Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 245/99

(BPatG: Beschluss v. 15.03.2000, Az.: 32 W (pat) 245/99)

Tenor

Die angefochtenen Beschlüsse werden aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt ist die Bezeichnung

"Karl May"

für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, ua für

"Filme, insbesondere Trickfilme, Videofilme; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Datenverarbeitungsprogramme, belichtete Filme, auch für kinematografische Zwecke; Aufkleber, Etiketten; Druckereierzeugnisse; Briefmarken; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Veranstaltungen für unterhaltende, kulturelle und sportliche Zwecke, Vermietung von Filmen und Tonaufnahmen; Filmproduktion und -vorführung; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften; Unterhaltung; Veranstaltungen innerhalb eines Freizeit- und Ferienparks; Betrieb von Freizeit-, Ferien- und Vergnügungsparks; Betrieb von Feriencamps; Betrieb von Campingplätzen; Verwertung gewerblicher Schutzrechte"

zur Eintragung als Marke angemeldet worden.

Nach vorausgegangener Beanstandung hat die Markenstelle für Klasse 41 die Anmeldung mit Beschluß vom 27. Mai 1997 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes in diesem Umfang wegen fehlender Unterscheidungskraft und bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung wirke wie ein inhalts- bzw gegenstandsbeschreibender Werktitel. So habe sich eine Vielzahl von Veranstaltungen mit dem Lebenswerk "Karl May's" beschäftigt.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle - besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes - durch Beschluß vom 10. November 1998 ebenfalls wegen fehlender Unterscheidungskraft und bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wurde aufgeführt, "Karl May" weise in Verbindung mit den versagten Waren und Dienstleistungen lediglich auf den Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin, nämlich, daß die Waren sich mit Leben und Werken des weitesten Verkehrskreisen bekannten Schriftstellers Karl May befassen und die Dienstleistungen die entsprechende Marke betreffen. Der Verkehr werde in der angemeldeten Marke lediglich eine Angabe über die Art dieser Waren und Dienstleistungen, nämlich über den Inhalt der Waren und den damit verbundenen Gegenstand der Dienstleistungen sehen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Anmelderin ein Monopolrecht an den Werken "Karl Mays" habe. Das Urheberrecht erstrecke sich nicht automatisch auf alle Werke über "Karl May". Vielmehr gehe der Verkehr davon aus, daß es prinzipiell in jedem Verlag Werke über "Karl May" geben könne. An der somit beschreibenden Angabe über die Art der Waren und Dienstleistungen bestehe zudem ein Freihaltungsbedürfnis, woran § 23 MarkenG nichts ändern könne, da anderenfalls niemals ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG gegeben sei. Soweit die Anmelderin auf die Marke 397 34 039 "Karl May & Co." hinweise, führe dies zu keiner anderen Beurteilung, da es sich hierbei um eine bildlich ausgestaltete Kombinationsmarke gehandelt habe, die zudem inzwischen gelöscht worden sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Mit ihrer Beschwerde beschränkt sie die Waren und Dienstleistungen im Umfang der Versagung durch den Zusatz: "ausgenommen solche Waren und Dienstleistungen, die sich im wesentlichen mit dem Leben und den Werken des Schriftstellers Karl May befassen, ferner ausgenommen die Werke Karl May`s selbst" ein. Weiterhin führt die Anmelderin aus, die beanstandeten Waren und Dienstleistungen hätten demnach neue Produkte zum Inhalt, die abgesehen von dem Namen nichts mit "Karl May" gemein hätten. Auch sei es gängig und üblich, Namen berühmter Persönlichkeiten als Kennzeichnung von Unternehmen jeglicher Art zu benutzen. Kein Verbraucher erwarte, daß im "Schillertheater" nur Stücke von "Schiller" gespielt würden. In einem Cafe "Goethe" erwarte der Verbraucher nicht, daß dieses Cafe sich mit den Leben und Werk von "Goethe" in irgendeiner Weise befasse. Dementsprechend seien die Verbraucher daran gewöhnt, entsprechende Namen berühmter Persönlichkeiten in allen Waren- und Dienstleistungsbranchen anzutreffen. Deshalb bestehe kein Zweifel daran, daß eine Marke "Karl May" gerade für die genannten Waren und Dienstleistungen als Marke erkannt werde. Auch bestehe kein Freihaltebedürfnis. Solche Kennzeichnungen seien nicht anders zu behandeln als andere Namen oder Begriffe aus dem deutschen Sprachgebrauch. Die Anmelderin fügt eine Zusammenstellung von Dienstleistungsunternehmen mit dem Namen historischer Persönlichkeiten in der Anlage bei.

Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Zur Begründung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Amtsakte 396 19 427.3 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig (§ 66 Abs 2 und 5 MarkenG).

In der Sache erweist sie sich auch als begründet, da der angemeldeten Marke nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegenstehen.

Nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen für die Waren oder Dienstleistungen des Verzeichnisses jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Diese Voraussetzung ist für die vorliegend zu beurteilende Marke nicht gegeben.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (§ 3 Abs 1 MarkenG). Diese Eignung kann der angemeldeten Marke (insbesondere nach den neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes) nicht abgesprochen werden (vgl BGH BlPMZ 1999, 408 "YES"). Die angemeldete Wortmarke "Karl May" ist nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Diese beziehen sich nun nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nicht mehr auf urheberrechtliche freie Werke von Karl May selbst oder Werke, die sich im wesentlichen mit dem Leben und den Werken des Schriftstellers "Karl May" befassen. Mit der Beschränkung sind gerade die Themeninhalte, die sich im wesentlichen auf die Werke oder das Leben "Karl May«s" beziehen, ausgenommen. Insofern handelt es sich nunmehr iVm den nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen um einen Namen, der für die konkreten Waren und Dienstleistungen nicht rein beschreibend, sondern ausreichend unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist.

Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht nunmehr auch kein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG mehr entgegen. Von den Bestimmungen des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG werden nur Wörter erfaßt, die einen Warenbezug aufweisen, also die in der Bestimmung im einzelnen angeführten Angaben, sonstige Merkmale der Waren oder unmittelbar mit ihnen in Beziehung stehende Umstände bezeichnen. Der BGH hat in seiner Entscheidung BGH BlPMZ 1999, 365 "HOUSE OF BLUES" ausgeführt, insbesondere rechtfertige das Bedürfnis, eine Bezeichnung für bestimmte Herstellungs- oder Verkaufsstätten freizuhalten, nicht, die Eintragung auch für dort hergestellte oder verkaufte Waren zu versagen. Der Gefahr der Aushöhlung der freizuhaltenden Angabe durch die für ähnliche Waren eingetragene Marke sei nicht im Eintragungs- sondern Verletzungsverfahren zu begegnen. In Anwendung dieser Grundsätze besteht nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses keinerlei Anlaß mehr, der angeldeten Marke "Karl May" für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen die Eintragung zu versagen. Ein darüber hinausgehendes Eintragungshindernis eines Freihaltungsbedürfnisses an allgemeinen, nicht warenbezogenen und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entnommen werden (BGH BlPMZ 1999, 410 "FOR YOU"). Ein solcher beschreibender Gebrauch der Marke ist auch nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nicht nachweisbar. Es ist nicht ersichtlich, daß das Markenwort nach der Einschränkung für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen der Anmelderin von Mitkonkurrenten benötigt wird. Anhaltspunkte, daß der allgemeine Verkehr ein schutzwürdiges Interesse an einer von Ausschließlichkeitsrechten eines Dritten ungestörten Benutzung des Markenwortes haben könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Nach alledem war der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg nicht zu versagen und die angefochtenen Beschlüsse waren aufzuheben.

Forst Dr. Fuchs-Wissemann Klante Hu






BPatG:
Beschluss v. 15.03.2000
Az: 32 W (pat) 245/99


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