Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Oktober 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 163/02

(BPatG: Beschluss v. 08.10.2003, Az.: 28 W (pat) 163/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2003 über eine Beschwerde im Markenrecht entschieden. Gegenstand des Verfahrens war der Widerspruch einer Markeninhaberin gegen eine eingetragene Marke für tiefgekühlte Fische, Schalentiere, Meeresfrüchte, Geflügel- und Fleischwaren sowie tiefgekühlte Fertiggerichte. Die Widersprechende war Inhaberin einer älteren Marke für Fischkonserven. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken festgestellt und die Löschung der jüngeren Marke angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass die Waren ausreichend unterschiedlich seien, da tiefgekühlte Produkte in anderen Abteilungen angeboten werden.

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde für zulässig, aber in der Sache für erfolglos erklärt. Es hat festgestellt, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken besteht. Dabei wurden verschiedene Faktoren wie die Ähnlichkeit der Waren, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und die Ähnlichkeit der Marken miteinander abgewogen. Obwohl die Waren nicht vollständig identisch sind, ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ähnlichkeit der Marken und die große klangliche Nähe eine Verwechslungsgefahr begründen. Der geringfügige Unterschied in der Bedeutung der Wörter ("CONTESSA" und "La Comtesse") spielt dabei keine entscheidende Rolle, da der Verbraucher in beiden Marken den Begriff "Comtesse" sieht. Zusätzlich ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke durchschnittlich, da sie sich von beschreibenden Bezeichnungen abhebt. Auch die Einschränkungen durch die Hilfsanträge der Markeninhaberin ändern nichts an der bestehenden Verwechslungsgefahr. Daher wurde die Beschwerde letztendlich ohne Erfolg abgewiesen. Eine Kostenentscheidung war nicht erforderlich.

Rechtsanwältin Stoppel Paetzold Schwarz-Angele hat das Urteil verfasst.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 08.10.2003, Az: 28 W (pat) 163/02


Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen wurde unter der Rollennummer 396 23 221 die Marke CONTESSA als Kennzeichnung für folgende Waren:

tiefgekühlte Fische, Schalentiere, Meeresfrüchte, Geflügel- und Fleischwaren; tiefgekühlte Fertiggerichte, im wesentlichen bestehend aus Meeresfrüchten, Geflügelfleisch, Fleisch und/oder Gemüse Die Inhaberin der rangälteren, für die Waren Fischkonserven, insbesondere Ölsardineneingetragenen Marke 104 639 La Comtessehat hiergegen Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat - mit zwei Beschlüssen - eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der jüngeren Marke angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt, die Waren seien ähnlich bis identisch, hierfür sei der klangliche Abstand der Marken zu gering, denn der Artikel "la" in der älteren Marke trete in den Hintergrund.

Die Markeninhaberin hat hiergegen Beschwerde eingelegt und diese insbesondere mit dem ausreichenden Abstand der Waren begründet, denn tiefgekühlte Produkte würden im Lebensmittelmarkt in anderen Abteilungen oder Regalen als Fischkonserven angeboten werden.

Die Markeninhaberin beantragtden Beschluss der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Sie beantragt hilfsweise durch einen Disclaimer die Waren "Fischkonserven", sowie zusätzlich "tiefgekühlte Fische" vom Warenverzeichnis auszunehmen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen in den patentamtlichen Beschlüssen für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 Abs 1 und Abs 2 MarkenG), hat in der Sache aber keinen Erfolg, denn die Markenstelle hat sämtliche mit dem alleinigen Bedeutungsgehalt "Grafentochter" mit zutreffender Begründung eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bejaht (§ 9 Abs 1 Nr 2 Marken)..

Die Rechtsfrage, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung des Einzelfalls nach Abwägung insbesondere der Faktoren Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Ähnlichkeit der Marken zu entscheiden (ständige Rechtsprechung zB EuGH MarkenR 1999, 20 - Canon; BGH MarkenR 2001, 204 - EVIAN/REVIAN). Diese Faktoren stehen zueinander in Wechselwirkung, was bedeutet, dass die Schwäche einer der Faktoren durch die Stärke eines anderen ausgeglichen werden kann und umgekehrt.

