Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 83/04

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2006, Az.: 25 W (pat) 83/04)

Tenor

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. März 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 22. Juni 1999 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 29, 30 und 42 international registrierte Marke Nr 716 428 international registrierte Marke Nr 716 428 Oldenist in der Bundesrepublik Deutschland u. a. für die Waren

"Vtements pour hommes, femmes et enfants, y compris vtements de sport et de loisirs, survtements, sousvtements, vtements de plage et de bain, ceintures, gants, chapellerie, bottes, chaussures, pantoufles" geschützt.

Dagegen hat die Inhaberin der am 28. Juni 1995 für die Waren

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Seifen, Parfümerien; Waren aus Leder und Lederimitationen (soweit in Klasse 18 enthalten), insbesondere Taschen, Brieftaschen, Geldbeutel und Schlüsseltaschen; Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Gürtel und Handschuhe"

eingetragenen Marke 395 05 268 Olsen Widerspruch erhoben. Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ist bestritten. Das gegen diese durchgeführte Widerspruchsverfahren ist am 18. Juli 1997 abgeschlossen worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 24. März 2004 durch einen Prüfer des gehobenen Dienstes der IR-Marke wegen des Widerspruchs den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland teilweise versagt, nämlich für die Waren "vtements pour hommes, femmes et enfants, y compris vtements de sport et de loisirs, survtements, sousvtements, vtements de plage et de bain, ceintures, gants, chapellerie, bottes, chaussures, pantoufles", und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.

Die Benutzung der Widerspruchsmarke sei als glaubhaft gemacht anzusehen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte besitze sie eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Es sei von Warenidentität auszugehen, da die in Rede stehenden Waren der angegriffenen Marke von den maßgeblichen Waren der Widerspruchsmarke umfasst würden. Trotz graphischer Gestaltung des ersten Buchstabens werde die jüngere Marke als "Olden" gelesen. Die phonetische Ähnlichkeit sei nicht von geringerem Gewicht, weil Bekleidungsstücke häufig auf Sicht gekauft würden. Die sich gegenüberstehenden Marken kämen sich in klanglicher Hinsicht verwechselbar nahe. Im Hinblick auf die quantitativ deutlich überwiegenden Übereinstimmungen seien die Abweichungen im Wortinnern nicht geeignet, eine verwechslungsfreie Koexistenz der Streitzeichen im Verkehr zu gewährleisten, zumal die Abweichung in den Mittelkonsonanten "d" und "s" angesichts deren Klangschwäche nicht besonders deutlich wahrnehmbar sei. Da sich somit klanglich hochgradig ähnliche Bezeichnungen für identische Waren gegenüber stünden, sei die Verwechslungsgefahr für das Publikum zu bejahen. Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 42 der angegriffenen Marke sei der Widerspruch zurückzuweisen, da es an einer Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen fehle.

Hiergegen hat die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. März 2004 insoweit aufzuheben, als der IR-Marke 716 428 wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 05 268 der Schutz teilweise verweigert wurde, und zwar für die Waren "Vtements pour hommes, femmes et enfants, y compris vtements de sport et de loisirs, survtements, sousvtements, vtements de plage et de bain, ceintures, gants, chapellerie, bottes, chaussures, pantoufles" und der angegriffenen Marke "Olden" in Spezialschrift in vollem Umfange Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bewilligen, die vorläufige Schutzverweigerung aufzuheben und den Widerspruch der Widersprechenden zurückzuweisen.

