Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 6. September 2010
Aktenzeichen: L 11 KA 3/10 B ER

(LSG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 06.09.2010, Az.: L 11 KA 3/10 B ER)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.12.2009 abgeändert. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, es unter Androhung eines in jedem Fall der Wiederholung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungsgeld bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die nachfolgend wiedergegebenen Äußerungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, a) "Stattdessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankasse hier in Baden-Württemberg uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag, der keinerlei kindgerechte Leistungen beinhaltet." und/oder b) "Vor allem der seit Juli 2008 gültige Hausarztvertrag in Baden-Württemberg (hausarztzentrierter Vertrag - kurz HzV) ist Pädiatern und Eltern ein Dorn im Auge. Der Vergleich mit dem bayerischen PzV zeigt die mangelnde Berücksichtigung der kinder- und jugendmedizinischen Inhalte." und/oder c) "Diese (Allgemeinmediziner) können in der Regel keine kindgerechte Praxisausstattung vorweisen. Säuglingswaage, Wärmelampen, altersgerechte Manschetten oder pädiatrische Notfallkoffer - all diese Geräte sind in Hausarztpraxen kaum vorhanden." wie auf der Internetseite unter "http://www ...de/ .../aktuelles ..." geschehen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Ortskrankenkasse für den Bezirk Baden-Württemberg. Der Antragsgegner ist die Interessenvertretung der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland.

Zum 01.07.2008 schloss die Antragstellerin mit der HÄVG Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG, MEDIVERBUND Dienstleistungs GmbH, teilnehmenden Hausärzten sowie dem Deutschen Hausärzteverband Landesverband Baden-Württemberg e.V. und MEDI Baden-Württemberg e.V. einen Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg gemäß § 73b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Ziel dieses Vertrages (im Folgenden: "HzV") ist die Verbesserung der hausärztlichen, insbesondere der allgemeinärztlichen Versorgung. Teilnahmeberechtigt sind gemäß § 2 Abs. 2 HzV alle in Baden-Württemberg zugelassenen und an der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs. 1a S. 1 SGB V teilnehmenden Vertragsärzte. Hierzu gehören Allgemeinärzte, Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben.

Zum 01.07.2009 schloss der Antragsgegner mit der AOK Bayern einen Vertrag über die pädiatriezentrierte Versorgung (im Folgenden: "PzV"). Ziel des Vertrages ist die Verbesserung der pädiatrischen Versorgung. Teilnahmeberechtigt sind auf Seiten der Leistungserbringer gemäß § 4 Abs. 1 PzV Kinder- und Jugendärzte sowie Allgemeinmediziner und Internisten mit abgeschlossener Weiterbildung in Kinder- und Jugendmedizin. Seitens der Patienten können grundsätzlich nur Versicherte bis zum Alter von 18 Jahren am Vertrag teilnehmen.

Der Antragsgegner versucht nach eigenen Angaben seit Anfang 2009 mit der Antragstellerin einen Vertrag über die pädiatriezentrierte Versorgung, wie in Bayern geschehen, auch für Baden-Württemberg abzuschließen. Das ist bislang nicht gelungen, weil die Antragstellerin - wiederum nach Angaben des Antragsgegners - die Auffassung vertritt, die Kinderärzte sollten am HzV teilnehmen. Dem ist der Antragsgegner u.a. mittels verbandspolitischer Aktivitäten entgegengetreten. So veröffentlichte er am 01.07.2009 auf seiner Internetseite www ...de den streitbefangenen Beitrag wie folgt:

01.07.2009 Kleinkinder in Baden-Württemberg werden zu Patienten zweiter Klasse Die medizinische Versorgung von Kleinkindern in Baden-Württemberg (BW) wird sich in Zukunft gegenüber ihren Altersgenossen in Bayern deutlich verschlechtern. Darauf weist der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Baden-Württemberg hin. Hintergrund ist ein neuer so genannter pädiatriezentrierter Vertrag (PzV), der zwischen der AOK Bayern und dem BVKJ in Bayern abgeschlossen wurde und der vor allem für die Altersgruppe von 0-5 Jahren spezielle Leistungen anbietet und damit den betreuenden Pädiatern in Bayern ermöglicht, intensiv auf die spezifischen Gesundheitsprobleme von Säuglingen und Kleinkindern einzugehen. So werden in diesem neuen Vertrag beispielsweise ein flächendeckendes Nierenscreening, eine ausführliche Infektionsdiagnostik und ein umfassender Test angeboten, mit dem Kinderärzte die Eignung der Kleinen für die Vorschule überprüfen können. Darüber hinaus können nur Ärzte an diesem Vertrag teilnehmen, die in ihren Praxen auch über die notwendigen Geräte verfügen, um z.B. die Entwicklung einer Fehlsichtigkeit oder eines angeborenen Hörschadens frühzeitig zu erkennen. Ein altergemäßes Notfallmanagement mit entsprechender Ausrüstung wird ebenfalls gefordert. "Dieser neue Vertrag setzt hohe Qualitätsmaßstäbe für die gesundheitliche Betreuung der zukünftigen Generationen und man kann den Verantwortlichen in Bayern dazu nur gratulieren. Auch wir versuchen, diese Standards für unsere Kinder in Baden-Württemberg zu bekommen - leider bisher ohne Erfolg. Stattdessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankenkasse hier in Baden-Württemberg uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag, der keinerlei kindgerechte Leistungen beinhaltet", kritisiert Dr. S, Landesvorsitzender des BVKJ in Baden-Württemberg. "Es ist ein Vertrag für Erwachsene und genau deshalb haben sich bisher kaum Kinder- und Jugendärzte in diesen Vertrag eingeschrieben, obwohl der Hausärzteverband und die Ärzteorganisation "Medi" mit höheren Honoraren locken. Wir sind es aber uns und vor allem unseren kleinen Patienten schuldig, dass wir für höhere Qualität und zusätzliche pädiatrische Gesundheitsangebote kämpfen. Es ist ein Skandal, dass dies im selbsternannten "Kinderland" Baden-Württemberg nicht auch von der Politik eingefordert wird", so Rodens weiter. Ganz besonders deutlich wird der Unterschied für die kleinen Patienten im Grenzgebiet zwischen Bayern und Baden-Württemberg. Die Praxis von Dr. I aus W besuchen AOK-versicherte Patienten aus BW und Bayern. "Den Kindern aus Bayern kann ich viel bessere Gesundheitsangebote machen, da der neue Vertrag mir diese Möglichkeiten eröffnet. Demgegenüber sind die AOK-Versicherten aus dem Ländle deutlich im Nachteil - und das ist sehr ärgerlich", beschreibt der niedergelassene Kinder- und Jugendarzt die aktuelle Situation in der Praxis. Eltern wollen qualifizierte Ärzte für ihre Kinder - Heftige Kritik an den Hausarztverträgen Die Versicherten in den Kinderarztpraxen im Grenzgebiet zwischen Bayern und Baden-Württemberg sind verunsichert und kritisieren die Zweiklassen-Medizin für ihre Kinder. "Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass meine Kinder nicht die gleichen Leistungen bekommen wie die Kinder aus Bayern. Es kann ja nicht sein, dass unsere Kinder im so genannten Kinderland Baden-Württemberg zu Patienten zweiter Klasse werden", klagt die bei der AOK Baden-Württemberg versicherte X (35 Jahre, Hausfrau) aus dem schwäbischen W, die Mutter von zwei Kindern ist. Ihre Nachbarin aus dem gleichen Ortsteil ist bei der AOK Bayern versichert und freut sich. "Es ist klasse, dass unsere Kinder jetzt so viele Zusatzleistungen bekommen. Ich habe die Kinder daher sofort bei meinem Kinder- und Jugendarzt eingeschrieben - eine Behandlung meiner Kinder bei einem Allgemeinarzt kommt für mich nicht in Frage", unterstreicht T (34 Jahre Hausfrau), die Bedeutung einer kindgerechten Gesundheitsvorsorge für ihre 3 Kinder. Vor allem der seit Juli 2008 gültige neue Hausarztvertrag in Baden-Württemberg (hausarztzentrierter Vertrag - kurz HzV) ist Pädiatern und Eltern ein Dorn im Auge. Der Vergleich mit dem bayerischen PzV zeigt die mangelnde Berücksichtigung der kinder- und jugendmedizinischen Inhalte. "In der täglichen Praxis erleben die Eltern mit ihren Kindern jeden Tag den großen Unterschied zu einer Hausarztpraxis eines Allgemeinmediziners. Diese können in der Regel keine kindgerechte Praxisausstattung vorweisen. Säuglingswaage, Wärmelampen, altersgemäße Manschetten oder ein pädiatrischer Notfallkoffer all diese Geräte sind in Hausarztpraxen kaum vorhanden. Wer sich in Bayern in den neuen pädiatriezentrierten Vertrag einschreiben will, muss diese Geräte und noch vieles mehr vorhalten können. Die Eltern in Baden-Württemberg haben sich nicht nur deshalb bereits tausendfach dafür ausgesprochen, dass sie für ihre Kinder die Behandlung beim Kinder- und Jugendarzt wünschen", verweist Rodens auf eine aktuell laufende Umfrage in den Kinder- und Jugendarztpraxen in Baden-Württemberg. In wenigen Wochen haben bereits mehr als 81.000 Eltern unterschrieben - die Umfrage geht weiter. Und nicht nur für die betroffenen Eltern sind diese Kriterien überzeugend. "Kein Allgemeinarzt ohne pädiatrische Zusatzqualifikation bringt die Voraussetzungen mit, um sich in den neuen Vertrag der Kinder- und Jugendärzte in Bayern einzuschreiben. In Baden-Württemberg hingegen sind pädiatrische Inhalte im Hausarztvertrag kaum vorhanden - es geht offensichtlich nicht um Qualität, sondern nur um Honorar. Doch wir werden hier ein Zeichen setzen und nicht an diesem Hausarztvertrag teilnehmen. Für uns steht die Qualität der Behandlung im Vordergrund - nicht das Geld", stellt Rodens die Position der Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg klar. Wie ihre Kollegen aus Bayern fordern die Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg daher einen eigenständigen pädiatriezentrierten Vertrag (PzV).

