Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Januar 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 186/03

(BPatG: Beschluss v. 17.01.2005, Az.: 30 W (pat) 186/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Am 6. November 2000 in das Markenregister eingetragen und am 7. Dezember 2000 unter der Nummer 300 21 076 veröffentlicht worden ist Take-Net. Das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen lautet:

"Computer und Datenverarbeitungsgeräte sowie daran anschließbare Peripherie- und Zusatzgeräte, nämlich Drucker und Zeichengeräte, Datenspeicher, CD-ROM-Laufwerke, ISDN-Karten, Modems, PCMCIA-Karten; Netzwerkkomponenten und Geräte zum Aufbau von Netzwerkverbindungen, nämlich Netports, Minihubs; Geräte und Komponenten zur Herstellung von Internetverbindungen, nämlich Komponenten zur Herstellung von Satellitenverbindungen, Glasfasernetzen, Telefon- und Stromnetzen; Handbücher und Bedienungsanleitungen; gedruckte Informationen und Beschreibungen für Computer-Hardware und -Software sowie für Computernetze und Internet; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Wartung von Computer-Software, Spezialinstallation, Computerberatung und Wartung von Computersystemen; Aufbau und Wartung von Computernetzen und Internetanbindungen sowie Internet-Dienstleistungen wie Design von Web-Seiten oder Einstellen von Web-Seiten ins Internet für Dritte; Vermietung von Computer-Software und -Hardware sowie peripheren Komponenten und Modulen".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, am 14. März 1998 angemeldeten Gemeinschaftsmarke 926 733 TalkNet; deren Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen lautet:

"Elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Computereinsteckkarten, Computersoftware; insbesondere Internet-Software, Server- und E-Mail-Software, mobile Navigationsgeräte, stationäre und mobile Datenerfassung- und Übertragungsgeräte, interne und externe Modems, ISDN-Karten, Netzkarten, elektronische Kameras; Betrieb und Wartung eines stationären oder mobilen Datennetzes, Vermittlung von Einrichtungs-, Wartungs-, Installations- und Reparaturaufträgen; Datenübertragung über Festnetze und Funkdienste, Dienstleistungen eines Internet-Providers."

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat wegen deutlicher Abweichungen in den Markenwörtern Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen, weil angesichts des beschreibenden Charakters von "TalkNet" (Gesprächs-Netz) der Widerspruchsmarke nur eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme. Die unterschiedlichen Bedeutungen von "Take" (nehmen) und "Talk" (sprechen, Gespräch) wirkten Verwechslungen zusätzlich entgegen; auch die Verbrauchtheit der gemeinsamen Endung "Net" sei zu berücksichtigen.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Eine Äußerung zur Sache ist weder im Beschwerdeverfahren noch im Verfahren vor dem Patentamt zu den Akten gelangt.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Mai 2003 aufzuheben und die Löschung der Marke 300 21 076 anzuordnen.

Eine Äußerung der Inhaberin der angegriffenen Marke ist im Beschwerdeverfahren nicht zu den Akten gelangt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Es besteht nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG iVm § 125b Nr 1 MarkenG. Der Widerspruch ist deshalb gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnunskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB BGH WRP 2004, 1037, 1038 - EURO 2000; BGH WRP 2004, 1173, 1174 - URLAUB DIREKT; BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling).

Der Senat geht - ebenso wie schon die Markenstelle - von einer nur geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus (vgl BGH MarkenR 2001, 307, 309 f - CompuNet/ComNet). Denn die Widerspruchsmarke ist aus ohne weiteres erkennbaren Sachangaben bzw Sachanklängen zusammengesetzt und verfügt deshalb nur über eine stark verminderte betriebskennzeichnende Wirkung. Das aus der englischen Sprache stammende Wort "Talk-" (Gespäch) ist in Wortverbindungen schon seit langem im Deutschen gebräuchlich, wie die Begriffe "Talk Show, Talkmaster, Small Talk" zeigen, für die deutsche Begriffe nicht verwendet werden. Der weitere Bestandteil "Net" (Netz) wird im Bereich Elektronik/Telekommunikation zur Bezeichnung von Funk- und Festnetzen, des Internets wie auch für Datenverarbeitungssysteme, die über ein Netz im Verbund stehen, verwendet.