Die Widersprechende habe eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke zur Kennzeichnung von Waren nicht glaubhaft gemacht. Die Marke stimme mit der Unternehmensbezeichnung überein und stehe lediglich auf Katalogseiten, Etiketten oder Anhängern. Ohne einen konkreten Bezug zu der Ware bezögen sich solche Hinweise nicht auf die erforderliche Herkunft der Ware zur Unterscheidung von Waren anderer Herkunft. Das DPMA habe zu Unrecht teilweise Identität der sich gegenüberstehenden Waren der Klasse 25 angenommen. Es gebe keine Identität oder hochgradige Ähnlichkeit zwischen den Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke. Sie seien tatsächlich unterschiedlich, vor allem im Hinblick auf ihre Qualität. Die Waren der angegriffenen Marke seien Bekleidungsstücke für den Hotelbedarf, qualitativ hochwertig und stellten keine Massenware dar. Die Vertriebswege seien ebenfalls unterschiedlich. Insbesondere bestünde aber auch keine Zeichenähnlichkeit. Die Marken unterschieden sich schriftbildlich, klanglich und begrifflich. Das jeweilige Schriftbild schließe eine Verwechslungsgefahr aus. Die angegriffene Marke sei in einer Spezialschrift markenrechtlich geschützt, für welche die Widerspruchsmarke keinen Schutz habe. Für den Verkehr sei weiterhin eindeutig erkennbar, dass es sich bei beiden Marken um Familiennamen handele. Zudem sei dem Verkehr durch den Namen "Olden" der geographische Herkunftsbezug (Ortsangabe im Berner Oberland, Schweiz) eindeutig erkennbar. Der Verkehr nehme dabei auch kleinere Unterschiede wahr. Die Marken unterschieden sich in dem mittleren Teil des Wortes, nämlich durch die Buchstaben "d" und "s". Der Anfangsvokal "O" werde unterschiedlich ausgesprochen, da "Olden" ein schweizerischer Name, "Olsen" dagegen norddeutsch sei.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widerspruchsmarke werde für "Damenoberbekleidung, Kopfbedeckungen, Gürtel, Unterwäsche und Handschuhe" rechtserhaltend benutzt. Sie sei auf den eingereichten Etiketten zu sehen. Auch im Katalog sei teilweise erkennbar, dass sie auf Bekleidungsstücken angebracht sei. Die Umsätze erkenne man aus der eidesstattlichen Versicherung, in der für "Damenoberbekleidung, Kopfbedeckungen, Gürtel und Handschuhe" Umsatzangaben für die Jahre 2001-2005 aufgeschlüsselt seien, und für "Unterwäsche" der Umsatz im Jahr 2004 genannt sei. Zwischen "Damenoberbekleidung und Kopfbedeckungen" einerseits und den Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke andererseits bestehe Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit. Dabei seien auch die Waren "Stiefel, Schuhe, Pantoffeln" der angegriffenen Marke mit Waren ähnlich, für die eine rechtserhaltende Benutzung der Marke glaubhaft gemacht sei, zumal auf Seiten der Widerspruchsmarke nicht nur "Damenoberbekleidung", sondern auch Gürtel zu berücksichtigen seien. Die Marken seien hochgradig klanglich und schriftbildlich ähnlich, so dass Verwechslungsgefahr bestehe.

Die im Beschwerdeverfahren erhobene Anschlussbeschwerde der Widersprechenden wegen der Zurückweisung des Widerspruchs hinsichtlich der Dienstleistungen der angegriffenen Marke ist mit Eingabe vom 24. März 2006 wieder zurückgenommen worden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2006 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg, da hinsichtlich der Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüber stehenden Marken besteht.

Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke wurde nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig bestritten, so dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur die Waren der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung der Marke glaubhaft gemacht wurde, also "Damenoberbekleidung, Kopfbedeckungen, Handschuhe, Gürtel und Unterwäsche". Für diese sind in der eidesstattlichen Versicherung vom 20. Dezember 2005 Umsatzangaben für nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG relevante Jahre vor der Entscheidung genannt. Die Art der Benutzung ist aus den eingereichten Etiketten und einer Abbildung im eingereichten Katalog zu erkennen. Aus diesen Unterlagen ergibt sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass das Zeichen auf den Waren angebracht ist bzw. als Etikett angehängt ist. Die vorliegende Art der Benutzung der Kennzeichnung auf bzw. an den Waren unterscheidet sich durch den engen Bezug zur jeweiligen Ware deutlich von den Verwendungsformen, die den Entscheidungen des BGH betreffend die Widerspruchsmarken "Otto" (GRUR 2005, 1047) und "Norma" (GRUR 2006, 150) zugrunde lagen. Ein Vollbeweis ist dagegen nicht erforderlich. Hinsichtlich der "Schuhwaren" der Widerspruchsmarke liegen dagegen nicht genügend Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutung vor. Auch wenn im eingereichten Katalog das Zeichen auf einer Zehenstegsandale zu sehen ist, fehlt es jedoch an Angaben über den Umsatz, der damit erzielt wurde, so dass insoweit eine rechtserhaltende Benutzung nicht glaubhaft gemacht ist.