Streitig ist, ob der Antragsgegner nachfolgende Äußerungen publizieren darf:

a) "Stattdessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankasse hier in Baden-Württemberg uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag, der keinerlei kindgerechte Leistungen beinhaltet." b) "Vor allem der seit Juli 2008 gültige Hausarztvertrag in Baden-Württemberg (hausarztzentrierter Vertrag - kurz HzV) ist Pädiatern und Eltern ein Dorn im Auge. Der Vergleich mit dem bayerischen PzV zeigt die mangelnde Berücksichtigung der kinder- und jugendmedizinischen Inhalte." c) "Diese (Allgemeinmediziner) können in der Regel keine kindgerechte Praxisausstattung vorweisen. Säuglingswaage, Wärmelampen, altersgerechte Manschetten oder pädiatrische Notfallkoffer - all diese Geräte sind in Hausarztpraxen kaum vorhanden."

Mit Abmahnschreiben vom 08.07.2009 hat die Antragstellerin den Antragsgegner erfolglos zur Unterlassung aufgefordert und sodann am 24.07.2009 beim Landgericht (LG) Stuttgart um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 29.07.2009 hat das LG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) Köln verwiesen. Das SG hat sich mit Beschluss vom 27.08.2009 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Düsseldorf verwiesen.

Die Antragstellerin hat zur Äußerung a) vorgetragen: Die Adressaten würden die Aussage "keinerlei kindgerechte Leistungen" so verstehen, dass der in Baden-Württemberg abgeschlossene HzV keine Regelungen hinsichtlich der medizinischen Versorgung von Kindern enthalte. Diese Behauptung sei unwahr. Der HzV verlange eine spezifische Qualifikationen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Anlage 2 zum HzV liste die Einzelheiten der den Hausarzt betreffenden Qualifikations- und Qualitätsanforderungen auf. Der dortige Abschnitt III befasse sich mit ärztlichen Fortbildungspflichten und bestimme, dass der an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Hausarzt pro Kalenderjahr mindestens zwei von der "Fortbildungskommission Allgemeinmedizin" zugelassene Fortbildungsveranstaltungen besuchen müsse. Der Pädiatrie werde im Rahmen des HzV ein ebenso hoher Stellenwert beigemessen wie den anderen in Anlage 2, Abschnitt III, aufgeführten Disziplinen. Des Weiteren seien bestimmte Leistungsmerkmale mit spezifisch pädiatrischem Inhalt obligatorisch. Hausärzte müssten, insbesondere bei Kleinkindern, die Entwicklungsdiagnostik, die altersgemäßen Vorsorgeuntersuchungen sowie Leistungen im Rahmen von DMP-Asthma gemäß den entsprechenden Richtlinien erbringen. In der HzV-Leistungsbeschreibung würden zahlreiche pädiatrische Leistungen als obligatorisch genannt. Als Zielbestimmung der Vertragspartner sehe der HzV vor, die Quote der durchgeführten Kinder- und Jugendvorsorgeuntersuchungen sowie die Impfquote jedes teilnehmenden Hausarztes zu erhöhen. Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung bleibe eine freie Entscheidung des jeweiligen Kinder- und Jugendarztes. Insoweit könne keine Rede davon sein, dass die Antragstellerin Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag "dränge". Zur Äußerung b) hat die Antragsstellerin geltend gemacht, auch diese sei unwahr. Dies folge aus ihren Darlegungen zur Äußerung a). Von einer "mangelnden Berücksichtigung der kinder- und jugendmedizinischen Inhalte" könne keine Rede sein. Zur Äußerung c) hat sie die Auffassung vertreten, dass diese den Adressaten den Eindruck vermittele, die an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmenden Allgemeinmediziner würden in ihren Arztpraxen häufig nicht über eine Praxisausstattung verfügen, durch die die ordnungsgemäße Behandlung von Kindern sichergestellt werde. Diese Behauptung entspreche nicht den Tatsachen. Der Hausarzt sei vertraglich verpflichtet, Kinder und Jugendliche qualitativ so zu betreuen, wie dies ein Kinder- und Jugendarzt mache. Hierzu rechne auch, dass eine entsprechende Praxisausstattung vorgehalten werde.

