Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. September 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 220/02

(BPatG: Beschluss v. 18.09.2003, Az.: 25 W (pat) 220/02)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bildmarkeist am 8. März 2002 für die Waren und Dienstleistungen "Im Extrudierverfahren hergestellte Kartoffel-, Weizen-, Reis-, und Maisprodukte für Nahrungszwecke, Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Puffmais; Rosinen, Haselnuß-., Erdnuß-, Cashewkerne, Pistazienkerne und Mandeln, getrocknet, geröstet, gesalzen und/oder gewürzt; getrocknete Früchte; Back- und Konditorwaren, Biskuits, Kuchen, Schokolade, Schokoladenwaren, Pralinen, Zuckerwaren, Bonbons, Marzipan; Entwicklung von Lebensmitteln im Backwarenbereich" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandung durch Beschluss vom 27. Juni 2002 die Anmeldung wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass der in einfacher grafischer Gestaltung beanspruchte Gesamtbegriff "Backforum" sich lediglich aus einer Kombination schutzunfähiger Bestandteile zusammensetze und auch in der Zusammenstellung keinen über die Summierung der Einzelbestandteile hinausgehenden neuen Gesamtbegriff ergebe. Der Gesamtbegriff "backforum" werde lediglich verstanden als ein "geeigneter Personenkreis, der eine sachverständige Erörterung von Problemen und Fragen, das Backen betreffend, garantiere. In bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen weise "backforum" deshalb lediglich darauf hin, dass es sich um Entwicklungsdienstleistungen auf dem Gebiet der Backwaren handele. Auch die beanspruchten Waren stünden in unmittelbaren Zusammenhang zu den so gekennzeichneten Dienstleistungen. Die grafische Gestaltung entspreche der heutigen Gebrauchs- und Werbegrafik und sei ebenfalls nicht geeignet Unterscheidungskraft des - im übrigen auch freihaltungsbedürftigen - Zeichens zu begründen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem sinngemäßen Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Der Senat hat dem Anmelder eine Internetrecherche zu der Verwendung des Begriffs "Backforum" als Sachangabe übersandt. Der Anmelder hat darauf hin zur Begründung der Beschwerde ausgeführt, dass es zwar richtig sei, wenn der Begriff "Backforum" als solches als nicht unterscheidungskräftig angesehen werde, dass aber das angemeldete Bildzeichen wegen seiner grafischen Ausgestaltung und seines kreativen Gehalts weder einem Freihaltungsbedürfnis unterliege noch eine Unterscheidungskraft im grafischen Bereich verneint werden könne. So seien auch eine Vielzahl anderer, vergleichbar gebildeter Zeichen mit geringerem kreativen Gehalt in das Markenregister eingetragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle und den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.

1) Unterscheidungskraft im Sinne von des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo - zur GMV). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (zur ständigen Rspr vgl EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo; BGH MarkenR 2002, 86, 87 - AC).

Danach sind insbesondere solche Zeichen nicht unterscheidungskräftig, bei denen es sich für den Verkehr in bezug auf die beanspruchte Dienstleistung ohne weiteres erkennbar um eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt. Allerdings kann auch sonstigen Zeichen, welche dem Schutzhindernis als beschreibende Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht unterfallen und auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache zählen, jegliche Unterscheidungskraft fehlen.

2) Auch das angemeldete Wort-/Bildzeichen stellt trotz seiner grafischen Ausgestaltung ein nicht unterscheidungskräftiges Zeichen dar, wenngleich für die Beurteilung grundsätzlich von dem Gesamtzeichen und einem großzügigen Maßstab auszugehen ist und jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, das Schutzhindernis zu überwinden (st Rspr vgl zB MarkenR 2001, 209, 210 - Test it). Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden auch in der grafisch ausgestalteten Gesamtbezeichnung "backforum" in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausschließlich einen beschreibenden Sachhinweis darauf sehen, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handelt, welche im Rahmen eines Backforums angeboten werden oder ein solches Forum betreffen.

a) Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich das Eintragungshindernis nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Ware oder Dienstleistung selbst ergeben kann, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen oder der Wortfolge eine Sachinformation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; BGH MarkenR 2003, 148, 149 - Winnetou; EuG GRUR Int 2001, 864, 866 - CINE COME-DY; EuG GRUR Int 2001, 556 - CINE ACTION; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).

Wie der Anmelder aufgrund der ihm übersandten Internetrecherche auch nicht mehr in Abrede stellt, handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen sowohl im Hinblick auf die Verwendung des Wortes "forum" als auch im Hinblick auf die vorangestellte Bestimmungsangabe "back", um eine sprachübliche und zudem belegbare Wortzusammenfügung, in welcher der Verkehr, insbesondere auch der vorliegend angesprochene Durchschnittsverbraucher (vgl hierzu und zum veränderten Verbraucherleitbild BGH MarkenR 2002, 124, 127 - Warsteiner III; EuGH MarkenR 2002, 231, 236 - Philips/Remington), keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen wird, sondern nur einen eindeutigen Sachhinweis auf ein Forum - dh einen Kreis von Interessenten und/oder Fachleuten - welches sich mit dem Backen beschäftigt und die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zum Thema hat. Dies bestätigt auch die Internetrecherche, welche eine Vielzahl von Treffern mit einer entsprechenden Verwendung des Wortes "backforum" als reine Sachangabe oder vergleichbar gebildete Sachangaben wie "Kochforum" belegen konnte (zB "im Backforum treffen sich Bäcker und Konditoren zum Plausch und Erfahrungsaustausch", "nehmen Sie im Backforum direkt Kontakt mit Kollegen...auf"; "Backimpuls-Backforum"; "Freunde guter Backwaren treffen sich im Backforum"; "Tips & Tricks-, Koch- und Backforum").

