Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juni 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 81/03

(BPatG: Beschluss v. 08.06.2004, Az.: 27 W (pat) 81/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2002 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 397 53 774 angeordnet worden ist.

2. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 22. November 2002 dem Löschungsantrag der Antragstellerin betreffend die Wortmarke 397 53 774 "DUAL SHOCK" stattgegeben und die am 9. März 1998 in das Markenregister eingetragene Marke gemäß §§ 50 Abs. 1 Nr. 3, 54 MarkenG ohne Auferlegung der Kosten des Verfahrens gelöscht. Die für die Waren "Analoge Steuergeräte für Videogeräte für den persönlichen Gebrauch, Ausrüstung für Videogeräte für den persönlichen Gebrauch, nämlich CD-ROMs mit aufgezeichneter Videospielsoftware, Videospielsoftware für virtuelle Realitätsspiele, Joysticks, analoge Steuergeräte, Videospieldisketten, Speicherkassetten, Speicher-Karten" eingetragene Marke habe schon zum Eintragungszeitpunkt eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht unterscheidungskräftige und freizuhaltende beschreibende Angabe dargestellt. In der Bezeichnung "DUAL SHOCK" erkenne der Verkehr ohne weiteres, dass es sich um Steuergeräte für Videogeräte handele, die so ausgerüstet seien, dass sie doppelte Schläge erzeugen könnten. Sie diene mithin genau der Beschreibung entsprechend ausgestatteter Hardware und speziell für solche Hardware geschriebener (Videospiel-)Software. Das Freihaltebedürfnis an dem Begriff "DUAL SHOCK" werde auch nicht dadurch ausgeräumt, dass er eine bisher ausschließlich von der Markeninhaberin verwendete neue Wortbildung zur Bezeichnung einer von ihr eingeführten Funktion eines Controllers für ihre Spielkonsole "Playstation" darstelle, denn ein neuer Begriff für eine neue Eigenschaft einer Ware sei dann nicht schutzfähig, wenn er sprachüblich gebildet und als Sachhinweis ohne weiteres verständlich sei. Beide Voraussetzungen seien bei der Wortkombination "DUAL SHOCK" aber erfüllt.

Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor: Die von der Markenabteilung ihrer Entscheidung zugrunde gelegte deutsche Bedeutung der englischsprachigen Bezeichnung "DUAL SHOCK" sei zwar mit "Doppelschlag" oder "Doppelschock" zutreffend wiedergegeben. Es handele sich dabei indes nicht um eine beschreibende Bezeichnung der Eigenschaften oder des Bestimmungszwecks der beanspruchten Waren. Die Erzeugung doppelter Schläge könne zwar eine mögliche Funktion der betreffenden Waren sein, jedoch stehe diese keineswegs im Vordergrund. Es gehe nämlich darum, mit Hilfe der analogen Steuergeräte für Videogeräte ein multisensuelles Spielerlebnis zu vermitteln, das ein naturgemäßes Gefühl beim Spieler erzeugt. Es könne zwar Spielsituationen geben, in denen ein Spieler Schläge spürt. Situationen, in denen es genau zwei Schläge seien, bildeten jedoch nicht die Regel. Schließlich verweist die Markeninhaberin auf die Eintragung ihrer Marke nicht nur in Kanada und den USA, sondern auch in Frankreich sowie beim BeNeLux-Markenamt.

Die Antragstellerin ist durch die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse durch Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 26. Juni 2003 - 90 IN 132/02 - aufgelöst. Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Ihre Verfahrensbevollmächtigen haben unter Hinweis auf das Insolvenzverfahren und die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters dem Gericht angezeigt, dass sie die Antragstellerin nicht mehr vertreten.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig.

Die Tatsache, dass die Gesellschaft der Antragstellerin durch Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst worden ist, hindert eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht. Die Rechtspersönlichkeit der Antragstellerin bleibt bis zum Abschluss der Liquidation, die nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbH zum Eintrag der Löschung im Handelsregister führt, erhalten (vgl BPatGE 41, 160 - ETHOCYN/Entoxin). Die erteilte Prozessbevollmächtigung wirkt fort, da die Mitteilung an das Gericht, die Antragstellerin nicht mehr zu vertreten, als Hinweis auf die zunächst durch den Insolvenzantrag eingetretene Verfahrensunterbrechung gemäß § 240 Satz 2 ZPO zu verstehen ist, nicht als Mandatsniederlegung.

Die Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat die Markenabteilung die Marke "DUAL SHOCK" gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG gelöscht, denn es lag zum Eintragungszeitpunkt kein Eintragungshindernis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG vor. Der Senat kann sich der Ansicht, in der Bezeichnung "DUAL SHOCK" liege ausschließlich eine beschreibende und damit nicht unterscheidungskräftige und freizuhaltende Sachaussage, nicht anschließen.