Die Antragstellerin hat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, es unter Androhung eines in jedem Fall der Wiederholung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungsgeld bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die nachfolgend wiedergegebenen Äußerungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

a) "Stattdessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankasse hier in Baden-Württemberg uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag, der keinerlei kindgerechte Leistungen beinhaltet." und/oder b) "Vor allem der seit Juli 2008 gültige Hausarztvertrag in Baden-Württemberg (hausarztzentrierter Vertrag - kurz HzV) ist Pädiatern und Eltern ein Dorn im Auge. Der Vergleich mit dem bayerischen PzV zeigt die mangelnde Berücksichtigung der kinder- und jugendmedizinischen Inhalte." und/oder c) "Diese (Allgemeinmediziner) können in der Regel keine kindgerechte Praxisausstattung vorweisen. Säuglingswaage, Wärmelampen, altersgerechte Manschetten oder pädiatrische Notfallkoffer - all diese Geräte sind n Hausarztpraxen kaum vorhanden."

wie auf der Internetseite unter "http://www ...de/ .../aktuelles ..." geschehen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat zur Äußerung a) vorgetragen: Der HzV sei nicht auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ausgelegt, sondern auf jene aller Mitglieder der Antragstellerin, gleich welchen Alters. Der HzV betreffe überwiegend Leistungen, die für erwachsene Patienten wichtig seien. Die Behandlung von Kindern werde hingegen nur insoweit geregelt, als sie der Regelversorgung entspreche. Das ergebe sich auch aus der genannten Äußerung. Denn zuerst würden die Leistungen nach dem PzV mit dem HzV verglichen, um anschließend festzustellen, dass der HzV eben keine besonderen Leistungen für Kinder biete. Wenn sich ein Versicherter in den HzV einschreibe, verpflichte er sich gleichzeitig, nur einen bestimmten ausgewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen und Fachärzte nur auf dessen Überweisung aufzusuchen. Zudem erhalte ein Versicherter, der in den HzV eingeschrieben sei und den Kinderarzt aufsuche, nur die Leistungen der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber die vorhandenen Zusatzleistungen. Zur Äußerung b) macht der Antragsgegner geltend: Der PzV beschränke sich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Der HzV wiederum sei offen für alle Versicherten. Schon daraus ergebe sich, dass er nur im eingeschränkten Maße auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen eingehe. Zum Leistungsumfang des PzV gehörten über die Regelversorgung hinaus: Früherkennungsuntersuchungen U7a, U10, U11, J2; Psychosoziale Prävention; Sonographien von Hüfte, Niere, Blase; allergologische Untersuchungen; Untersuchungen zur Entdeckung von Entwicklungsdefiziten; Untersuchungen zur Entdeckung von Sehfehlern. Der HzV hingegen enthalte kaum über den Umfang der Regelversorgung hinausgehende kinderbezogene Leistungen. Dies zeige, dass die getätigte Aussage zutreffe. Hinsichtlich der Äußerung c) vertritt der Antragsgegner die Auffassung, dass sich die Ausbildung von Allgemeinmedizinern und Kinderärzten unterscheide. Daraus folge, dass ein Kinderarzt für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen fachlich besser qualifiziert als ein Hausarzt sei. Des weiteren verlange der HzV nur, dass der teilnehmende Hausarzt als Mindestausstattung ein Blutzuckermessgerät, ein EKG und ein Spirometer mit FEV1-Bestimmung vorhalten müsse. Weitere Anforderungen, insbesondere an die kindgerechte Ausstattung, seien nicht notwendig. Zudem könne ein Hausarzt die Vorsorgeuntersuchungen auf einen Kinder- und Jugendarzt delegieren. Demzufolge benötige er keine entsprechende Ausstattung. Auch wenn es einzelne Hausarztpraxen geben sollte, in denen kindgerechte Manschetten oder Wärmelampen vorhanden seien, dürfe kaum eine Hausarztpraxis über einen pädiatriegerechten Notfallkoffer verfügen. Vielmehr werde meist auf den allgemeinmedizinischen Notfallkoffer zurückgegriffen. Dieser sei anders ausgerüstet und nicht an die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen angepasst. Schließlich dürften die meisten Hausarztpraxen weder genügend Geld noch Platz haben, um eine vollständige pädiatrische Ausstattung bereitzustellen. Die Aussage enthalte den Vorbehalt "in der Regel", womit nicht ausgeschlossen werde, dass es auch andere Hausarztpraxen gebe, in denen eine kindgerechte Ausstattung vorhanden sei. Diese Aussage sei daher nicht unwahr. Zudem betreffe sie Hausärzte, nicht hingegen die Antragstellerin. Daher sei die Aussage - selbst wenn sie unwahr wäre - nicht in der Lage, die Reputation der Antragstellerin zu beschädigen.

Mit Beschluss vom 07.12.2009 hat das SG den Antrag zurückgewiesen. Es fehle an einem Anordnungsgrund. Das Bestehen von Wiederholungsgefahr für einen Unterlassungsanspruch reiche nicht aus. Die Antragstellerin sei insoweit auf das Hauptsachverfahren zu verweisen. Zudem habe sie die wirtschaftlichen Auswirkungen weder bezeichnet noch belegt. Insbesondere habe sie nicht glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Äußerungen des Antragsgegners der Verlust von Mitgliedern drohe.

Diese Entscheidung greift die Antragstellerin mit der Beschwerde an. Sie ist der Auffassung, dass das SG die gesetzlichen Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes verkannt habe. Die vom SG herangezogenen Grundsätze (z.B. Gefahr eines Mitgliederverlustes) würden sich nur auf wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten zwischen Krankenkassen beziehen. Darum gehe es nicht. Zudem sei es verfehlt, im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes allein auf wirtschaftliche Folgen abzustellen, denn die eigentlich relevanten Interessen würden hierdurch nicht erfasst. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts könnten zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit unzulässigerweise herabgesetzt werde. Sie seien nicht auf strafrechtlichen Ehrenschutz beschränkt, könnten vielmehr Ansprüche gegen unwahre Tatsachbehauptungen geltend machen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des SG Düsseldorf vom 07.12.2009 abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, an einem Anordnungsgrund fehle es schon deswegen, weil die Antragstellerin weder dargelegt habe, dass ihre Funktionsfähigkeit noch ihr Ansehen durch die streitgegenständlichen Äußerungen beeinträchtigt würden. Der Antragstellerin stehe auch kein Anordnungsanspruch zu. Ihm gehe es nicht darum, deren Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen, vielmehr sei es sein Ziel, die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern.

Mit Beschluss vom 27.07.2010 hat der Senat eine Zwischenverfügung erlassen, der zufolge dem Antragsgegner vorläufig untersagt wird, die Äußerungen zu a), zu b) (insoweit nur Satz 2) und zu c) zu verbreiten.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Streitakte.

II.

Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Die Antragstellerin hat einen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einstweilen durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung.