Die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren sind mit den registrierten Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke ähnlich und können teilweise sogar identisch sein. Ob die Beteiligten derzeit unterschiedliche Bekleidungsstücke herstellen und einen unterschiedlichen Vertriebsweg gewählt haben, ist bei der Widerspruchsentscheidung nicht zu berücksichtigen, denn die Inhaberin der angegriffenen Marke ist im Falle der Schutzgewährung nicht auf das beschränkt, was sie derzeit herstellt oder vertreibt. Vielmehr sind die Oberbegriffe maßgebend, für die sie in der Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt. Das Argument der Beschwerdeführerin, ihre Bekleidungsstücke seien qualitativ hochwertiger und der Vertriebsweg sei anders, kann daher nicht berücksichtigt werden. Die Ähnlichkeit der Waren würde dadurch ohnehin nicht entscheidend gemindert sein. Während bei den Waren "Vtements pour femmes" und "chapellerie" Warenidentität mit den "Damenoberbekleidungsstücken und Kopfbedeckungen" der Widerspruchsmarke in Betracht kommt, besteht hinsichtlich der weiteren Waren der angegriffenen Marke zumindest eine Warenähnlichkeit. Diese ist hinsichtlich der Waren "vtements pour hommes, et enfants, y compris vtements de sport et de loisirs, survtements, sousvtements, vtements de plage et de bain, ceintures, gants" sehr deutlich, während zu den Waren "bottes, chaussures, pantoufles" ein größerer Abstand besteht. Eine Warenähnlichkeit kann jedoch auch hier nicht verneint werden, da eine Reihe von Firmen, insbesondere auch im Sport- und Freizeitbereich sowohl Schuhe als auch Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen herstellen und der Verkehr bei (vermeintlich) identischen Bezeichnungen die Waren dem gleichen Unternehmen zuordnet (vgl. auch zur neueren Spruchpraxis zur Ähnlichkeit von Schuhwaren mit Bekleidungsstücken und Kopfbedeckungen Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 272, Stichwort Schuhwaren).

Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren wirken, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (EuGH, MarkenR 2006, 67 - Picasso). Anzuknüpfen ist dabei an das Verbraucherleitbild des EuGH, der auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der entsprechenden Waren abstellt (EuGH GRUR 2004, 943 -SAT.2). Dies sind hier die allgemeinen Verkehrskreise.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels anderer Anhaltspunkte durchschnittlich. Eine entscheidungserhebliche Steigerung der Kennzeichnungskraft durch umfangreiche Benutzung ist nicht hinreichend deutlich belegt. Allein die genannten Umsätze, die mit ca 88 Millionen Euro für Damenoberbekleidung im Jahre 2002 noch am höchsten sind, rechtfertigt noch nicht die Annahme einer überdurchschnittlich hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Legt man der Beurteilung der Verwechslungsgefahr einen durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zu Grunde, so reichen bei der vorliegenden Identität bzw. Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Waren die hier bestehenden Unterschiede in den Markenwörtern nicht aus, eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Die Marken kommen sich zumindest in klanglicher Hinsicht so nahe, dass eine erhebliche Verwechslungsgefahr anzunehmen ist. Eine klangliche Ähnlichkeit kann bei den sich gegenüberstehenden Waren zu Verwechslungen führen, da insbesondere in der Werbung und bei mündlicher Empfehlung mit einer rein phonetischen Begegnung der Zeichen im Verkehr zu rechnen ist. Das unterschiedliche Schriftbild spielt für den Verkehr insoweit keine entscheidende, eine Verwechslungsgefahr verhindernde Rolle, da er in beiden Zeichen den Wortbestandteil klar erkennen und benennen kann.

Der klangliche Gesamteindruck der jeweiligen Marke ist sehr ähnlich. Es ist damit zu rechnen, dass erhebliche inländische Verkehrskreise den Anfangsvokal "O" der Zeichen gleich aussprechen, selbst wenn man mit dem Vortrag der Markeninhaberin davon ausgeht, dass er bei schweizerischer Aussprache der angegriffenen Marke anders ausgesprochen wird als beim Wort "Olsen". Für diese Verkehrskreise unterscheiden sich die Zeichen daher nur in den klangschwachen Lauten "s" und "d" im Zeicheninnern, so dass das jeweilige Gesamtklangbild eine erhebliche Ähnlichkeit hat.

Da die Marken sich bereits in klanglicher Hinsicht so nahe kommen, dass eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr besteht und die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke keinen Erfolg hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Zeichen auch in schriftbildlicher Hinsicht sich zu nahe kommen.

Über die Anschlussbeschwerde der Widersprechende ist nicht mehr zu entscheiden, da diese nach Schluss der mündlichen Verhandlung und vor Erlass der Entscheidung zurückgenommen wurde. Solange eine Entscheidung noch nicht ergangen ist, kann eine Beschwerde zurückgenommen werden (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 66 Rdn. 14).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.






BPatG:
Beschluss v. 10.05.2006
Az: 25 W (pat) 83/04


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