Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. März 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 188/99

(BPatG: Beschluss v. 13.03.2001, Az.: 33 W (pat) 188/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 16. Juli 1993 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland international registrierte Marke 601 912 SFM ist für die Waren

"Produits chimiques destines à l'industrie, aux sciences, à la photographie, resines artificielles à l'etat brut, matières plastiques à l'etat brut; compositions extinctrices; preparations pour la trempe et la soudure des metaux; produits chimiques destines à conserver les aliments; matières tannantes; adhesifs (matières collantes) destines à l'industrie;

Preparations pour blanchir et autres substances pour lessiver; preparations pour nettoyer, polir, degraisser et abraser; savons;parfumerie, huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux; dentifrices;

Produits pharmaceutiques, veterinaires et hygieniques; produits biologiques à usage medical; produits chimiques à usage medical; cultures des cellules à usages medical; substandes dietetiques à usage medical, aliments pour bebes; empl‰tres, materiel pour pansements; matières pour plomber les dents et pour empreintes dentaires; desinfectants"

bestimmt.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der Marke DD 443 683, siehe Abb. 1 am Endedie seit dem 30. März 1932 für die Waren

"Arzneimittel, chemische Produkte für medizinische und hygienische Zwecke, pharmazeutische Drogen und Präparate, Pflaster, Verbandstoffe, Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel, Desinfektionsmittel; Parfümerien, kosmetische Mittel, ätherische Öle, Seifen, Wasch- und Bleichmittel, Farbzusätze zur Wäsche, Fleckenentfernungsmittel, Putz- und Poliermittel (ausgenommen für Leder), Schleifmittel"

eingetragen ist. Der Markeninhaber hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 1 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Sie hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für "Instrumentenreinigungsmittel, Desinfektionsreiniger und -mittel, Hand- und Körperwaschlotionen, Wischpflege" als glaubhaft gemacht angesehen und weiter ausgeführt, daß die beiderseitigen Waren zwar im Ähnlichkeitsbereich lägen und auch identisch sein könnten. Bei der Widerspruchsmarke sei jedoch von einer etwas geschwächten Kennzeichnungskraft auszugehen, da es sich um Buchstabenfolgen mit einer Verknüpfung mit dem "&"-Zeichen handle. Es stünden sich sehr kurze und daher leicht einprägsame Buchstabenkombinationen gegenüber, wobei die angegriffene Marke einen holprigen Gesamteindruck in Folge des Buchstabierens der Konsonantenfolge aufweise, hingegen die Widerspruchsmarke einen fließenden Gesamtklang aufgrund der mündlichen Wiedergabe des "&"-Zeichens mit dem Wort "und" habe. In schriftbildlicher Hinsicht sorgten die Abweichungen in der jeweiligen Mitte der Marke mit "F" gegenüber "&" für deutliche unterschiedliche Schriftbilder, so daß Verwechslungen mit Sicherheit auszuschließen seien.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, daß insbesondere bei dreistelligen Buchstabenzeichen anerkannt sei, daß Abweichungen in einem Buchstaben bzw in einer Silbe oder Umstellungen der Reihenfolge aus dem Schutzbereich der älteren Marke nur dann herausführen könnten, wenn sie im Gesamteindruck deutlich erkennbar seien. Bei regelmäßiger Aussprache, von der auszugehen sei, trügen sowohl die IR-Marke "SFM" als auch die Widerspruchsmarke "S & M" den Hauptton auf den Anfangs - und den Nebenton auf den Endsilben, die jeweils gleich seien. Die hier von Hause aus ohnehin nicht besonders klangstarken Mittellaute lägen im Betonungsschatten und seien deshalb für den klanglichen Gesamteindruck gerade nicht besonders prägnant. Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehe Verwechslungsgefahr. Die Marken könnten in jeder beliebigen Schreibweise benutzt werden, die IR-Marke "SFM" insbesondere auch nur mit kleingeschriebenem "f" oder "fm". Unter dieser Voraussetzung seien die Marken namentlich bei handschriftlicher Wiedergabe im Schriftbild äußerst ähnlich.

Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß die Widersprechende die Buchstabenkombination "S & M" als Marke schon seit Jahrzehnten auch als eine Art "Dachmarke" auf sämtlichen Produkten benutze.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß vom 2. August 1999 aufzuheben und der IR-Marke den Schutz zu versagen.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht erschienene Markeninhaber hat im Verfahren vor dem Patentamt geltend gemacht, daß die Widerspruchsmarke nicht rechtserhaltend benutzt und eine Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten sei. Die einander gegenüberstehenden Marken hielten sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht einen ausreichenden Abstand ein. Die angegriffene Marke könne nur als Aneinanderreihung von Konsonanten in Form von "ES EF EM" ausgesprochen werden, während die Widerspruchsmarke als "ES und EM" ausgesprochen werde. Dies führe zu erheblichen klanglichen Unterschieden.

