Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juli 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 23/03

(BPatG: Beschluss v. 14.07.2004, Az.: 32 W (pat) 23/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 13. April 2000 angemeldete und am 9. Oktober 2000 in das Markenregister eingetragene Marke 300 28 690 siehe Abb. 1 am Endeist für folgende Waren und Dienstleistungen bestimmt:

09: Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Software; Feuerlöschgeräte; 16: Druckereierzeugnisse, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Computerprogrammhandbücher und -anleitungen; Schreibwaren; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel und Folien; Photographien; Künstlerbedarfsartikel und Büroartikel, Spielkarten; 35: Werbung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehwerbung, Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Veranstaltungen von Messen und Ausstellungen zu kommerziellen und Werbezwecken; Meinungsforschung; 38: Telekommunikation, insbesondere Sammeln und Liefern von Nachrichten; Vermittlung von Ausstrahlungen von Rundfunk- und Fernsehprogrammen sowie Ton- und Bildübertragung durch Satelliten und interaktive Multimedia-Netze; 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Vermietung von Zeitschriften; Vermietung von Rundfunk- und Fernsehgeräten; Filmvermietung; Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Filmproduktion; Filmvorführungen; Aus- und Weiterbildung; Unterricht auch durch Rundfunk und Fernsehen; Fernkurse; Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Künstlervermittlung; Erziehung; Entwickeln und Erstellen von Jingles, Trailern und Rahmen (soweit in Klasse 41 enthalten); Veranstaltungen von Messen und Ausstellungen zu sportlichen, kulturellen und Unterhaltungszwecken; 42: Entwickeln und Erstellen von Werbekonzepten, Werbefilmen, Werbespots, Sendekennungen, Pausenfüllern und computeranimativer Werbung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und von technischen Gutachten; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten.

Widerspruch erhoben ist aus der prioritätsälteren deutschen Marke 2 040 872 (Anmeldetag 1. Juli 1992, eingetragen am 21. Juli 1993)

FAKT die für die Dienstleistungen Produktion und Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehsendungenzu Gunsten einer der A... Schutz genießt.

Der Widerspruch richtet sich gegen sämtliche Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke.

Die Markeninhaberin hat die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke erhoben, die Widersprechende daraufhin zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke verschiedene Internet-Veröffentlichungen und Zeitungsartikel eingereicht.

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 23. Oktober 2002 zurückgewiesen.

Es bestünden bereits erhebliche Zweifel an einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke, zumal eine eidesstattliche Versicherung zu Umfang, Zeitraum und Ort der Benutzung nicht vorgelegt worden sei.

Jedenfalls bestehe aber keine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken. FAKT weise nur eine verminderte Kennzeichnungskraft auf. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen werde in schlagwortartig komprimierter Form der naheliegende Inhalt der Sendungen (Tatsachenberichte) angegeben. Die somit nur geringen Anforderungen an den Markenabstand würden eingehalten. Klanglich kämen sich die angegriffene Wort-Bild-Marke und die Widerspruchsmarke im Gesamteindruck selbst dann nicht verwechselbar nahe, wenn zu Gunsten der Widersprechenden davon ausgegangen werde, dass die jüngere Marke vorrangig als "facts" (= fekts) wiedergegeben werde, weil das @-Zeichen als heute allgemein verwendeter Hinweis auf Computer-Telekommunikation, E-Mail und Internet weitgehend in den Hintergrund trete. Es handele sich jeweils um einsilbige Wortelemente, bei denen schon einzelne Abweichungen bemerkt würden. Da "facts" als einfaches Wort der englischen Sprache vom beteiligten Verkehr ohne Weiteres als solches erkannt und entsprechend benannt werde, träten die Unterschiede in den Vokalen e/a in Verbindung mit dem zusätzlichen s-Laut des jüngeren Zeichens unüberhörbar in Erscheinung. Schriftbildlich unterscheide sich die jüngere Marke durch die Zeichenlänge, das @-Zeichen und den Konsonanten s hinreichend von der Widerspruchsmarke. Auch der begriffliche Sinngehalt beider Marken sei nicht derselbe. Die jüngere Marke stimme in der Bedeutung "Tatsachen im Bereich von Computer-Telekommunikation, E-Mail und Internet" (in Pluralform) mit der Widerspruchsmarke FAKT (= Tatsache in Singularform) nicht überein. Schließlich gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Die jüngere Marke sei durch die Abweichungen im Konsonantengerüst und die Typografie (kleine Buchstaben) nicht wesensgleich mit der Widerspruchsmarke FAKT.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 2002 aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.

Zur weiteren Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke legt sie zwei eidesstattliche Erklärungen seines Redaktionsleiters Zeitgeschehen sowie zwei Videobänder vor. Sie vertritt die Ansicht, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei überdurchschnittlich. Die für die jüngere Marke registrierten Waren und Dienstleistungen lägen im engen Zusammenhang mit den Dienstleistungen einer Fernsehanstalt. Beim Vergleich der Marken müsse das @-Zeichen der jüngeren Marke außer Betracht bleiben.

