Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Dezember 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 244/04

(BPatG: Beschluss v. 21.12.2006, Az.: 29 W (pat) 244/04)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. August 2004 wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Dezember 2002 zur Registrierung eines Pseudonyms wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt behandelt als Antrag auf Eintragung einer Wortmarke in das Markenregister.

Der Beschwerdeführer hat im Schreiben vom 1. Dezember 2002 an das Deutsche Patent- und Markenamt beantragt ihm mitzuteilen, unter welchen Voraussetzungen er sein Pseudonym "LISEZ" schützen lassen könne. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte dieses Schreiben ausweislich eines handschriftlichen Zusatzes auf demselben als Markenanmeldung angelegt und den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er für die Eintragung als Marke weitere Formalitäten zu beachten habe, u. a. müsse er ein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis einreichen und eine Gebühr bezahlen. Auf diesen Hinweis der Markenstelle hin hatte der Beschwerdeführer am 13. Januar 2003 zum Schutze seines "Pseudonyms" ein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingereicht, die Eintragung in drei Klassen beantragt und die entsprechende Gebühr bezahlt.

Die Markenstelle für Klasse 16 hat die Anmeldung des Zeichens mit Beschluss vom 11. August 2004 wegen absoluter Schutzhindernisse teilweise zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen sei hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren nicht unterscheidungskräftig, da es dem französischen Grundwortschatz zuzurechnen sei und "Lesen Sie!" bedeute. Es stelle damit eine lediglich Aufmerksamkeit erregende Werbung für Bücher und Tonträger dar. Im Hinblick auf die internationale Verflechtung von Wirtschaft, Tourismus und grenzüberschreitender Kommunikationstechnologie müsse auch die Beurteilung fremdsprachiger, beschreibender Angaben restriktiv beurteilt werden.

Auf den Zurückweisungsbeschluss hat der Anmelder mit seiner Beschwerdebegründung vorgetragen, er verstehe nicht, weshalb trotz seines Antrags ein Pseudonym einzutragen von "Marke" gesprochen werde, da es um keine "Ware" sondern seinen Künstlernamen gehe. Er hat weiter dargelegt, in der Sache handle es sich lediglich zufällig um ein französisches Wort. "LISEZ" sei sein Künstlername, im Deutschen zu lesen als [lisetz], und zusammengesetzt aus den Anfangsbuchstaben der Wörter: Lesen ist sinnvoll eingesetzte Zeit! Für diesen Künstlernamen beanspruche er weiterhin Schutz.

Der Anmelder beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 im Rahmen der Zurückweisung aufzuheben.

II.

Die gem. § 165 Abs. 4 MarkenG a. F. i. V. m. § 66 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. August 2004 ist aus formalen Gründen aufzuheben und gem. § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG zur Entscheidung über die Eintragung in das Register anonymer und pseudonymer Werke gem. § 138 i. V. m. § 66 Abs. 2 S. 2 UrhG zurückzuverweisen, da das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt an einem wesentlichen Mangel leidet. Der Antrag ist irrtümlich als Markenanmeldung behandelt worden. Aufgrund des irreführenden Hinweises der Markenstelle hat sich der Beschwerdeführer daher zu einem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis geäußert. Er wollte aber offensichtlich stets nur die Eintragung in das ursprünglich als Urheberrolle bezeichnete Register anonymer und pseudonymer Werke, worauf er mehrfach hinwies. Dem ist das Deutsche Patent- und Markenamt aber nicht nachgegangen.

1. Die Zurückweisung erfolgt gem. § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG, da das Deutsche Patent- und Markenamt über den eigentlichen Antrag des Beschwerdeführers nicht entschieden hat.

1.1. Die Erteilung einer Marke durch das Deutsche Patent- und Markenamt ist ein Verwaltungsakt, da es sich dabei um eine hoheitliche Regelung mit Außenwirkung handelt und das Deutsche Patent- und Markenamt als zuständige erlassende Verwaltungsbehörde tätig wird (BVerwG GRUR 1959, 435). Dabei handelt es sich um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, der grundsätzlich nur auf einen entsprechenden Antrag hin erlassen werden kann, und zwar auch nur mit Bindung an den Wortlaut des Antrags. Davon darf die Behörde nicht abweichen, es sei denn, der Antragsteller verändert von sich aus den Antrag. Im Verfahren der Erteilung von Markenschutz ist dies die Anmeldung des Zeichens als Marke gem. § 32 Abs. 1 MarkenG.

