Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. August 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 200/99

(BPatG: Beschluss v. 03.08.2000, Az.: 25 W (pat) 200/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss entschieden, dass die angegriffene Marke teilweise gelöscht wird, der Widerspruch einer älteren Marke jedoch zurückgewiesen wird. Die angegriffene Marke "Eukopin" wurde für verschiedene chemische Erzeugnisse eingetragen. Gegen diese Eintragung hat die Inhaberin der älteren Marke "EUCOSYN" Widerspruch erhoben. Sie hat argumentiert, dass es Verwechslungsgefahr zwischen den Marken gebe, da sie ähnliche Waren anbieten. Das Bundespatentgericht stimmte teilweise zu und ordnete die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf bestimmte pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse an. In Bezug auf die anderen Waren der angegriffenen Marke wurde der Widerspruch jedoch zurückgewiesen. Ein weiterer Widerspruch aufgrund einer anderen älteren Marke wurde ebenfalls zurückgewiesen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke legte Beschwerde gegen die angeordnete Löschung ein und argumentierte, dass die Marken nicht verwechselbar seien. Das Bundespatentgericht wies die Beschwerde jedoch ab und hob die Löschung nicht auf. Die Inhaberin der älteren Marke beantragte ebenfalls Beschwerde und forderte die Zulassung einer Rechtsbeschwerde. Das Bundespatentgericht wies auch diese Beschwerde ab und entschied, dass eine Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 03.08.2000, Az: 25 W (pat) 200/99


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird festgestellt, daß der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. März 1999 insoweit wirkungslos ist, als die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 12 621 in Bezug auf die Waren "veterinärmedizinische Erzeugnisse, Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" angeordnet worden ist.

2. Im übrigen werden die Beschwerden der Inhaberin der angegriffenen Marke und der aus der Marke 762 241 Widersprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung Eukopin ist am 30. Mai 1996 für

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier- und Fettentfernungsmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandsmittel; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide"

in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30. August 1996.

Widerspruch erhoben haben die Inhaberin (Widersprechende 1) der älteren, seit dem 5. März 1996 für

"Arzneimittel, nämlich onkologische Pharmazeutika"

eingetragenen Marke 395 12 621 EUCOSYN.

und die Inhaberin (Widersprechende 2) der älteren, am 7. Juni 1962 für

"medizinische Badezusätze"

eingetragenen Marke 762 241 Leukona-Eukalpin-Bad, deren Benutzung nicht bestritten ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke 395 12 621 "EUCOSYN" teilweise, nämlich hinsichtlich der Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandsmittel; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide" bejaht und insoweit die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. In Bezug auf die weiteren Waren der angegriffenen Marke hat sie diesen Widerspruch zurückgewiesen. Den Widerspruch aus der Marke 762 241 "Leukona-Eukalpin-Bad" hat sie mangels Verwechslungsgefahr insgesamt zurückgewiesen.

Zum Widerspruch aus der Marke "EUCOSYN" ist ausgeführt, daß bezüglich der "pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnisse" der angegriffenen Marke Identität, in Bezug auf die weiteren Waren zumindest eine mittlere Warenähnlichkeit zu den Waren der Widerspruchsmarke bestehe. Der danach gebotene vorerst mittlere Maßstab an die Beurteilung der Markenähnlichkeit werde dadurch gehindert, daß neben Fachleuten auch auf allgemeine Verkehrskreise abzustellen sei, die den Waren auf dem Gebiet des Arzneimittel- und Gesundheitssektors mit einer erhöhten Aufmerksamkeit begegneten. Der insbesondere von der natürlichen Silbengliederung und von der Vokalfolge bestimmte klangliche Gesamteindruck sei wegen des identischen und im allgemeinen ohnehin stärker beachteten Wortanfangs sowie der weiteren Übereinstimmungen aber derart angenähert, daß die Verwechslungsgefahr für die genannten Waren nicht ausgeschlossen werden könne. Aufgrund des zu den verbleibenden Waren der angegriffenen Marke vorhandenen deutlichen Abstandes liege im übrigen keine Verwechslungsgefahr vor.

