Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 166/04

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2006, Az.: 29 W (pat) 166/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der u. a. für die Waren der Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Plüschfigurenam 24. Februar 2000 veröffentlichten Wortmarke 399 60 195.3 WILD NICI wurde Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 811 355 NIKI eingetragen am 25. Oktober 1965 für die Waren der Klasse 28: Spielwaren;

wobei sich der Widerspruch nur gegen die Waren der Klasse 28 "Spiele, Spielzeug, Plüschfiguren" richtet.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss vom 16. Januar 2003 und die Erinnerung dagegen durch Beschluss vom 24. Mai 2004 zurückgewiesen. Es könne dahin gestellt bleiben, ob die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt sei, da aufgrund der Verschiedenartigkeit der Vergleichszeichen auch bei identischen Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft eine Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten sei. Selbst wenn man eine Prägung der jüngeren Marke durch "NICI" unterstelle, bestehe weder eine klangliche noch eine schriftbildliche Ähnlichkeit der Marken, da nach den Regeln zur deutschen Aussprache der Buchstabe "c" nach dem Vokal "i" stets wie ein Z-Laut ausgesprochen werde und "Nikki" und "Nitsi" deutlich unterscheidbar seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 7. Juli 2004. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat sie zwei eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Die Benutzung sei im Übrigen gemäß der beigefügten Katalogseite erfolgt. In der Sache trägt die Widersprechende vor, in der Spielwarenbranche sei es üblich, dass bei Spieltieren zur eigentlichen Marke noch zusätzlich die Tiergattung hinzugefügt werde. Der Verbraucher verstehe deshalb unter der jüngeren Marke nur, dass es sich um ein Wildtier handle, das unter der Marke "NICI" verkauft werde. Zwischen "Niki" und "NICI" bestünden erhebliche klangliche Ähnlichkeiten, da der Gesamteindruck durch die gleiche Vokalfolge bestimmt werde und Teile des Verkehrs auch "NICI" - als Abkürzung eines Vornamens - mit "k" aussprechen würden. Aufgrund der Warenidentität müsse daher mit erhöhter Verwechslungsgefahr gerechnet werden.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 vom 16. Januar 2003 und vom 24. Mai 2004 aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag aus dem Amtsverfahren, in dem sie die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke mit Schriftsatz vom 21. August 2000 bestritten hat. Weiter führt sie aus, der Verbraucher sehe in "WILD NICI" einen Gesamtbegriff, den er nicht abkürze. Die Widersprechende gehe im Rahmen einer analysierenden Betrachtungsweise zu Unrecht davon aus, dass das Publikum in "WILD" die Tiergattung Wild und "NICI" als Namen des Wildtiers sehe.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Zeichenähnlichkeit ist zu gering, um für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen begründen zu können (§ 9 Abs. 1 S. 2 MarkenG).

1. Die Frage der von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig nach § 43 Abs. 1 MarkenG bestrittenen Benutzung der seit dem 25. Oktober 1965 eingetragenen Widerspruchsmarke kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn man zugunsten der Widersprechenden eine gem. §§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in den gem. § 43 Abs. 1 S. 1 und 2 MarkenG maßgeblichen Zeiträumen von Februar 1995 bis Februar 2000 und Juni 2001 bis Juni 2006 unterstellt und bei der Entscheidung von allen für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren ausgeht, ist eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zu verneinen.

2. Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der Marken einerseits und von der Identität und Ähnlichkeit der durch diese Marken erfassten Waren bzw. Dienstleistungen andrerseits ab. Daneben sind alle Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, vor allem die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int 2000, 899 - Adidas/Marca Moda; BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND; GRUR 2002, 167 - Bit/Bud m. w. N.; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder).

2.1. Waren und Dienstleistungen sind dann als ähnlich anzusehen, wenn unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, so enge Berührungspunkte bestehen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, die Waren bzw. Dienstleistungen stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922 Rn. 23 - Canon; BGH WRP 2004, 357, 359 - GeDIOS; GRUR 1999, 731, 732 - Canon II; GRUR 1999, 586, 587 - White Lion). Geht man von einem Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung nicht nur für Plüschtiere, sondern insgesamt für Spielwaren zugunsten der Widersprechenden aus, besteht insgesamt Identität zwischen den angegriffenen Waren der jüngeren und denjenigen der Widerspruchsmarke. Damit muss das jüngere Zeichen einen weiten Abstand zum älteren Zeichen einhalten.

2.2. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist stets produktbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung, für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). "Niki" ist für Spielwaren von durchschnittlicher originärer Kennzeichnungskraft, da es weder beschreibende Anklänge hat, noch Anhaltspunkte für eine nachträgliche Schwächung ersichtlich sind.

2.3. Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist nach Klang, Schriftbild und Sinngehalt anhand des Gesamteindrucks der Marken zu beurteilen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Das angesprochene Publikum nimmt Marken regelmäßig in der Form auf, in der sie ihm entgegentreten ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen, mit der Folge, dass auch beschreibenden Angaben entnommene Bestandteile den Gesamteindruck mitprägen. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 1999, 735, 736 - MO-NOFLAM/POLYFLAM; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

2.3.1. Eine unmittelbare klangliche oder schriftbildliche Ähnlichkeit kommt bei den beiden Wortmarken "WILD NICI" und "Niki" aufgrund der unterschiedlichen Zeichenlänge und der unterschiedlichen Wortanfänge nicht in Betracht.

2.3.2. Eine begriffliche Ähnlichkeit scheidet ebenfalls aus, da die Worte "NICI" und "Niki" für den Verbraucher keine ohne weiteres erkennbare Bedeutung besitzen. "Niki" ist zwar - im Gegensatz zu "Nici" - als Abkürzung für "Nikolaus" oder "Nicholas" neben "Nick" und "Nicki" lexikalisch nachgewiesen (Duden - Das große Vornamenlexikon, 2. Aufl. 2004; Das Internationale Vornamenlexikon, 2002, S. 314/315; Wilfried Seibicke, Vornamen, 3. Aufl., S. 218). Bei Vornamen, zumal wenn es sich um Kurzformen handelt, ist aber nicht davon auszugehen, dass der Verkehr ihnen einen konkreten Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2003, 1044, 1046 - Kelly).

2.3.3. Bei mehrgliedrigen Zeichen kann der Gesamteindruck allerdings durch einzelne Bestandteile geprägt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Auch unter diesem Gesichtspunkt liegt keine Verwechslungsgefahr vor. Für den Verbraucher handelt es sich bei "WILD NICI" um einen einheitlichen Gesamtbegriff, der nicht nur durch "NICI" geprägt wird. Die Bezeichnung "Wild" ist für Stofftiere oder andere Spielwaren weder als Substantiv noch als Adjektiv unmittelbar beschreibend, daher wird der Verkehr nicht davon ausgehen, dass es sich um den "wilden Niki" - im Gegensatz zu einem "zahmen Niki" - handelt.

2.3.4. Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr liegen nicht vor. Die Widersprechende hat weder eine entsprechende Zeichenserie gebildet noch ist "Niki" ein Bestandteil ihres Firmennamens.

Unter Abwägung der einzelnen eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr begründenden Faktoren ergibt sich daher, dass diese trotz der Warenidentität bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund des deutlichen Zeichenabstands zu verneinen war.

3. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2006
Az: 29 W (pat) 166/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/dd4c78fc5653/BPatG_Beschluss_vom_28-Juni-2006_Az_29-W-pat-166-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share