1. Der Senat ist zuständig. Ausweislich des Geschäftsverteilungsplanes des Präsidiums des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2009 in der ab dem 01.01.2010 geltenden Fassung ist dem Senat die alleinige Zuständigkeit für Streitsachen des Vertragsarztrechts und des Vertragszahnarztrechts zugewiesen.

Es handelt sich um eine Streitigkeit des Vertragsarztrechts. §§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begründen eine Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind, aber die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzte betreffen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -). Nach der Legaldefinition des § 10 Abs. 2 SGG erfasst der Begriff des Vertragsarztrechts alle Streitigkeiten aufgrund der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten bzw. ihren Vereinigungen und Verbänden. Eine solche Streitigkeit liegt vor. Dass der Antragsgegner nicht zu einem der genannten Leistungserbringer zählt, schließt eine Vertragsarztstreitigkeit nicht aus, denn er ist ein Verband (auch) der Vertragsärzte i.S.d. § 10 Abs. 2 SGG. Zwar ist der Antragsgegner ein rechtsfähiger Verein des Privatrechts. Ausweislich § 3 Satz 1 seiner Satzung vom Oktober 2007 hat der Antragsgegner ordentliche Mitglieder, außerordentliche Mitglieder und Ehrenmitglieder. Ordentliches Mitglied kann hiernach jeder Arzt werden, der mit der Kinder- und Jugendmedizin in beruflicher Verbindung steht (§ 3 Satz 2 der Satzung). Hieraus und aus den übrigen Regelungen der Satzung ist zu entnehmen, dass sowohl Vertragsärzte als auch (nur) privatärztlich tätige Ärzte Mitglied werden können. Nach eigenen Angaben gehören dem Verein über 10.000 Kinder- und Jugendärzte aus Klinik, Praxis und öffentlichem Gesundheitsdienst an (www ...de/ ...). In ihm sind - wiederum nach eigenen Angaben - ca. 90 % der zur ambulanten Versorgung niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte, etwa 70 % der stationär tätigen Kinder- und Jugendärzte sowie etwa 55 % der Kinder- und Jugendärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst vereinigt (Schutzschrift vom 13.07.2009). Ob und inwieweit die Quote der Vertragsärzte dominiert, wird nicht mitgeteilt. Ermittlungen hierzu erübrigen sich. Da auch Vertragsärzte Mitglied werden können und deren Anteil an der ärztlichen Versorgung jene der nur privatärztlich tätigen Ärzte bei weitem übersteigt, ist davon auszugehen, dass sich dieses Verhältnis in der Mitgliedschaft des Vereins in etwa wiederfindet. Diese Annahme gilt jedenfalls dann, wenn der Verein - wie hier - uneingeschränkt für Vertragsärzte und privat tätige Ärzte offen ist, zudem als übergreifende Interessenvertretung gleichermaßen in den Systemen der vertragsärztlichen und der privatärztlichen Versorgung tätig wird (hierzu § 2 der Satzung). Demzufolge ist der Antragsgegner ein Verband (auch) der Vertragsärzte.

"Aufgrund" der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten kann eine Streitigkeit auch entstehen, wenn Dritte, die nicht an dieser Rechtsbeziehung beteiligt sind, behaupten, durch eine zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten getroffene Regelung in ihren Rechten unmittelbar oder mittelbar berührt zu sein (Senat, Beschlüsse vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER -, 11.02.2008 - L 11 (10) B 17/07 KA ER -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 10 Rdn. 1c). So liegt es hier. Der Rechtsstreit resultiert daraus, dass die Antragstellerin am 01.07.2008 einen Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg mit den einschlägigen Hausarztverbänden abschloss und sich nach Angaben des Antragsgegners dem Abschluss eines Vertrages über eine pädiatriezentrierte Versorgung verweigert.

Nach alledem handelt es sich um eine Streitigkeit des Vertragsarztrechts (§ 10 Abs. 2 SGG) und nicht um eine solche der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 10 Abs. 1 SGG).

2. Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung nach Maßgabe der in Absatz 2 genannten Voraussetzungen treffen.

Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2006 - L 10 B 2/06 KA ER -), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfGE 93, 1 ff). Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können (BVerfG NJW 1997, 479, 480; Senat, Beschluss vom 12.10.2009 - L 11 B 17/09 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 15.11.2006 - L 10 B 14/06 KA ER - und 14.12.2006 - L 10 B 21/06 KA ER -).

Die Antragstellerin begehrt Unterlassung (sog. Unterlassungsverfügung). Ob und inwieweit eine solche Fallgestaltung als Sicherungsanordnung i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG zu verstehen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2006 - L 16 B 28/06 KR ER -; Düring in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 86b Rdn. 21) oder § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung) zuzurechnen ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - L 11 KR 3727/09 ER-B -), lässt der Senat offen. Die Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsanordnung ist unsicher. Sie ist letztlich unerheblich, denn beide Fälle unterliegen weitgehend derselben Behandlung (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Auflage, 2007, § 940 Rdn. 1; MünchKommZPO-Heinze, 1992, § 940 Rdn. 1 ff.; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, 2009, § 123 Rdn. 6). Ein striktes "Entweder/Oder" zwischen Regelungs- und Sicherungsanordnung besteht demgemäß nicht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 14.12.2006 - L 10 B 21/06 KA ER -, vom 23.11.2007 - L 10 B 11/07 KA ER - und vom 11.02.2008 - L 11 (10) B 17/07 KA ER -).

a) Anordnungsgrund

Eine Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kommt in Betracht, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die Rechtsverwirklichung wird vereitelt, wenn sich das gefährdete Recht im Hauptsacheverfahren nicht mehr durchsetzen lässt. Sie wird wesentlich erschwert, wenn zu befürchten ist, dass eine Zustandsveränderung den Erfolg im Hauptsacheverfahren weitgehend entwerten würde. Dafür müssen sich konkrete Anhaltspunkte finden, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (Düring a.a.O § 86b Rdn. 25). Eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann ergehen, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierunter fallen die praktisch häufigen Fälle eines Verpflichtungs- oder Leistungsbegehrens (Düring a.a.O § 86b Rdn. 26).

aa) Die Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des Abs. 2 durch das 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144) m.W.v. 02.01.2002 zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anordnungsgrund dargetan ist (Sicherung eines verfassungsrechtlichen Mindeststandard i.S. einer "Existenzgefährdung"), kann nur noch eingeschränkt herangezogen werden kann (Senat, Beschluss vom 23.11.2007 - L 11 B 11/07 KA ER -; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 22.05.2006 - L 10 B 3/06 KA ER -, 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -; Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 23 Rdn. 126). Demzufolge wird unter Geltung des SGG i.d.F. des 6. SGGÄndG vornehmlich darauf abgestellt, welche Intensität der abzuwehrende Eingriff in geschützte Güter (z.B. Art. 12, 14 Grundgesetz (GG)) hat. Maßstab für die Eingriffsintensität sind vielfach die wirtschaftliche Folgen in Bezug auf das geschützte Rechtsgut (vgl. Senat, Beschluss vom 27.05.2008 - L 11 B 6/08 KR ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 23.11.2007 - L 10 B 11/07 KA ER -, 12.02.2007 - L 10 B 35/06 KA ER -, 15.11.2006 - L 10 B 14/06 KA ER -). So werden insbesondere in Fällen des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens zwischen zwei Krankenkassen zur Beantwortung der Frage, ob und inwieweit eine einstweilige Anordnung zur Abwendung eines wesentlichen Nachteils in Betracht kommt, die wirtschaftlichen Folgen des Eingriffs geprüft (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - L 11 KR 3727/09 ER-B -) und insoweit auch die Gefahr eines erheblichen Mitgliederverlustes bzw. Verhinderung des Beitritts neuer Mitglieder einbezogen (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.12.2007 - L 5 ER 289/07 KR -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.12.2007 - L 5 ER 289/07 KR -).