b) Soweit sich der Anmelder auf die grafische Gestaltung des angemeldeten Zeichens beruft, kann dies keine Schutzfähigkeit begründen. Denn diese erschöpft sich in einer üblichen und in allen Bereichen des täglichen Lebens verwendeten Schreibweise (vgl auch BPatG GRUR 1996, 410 - Color COLLECTION) und Gestaltung von Schrift und Hintergrund, welche der bloßen Hervorhebung oder Ausschmückung, nicht aber der Kennzeichnung dient (vgl BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl § 8 Rdn 69) und weder isoliert betrachtet als Bildmarke eine konkrete Unterscheidungskraft aufweist noch in der Gesamtbetrachtung des angemeldeten Zeichens zu einer ausreichenden bildhaften Verfremdung des nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteils führt. Wenn auch Eigentümlichkeit und Originalität keine zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von Unterscheidungskraft sind und deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden können, so ist Bildbestandteilen von Kombinationsmarken bzw Bildmarken andererseits jegliche Unterscheidungskraft abzuerkennen, wenn es sich wie hier um grafisch übliche Gestaltungselemente handelt, die - wie dem Verkehr aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung sowie auch auf Warenverpackungen oder sogar Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet werden. Der Senat sieht auch in der vorliegenden schriftbildlichen Gestaltung nur eine werbegrafische Gestaltung eines Sachhinweises wie sie dem Verbraucher täglich in Zeitschriften und in der Werbung begegnet und die entgegen der Ansicht des Anmelders nicht hinreichend von einem Verständnis der angemeldeten Bezeichnung "backforum" als beschreibende Sachangabe wegführt, so dass dadurch im Rahmen der Gesamtbetrachtung dem beanspruchten Zeichen Unterscheidungskraft verliehen werden könnte (vgl auch EuG MarkenR 2003, 314 Tz 37 - Best Buy; Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 133).

So hat auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "anti KALK" (MarkenR 2001, 407, 408) unter Hinweis auf seine ständige Entscheidungspraxis (GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; MarkenR 2001, 207 - Jeanshosentasche; GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) ausgeführt, dass "einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen vermögen, wie derartige einfache graphische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können", obwohl die Anmeldung eine farbig gestaltete Bildmarke mit der Bezeichnung "anti KALK" betraf, die ua blassgrau unterlegt, deren Buchstaben weiß umrandet waren und in der dem Wort "anti" ein in roter Farbe gehaltenes Dreieck angefügt war. Der Bundesgerichtshof hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass es "angesichts der in den Wortelementen enthaltenen glatt beschreibenden Angabe über die Wirkungsweise der für die Anmeldung in Anspruch genommenen Waren eines auffallenden Hervortretens der graphischen Elemente bedurft hätte, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen". Ebenso hat das EuG in der Entscheidung "Best Buy" (MarkenR 2003, 314) zu der in Form eines Anhängers in gelber (Hintergrund) und schwarzer (Buchstaben, Umriss, Kreis) Farbe angemeldeten Wortfolge ausgeführt, dass die Form und Farbe des dargestellten Anhängers nur den verkaufsfördernden Charakter der nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteile in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise verstärke, da farbige Preisetiketten im Handel für Waren und Dienstleistungen jeder Art gemeinhin verwendet würden (Tz 33-Tz 37).

3) Der Senat sieht aufgrund der vorgenannten Feststellungen auch wesentliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass das angemeldete Zeichen in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, an welcher die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsinteresse haben (vgl zum Begriff der beschreibenden Angabe ausführlich BPatG MarkenR 2002, 201, 207-209 - Berlin Card - mwH). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass sich das Freihaltungsinteresse auch nicht auf unersetzliche beschreibende Angaben und Zeichen reduziert (vgl hierzu auch BPatG GRUR 2003, 245, 246-247 - Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf). Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da sich das angemeldete Zeichen bereits im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als nicht eintragungsfähig erweist.

4) Auch soweit der Anmelder auf Voreintragungen vergleichbarer Wortzusammenstellungen verwiesen hat, kommt diesem Umstand weder eine Bindungswirkung noch eine präjudizielle Bedeutung für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zu. Denn Voreintragungen begründen - unabhängig von der Frage, ob die genannten Voreintragungen überhaupt vergleichbar sind - keine anspruchsbegründende Selbstbindung der über die Schutzfähigkeit einer Marke als reine Rechtsfrage entscheidenden Behörde und auch keinen Vertrauensschutz eines Anmelders in die Wiederholung eines als unrichtig erkannten Verwaltungshandelns. Voreintragungen können allenfalls eine tatsächliche Indizwirkung begründen - insbesondere bei ausländischen Voreintragungen im Hinblick auf ein Freihaltungsbedürfnis (vgl Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 262-266).

Die Beschwerde des Anmelders erweist sich nach alledem als unbegründet und war zurückzuweisen.

Kliems Bayer Engels Pü






BPatG:
Beschluss v. 18.09.2003
Az: 25 W (pat) 220/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e26aae6ed5e3/BPatG_Beschluss_vom_18-September-2003_Az_25-W-pat-220-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share