Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. November 2004
Aktenzeichen: 17 W (pat) 56/02

(BPatG: Beschluss v. 16.11.2004, Az.: 17 W (pat) 56/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung:

ist am 18. September 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

"Verfahren und Vorrichtung zur Sicherstellung der Speicherung von Daten"

ist am 18. September 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 11. Juni 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 - 7, Beschreibung und 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, alles überreicht in der mündlichen Verhandlung am 16. November 2004.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Sicherstellung der Speicherung von Bilddaten zur Videoüberwachung von Geldautomaten und Selbstbedienungszapfsäulen, dadurch gekennzeichnet, dassa) die zu speichernden Daten über einen vorgebbaren Zeitraum auf einem Datenspeicher (1) archiviert werden und dassb) beim Erreichen der Kapazitätsgrenze des Datenspeichers (1) die über die vorgesehene Speicherkapazität hinausgehenden Datenmengen extern gesichert werden und dass dazuc) die Daten über eine Datenverbindung zum externen Datenspeicher (3) übertragen werden und dassd) bei geringem Datenanfall Speicherplatz vom Daten speicher (1) für andere Anwendungen oder Daten zur Verfügung gestellt wird."

Zur Begründung der Beschwerde führt die Anmelderin aus, dass die im Prüfungsverfahren entgegengehaltene DE 42 10 126 A1 nicht dem Kenntnisstand des zuständigen Fachmanns zuzurechnen sei. Für die Sicherstellung von Bilddaten, die bei der Überwachung von Geldautomaten oder Selbstbedienungszapfsäulen anfielen, sei ein Sicherheitstechniker zuständig. Zu dem Wissensstand eines solchen Technikers gehöre die DE 42 10 126 A1 nicht, da diese sich mit einem Spezialproblem der Datenverarbeitung befasse, nämlich der dynamischen Dateierweiterung für Online-Datenbanken. Daher könne diese Druckschrift das beanspruchte Verfahren auch nicht nahelegen.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nicht patentfähig ist, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG).

In der Beschreibungseinleitung der Anmeldung wird ausgeführt, dass für die Videoüberwachung von Geldautomaten oder Selbstbedienungszapfsäulen Systeme eingesetzt würden, die größere Datenmengen speichern müssten. Bei einem bekannten System dieser Art werde ein Geldautomat durch eine Kamera überwacht und die Bilder in einen Datenspeicher übermittelt. Da die für Geldinstitute geforderte Speicherdauer aus sicherheitstechnischen Erwägungen bis zu 90 Tagen betrage, müssten herkömmliche Systeme so konzipiert sein, dass sie über diesen Zeitraum Bilddaten auf dem Personalcomputer speichern könnten. Andererseits sei die Aufnahmehäufigkeit und die Zahl der Speichervorgänge abhängig von der nicht vorhersehbaren Anzahl der Kunden, so dass nicht exakt vorher bestimmbar sei, wie groß die Speicherkapazität des Personalcomputers sein müsse. Deshalb seien die Speichersysteme zumeist überdimensioniert, was wirtschaftlich nicht sinnvoll sei.

Deshalb stelle sich die Aufgabe, eine zuverlässige Speicherung von Daten über definierte Zeiträume mit geringem Kostenaufwand zu ermöglichen (vgl S 1, Abs 4 und S 2 der Beschreibung).

Der Patentanspruch 1 schlägt zur Lösung dieser Aufgabenstellung mit den Merkmalen a) und b) vor, die zu speichernden Daten über einen vorgebbaren Zeitraum auf einem Datenspeicher 1 zu archivieren und bei Erreichen der Kapazitätsgrenze dieses Datenspeichers die über die vorgesehene Speicherkapazität hinausgehenden Datenmengen extern zu sichern. Hierzu soll eine Datenverbindung vorgesehen werden, über die die hinausgehenden Datenmengen zu einem externen Speicher übertragen werden (vgl Merkmal c) des Anspruchs 1.

Wie auf S 3, Abs 2 der Beschreibung ausgeführt, besteht die Konzeption des beanspruchten Gegenstandes sonach darin, den Datenspeicher 1 für eine durchschnittlich zu erwartende Datenmenge zu dimensionieren und nur im Falle eines darüber hinausgehenden Datenanfalls diese Datenmengen durch eine dynamische Speichererweiterung (auf einem externen Datenspeicher) zu sichern. Es ist nachvollziehbar, dass durch diese Maßnahmen eine zuverlässige Speicherung der Daten mit geringem Kostenaufwand erzielt wird.

Die in Merkmal d) genannte Maßnahme, den Datenspeicher 1 bei geringem Datenanfall für andere Anwendungen zur Verfügung zu stellen, unterstützt ebenfalls die Wirtschaftlichkeit der Datenspeicherung, wenn sie auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den anderen Maßnahmen steht.

Die mit dem Patentanspruch 1 vorgeschlagene Vorgehensweise ist dem Fachmann jedoch durch die Ausführungen in der vorveröffentlichten DE 42 10 126 A1 nahegelegt.

