Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 234/99

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2000, Az.: 27 W (pat) 234/99)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. August 1999 aufgehoben.

Gründe

I Die Bezeichnung "FOTOFIT" soll Markenschutz für folgende Waren und Dienstleistungen erhalten:

"Magnetaufzeichnungsträger und Datenträger, gespeicherte Computer-Betriebsprogramme und Computer-Software; Computer und Datenverarbeitungsgeräte sowie daraus zusammengestellte Anlagen, enthaltend Computer-Peripheriegeräte, Computer-Tastaturen, Computer-Laufwerke, Trackball, Computer-Maus, Computer-Hardware; bespielte und unbespielte Ton- und Bildträger aller Art (Kassetten, Schallplatten, Compact, Disks, CD-ROM's, CD-i, Mini-Disks, DVD, DAT-Bänder und DAT-Kassetten, Video, Disketten, Hardcopy), Videospiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild.

Lichtbild- und Druckereierzeugnisse, nämlich Druckschriften aller Art, wie Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Kataloge, Periodica, Werbeschriften, Plakate, Fotographien, Bilder, sämtliche vorgenannten Waren in gebundener Form, Loseblattsammlung und Hardcopy-Version; Farbdrucke, Glückwunschkarten, Postkarten, graphische Darstellungen, Handbücher, Karten (geographische), Landkarten, Lehrmittel (ausgenommen Apparate), auch als Unterrichtsmittel geeignet; Spielkarten, Unterrichtsmittel in Form von Spielen; Abziehbilder, Abreißkalender, Adressenstempel, Aktenordner, Aktenhüllen; Verpackungsbehälter aus Papier oder Kunststoff, nämlich Beutel, Hüllen und Tragetaschen.

Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen aller Art, einschließlich Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Periodica, auch in maschinenlesbarer/elektronischer Form, einschließlich als Online-Version.

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, nämlich Design, Aktualisierung und Vermietung von Computer-Software; Computerberatungsdienste; Internet-Präsentation, einschließlich Erstellen von Home-Pages für eigene Zwecke und Dritte; Erstellen und Verbreiten von Datenbanken, auch Online abrufbar; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten."

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, es liege eine sprachregelgerecht gebildete Wortkombination vor. "FIT" sei iSv "tauglich, gut trainiert, in Form, fähig zu Höchstleistungen" trotz seiner englischen Wurzeln Bestandteil der deutschen Sprache. Wenngleich der Bedeutungsursprung im körperlichen bzw sportlichen Bereich angesiedelt sei, erschließe sich die beschreibende Wirkung des Begriffs ohne weiteres auch auf anderen Bereichen. Damit ergebe sich eine im Vordergrund stehende deskriptive Bedeutung der Anmeldung in dem Sinne, daß die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Druckbereich besondere Leistungsfähigkeit aufwiesen oder dem Abnehmer eine solche vermittelten. Dieser Sinngehalt liege für große Teile des angesprochenen Verkehrs ohne weiteres nahe; einer analysierenden Betrachtungsweise oder besonderer Gedankenschritte bedürfe es hierfür nicht.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im patentamtlichen Verfahren, welches sie im wesentlichen wie folgt ergänzt: "FOTOFIT" sei eine originelle Wortneuschöpfung, die sich einfach einpräge und den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf die Herkunft so gekennzeichneter Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Betrieb diene. Bereits der Begriff "FIT" weise unterschiedliche Bedeutungen auf, die in verschiedene Richtungen gingen. Insbesondere in der Kombination mit "FOTO" sei die Zuweisung eines eindeutig im Vordergrund stehenden Bedeutungsinhalts nicht möglich. Denkbare Sinngehalte seien, daß es sich um leistungsstarke Waren und Dienstleistungen handele, oder aber um solche, die zu anderen Geräten "paßten", also leicht kompatibel seien; ebenso könne hierin auch der Hinweis auf eine schnelle Durchführung oder aber eine einfache unproblematische Ausführung gesehen werden. Nach von ihr durchgeführten Recherchen gebe es über 300 eingetragene Marken mit dem Wortbestandteil "FIT" und etwa 190 mit dem Element "FOTO". In "FOTOFIT" eine unmittelbar beschreibende Angabe zu sehen, stehe mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang. Die angemeldete Bezeichnung sei daher auch nicht konkret freihaltungsbedürftig. Hilfsweise wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und in der Sache begründet. Einer Registrierung der angemeldeten Bezeichnung als Marke stehen die Bestimmungen des MarkenG § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 nicht entgegen.

Zwar mögen die Einzelbestandteile, aus denen das angemeldete Markenwort gebildet ist, je für sich beschreibend und somit schutzunfähig sein, für die Gesamtbezeichnung gilt diese Beurteilung aber nicht. "FOTOFIT" stellt einen - deutschen - Phantasiebegriff dar, dem für die betreffenden Waren und Dienstleistungen kein eindeutiger, unmittelbar im Vordergrund stehender Sinngehalt zugeordnet werden kann. Daß diese Wortkombination bereits in Gebrauch sei, behauptet auch die Markenstelle nicht. Mitbewerber der Anmelderin benötigen sie in keiner Weise, um in beschreibender Art auf konkrete Eigenschaften oder die Bestimmung ihrer Erzeugnisse und Dienstleistungsangebote hinweisen zu können.

Läßt sich mithin ein Freihaltungsinteresse der Konkurrenzunternehmen nicht feststellen, so sind die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht zu hoch anzusetzen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft, welches vorliegend vorhanden ist. Für die überwiegende Mehrzahl der angesprochenen Publikumskreise wirkt die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit wie eine Marke, nicht aber als deskriptive Angabe. Ihr kommt die Eignung zu, das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Art zu beeinflussen. Zwar mag nicht völlig ausgeschlossen sein, was auch die Anmelderin selbst in der Sache einräumt, daß - ganz unterschiedliche - warenbezogene Vorstellungen in die Marke hineingelesen werden können. Derartige nicht glatt beschreibende produktbezogene Anspielungen stehen aber einer Schutzgewährung letztlich nicht entgegen; auch "sprechende" Marken können - wie hier - unterscheidungskräftig sein.

Eines Eingehens auf die von der Anmelderin angeführten neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bedarf es nicht. Die zahlreichen nachgewiesenen Voreintragungen von Marken mit den Bestandteilen "FOTO" und "FIT" mögen für sich gesehen nicht unmittelbar präjudizierend sein (vgl BPatGE 32, 5, 9 "CREATION GROSS"), sie zeigen aber doch an, daß die Markenstelle im vorliegenden Fall einen zu strengen Maßstab gewählt hat, der mit der eigenen Amtspraxis im ganzen kaum vereinbar ist (vgl auch BGH BlPMZ 1991, 26, 27 reSp "NEW MAN", wonach vergleichbare Anmeldungsfälle und dem Verkehr bekannte Bezeichnungsgepflogenheiten bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigen sind).

Der angefochtene Beschluß konnte somit keinen Bestand haben und war auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.

Richter Albert ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert Viereck Friehe-Wich Viereck Mr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2000
Az: 27 W (pat) 234/99


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