Hier stehen sich die Worte "CONTESSA" und "La Comtesse" gegenüber, das jeweils italienische bzw französische Wort für "Gräfin" oder "Grafentochter". In dieser Bedeutung sind beide Worte auch dem ansonsten in den beiden Fremdsprachen Unkundigen geläufig, denn es gibt die deutschen Fremdwörter "Komtess", "Komtesse" "Comtesse", sämtliche als - alleinige - Bezeichnung einer Grafentochter. Auch wenn (die) Komtesse nicht zur Alltagsprache gehört, so ist das Wort doch aus zahlreichen Büchern und Filmen bekannt. Auch das italienische "contessa" wird ohne weiteres in seiner Bedeutung verstanden werden, denn zum einen unterscheidet es sich von der "Comtesse" nur geringfügig und kaum merkbar, zum anderen ist ein anderer Bedeutungsinhalt nicht vorstellbar. Der Verbraucher sieht damit in beiden Marken die "Comtesse", was eine völlige Übereinstimmung im Aussagegehalt der Marken, das heißt begriffliche Identität bedeutet. Daneben liegt auch eine überaus große klangliche Nähe vor (soweit der Artikel "la" bei der Prägung des Gesamteindrucks außer Acht gelassen wird), denn bei einer deutschen Aussprache von "Comtesse" besteht eine erhebliche Klangähnlichkeit zur "contessa". Diese geringfügigen Unterschiede werden letztlich nur von dem der italienischen und französischen Sprache Kundigen wahrgenommen werden. Für den Großteil des Verkehrs aber, dessen Fremdsprachenkenntnisse sich auf das bei Auslandsaufenthalten Notwendige und Übliche beschränken, sind die Vergleichszeichen wegen des übereinstimmenden Inhalts jedenfalls aus der Erinnerung heraus nahezu nicht auseinander zu halten. Daran ändert auch der Artikel "La" in der älteren Marke nichts, denn selbst wenn er bei der Bestimmung des Gesamteindrucks nicht außer acht gelassen werden sollte, so kann er das Auseinanderhalten nicht erleichtern, denn "la" ist auch der für die "contessa" zutreffenden Artikel.

Die bei dieser überaus großen Markennähe für die Verneinung einer Verwechslungsgefahr notwendige schwache Ausprägung der Faktoren Kennzeichnungskraft und Warenähnlichkeit liegt nicht vor.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist zumindest durchschnittlich, denn die Waren "Fischkonserven" mit "La Comtesse" zu bezeichnen ist fern jedes beschreibenden Anklangs und im Gegenteil sogar überaus phantasievoll.

Die Waren sind auch bei Berücksichtigung der mit den Hilfsanträgen angebotenen Einschränkungen angesichts dieser eine Verwechslung fördernder Umstände zu nahe. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob unter "Fischkonserven" auch tiefgekühlter Fisch fällt, etwa weil dies nur eine besondere Art der Haltbarmachung darstellt, denn selbst bei der Unterstellung unterschiedlicher Produktionsstätten, verschiedener Vertriebswege und voneinander getrennter Verkaufsabteilungen, ist das Ausgangsprodukt, nämlich der Fisch, jeweils das gleiche. Die zu den tiefgekühlten Geflügel- und Fleischwaren und Fertiggerichten bestehende Warenähnlichkeit ist zwar durchaus weiter, angesichts der übrigen, für eine Verwechslungsgefahr sprechenden Faktoren, immer noch zu nahe, so dass das Vorliegen eines nicht gerechtfertigten Eingriffs der angegriffenen Marke in den Schutzbereich der Widerspruchsmarke zu bejahen ist.

Damit war die Beschwerde ohne Erfolg Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Bb






BPatG:
Beschluss v. 08.10.2003
Az: 28 W (pat) 163/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/6df1248a93b4/BPatG_Beschluss_vom_8-Oktober-2003_Az_28-W-pat-163-02




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