Nach der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Markenverordnung in der Fassung vom 30. November 1994 (BGBl. I S. 33) war gem. § 2 Abs. 1 MarkenV die Anmeldung einer Marke mit einem dafür vorgesehenen Formblatt noch nicht verpflichtend. Durch die Markenverordnung vom 11. Mai 2004 (BGBl. I S. 872) wurde diese Vorschrift abgeändert und die Verwendung eines Formblatts ab 1. Juni 2004 (Mitteilung des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts Nr. 16/2004) verpflichtend. Förmlich würde eine Anmeldung als Marke daher nicht bereits am fehlenden Formblatt scheitern.

1.2. Ausweislich der ausdrücklichen Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Pseudonym bzw. Künstlernamen war die Behandlung als Markenanmeldung aber offensichtlich fehlerhaft und der Hinweis auf das Erfordernis eines Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses irreführend. Der Beschwerdeführer ist diesem Hinweis zwar nachgekommen und hat sowohl ein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingereicht als auch die entsprechende Gebühr für die Markenanmeldung gezahlt. In seinem Schreiben vom 13. Januar 2003 hat er aber trotzdem als Betreff "Anmeldung Künstlername: LISEZ" angegeben. Auf den Beanstandungsbescheid vom 26. Juni 2003 hat er wiederum mit Schreiben (ohne Datum, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 26. Juli 2003) reagiert und wörtlich ausgeführt: "Aus München hat man mir bei der Anmeldung meines Künstlernamens "Lisez" grünes Licht gegeben." Seine weiteren Ausführungen zum Beanstandungsbescheid beschäftigen sich mit den Argumenten der Zurückweisung, wobei er offensichtlich zwischen "Name", "Marke" und "Patent" nicht unterscheidet.

Es fehlt daher an der Mitwirkung des Anmelders zur Anmeldung der Eintragung einer Marke durch das Deutsche Patent- und Markenamt, weshalb der Beschluss vom 11. August 2004 ins Leere geht.

1.3. Auch der Antrag auf Eintragung in das Register nach § 66 Abs. 2 S. 2 UrhG ist gem. § 1 Abs. 1 WerkeRegV (die auf der Grundlage von § 138 Abs. 5 UrhG erlassenen Verordnung über das Register anonymer und pseudonymer Werke) schriftlich beim Deutschen Patent- und Markenamt einzureichen. Dem Antrag kommt die Bedeutung der Anmeldung i. S. d. § 66 Abs. 2 S. 2 UrhG zu. Im Antrag sind gem. § 1 Abs. 2 WerkeRegV neben dem wahren Namen des Urhebers, Tag und Ort seiner Geburt und - sofern das Werk unter einem Decknamen (Pseudonym) veröffentlicht ist - auch der Deckname anzugeben. Ferner ist anzugeben der Titel, unter dem das Werk veröffentlicht ist, oder mangels eines solchen, eine sonstige Bezeichnung des Werkes, sowie der Verlag, Zeitpunkt und Form der ersten Veröffentlichung (Schricker/Katzenberger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 138 Rn. 9). Auf die in § 1 Abs. 2 WerkeRegV normierten Voraussetzungen hätte der Anmelder nach seinem Schreiben vom 1. Dezember 2002 richtigerweise hingewiesen werden müssen. Damit wäre eine ordnungsgemäße, seinem Willen entsprechende Verfahrensweise gesichert gewesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 71 Rn. 14; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 35; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rn. 32 ff.) angeordnet werden, wenn die Einbehaltung der Gebühr im Einzelfall bei Abwägung der Interessen der Beteiligten einerseits und der Staatskasse andrerseits unbillig erscheint. Die Rückzahlung ist die Ausnahme vom Grundsatz der grundsätzlichen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde und kommt bei fehlerhafter Sachbehandlung durch die Vorinstanz, insbesondere dem Vorliegen von Verfahrensfehlern, in Betracht. Die Beschwerdegebühr ist regelmäßig zurückzuzahlen, wenn wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nach § 70 Abs. 3 MarkenG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen wird und die fehlerhafte Sachbehandlung dafür kausal war. Im vorliegenden Fall hat das Deutsche Patent- und Markenamt verfahrensfehlerhaft über die Eintragung einer Marke anstatt der Eintragung in das Register anonymer und pseudonymer Werke entschieden.






BPatG:
Beschluss v. 21.12.2006
Az: 29 W (pat) 244/04


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