Er beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Auch der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der Marken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht für gegeben. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

a) Der Markeninhaber hat in zulässiger Weise (§ 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG) bestritten, daß die Widerspruchsmarke, für welche die Benutzungsschonfrist am 3. Oktober 1995 abgelaufen ist (BGH WRP 1998, 1006 DRIBECK's LIGHT), für die von ihr erfaßten Waren rechtserhaltend benutzt worden ist. Zugunsten der Widersprechenden wird davon ausgegangen, daß, - wie die Markenstelle ausgeführt hat - die rechtserhaltende Benutzung der Marke jedenfalls für die Waren "Instrumentenreinigungsmittel, Desinfektionsreiniger und -mittel, Hand- und Körperwaschlotionen, Wischpflege" hinreichend glaubhaft gemacht ist.

b) Die sich gegenüberstehenden Waren der Klassen 3 und 5 sind teilweise identisch und liegen teilweise im engeren Ähnlichkeitsbereich.

c) Die nach der Rechtsprechung (vgl EuGH GRUR 1998, 922 - Canon; 1998, 387 - Sabel/Puma; MarkenR 1999, 236 - Lloyd/Loints) als weiterer verwechslungsrelevanter Faktor zu berücksichtigende Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann nach der Überzeugung des Senats hier zu Gunsten der Widersprechenden als durchschnittlich eingestuft werden. Allerdings sind die sich gegenüberstehenden Marken beide vor dem Inkrafttreten des neuen Markengesetzes eingetragen worden, so daß angesichts des Buchstabencharakters an sich eine Kennzeichnungsschwäche von Hause aus zu berücksichtigen ist (vgl BPatG, GRUR 1996 - ICPI/ICP). Zu Gunsten der Widersprechenden geht der Senat davon aus, daß die Widerspruchsmarke durch langjährige Benutzung nunmehr eine normale Kennzeichnungskraft erlangt hat. Jedoch gibt es nach der Auffassung des Senats keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Die Widersprechende hat insoweit zwar - unwidersprochen - vorgetragen, daß die Buchstabenkombination "S & M" seit Jahrzehnten als eine Art "Dachmarke" auf sämtlichen Produkten benutzt werde. Die Widersprechende hat insoweit aber lediglich Fotokopien vorgelegt aus denen sich ergibt, daß die Marke "S& M" auf verschiedenen ihrer Produkte aufgedruckt ist. Dies vermag - auch in Verbindung mit den von der Widersprechenden genannten Umsatzzahlen - eine erhöhte Kennzeichnungskraft nicht zu belegen.

d) Unter Zugrundelegung des sich aus der teilweisen Warenidentität/-nähe und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ergebenden Prüfungsmaßstabes reichen die zwischen den Vergleichsmarken bestehenden Unterschiede aus, um die Gefahr von Verwechslungen ausschließen zu können. Wie schon die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den Vergleichsmarken um sogenannte Kurzzeichen, bei denen geringfügige Abweichungen stärker ins Gewicht fallen als bei längeren Wörtern.

Die Anmeldemarke kann als Aneinanderreihung von Konsonanten nur in Form von "ES EF EM" ausgesprochen werden, während die Widerspruchsmarke als "ES und EM" gesprochen wird. Dies führt zu einem verhältnismäßig verschiedenen Gesamteindruck. Die klanglichen Abweichungen sind so markant, daß sie den angesprochenen Verkehrskreisen, hier dem "allgemeinen Publikum" nicht verborgen bleiben.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht ist eine Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Marken nicht zu erkennen. Die Widerspruchsmarke wurde mit Anführungszeichen eingetragen, so daß grundsätzlich davon auszugehen ist, daß diese Anführungszeichen Marken-Bestandteil geworden sind, was die Unterscheidung der sich gegenüberstehenden Zeichen zusätzlich erleichtert. Selbst wenn jedoch davon ausgegangen wird, daß allenfalls die differierenden mittleren Schriftzeichen in Erscheinung treten werden, halten die Marken noch einen ausreichenden Abstand ein. Dem Buchstabe "F" und das "&"-Zeichen haben schon dadurch ein unterschiedliches Schriftbild, daß das "F" im Unterschied zum "&"-Zeichen deutlich kopflastig ist.

3. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage bestand kein Anlaß für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs 1 MarkenG).

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl/Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)188-99.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 13.03.2001
Az: 33 W (pat) 188/99


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