Mit dem im angefochtenen Beschluss zutreffend wiedergegebenen Bedeutungsinhalt "Doppelschlag" oder "Doppelschock" der angegriffenen Marke wird weder der Gegenstand der beanspruchten Waren selbst noch eine wesentliche Eigenschaft in ohne weiteres verständlicher und sachgerechter Weise beschrieben. Steuergeräte für Video(spiel)geräte dienen dem Zweck, das Spielgeschehen auf dem Bildschirm möglichst naturgetreu erlebbar und spürbar zu machen. Hierzu gehört insbesondere die sensorische Übertragung der Spielaktionen, wie Zusammenstöße, Explosionen, Treffer oder sonstige relevante Spielmerkmale, etwa die Beschaffenheit der Fahrbahn bei Autorennen, auf den Körper des Spielers. Dies ist auch dem von der Antragstellerin eingereichten Informationsblatt über das Originalzubehör für die Spielkonsole "PlayStation" der Markeninhaberin zu entnehmen (Anlage B 10). Unter der Überschrift "Dual Shock Controller" wird dort ein Controller präsentiert, der über zwei Vibrationsmotoren verfügt, die für ein multisensuelles Spielerlebnis sorgen (Force Feedback). Alle Spielvorgänge, bei einem Autorennspiel etwa ein Zusammenstoß oder das Überfahren eines Randstreifens, können danach über den Dual Shock Controller auch gefühlt werden.

Für die angesprochenen Verkehrskreise, die mit der Funktionsweise von Steuergeräten für Videogeräte und Spielkonsolen zumindest im Ansatz vertraut sind, liegt unter diesen Umständen die Vorstellung fern, ein solches Gerät versetze dem Spieler jeweils einen zweifachen Schlag bzw einen Doppelschlag. Im Verlauf eines Videospiels mag es zwar einzelne Ereignisse geben, die sich für den Spieler in einem doppelten Schlag äußern. Angesichts der Vielzahl möglicher Funktionen und sensorischer Ereignisse, die bei einem Videospiel bekanntlich auftreten können, ist aber auszuschließen, dass die Waren der angegriffenen Marke nur oder jedenfalls im wesentlichen auf die Erzeugung von "Doppelschlägen" ausgerichtet sind. Infolgedessen ist auch nicht anzunehmen, dass relevante Teile des Verkehrs, wenn sie die Bezeichnung "DUAL SHOCK" auf solchen Waren wahrnehmen, darin eine im Vordergrund stehende Sachaussage ohne jede betriebliche Herkunftsfunktion sehen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber, das der Eintragung der Marke entgegen stehen könnte, ist nicht gegeben. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist ein Zeichen dann von der Eintragung auszuschließen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Nr. 32 - Doublemint). Eine solche Merkmalsbezeichnung ist in "DUAL SHOCK" nicht zu sehen. Auch wenn das Wort "DUAL" als Hinweis darauf geeignet sein mag, dass die betreffenden Steuergeräte über eine Spieleffekte zweifach umsetzende Funktion verfügen, ist die Kombination mit dem Begriff "SHOCK" doch ungewöhnlich und nicht ohne weiteres verständlich, weil die wesentliche Eigenschaft der Geräte, wie bereits ausgeführt, eben nicht darauf gerichtet ist, Doppelschläge zu versetzen. Mit "DUAL SHOCK" wird allenfalls mittelbar angedeutet, dass Spieleffekte durch zweifache Einwirkung - hier: mit zwei Vibrationsmotoren - auf das physische Empfingen des Spielers umgesetzt werden, etwa durch Rückschläge, Erschütterungen oder Vibrationen, die den in der Realität auftretenden Zusammenstößen, Aufprallen oder anderen Vorkommnissen entsprechen. Diese Beurteilung wird indiziell durch die Eintragung der Marke ua in den USA und in Kanada unterstützt.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die angegriffene Marke auch nicht deshalb zu löschen, weil sie sich bereits im Eintragungszeitpunkt zu einer "geläufig gewordenen" Bezeichnung für den sogenannten doppelten Vibrationseffekt bei Controllern entwickelt hat. Die Entwicklung der von Haus aus nicht unmittelbar und ohne weiteres verständlich warenbeschreibenden Wortschöpfung "DUAL SHOCK" zu einem Gattungsnamen für ein Steuergerät mit doppeltem Vibrationseffekt wäre nur dann anzunehmen, wenn sie schon im Zeitpunkt ihrer Eintragung als Marke von Dritten im Geschäftsverkehr als beschreibende Angabe für solche Geräte verwendet worden wäre (vgl dazu BPatG GRUR 1998, 722 - GILSONITE). Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt, denn in den von der Antragstellerin als Beleg für ihre Ansicht eingereichten Videospiel-Magazinen, die im übrigen - bis auf ein Magazin vom September 1997 - sämtlich aus einem nach der Markeneintragung liegenden Zeitpunkt stammen, wird die Bezeichnung "Dual Shock Controller" ausschließlich in Verbindung mit der "PlayStation" der Markeninhaberin genannt. Die Frage, ob infolge der teilweise nach Art einer beschreibenden Angabe erfolgenden Verwendung der Bezeichnung "Dual Shock Controller", wie sie aus den Videozeitschriften ersichtlich ist, der Prozess der Umwandlung in eine beschreibende Angabe zwischenzeitlich möglicherweise in Gang gesetzt worden oder schon seinen Abschluss gefunden hat, ist nicht Gegenstand der Entscheidung im vorliegenden Löschungsverfahren, bei dem es auf die Rechtslage im Eintragungszeitpunkt ankommt (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Dr. Schermer Prietzel-Funk Dr. van Raden Na






BPatG:
Beschluss v. 08.06.2004
Az: 27 W (pat) 81/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ccdaeccc3200/BPatG_Beschluss_vom_8-Juni-2004_Az_27-W-pat-81-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share