Hinsichtlich des Widerspruchs aus der Marke "Leukona-Eukalpin-Bad" könne auch bei möglicher Warenidentität und Berücksichtigung allgemeiner Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck sicher ausgeschlossen werden. Keinem der Wortteile der Widerspruchsmarke könne ein prägender Charakter zugerechnet werden. Zwar sei der erste Bestandteil "Leukona" recht phantasievoll und wirke durch die Verwendung für weitere Produkte als Serienzeichen. Jedoch weise "Eukalpin" beschreibend auf die Zusammensetzung der Waren, nämlich auf "Eukalyptus" und "Pinie" hin, während "Bad" eine glatt beschreibende Angabe über den Verwendungszweck sei. Der Verkehr werde die Widerspruchsmarke daher zumindest nicht nur mit "Eukalpin", sondern entweder zusammen mit "Leukona" oder in ihrer Gesamtheit bezeichnen.

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke richtet sich gegen die angeordnete Teillöschung mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle insoweit aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 395 12 621 zurückzuweisen.

Die gemeinsame Anfangssilbe "EU-" der Marken sei verbraucht. Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr sei somit auf die weiteren Bestandteile "-kopin" bzw "-cosyn" abzustellen, die sich aber hinreichend voneinander unterschieden. Die Endsilbe "-syn" deute auf den Begriff "synthetisch" hin und biete damit eine weitere Unterscheidungshilfe. Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehe keine Verwechslungsgefahr.

Die Widersprechende 1 beantragt, die Beschwerde in Bezug auf die Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke" zurückzuweisen.

Nach der maßgeblichen Registerlage sei hinsichtlich der insoweit noch verfahrensgegenständlichen Waren von möglicher Warenidentität auszugehen. Unter diesen Umständen könne eine Verwechslungsgefahr aus den von der Markenstelle genannten Gründen nicht verneint werden.

In Bezug auf die weiteren Waren der angegriffenen Marke hat die Widersprechende ihren Widerspruch in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Weiterhin hat die Widersprechende 2 Beschwerde erhoben und sinngemäß beantragt, den Beschluß der Markenstelle insoweit aufzuheben, als ihr Widerspruch zurückgewiesen worden ist.

Ferner regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Der Widerspruchsmarke komme insgesamt eine normale Kennzeichnungskraft zu. Bei dem Markenbestandteil "Leukona" handele es sich um die in weiteren Produktbezeichnungen verwendete Dachmarke der Widersprechenden. Er stelle wie das Markenwort "Eukalpin" ein für sich kennzeichnungskräftiges Phantasiewort dar. Eine analytische Zerlegung der Bezeichnung "Eukalpin" in Elemente mit der Begriffsbelegung "Eukalyptus" und "Pinie" sei willkürlich. Von einer Kennzeichnungsschwäche und einem Zurücktreten dieses Bestandteils hinter das Wort "Leukona" könne daher keine Rede sein. Vielmehr sei "Eukalpin" von seiner Stellung innerhalb der Gesamtmarke geeignet, den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke maßgeblich zu prägen. Eine solche prägende Wirkung folge auch daraus, daß die Widersprechende eine Reihe weiterer Präparate auf dem Markt habe, die neben der Hauptmarke "Leukona" zusätzliche kennzeichnende Bestandteile enthielten, die dem Publikum und dem Fachverkehr erst die Unterscheidung hinsichtlich der unter der Dachmarke angebotenen Spezialmarke ermöglichten. Folglich würden die Produkte dieser Serie nur mit dem weiteren Bestandteil, hier "Eukalpin", benannt. Die Verwechslungsgefahr zwischen "Eukalpin" und "Eukopin" erscheine - bei möglicher Warenidentität - hochgradig. Zudem handele es sich um OTC-Produkte, die mittlerweile auch außerhalb von Apotheken abgegeben würden, so daß von einer größeren Aufmerksamkeit des Publikums beim Erwerb dieser Waren nicht mehr ausgegangen werden könne.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde der aus der Marke 762 241 Widersprechenden (Widersprechende 2) zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle, in dem die Verwechslungsgefahr mit zutreffender Begründung verneint worden sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II 1. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, soweit noch über den im Verfahren teilweise aufrechterhaltenen Widerspruch zu entscheiden war.