Die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen, die für die Ermöglichung von Gesprächen in einem der genannten Netze bestimmt sein können, lassen sich mit dem Begriff TalkNet umschreiben. Unter diesen Umständen fassen die angesprochenen Verkehrskreise - Fachleute, wie auch das breite Publikum - den Ausdruck TalkNet lediglich als beschreibenden Hinweis auf. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren-/Dienstleistungsart abzustellen ist (vgl EuGH WRP 1999, 806 - Lloyd/Loint's; EuGH GRUR 2002, 804 - Philips./.Remington). Zudem drängt die Art der Waren und Dienstleistungen, auch von der preislichen Gestaltung, spontane und ohne nähere Überlegungen getätigte Käufe deutlich zurück.

Da der Widerspruchsmarke auf Grund der geringen Kennzeichnungskraft nur ein sehr eingeschränkter Schutzumfang zukommt, ist auch bei sich gegenüberstehen identischen bzw eng ähnlichen Waren und Dienstleistungen unter den genannten Umständen ein zur Vermeidung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand gewahrt.

Auch unter noch zu berücksichtigenden ungünstigen Übermittlungsbedingungen werden die Unterschiede der Marken hinreichend sicher wahrgenommen und führen zu einem nicht verwechselbaren akustischen Gesamteindruck.

Von Bedeutung ist zunächst, dass es bei der gemeinsamen Schlußsilbe "Net" um einen in einschlägigen Drittmarken häufig verwendeten, auf "Netz" hinweisenden, kennzeichnungsschwachen Zeichenbestandteil handelt (vgl BGH aaO - CompuNet/ComNet), wodurch die Aufmerksamkeit des Verkehrs vermehrt auf die ohnehin regelmäßig stärker beachteten Zeichenanfänge gelenkt wird. Da in den hier vorliegenden Waren und Dienstleistungsbereichen die englische Sprache maßgeblich ist und kaum deutsche Begriffe hat aufkommen lassen, geht der Senat von der englischen Aussprache der Markenbestandteile "Take-" bzw "Talk-" aus, also etwa "Täik-" und etwa "Toak". Zwar stimmen damit die Silbenzahl sowie die Anfangs- und Schlusskonsonanten überein. Die Abweichungen in "-äi" und "-oa" treten jedoch derart markant hervor, um die Marken auch im akustischen Gesamteindruck auseinanderhalten zu können. Selbst bei deutscher Aussprache ergäben sich aber zur Unterscheidbarkeit ausreichende Abweichungen im Gesamtklangbild; denn in den Anfangsbestandteilen stehen sich dann ein zweisilbiges (Take) und ein einsilbigesWort (Talk) Wort gegenüber.

Zur Unterscheidbarkeit der Marken trägt schließlich auch der abweichende Begriffsgehalt in den Anfangsbestandteilen der Marken bei. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass - wie oben bereits ausgeführt - der Bestandteil "Talk-" der Widerspruchsmarke beachtlichen Teilen des Verkehrs im Sinn von "Gespräch, Unterhaltung" geläufig ist. Weite Teile des Verkehrs werden zudem in dem zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Bestandteil "Take-" der angegriffenen Marke auch angesichts der im Deutschen gebräuchlichen Redewendung "take it easy" einen Hinweis auf das Verb "nehmen" oder dessen Imperativ "nimm!" erkennen, und auch aufgrund dessen die Marken auseinanderhalten können.

Im schriftbildlichen Markenvergleich halten die Vergleichswörter in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen noch ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht. Der in der angegriffenen Marke in der Wortmitte zusätzlich enthaltenen Vokal "e" sowie der in der Widerspruchsmarke enthaltene zusätzliche Buchstabe "l" ergeben, sowohl in Druckbuchstaben wie auch in gewöhnlichen handschriftlichen Wiedergaben in Groß- wie in Kleinschreibweise ausreichend deutlich auffällige figürliche Abweichungen.

Anhaltspunkte dafür, daß aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.01.2005
Az: 30 W (pat) 186/03


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