(1) Gemessen hieran hat die Antragstellerin, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, den Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Äußerungen des Antragsgegners mögen zu Mitgliederverlusten geführt haben. Ob und in welchem Umfang das der Fall ist, bleibt allerdings spekulativ und lässt sich allenfalls mit hohem personellen und organisatorischen Aufwand (z.B. Befragung der Mitglieder, die in einem bestimmten Zeitraum gekündigt haben) spezifizieren. Zudem bliebe offen, in welchem Umfang potentielle Interessenten kausal bedingt durch die Äußerungen des Antragsgegners von einem Beitritt abgesehen haben. Ohnehin geht es dem Antragsgegner nach seinen Angaben nicht darum, die Antragstellerin innerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses zu beeinträchtigen. Das vom Antragsgegner artikulierte Ziel ist vielmehr eine Verbesserung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen, weil nach seiner Auffassung der HzV insoweit defizitär ist. Diese Zielrichtung deckt sich mit § 2 lit. d) seiner Satzung. Danach rechnet es zu seinen Aufgaben, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die bestmögliche gesundheitliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen zu erarbeiten und zu vertreten. Ungeachtet dessen werden die Aktivitäten des Antragsgegner auch durch pekuniäre Interessen seiner Mitglieder bestimmt. Allein hierdurch wird jedoch kein Wettbewerbsverhältnis zur Antragstellerin begründet. Anderes mag ggf. im Verhältnis zu Hausarztverbänden und Hausärzten gelten. Darauf kommt es indes nicht an.

Im Ergebnis verbleibt es dabei, dass die Antragstellerin wirtschaftliche Beeinträchtigungen nicht hinreichend dargetan hat.

(2) Das wäre unschädlich, wenn auf die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes verzichtet werden kann, was der Fall wäre, wenn § 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingreifen würde. Hiernach können zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden. Der Senat hat indessen entschieden, dass im sozialgerichtlichen Verfahren die zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu beachtenden Voraussetzungen (allein) in § 86b SGG normiert sind (Beschluss vom 27.05.2008 - L 11 B 6/08 KR ER -; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.05.2008 - L 5 B 8/08 KR ER -).

Das ergibt sich wie folgt: Wie aus der Bezugnahme des § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG auf § 920 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist, sind Anspruch und Arrestgrund glaubhaft zu machen. Ausnahmeregelungen sieht das SGG nicht vor. Auch § 12 Abs. 2 UWG begründet keinen Ausnahmetatbestand, denn hierin wird allein und ausschließlich auf die Vorschriften über das zivilprozessuale Verfahren verwiesen. Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage bleibt für eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 UWG kein Raum. Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt es gerechtfertigt werden könnte, bestimmte Fallgestaltungen und sich hierauf beziehende Antragsteller im sozialgerichtlichen Verfahren zu privilegieren, indem sie davon freigestellt werden, einen Anordnungsgrund glaubhaft machen zu müssen.

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der aus § 69 SGB V zu entnehmenden Wertentscheidung, wonach zwar die §§ 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) im Verhältnis der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden entsprechend gelten, jedoch die Geltung des GWB für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen untereinander ebenso wenig angeordnet wird, wie die Geltung des UWG (vgl. Senat, Beschluss vom 27.05.2008 - L 11 B 6/08 KR ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - L 11 KR 3727/09 ER-B -). Der ohne nähere Begründung eine ergänzende Anwendung des § 12 Abs. 2 UWG gleichwohl bejahenden Rechtsprechung des LSG für das Saarland (vgl. Beschluss vom 21.06.2006 - L 2 B 5/06 KR -) schließt sich der Senat nicht an (so auch LSG Hamburg, Beschluss vom 18.09.2008 - L 1 B 149/08 ER -; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - L 11 KR 3727/09 ER-B -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.05.2008 - L 5 B 8/08 KR ER -).

(3) Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin im Ergebnis einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Zur Rechtsüberzeugung des Senats greift der Ansatz zu kurz, allein wirtschaftliche Beeinträchtigungen seien in der Lage, den Anordnungsgrund auszufüllen. Die in § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung) formulierten "wesentlichen Nachteile" sind nicht auf solche wirtschaftlicher Art beschränkt. Das folgt schon unmittelbar aus dem Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber den Erlass einstweiliger Anordnung nur auf ökonomisch prekäre Ausnahmesituationen begrenzen wollen, hätte er § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dahin präzisieren müssen, dass wesentliche wirtschaftliche Nachteile drohen. Das ist nicht geschehen. Infolgedessen kann es sich um Nachteile jeglicher Art handeln, sofern sie nur wesentlich sind. Dann aber kommt es auf finanzielle Beeinträchtigungen und/oder Mitgliederverluste jedenfalls dann nicht an, wenn die Antragstellerin solche wesentlichen Nachteile anderer Art glaubhaft macht. Diese Erwägung wird durch § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG (Sicherungsanordnung) bestätigt. Hierin wird der Anordnungsgrund dahin präzisiert, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden muss. Anknüpfungspunkt ist insoweit nicht eine - wie auch immer geartete - wirtschaftliche Beeinträchtigung sondern einer Vereitelung von Rechten. Ein solche Gefahr wiederum kann sich durch schlichten Zeitablauf realisieren (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.07.2004 - L 2 B 16/04 KR ER - m.w.N.). Geht das Gesetz insofern davon aus, dass - losgelöst von ökonomischen Beeinträchtigungen - allein schon rechtliche Nachteile in der Lage sind, den Anordnungsgrund für die Sicherungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) auszufüllen, so erschließt sich nicht, warum für die Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) angesichts des auch insoweit offenen Wortlauts anderes gelten soll. Auch mit Blick auf § 86b Abs. 1 SGG erachtet der Senat dieses Ergebnis als zutreffend. Mit Beschluss vom 03.02.2010 - L 11 KA 80/09 ER - hat der Senat entschieden, dass wirtschaftliche Beeinträchtigungen im Anwendungsbereich des § 86b Abs. 1 SGG hinsichtlich der Frage, ob ein Anordnungsgrund gegeben ist, nur ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Interessenabwägung ggf. einzubeziehender Umstände sind. Infolge des von § 86b Abs. 1 SGG abweichenden Wortlautes lässt sich diese Erkenntnis zwar nicht ohne weiteres auf § 86b Abs. 2 SGG übertragen, dennoch ist dem zumindest zu entnehmen, dass der rechtliche Ansatz, der Anordnungsgrund könne nur mittels wesentlicher (unzumutbarer) wirtschaftlicher Beeinträchtigungen dargetan werden, unzutreffend ist. Vielmehr gilt insoweit, dass die Unterlassungsverfügung abwehrenden Charakter hat und die strengen Voraussetzungen für Leistungsverfügungen für sie nicht gelten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Auflage, 2004, § 940 Rdn. 1).

bb) Die Antragstellerin kann sich auf zivilrechtlichen Ehrenschutz berufen (nachfolgend (1)); sie hat zudem glaubhaft gemacht, durch die inkriminierten Äußerungen in ihrer Funktionsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt zu werden (nachfolgend (2)).

