt wissen wollte, bevor er das Unterlassungsbegehren in der mündlichen Verhandlung auf die Aussage "richtigen Arzt" beschränkt hat. Diese enthält ausschließlich eine Bewertung in Form einer negativen Empfehlung. Eine solche muss der Kläger in seinem beruflichen Wirken grundsätzlich gegen sich gelten lassen. Da die Äußerung auch generell angegriffen wird und nicht beschränkt auf den Vorfall in England ("Opfer = Todesopfer") ist sie zulässig. Der Äußernde darf seine schlechte Meinung über die Fähigkeit des Klägers kundtun. Eine Schmähkritik liegt hierin nicht, auch nicht, indem er dem Kläger abspricht, ein "richtiger Arzt" zu sein. Darin drückt sich allein die zulässige Kritik des Äußernden an den Fähigkeiten des Klägers aus.

6. Soweit die Äußerungen den Kläger danach in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrechts verletzen, besteht auch die für den Unterlassungsanspruch weiterhin erforderlich Wiederholungsgefahr. Diese ist durch die Verletzungshandlung indiziert und nicht durch die schlichte Löschung entfallen. Dass das Internetportal, über das die streitgegenständlichen Äußerungen erfolgt sind, zwischenzeitlich von der T UG übernommen worden ist, ist ebenfalls ohne Bedeutung für den verfolgten Unterlassungsanspruch. Die Äußerungen entstammen einer Zeit, als die Beklagte das Portal noch selbst betrieb. Sie ist daher alleinige Unterlassungsschuldnerin. Dass sie das Portal möglicherweise nicht mehr betreibt, ist für den Unterlassungsanspruch als solchen unerheblich, lässt insbesondere die Wiederholungsgefahr nicht entfallen, da eine Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit faktisch jederzeit möglich wäre.

III.

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus §§ 683, 677, 670 BGB und ist ausgehend von einem angemessenen Streitwert von EUR 30.000,00 unter Ansatz einer 0,65 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zutreffend berechnet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 92, 269 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V.

Streitwert: EUR 30.000,00






LG Köln:
Urteil v. 18.07.2012
Az: 28 O 89/12


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