Die Markenstelle hat auf den nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobenen Widerspruch aus der Marke "EUCOSYN" die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke" zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG angeordnet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats wegen der Ähnlichkeit der Waren und der Ähnlichkeit der Marken insoweit die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Da Benutzungsfragen im vorliegenden Verfahren nicht aufgeworfen sind, ist bei den Waren von der Registerlage auszugehen. Danach ist zwischen den noch mit dem Widerspruch angegriffenen Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" und den von diesen weiten Oberbegriffen umfaßten speziellen Arzneimitteln der Widerspruchsmarke, nämlich "onkologische Pharmazeutika" Warenidentität möglich sowie hinsichtlich der "diätetischen Erzeugnisse für medizinische Zwecke" der angegriffenen Marke von zum Teil möglicher enger Warenähnlichkeit auszugehen. Da die Waren auch rezeptfrei in der Apotheke erhältliche Arzneimittel umfassen können, sind Endverbraucher als Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen.

Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus, da entgegenstehende Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände, insbesondere der Warenlage und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind an den Markenabstand zur Vermeidung der Kollisionsgefahr teilweise strenge, im übrigen (hinsichtlich der diätetischen Erzeugnisse der angegriffenen Marke) mehr als nur mittlere Anforderungen zu stellen, die nicht erfüllt sind. Die Vergleichsmarken sind nach Auffassung des Senats jedenfalls im klanglichen Gesamteindruck so stark angenähert, daß eine hinreichend sichere Unterscheidung nicht gewährleistet und die Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu bejahen ist.

Der für die Beurteilung insoweit maßgebliche klangliche Gesamteindruck wird dadurch verwechselbar ähnlich gestaltet, daß die Marken "Eukopin" und "EUCO-SYN" bei gleicher Sprechsilbenzahl und gleichem Sprech- und Betonungsrhythmus in dem Lautbestand "Eukoi(y)n" übereinstimmen, wobei in der Widerspruchsmarke das "C" regelmäßig wie "k" gesprochen wird und weiterhin in entscheidungserheblichem Umfang eine Aussprache des "Y" wie "i" nicht ausgeschlossen werden kann. Sie können damit eine identische, für den klanglichen Gesamteindruck bedeutsame, Vokalfolge ("euoi") aufweisen und haben schließlich den - ohnehin regelmäßig besonders beachteten (vgl BGH GRUR 1998, 924 "salvent/Salventerol"; GRUR 1995, 50 "Indorektal/Indohexal") - Wortanfang gemeinsam.

Angesichts dieser weitreichenden Gemeinsamkeiten vermag der einzig verbleibende Unterschied an relativ wenig exponierter Wortstelle zwischen den Anlauten "p" und "s" der jeweiligen Endsilben das Gesamtklangbild nicht ausreichend verschieden zu gestalten, auch wenn diese Laute sich bei einer isolierten Betrachtungsweise deutlich voneinander abheben. Im übrigen könnte angesichts der weitreichenden Gemeinsamkeiten selbst eine Artikulation des "Y" in der Widerspruchsmarke wie "ü" keinen ausreichenden Klangkontrast herstellen. Berücksichtigt man schließlich, daß die Marken im Verkehr nicht nebeneinander aufzutreten pflegen und dann ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 72), kann eine klangliche Verwechslungsgefahr unter den hier vorliegenden Gesamtumständen nicht verneint werden.

In den Markenwörtern vorhandene abweichende Bedeutungsanklänge, insbesondere ein in der Endsilbe "-SYN" der Widerspruchsmarke in erster Linie auch nur von Fachleuten erkennbarer Hinweis auf "synthetisch" sind jedenfalls nicht derart ausgeprägt oder durch die vorliegenden Waren nahegelegt, daß sie angesichts der genannten weitreichenden klanglichen Übereinstimmungen ohne eine begriffliche Analyse rasch und unmittelbar erkannt würden (iSv BGH GRUR 1992, 130 - BALL/Bally; vgl hierzu auch MarkenR 2000, 130, 132 - comtes/ComTel) und damit eine Unterscheidung der Marken in erheblichem Umfang erleichtern könnten. Im Hinblick auf die hochgradige Ähnlichkeit der Gesamtklangbilder besteht überdies schon die Gefahr, daß auch den Verkehrskreisen, denen dieser Bedeutungsinhalt an sich bekannt ist, der Sinnanklang überhaupt nicht zum Bewußtsein kommt, weil die Markenwörter direkt füreinander gehört werden.

Entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke kann nicht davon ausgegangen werden, daß die übereinstimmende Anfangssilbe "EU-" markenrechtlich verbraucht ist und deshalb den anderen Markenbestandteilen ein größeres Gewicht zukommt. Es kann dahinstehen, ob die Anzahl der etwa in der Roten Liste aufgeführten Kennzeichnungen, in denen die Anfangslautfolge "EU-" als eigenständiger Bestandteil hervortritt, schon derart signifikant ist, daß es gerechtfertigt wäre, diese bereits als "verbraucht" anzusehen. Jedenfalls könnte sich der von der Inhaberin der angegriffenen Marke gezogene Schluß aber auch aus dem Vorkommen zahlreicher anderer Kombinationen von Anfangsbuchstaben ergeben, was zeigt, daß allein aus der häufigen Verwendung von lediglich zwei Buchstaben innerhalb einer längeren Kennzeichnung markenrechtlich kaum etwas im Sinne einer eingeschränkten kennzeichnenden Bedeutung hergeleitet werden kann.

Bei diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob sich die Marken auch im Schriftbild verwechselbar nahe kommen.

Nach alledem war die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke in Bezug auf die noch streitgegenständlichen Waren zurückzuweisen und im übrigen im Umfang der von der Widersprechenden 1 erklärten Zurücknahme des Widerspruchs die Wirkungslosigkeit des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle festzustellen.

2. Die Beschwerde der aus der Marke 762 241 "Leukona-Eukalpin-Bad" Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobene Widerspruch ist von der Markenstelle zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen worden. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Ähnlichkeit der angegriffenen Marke "Eukopin" mit der Widerspruchsmarke "Leukona-Eukalpin-Bad" ist nach Auffassung des Senats in keiner Richtung derart ausgeprägt, daß auch bei zugunsten der Widersprechenden unterstellter Warenidentität, der Berücksichtigung von Endverbrauchern als angesprochene Verkehrskreise und der Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu bejahen wäre. Auch bei Anlegung strenger Maßstäbe hält die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke einen in jeder Hinsicht ausreichenden Abstand ein.

Die Gefahr von Verwechslungen der Marken kommt hier von vornherein nur dann in Betracht, wenn in der Widerspruchsmarke sowohl der von der Widersprechenden als Haupt- bzw Dachmarke verwendeten Bezeichnung "Leukona" als auch dem weiteren Markenelement "Bad" eine für den Gesamteindruck nur untergeordnete und dem Bestandteil "Eukalpin" eine markenrechtlich selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zugesprochen und der angegriffenen Marke "Eukalpin" gegenübergestellt wird. Davon kann aber nicht ausgegangen werden.

Zwar handelt es sich bei dem Wort "Bad" um eine für die eingetragenen Waren "medizinische Badezusätze" offensichtlich glatt beschreibende und wohl in Alleinstellung insoweit schutzunfähige Angabe, die nicht geeignet ist, den Gesamteindruck der mehrgliedrigen älteren Marke wesentlich mitzubestimmen.

Das weitere Markenwort "Leukona" der Widerspruchsmarke kann aber in seiner kennzeichnenden Bedeutung bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der Widerspruchsmarke nicht vernachlässigt werden. Dieser Bezeichnung ist vielmehr innerhalb der Gesamtmarke jedenfalls eine mitprägende Wirkung beizumessen.

Es ist von dem Grundsatz auszugehen, daß zur Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen auf den Gesamteindruck der jeweiligen Marke abzustellen ist. Er schließt zwar zugleich die Erkenntnis ein, daß einem einzelnen Bestandteil einer Marke eine unter Umständen besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann und deshalb bei einer Übereinstimmung einer Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (vgl BGH MarkenR 2000, 20, 21 - RAUSCH/ELFI RAUCH, mit weiteren Nachweisen). Eine solche Bedeutung kommt dem Bestandteil "Eukalpin" innerhalb der Widerspruchsmarke jedoch nicht zu.