(1) Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts können (zivilrechtlichen) Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit unzulässig herabgesetzt wird (vgl. BGH, Urteile vom 02.12.2008 - VI ZR 219/06 - und 22.06.1982 - VI ZR 251/80 -). Zwar haben juristische Personen des öffentlichen Rechts weder eine persönliche Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein. Sie genießen jedoch im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben strafrechtlichen Ehrenschutz (vgl. § 194 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB)). Dies kann über §§ 1004, 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen (BGH, Urteile vom 02.12.2008 - VI ZR 219/06 - und 06.11.1982 - VI ZR 122/80 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07 -). Naturgemäß dient dieser Schutz - wie ausgeführt - nicht der persönlichen Ehre, die als solche einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht beigemessen werden kann (BGH, Urteil vom 02.12.2008 - VI ZR 219/06 -). Vielmehr wird das Ziel verfolgt, dasjenige Mindestmaß an öffentlicher Anerkennung zu gewährleisten, das erforderlich ist, damit die betroffene Einrichtung ihre Funktion erfüllen kann und das unerlässliche Vertrauen in die Integrität öffentlicher Stellen nicht in Frage gestellt wird (BGH a.a.O.). Juristische Personen sind mithin nicht auf den strafrechtlichen Ehrenschutz beschränkt, vielmehr können auch sie Ansprüche gegen unwahre Tatsachenbehauptungen geltend machen (BGH, Urteil vom 22.06.1982 - VI ZR 251/80 -). Demzufolge kann einstweiliger Rechtsschutz in Äußerungssachen nicht nur dann in Anspruch genommen werden, wenn wesentliche wirtschaftliche Nachteile im Sinne eines Mitgliederschwundes drohen, vielmehr kommt einstweiliger Rechtsschutz in solchen Fallgestaltungen - wie dargelegt - auch dann in Betracht, wenn erhebliche Nachteile nichtpekuniärer Art drohen. Hieraus folgt: Wenn eine beanstandete Äußerung nicht auf das Abwerben von Mitgliedern, sondern - wie hier - auf die Durchführung bestimmter gesetzlich vorgegebener Aufgaben zielt, ist für die Prüfung, ob und inwieweit ein Anordnungsgrund vorliegt, das unzutreffende Kriterium herangezogen, wenn allein auf den Mitgliederschwund oder sonstige finanzielle Beeinträchtigungen abgestellt wird. Maßgebend ist vielmehr, ob die Äußerungen des Antragsgegners das Ansehen der Antragsstellerin in der Öffentlichkeit herabsetzen. Das ist der Fall. Die Äußerungen des Antragstellers sind unwahre, durch Art. 5 GG nicht gedeckte Tatsachbehauptungen (dazu unten). Soweit der Antragsgegner diese Behauptungen auf seiner Internetseite verbreitet und/oder veröffentlicht, wird die Rechtsverletzung als gleichsam sich selbst realisierende Wiederholungsgefahr (dauerhaft) perpetuiert. Dies ist geeignet, das unerlässliche Vertrauen der Versicherten in die Integrität der Antragstellerin und die Ernsthaftigkeit derer Aufgabenerfüllung nachhaltig in Frage zu stellen. Würde dennoch der Anordnungsgrund verneint, wäre die Antragstellerin in Bezug auf eine gesetzliche Vorgabe mit unwahren Tatsachenbehauptungen für einen beträchtlichen Zeitraum konfrontiert. Diese Folgen wären nicht reparabel (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.07.2004 - L 2 B 16/04 KR ER -).

(2) Einer Behörde kann zudem ein Anspruch auf Richtigstellung zustehen, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07 -). Konsequenterweise kann sie unter dieser Voraussetzung - als Minus - auch einen Unterlassungsanspruch geltend machen.

Der Antragstellerin drohen durch die streitbefangenen Äußerungen wesentliche Nachteile, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr nachträglich beseitigt werden können. Die Äußerungen des Antragsgegners befassen sich mit der hausarztzentrierten Versorgung, die von der Antragstellerin in Baden-Württemberg seit Juli 2008 angeboten wird. Nach § 73b Abs. 1 SGB V sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, ihren Mitgliedern eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten. Diese gesetzliche Vorgabe kann nur dann umgesetzt werden, wenn das Angebot der hausarztzentrierten Versorgung von den Versicherten angenommen wird. Vorliegend wird mit unwahren Tatsachenbehauptungen der Eindruck vermittelt, eine ordnungsgemäße Behandlung von Kindern und Jugendlichen sei im Rahmen der von der Antragstellerin angebotenen hausarztzentrierten Versorgung nicht gesichert. Hierdurch wird das Vertrauen der Mitglieder der Antragstellerin in deren Leistungsangebot nachhaltig gestört, mithin die Antragstellerin in ihrer Funktion schwerwiegend beeinträchtigt.

Nach alledem ist ein Anordnungsgrund gegeben.

b) Anordnungsanspruch

Auch der Anordnungsanspruch liegt vor. Er folgt materiellrechtlich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist auf Unterlassung gerichtet (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Senat legt seiner Beurteilung im Folgenden die Rechtsprechung des BGH in sog. Äußerungssachen zu Grunde. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es danach der Ermittlung des vollständigen Gehalts der Äußerung. Jede beanstandete Äußerung ist in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus ihrem Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH, Urteile vom 03.02.2009 - VI ZR 36/07 -, 16.11.2004 - VI ZR 298/03 -, 28.06.1994 - VI ZR 252/93 -). Aus einer komplexen Äußerung dürfen Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt nicht herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem zu würdigenden Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (BGH, Urteile vom 03.02.2009 - VI ZR 36/07 -, 02.12.2008 - VI ZR 219/06 -, 16.11.2004 - VI ZR 298/03 -, 25.03.1997 - VI ZR 102/96). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage der Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (BGH, Urteil vom 16.11.2004 - VI ZR 298/03 -). Eine Tatsachenbehauptung ist bei Mischtatbeständen dann anzunehmen, wenn die Äußerung überwiegend durch den Bericht über tatsächliche Vorgänge geprägt ist und bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (BGH, Urteil vom 16.11.2004 – VI ZR 298/03 - ).

Hieraus folgt:

aa) Äußerung zu a) "Stattdessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankenkasse hier in Baden-Württemberg uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag, der keinerlei kindgerechte Leistungen beinhaltet."

