Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 28. Dezember 2000
Aktenzeichen: 16 A 4144/99

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 28.12.2000, Az.: 16 A 4144/99)

Tenor

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Berufungsverfahren wird auf einen Betrag bis zu 4.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf §§ 8, 10 Abs. 1 BRAGO iVm § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Bedeutung der Sache ergibt sich für den Kläger daraus, dass er mit seinem Antrag vom 18. Mai 1998 die zinslose Stundung der fälligen Darlehensforderung in Höhe von 12.601,-- DM begehrt hat. Dieses Interesse wird im Falle des Klägers mit ca. 4.000,-- DM bewertet.

Soweit der Kläger als Wertermittlungsmethode die Summierung der Verzugszinsen für die Zeit vom 31. Oktober 1990 bis zum 1. Oktober 1998 (6 % von 23.952,-- DM = 11.377,20 DM) vorschlägt, kann dem nicht gefolgt werden. Begehrt ein Darlehensnehmer die Freistellung von seiner Rückzahlungspflicht, womit er ebenfalls den Eintritt der Verzugsfolgen verhindern will, so bestimmt sich der Gegenstandswert nach der Rechtsprechung des Senats seit dem Beschluss vom 20. August 1990 - 16 B 1464/90 - , NWVBl 1991, 24, nach der Hälfte der Summe der Rückzahlungsraten. Der Senat hat damit seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, die auf die Verzinsung der Darlehensrestschuld abgestellt hatte. Dementsprechend kann es auch bei der Stundung im Ansatzpunkt nicht auf die Darlehensrestschuld, sondern auf den Betrag ankommen, der gestundet werden soll.

Bei Stundungsbegehren hat sich der Senat in seiner bisherigen Spruchpraxis,

- vgl. den Beschluss vom 11. Januar 1990 - 16 B 3644/89 -, zitiert bei Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., 12. Lfg. März 1998, § 54 Rn. 19 -

an dem rückständigen Betrag orientiert und in Anlehnung an die Streitwertpraxis in abgaberechtlichen Streitigkeiten als Gegenstandswert ein Zehntel des geschuldeten Darlehensbetrages angenommen. Nachdem die Streitwertpraxis in abgaberechtlichen Streitigkeiten sich zwischenzeitlich geändert hat und bei Klagen auf unbefristete zinslose Stundung etwa einer Erschließungsbeitragsforderung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 9 Abs. 1 ZPO der Streitwert mit dem dreieinhalbfachen Wert der Stundungszinsen (6 %), also mit 21 % des gestundeten Betrages, angenommen wird,

vgl. etwa VGH München, Beschluss vom 18. März 1998 - 6 C 97.3792 -, NVwZ-RR 1998, 788; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 1999 - 3 A 1311/96 u.a. -, NVwZ-RR 2000, 732,

hält der Senat ebenfalls eine Änderung seiner Spruchpraxis in dieser Richtung für angebracht. Dass der Faktor des dreieinhalbfachen Werts gerade auch im vorliegenden Verfahren praxisnah ist, beweist die Tatsache, dass der Zeitraum von der Stellung des Stundungsantrages im Mai 1998 bis zum Ende der gewährten Stundung Ende Dezember 2001 drei Jahre und gut sieben Monate beträgt.

Da der Zinssatz für die Stundung des Darlehensbetrages aber variabel ist, nämlich nach Tz 1.4.1 der Vorl.VV.BHO zu § 59 (abgedruckt bei Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Teil III. 4) 2 % über dem Diskontsatz (jetzt Basiszinssatz) der Bundesbank liegen soll, während die Stundungszinsen nach der Abgabenordnung (vgl. § 238 Abs. 1 AO) feststehend 0,5 % im Monat bzw. 6 % im Jahr betragen, und da die zukünftige Entwicklung des Basiszinssatzes nicht bekannt ist, erscheint es aus Praktikabilitätsgesichtspunkten angebracht, den Gegenstandswert einheitlich auf einen bestimmten Anteil des rückständigen Betrages festzusetzen. Der Senat sieht bei der geschilderten Ausgangslage einen Betrag von 25 % des zu stundenden Betrages als angemessen und ausreichend an. Dieser Gegenstandswert stimmt im übrigen mit dem Gegenstandswert überein, der in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO oder in Vollstreckungsverfahren zugrundegelegt wird.

Vgl. I. 7 u. 8 des Streitwertkataloges idF von Januar 1996, abgedruckt z.B. bei Redeker von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 165 Rn. 19; vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss vom 3. März 1992 - Bs VI 10/92 -, NVwZ-RR 1993, 53, sowie VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. April 1992 - 9 S 99/92 -, VBlBW 1992, 480.

Ebenso wie der Abgabenschuldner durch den einstweiligen Rechtsschutz vorübergehend in die Lage versetzt werden soll, die Abgabe nicht entrichten zu müssen, wird der Darlehensnehmer durch eine zinslose Stundung von der Entrichtung der rückständigen Darlehensraten vorübergehend befreit und verschont.

Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG Saarland, Beschluss vom 20. Januar 1993 - 1 W 76/92 -, JURIS.

Der Wert eines Viertels des Rückstandsbetrages von 12.601,-- DM fällt in die Wertstufe bis 4.000,-- DM.

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 28.12.2000
Az: 16 A 4144/99


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