Dabei kann für die Entscheidung letztlich dahingestellt bleiben, ob die von der Markenstelle insoweit angenommenen Sachhinweise in den Wortelementen "Eukal-" auf "Eukalyptus" und "-pin" auf "Pinie" (lat.: Kiefer) und somit auf die stoffliche Zusammensetzung der Widerspruchswaren so deutlich hervortreten, daß sich daraus mangels einer hinreichend phantasievollen Zusammenfügung dieser Elemente bereits eine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Gesamtbezeichnung "Eukalpin" ergibt und diese in ihrem kennzeichnenden Gewicht schon deshalb hinter das Markenwort "Leukona" zurücktritt. Denn auch wenn man von einer normalen Kennzeichnungskraft dieses Markenbestandteils ausgeht, folgt daraus noch keine gegenüber "Leukona" allein prägende Wirkung des Gesamteindrucks der Marke.

Bei "Leukona" handelt es sich nämlich - auch nach dem eigenen ausdrücklichen Vortrag der Widersprechenden selbst - um eine phantasievolle und kennzeichnungskräftige Dach- bzw Hauptmarke, die in Form einer Serienmarke in weiteren Mehrwort-Kennzeichen der Widersprechenden verwendet wird (vgl zB Rote Liste 2000: "Leukona-Jod-Bad", Leukona-Kreislauf-Bad", "Leukona-Rheuma-Bad", "Leukona-Sedativ-Bad", "Leukona-Stoffwechsel-Bad", "Leukona-Sulfomoor-Bad"). Soweit überhaupt ein etwaiger beschreibender Anklang in "Leukona" auf mit dem Wortelement "Leuko-" gebildete unterschiedliche Fachbegriffe (zB "Leukoderm", Leukodystrophie", "Leukomelalgie", "Leukomelanodermie"; vgl hierzu im einzelnen Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Aufl, S 871 f) sinnvoll nahegelegt sein kann, wäre dieser keinesfalls stärker als die og Bedeutungshinweise in "Eukalpin" ausgeprägt.

Eine andere Beurteilung zur Frage der Prägung des Gesamteindrucks der Widerspruchsmarke ist auch nicht aufgrund der Entscheidung "DRANO/P3-drano" des BGH (GRUR 1996, 977) geboten. Zwar hat der BGH dort angedeutet, daß der im Verkehr zur Bezeichnung der Zeicheninhaberin durchgesetzte und als Markenstamm verwendete Bestandteil "P3" gegenüber dem weiteren Bestandteil "drano" - wie bei einer bekannten Firmenbezeichnung (vgl BGH GRUR 1996, 404, 405 - Blendax Pep) - bei der Prägung des Gesamteindrucks zurücktreten kann. Abgesehen davon, daß diese Frage der Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten und insoweit nicht von einem Regelsatz auszugehen ist (vgl BGH GRUR 1998, 815, 816 - Nitrangin) und es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz handelt, daß aus Markenelementen regelmäßig nicht isoliert Rechte hergeleitet werden können, kommt eine solche Vernachlässigung eines an sich ja gerade besonders kennzeichnungskräftigen und als Herkunftshinweis geeigneten Stammbestandteils oder einer Dach- bzw Hauptmarke - wie hier "Leukona" - jedenfalls vorliegend aufgrund der Besonderheiten der konkreten Markenserie nicht in Betracht.