Es ist zu unterscheiden. Der erste Halbsatz "Stattdessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankenkasse hier in Baden-Württemberg uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag ..." ist isoliert betrachtet von Art. 5 GG als Meinungsäußerung gedeckt. Der zweite Halbsatz " ..., der keinerlei kindgerechte Leistungen beinhaltet", enthält zwar auch eine Wertung ("kindgerechte Leistung"). Der Zusatz "keinerlei" führt jedoch dazu, dass diese Aussage falsch und damit unwahr ist, wie sich unmissverständlich aus nachfolgend wiedergebenden Passagen des HzV ergibt:

Abschnitt III der Anlage 2 zum HzV: Die Managementgesellschaft benennt von der "Fortbildungskommission Allgemeinmedizin" zugelassene, auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrierte Fortbildungsinhalte im Sinne von § 73 b Abs. 2 Nr. 3 SGB V, insbesondere zur patientenzentrierten Gesprächsführung, psychosomatischen Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeinen Schmerztherapie, Geriatrie und Pädiatrie. Pro Kalenderjahr muss der Hausarzt mindestens zwei dem vorstehenden Absatz l entsprechende Fortbildungsveranstaltungen besuchen. Bei unterjährigem Beginn der Vertragsteilnahme muss er je Kalenderhalbjahr eine Fortbildungsveranstaltung besuchen. Kinder- und Jugendärzte müssen im Hinblick auf die reduzierte Verpflichtung zur Teilnahme an Qualitätszirkeln gemäß Abschnitt I fünf Fortbildungsveranstaltungen pro Kalenderjahr besuchen. Bei unterjährigem Beginn der Vertragsteilnahme müssen sie je vollendetes Kalenderhalbjahr zwei Fortbildungsveranstaltungen besuchen.

Abschnitt V der Anlage 12 zum HzV: V. Leistungsumfang bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen (1) Der Behandlungsauftrag bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen orientiert sich an dem altersgemäß typischen Leistungsumfang. So sind insbesondere bei Kleinkindern die Entwicklungsdiagnostik, die altersgemäßen Vorsorgeuntersuchungen oder die Leistungen im Rahmen des DMP Asthma grundsätzlich vom gewählten Hausarzt gemäß den entsprechenden Richtlinien zu erbringen. (2) Dem Hausarzt steht es frei, einen an der HzV teilnehmenden Kinder- und Jugendarzt zur Durchführung einer Vorsorgeuntersuchung U1-U9 per Zielauftrag einzubinden. Erfolgt die Leistungserbringung in diesen Fällen durch einen an der HzV teilnehmenden Kinderund Jugendarzt, verrechnet die Managementgesellschaft den daraus resultierenden Honoraranspruch des Kinderund Jugendarztes mit dem jeweils fälligen Honoraranspruch des Hausarztes. (3) Der eine Kindervorsorgeuntersuchung auf Zielauftrag durchführende Kinder- und Jugendarzt erstellt für den Hausarzt einen Arztbrief mit dem Untersuchungsergebnis. Die Direktinanspruchnahme von an der HzV teilnehmenden Kinder- und Jugendärzten durch HzV-Versicherte (Kinder und Jugendliche) ohne Zielauftrag ist möglich. Für diesen Fall gelten die Vergütungs- und Behandlungsregeln der Vertreterpauschale analog.

Die HzV-Leistungsbeschreibung (Anhang 1 zu Anlage 12 des HzV) enthält zudem eine Vielzahl von Kinder und Jugendliche betreffenden Postionen, u.a. nämlich: Erweitertes Neugeborenen-Screening gemäß der Kinder-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GOP 01707), Laboruntersuchungen im Rahmen des Neugeborenen-Screenings (GOP 01708) TSH-Screening (01710) Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 (GOP 01711 bis 01719), J 1 (01720) Besuch wegen U1 – U2 (01721) Sonographie der Säuglingshüften bei U 3 (01722) U7a (01723) 03351 bis 04111 Operationsvorbereitung bei Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und Kindern bis zum 12. Lebensjahr (GOP 31010), Operationsvorbereitung für Eingriffe bei Jugendlichen (GOP 31011), Sonographie der Säuglingshüften (GOP 33051), Sonographie offene Fontanelle beim Neugeborenen, Säugling oder Kleinkind (33052) Diphterie (Standardimpfung) - Säuglinge, Kinder, Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre (GOP 89100A bis 89100 R).

Ferner beziehen sich u.a. die Leistungspositionen 89103A, 89103B, 89106A, 89106B, 89114, 89116A, 89116B, 89116R, 89118A, 89118B, 89121A, 89121B, 89125A, 89125B, 92013 und 92014 auf Kinder bzw. Jugendliche.

Schließlich zum Anhang 2 zur Anlage 12: Abschnitt III: Vorsorgequote Pädiatrie (1) Ziel der Vertragspartner ist es, die Quote der durchgeführten Kinder- und Jugendvorsorgeuntersuchungen jedes teilnehmenden Hausarztes gemäß Absatz 2 zu erhöhen ...

Ausgehend hiervon ist die Aussage "keinerlei kindgerechte Leistungen" offenkundig falsch. Soweit der Antragsgegner meint, der HzV umschreibe lediglich die Regelversorgung, während der PzV weitergehende Leistungen ("Zusatzleistungen") ermögliche, ist dem nicht weiter nachzugehen. Denn § 73b SGB V verlangt nicht, dass in der hausarztzentrierten Versorgung über die Regelversorgung hinausgehende Leistungen angeboten werden. Aus § 73b Abs. 2 lit. 1 bis 4 SGB V ist zu entnehmen, dass sich die hausarztzentrierte Versorgung darauf beschränkt, Strukturen, Organisation und Qualifikation im Bereich der Leistungsanbieter zu verbessern. Sonach verbleibt es dabei, dass die Äußerungen "keinerlei" kindgerechte Leistungen unwahr ist.

Soweit es den Satzteil "Statt dessen drängen Hausärzte und auch die Allgemeine Ortskrankenkasse uns Kinder- und Jugendärzte in einen Vertrag, ..." betrifft, wird dieser durch das Werturteil "drängen" geprägt. Da diese Äußerung nicht aus dem Zusammenhang herausgelöst und isoliert bewertet werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.2009 - VI ZR 36/07 -), ist sie mit den unwahren Tatsachenbehauptungen des zweiten Satzteiles in Beziehung zu setzen. Das wiederum führt dazu, dass der Aussage des zweiten Satzteiles das Übergewicht beizumessen ist, denn ohne die Behauptung, der HzV enthalte keinerlei kindgerechte Leistungen, bleibt der erste Satzteil rudimentär und inhaltlich nicht nachvollziehbar. Demzufolge ist die komplette Äußerung a) unzulässig und hat zu unterbleiben.

bb) Äußerung b) "Vor allem der seit Juli 2008 gültige neue Hausarztvertrag in Baden-Württemberg (hausarztzentrierter Vertrag - kurz HZV) ist Pädiatern und Eltern ein Dorn im Auge. Der Vergleich mit dem bayerischen PzV zeigt die mangelnde Berücksichtigung der kinder- und jugendmedizinischen Inhalte."