Die Markeninhaberin ist dem entgegen getreten. Sie hält ihre Nichtbenutzungseinrede aufrecht. Die Ausstrahlung des Magazins FAKT in den Sendern der ARD werde nicht konkret dem Widersprechenden zugerechnet. Zudem seien sich die gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen nicht ähnlich.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken keiner Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. Das gilt auch, wenn zugunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass sie auf die zulässigerweise erhobene Nichtbenutzungseinrede hin eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke gemäß § 43 Abs. 1, § 26 MarkenG im Beschwerdeverfahren für ein politisches Magazin ausreichend glaubhaft gemacht hat. Nach den vorgenannten Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

1. Die Kennzeichnungskraft des Wortes FAKT ist für eine politische Magazinsendung, für die es ausschließlich benutzt wird (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), von Hause aus gering. Der Begriff FAKT, der (anders als die Pluralform "Fakten"), ursprünglich wohl vor allem im Sprachgebrauch der ehemaligen DDR verbreitet war, inzwischen aber in ganz Deutschland geläufig ist, bedeutet so viel wie "Tatsache". Die Redewendung "Fakt ist, dass ..." wird im Sinne von "das steht fest", "das ist unbestreitbar", "das ist Sache", "das ist eine gesicherte Erkenntnis" usw. verstanden. Für ein politisches Nachrichten- und Meinungsbildungsmagazin, dem es auf Glaubwürdigkeit im Allgemeinen und Glaubhaftigkeit der Einzelfallrecherchen ankommt, ist das Wort FAKT fast schon dienstleistungsbeschreibend in dem Sinne, dass die Berichte (und die Bewertungen der jeweiligen Sachverhalte) auf einer gesicherten Tatsachengrundlage beruhen. Die glaubhaft gemachte, vom Umfang her beachtliche Verwendung der Marke ist zwar geeignet, diese Kennzeichnungsschwäche teilweise zu kompensieren, ohne dass der Marke jedoch ein überdurchschnittlicher Schutzumfang eingeräumt werden könnte.

2. Die Vergleichsmarken sind sich einander aber nicht einmal im Bereich identischer Dienstleistungen so ähnlich, dass mit Verwechslungsfällen in einem markenrechtlich noch relevanten Umfang zu rechnen wäre. Schriftbildlich besteht keine Markenähnlichkeit, weil die jüngere Marke deutlich länger ist - das @-Zeichen am Anfang und das Schlusss findet in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung -, die Abweichung in den Buchstaben c zu K nicht übersehen wird und auch die Schrifttypen, d. h. die durchgehende Verwendung einerseits kleiner, andererseits großer Buchstaben, einer Gleichsetzung beider Marken entgegen wirken.

Klanglich ist ebenfalls nicht mit Begegnungen zu rechnen, bei denen die Vergleichsmarken in einer verwechselbar ähnlichen Weise aufgenommen und wiedergegeben würden. Der Verkehr hat schon wegen der Schreibweise des deutschen Wortes FAKT mit K keinen Anlass, den tontragenden Vokal A mit einem anderen Lautwert (etwa ä oder e) wiederzugeben. Für die mit der Marke angesprochenen deutschen Fernsehkunden scheidet eine Aussprache nach englischen Sprachregeln aus. Anders verhält es sich aber beim Teilelement "facts" der jüngeren Marke; dieses wird aufgrund der Schreibweise mit c und wegen des Endungss auch von weniger sprachbewussten Publikumskreisen auf Anhieb als englischsprachige Pluralform erkannt und demgemäß durchweg in einer Aussprache wie "fekts" wiedergegeben. So gut wie niemand wird die Marke als "fakts" aussprechen, wobei aber selbst dann wegen des s-Lauts am Wortende ein Unterschied zu FAKT vorhanden wäre. Zudem ist bekannt, dass die deutsche Pluralform "Fakten" lautet.

Der phonetische Abstand beider Marken ist noch deutlicher, wenn auch die Fälle berücksichtigt werden, in denen das @-Symbol am Anfang der jüngeren Marke mitgesprochen wird. Der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 14. März 2001, 32 W (pat) 395/99 - @HOME) lässt sich keinesfalls die Ansicht entnehmen, dieses Zeichen würde klanglich in keinem Fall in Erscheinung treten. Vielmehr ist dies im Einzelfall durchaus möglich, wenngleich vorliegend die Zeichenbildung keinen nahe liegenden Gesamtbegriff (wie z. B. at home) erkennen lässt. Wenn aber die jüngere Marke als "etfekts" oder - von Verkehrskreisen, denen das @-Zeichen und seine korrekte Aussprache nicht bekannt sind - als "afekts" ausgesprochen wird, schließt der klangliche Unterschied zu FAKT jede Verwechslung mit der gebotenen Sicherheit aus.

Sonstige verwechslungsbegründende Umstände sind nicht ersichtlich. Begrifflich stellen FAKT (i. S. einer politisch bedeutsamen Tatsache, über die in einem Fernsehmagazin berichtet wird) und @-facts (= Tatsachen, die auf dem Gebiet der Telekommunikation, des Internets usw. liegen oder über dieses abgerufen werden können) keine Synonyme dar. Die Marken sind vom Gesamteindruck her auch zu unterschiedlich gebildet, als dass sie der Gefahr unterliegen könnten, gedanklich in Verbindung gebracht und unter diesem Gesichtspunkt assoziativ verwechselt zu werden. Ein gemeinsamer Stammbestandteil mit Hinweiskraft auf das Unternehmen der Widersprechenden ist nicht vorhanden.

3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Winkler Kruppa Viereck Hu Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 14.07.2004
Az: 32 W (pat) 23/03


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