Zunächst ist zu berücksichtigen, daß solche wertenden Überlegungen zum Verhältnis von Stammbestandteil und spezieller Produktkennzeichnung nur die Verkehrskreise anstellen können, welche die entsprechende "Leukona"-Markenserie kennen. Das ist in erster Linie bei fachlich orientierten oder zumindest interessierten Verkehrskreisen zu erwarten. Dies ist ähnlich gelagert, wie bei der mittelbaren Verwechslungsgefahr (vgl dazu Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 181). Diese maßgeblichen Verkehrskreise werden aufgrund der besonderen Art der Markenbildung innerhalb der "Leukona"-Markenserie, die ganz überwiegend Marken enthält, die aus dem phantasievollen Wort "Leukona" und einem weiteren, glatt warenbeschreibenden und somit für sich allein schutzunfähigen oder zumindest äußerst kennzeichnungsschwachen Bestandteil wie zB "Jod", "Rheuma", "Kreislauf", "Stoffwechsel" oder auch "Sulfomoor" im Sinne von "Sulfon-Moor-Bad" besteht, nicht in den beschreibenden, sondern gerade in dem vorangestellten Serien- bzw Dachmarkenbestandteil den kennzeichnenden Schwerpunkt der jeweiligen Kombinationsmarken sehen. Es ist nicht erkennbar, warum diese Verkehrskreise davon abweichend Anlaß haben sollten, sich gerade bei der vorliegenden Widerspruchsmarke nur an dem weiteren Bestandteil "Eukalpin" zu orientieren, zumal sie nicht selten in der Lage sein werden, dieser Bezeichnung die nicht fernliegenden Hinweise auf mögliche Inhaltsstoffe "Eukalyptus" und "Pinie" zu entnehmen. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn berücksichtigt wird, daß es in der "Leukona"-Markenserie der Widersprechenden einige wenige Marken gibt, die neben dem Wort "Leukona" eine weitere phantasievolle Bezeichnung enthalten, da diese Art der Markenbildung für die Markenserie gerade nicht typisch ist.

Bei denjenigen Verkehrsteilen, denen die "Leukona"-Markenserie der Widersprechenden unbekannt ist, besteht von vornherein kein Grund für die Annahme, sie würden den Bestandteil "Leukona" bei der markenrechtlichen Orientierung vernachlässigen und sich allein an dem weiteren Wort "Eukalpin" orientieren. Vielmehr werden diese Verkehrskreise die eingetragene Gesamtbezeichnung, zumindest aber die Kombination der Bestandteile "Leukona-Eukalpin" als die eigentliche Marke auffassen.

Ausgehend davon scheidet die Gefahr klanglicher Verwechslungen mit der angegriffenen, wesentlich kürzeren und aus nur einem Wort bestehenden Bezeichnung "Eukopin" offensichtlich aus.

In schriftbildlichen Gesamteindruck hält die angegriffene Einwortmarke zu der aus drei Wörtern bestehenden Widerspruchsmarke unter den genannten Umständen in allen üblichen Wiedergabeformen allein aufgrund der markant unterschiedlichen Markenlängen sowie der Schreibweise der älteren Marke mit Bindestrichen ebenfalls einen ausreichenden Abstand ein.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden 2 zurückzuweisen.

Der Senat hat auch keinen Anlaß gesehen, die von der Widersprechenden 2 in der mündlichen Verhandlung angeregte Rechtsbeschwerde zuzulassen zur Frage, ob im Hinblick auf die "DRANO/P3-drano"-Entscheidung des BGH auch innerhalb der vorliegenden, aus einer Dach- bzw Serienmarke und einem weiteren Produktkennzeichen gebildeten Widerspruchsmarke dem weiteren Bestandteil eine den Gesamteindruck der Marke allein kollisionsbegründende Wirkung beizumessen ist. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, noch aus Gründen der Rechtsfortbildung angezeigt. Die vorliegende Kollisionsentscheidung wirft keine klärungsbedürftigen grundsätzlichen Rechtsfragen auf. Die Beurteilung, ob einem Element innerhalb eines Gesamtzeichens eine das Gesamtzeichen allein kollisionsbegründende Bedeutung zukommt, obliegt dem Tatsachengericht unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände im Einzelfall. Im Rahmen dieser Beurteilung weicht der Senat vorliegend auch nicht von den allgemein anerkannten Beurteilungsgrundsätzen ab.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Knoll Engels Richter Brandtist urlaubsbedingtabwesend unddeshalb verhindertzu unterschreiben.

Knoll Pü






BPatG:
Beschluss v. 03.08.2000
Az: 25 W (pat) 200/99


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