Wiederum ist zu differenzieren. Satz 1 enthält eine wertende Aussage, die inhaltlich durch Satz 2 begründet wird. Maßgebend ist insoweit, ob Satz 2 eine Meinungsäußerung oder aber eine unwahre Tatsachenbehauptung enthält. Das Wort "mangelnd" deutet zwar auf ein Werturteil hin. Indessen handelt es sich um eine dem Beweis zugängliche Äußerung. Sie ist im Zusammenhang mit der Äußerung zu a) "keinerlei kindgerechte Leistungen" auszulegen. Die Formulierung "mangelnde Berücksichtigung" knüpft sachlichinhaltlich an den Satzteil "keinerlei kindgerechte Leistungen" an. M.a.W.: Kinder- und jugendmedizinische Inhalte berücksichtigt der HzV nach Auffassung des Antragsgegners deswegen mangelnd, weil er keinerlei kindgerechte Leistungen vorsieht. Damit wird deutlich, dass Satz 2 der Äußerung b) über den zweiten Satzteil der Äußerung a) dem Beweis zugänglich ist, mithin eine (unwahre) Tatsachenbehauptung darstellt. Satz 1 der Äußerung b) wiederum enthält ein Wertung ("Dorn im Auge"), wird jedoch durch Satz 2 und letztlich durch die unwahre Aussage des zweiten Satzteiles der Äußerung a) getragen. Zwar ist bei einem Zusammenspiel von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob die Äußerung als Mischtatbestand nicht insgesamt dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2008 - VI ZR 219/06 - m.w.N.). Indessen führt das hier nicht weiter, denn die Äußerung wird nicht durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt (hierzu BGH, Urteil vom 29.01.2002 - VI ZR 20/01 -). Kern die angegriffenen Äußerungen ist vielmehr eine unwahre Tatsache (keinerlei kindgerechte Leistung). Jegliche Wertungen der betreffenden Äußerungen beruhen darauf und sind insoweit akzessorisch.

cc) Äußerung c) "Diese [Allgemeinmediziner] können in der Regel keine kindgerechte Praxisausstattung vorweisen. Säuglingswaage, Wärmelampen, altersgemäße Manschetten oder ein pädiatrischer Notfallkoffer - all diese Geräte sind in Hausarztpraxen kaum vorhanden."

Diese Äußerung enthält die tatsächliche Behauptung, dass die an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmenden Allgemeinmediziner in ihren Arztpraxen häufig nicht über eine Praxisausstattung verfügen, mittels derer die ordnungsgemäße Behandlung von Kindern sichergestellt ist. Dem steht entgegen, dass der am HzV teilnehmende Hausarzt vertraglich verpflichtet ist, Kinder und Jugendliche qualitativ so zu betreuen, wie dies auch ein Kinder- und Jugendarzt macht; um dies sicherzustellen, muss er eine entsprechende Praxisausstattung vorhalten. Dies folgt aus Anlage 12, Abschnitt III, Gliederungspunkt V., Absatz (1) des HzV. Darin wird ausdrücklich klargestellt, dass sich die Behandlung von Kindern und Jugendlichen an dem altersgemäß typischen Leistungsumfang orientieren muss und der Hausarzt die dort genannten, Kleinkinder betreffenden Leistungen gemäß den entsprechenden Richtlinien zur erbringen hat.

Sofern der Antragsgegner behauptet, das geschehe unter Verstoß gegen den HzV gleichwohl nicht, führt das nicht weiter. Zum einen hat der Antragsgegner diese Behauptung zwar aufgestellt, andererseits aber erklärt, hierüber nicht die nötigen Informationen zu haben. Damit drängt sich der Gedanke auf, dass es sich um eine Behauptung "ins Blaue hinein" handelt. Einer solchen Behauptung ist nicht weiter nachzugehen (Senat, Urteile vom 12.08.2009 - L 11 KA 52/07 -, 07.08.2007 - L 11 R 4/06 -, 25.06.2003 - L 11 KA 243/01 -; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.07.2010 - 11 Verg 5/10 -; VGH Mannheim, Beschluss vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -). Im Übrigen gilt: Werden aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht, liegt die Beweislast für die Unwahrheit nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Kläger. Unabhängig von dieser Beweislast kann den Beklagten in Streitigkeiten allerdings eine erweiterte (sekundäre) Darlegungslast treffen, die ihn anhält, Belegtatsachen für seine Behauptung anzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07 - m.w.N.). Der vom Betroffenen zu führende Beweis lässt sich nämlich regelmäßig nur führen, wenn ihm die konkreten Fakten bekannt sind, auf die der Äußernde seine Vorwürfe stützt. Ist das nicht der Fall, so ist es dem Betroffenen schlechthin nicht zuzumuten, sich gewissermaßen ins Blaue hinein rechtfertigen zu müssen und dabei Umstände aus seinem persönlichen oder geschäftlichen Bereich in einem Umfang zu offenbaren, der bei ordnungsmäßiger Einlassung des Äußernden vermeidbar wäre. Kommt dieser der ihm hiernach obliegenden erweiterten Darlegungslast nicht nach, ist nach § 138 Abs. 3 ZPO von der Unwahrheit seiner Behauptung auszugehen (BGH, Urteil vom 20.11.2007 - VI ZR 144/07 -). So liegt es hier. Dem Antragsteller ist es schlechterdings nicht möglich, den Beweis zu erbringen, dass die am HzV teilnehmenden Hausärzte regelhaft eine kindgerechte Praxisausstattung haben. Statt dessen kann er sich auf den HzV berufen, wonach der teilnehmende Hausarzt vertraglich verpflichtet ist, Kinder und Jugendliche qualitativ so zu betreuen, wie dies auch ein Kinder- und Jugendarzt macht. Sollten am HzV teilnehmende Hausärzte gegen diese Verpflichtung verstoßen, muss der Antragsteller seine Behauptungen zumindest substantiieren, wenn er sich hierauf berufen will. Das ist schon deswegen nicht geschehen, weil er erklärt hat, dies nicht zu können und auch nachfolgende Darlegungen abstrakt bleiben.

Der Auffassung des Antragsgegners, die Äußerung c) betreffe die Antragstellerin nicht, da sie sich nur auf die am HzV teilnehmenden Hausärzte beziehe, folgt der Senat nicht. Aus Sicht eines unbeteiligten Dritten erstreckt sich diese Äußerung, eingebettet in den gesamten Text des im Internet publizierten Beitrags, auch auf die Antragstellerin. Denn dieser wird vom Antragsgegner vorgehalten, einen Vertrag geschlossen zu haben, mittels dessen es möglich sei, kinderärztliche Leistungen von hierzu nur mit unzureichend sächlichen und personellqualitativen Ressourcen ausgestatteten Allgemeinmedizinern erbringen zu lassen.

Nach alledem musste die Beschwerde Erfolg haben.

III.

Die Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft ergibt sich aus § 890 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 198 SGG.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hingegen keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR (Auffangstreitwert) anzunehmen. Hiervon ist auszugehen, da das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen. Ein Abschlag unter dem Gesichtspunkt der Vorläufigkeit des Verfahrens von 50 % ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Ein Streitwert von 2.500,00 EUR würde der Bedeutung der Angelegenheit nicht hinreichend Rechnung tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).






LSG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 06.09.2010
Az: L 11 KA 3/10 B ER


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c2e3038c03c3/LSG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_6-September-2010_Az_L-11-KA-3-10-B-ER




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