Dem Einwand, dass das in dieser Druckschrift beschriebene Verfahren und System zur dynamischen Dateierweiterung nicht dem Kenntnisstand des einschlägigen Fachmanns zuzurechnen sei, vermag der Senat nicht zu folgen.

Der Anmelderin kann zwar in soweit zugestimmt werden, dass sich der mit der Lösung der gestellten Aufgabe betraute Fachmann vorrangig mit der Sicherstellung der Datenspeicherung befasst, weil diese dem Nachweis einer unrechtmäßigen Benutzung zB eines Geldautomaten dienen soll. Dies ändert aber nichts daran, dass der wesentliche Aspekt der Anmeldung in Vorgängen zu sehen ist, die sich mit der Datenspeicherung in Datenverarbeitungsanlagen befassen. Die Anmelderin geht hierbei selbst davon aus, dass bei den herkömmlichen Anordnungen zur Sicherstellung der Speicherung von Bilddaten ein Personalcomputer zum Einsatz kommt, dessen Festplatte als Datenspeicher verwendet wird (vgl S 1, Abs 2 iVm S 6, Bezugszeichen 8 u Fig 1). Die Verwendung eines Personalcomputers zur Speicherung von Bilddaten setzt aber jedenfalls eine Kenntnis der Grundzüge der Datenverarbeitung voraus, und die erhöhten Sicherheitsanforderungen im Zusammenhang mit der Speicherung verlangen eine vertiefte Kenntnis der Vorgänge, die im Zusammenhang mit der Speicherung und Verwaltung von Bilddaten stattfinden. Zuständiger Fachmann ist folglich ein Elektronikingenieur mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Datenverarbeitung, der auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik praktisch tätig ist. Für diesen Fachmann ist die DE 42 10 126 A1 relevanter Stand der Technik. Denn bereits ausweislich ihres Titels befasst sich diese Druckschrift mit der dynamischen Dateierweiterung, worin der Fachmann nichts anderes versteht, als die auf S 3, Abs 2 der Anmeldeunterlagen als "Konzeption der Erfindung" genannte "dynamische Speichererweiterung". Dabei bezieht sich die Druckschrift - entgegen der Auffassung der Anmelderin - nicht lediglich auf Online-Datenbanken, sondern ausweislich ihres Anspruchs 1 uneingeschränkt auf die Erweiterung von Dateien.

In Sp 1, Z 3 - 8 der DE 42 10 126 A1 wird hierzu ausgeführt, dass das Verfahren zur dynamischen Dateierweiterung voraussetzt, dass die gesamte zu speichernde Datenmenge und die pro Zeitintervall zu erwartende Datenmenge nicht im voraus berechnet werden können. In soweit besteht Übereinstimmung mit der in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung genannten Problemstellung, die ebenfalls davon ausgeht, dass die zu speichernde Datenmenge nicht exakt vorhersehbar ist.

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt die Druckschrift in Entsprechung zu Merkmal a) des Anspruchs 1 vor, die zu speichernden Daten in einer Datei 22, dh einem Speicherbereich, zu archivieren. Erkennt das System, dass der zur Speicherung in diesem Speicherbereich noch zur Verfügung stehende freie Restraum unter die Größe eines vorgegebenen Restraums sinkt, wird also die Kapazitätsgrenze des Speicherbereichs erreicht, so wird dieser Datei auf eine Dateierweiterungsanforderung entsprechend Merkmal b) ein Erweiterungsraum zugewiesen (vgl insb Anspruch 1). Dass sich der Erweiterungsraum auch auf einem extern angeordneten Datenspeicher befinden kann, wohin die Daten gemäß Merkmal c) über eine Datenverbindung übertragen werden, liegt für den Fachmann nahe, da er es gewohnt ist, die Speicher- und Verarbeitungsfunktionen innerhalb eines Systems je nach Zweckmäßigkeit auf die Komponenten eines Datenverarbeitungssystems zu verteilen.

Auch das Merkmal d), dass bei geringem Datenanfall Speicherplatz vom Datenspeicher 1 für andere Anwendungen zur Verfügung gestellt wird, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Hierin ist nämlich nichts anderes zu erkennen als das dem Fachmann geläufige Grundprinzip der dynamischen Dateierweiterung bzw Speicherplatzverwaltung, das darin besteht, zunächst möglichst wenig Speicherplatz zuzuweisen und erst bei Bedarf, dh dynamisch, eine Erweiterung vorzunehmen, wie in Sp 1 Z 36 - 45 der DE 42 10 126 A1 dargestellt. Dies schließt mit ein, dass nicht zugewiesener Speicherplatz anderen Anwendungen zur Verfügung steht.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts war somit zurückzuweisen.

Dr. Fritsch Dr. Schmitt Prasch Schuster Ja






BPatG:
Beschluss v. 16.11.2004
Az: 17 W (pat) 56/02


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