Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 8. September 2015
Aktenzeichen: 8 ME 149/15

(Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 08.09.2015, Az.: 8 ME 149/15)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach dem Gesetz muss einer Partei, die die Kosten eines Prozesses nicht tragen kann, Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Erfolgsaussicht hat und nicht mutwillig erscheint. In diesem Fall sieht das Gericht jedoch keine Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Beschwerde des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht hat es voraussichtlich richtig abgelehnt, einer Rechtsanwältin das Auftreten als Prozessbevollmächtigte im Pflichtteilsrechtsstreit zu untersagen. Der Antragsteller konnte keinen glaubhaften Anspruch auf ein Einschreiten der Rechtsanwaltskammer nachweisen. Das Gericht stellt außerdem fest, dass die Rechtsanwaltskammer nicht befugt ist, das pflichtverletzende Verhalten eines Rechtsanwalts selbst zu untersagen. Da das Gerichtsgebührengesetz keine Gebühren für das Prozesskostenhilfeverfahren vorsieht, entstehen dem Antragsteller keine Kosten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 08.09.2015, Az: 8 ME 149/15


Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 7. Kammer - vom 6. August 2015 bleibt ohne Erfolg.

Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Hier fehlt der Rechtsverfolgung des Klägers die erforderliche Erfolgsaussicht. Denn nach der im Prozesskostenhilfeverfahren nur vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361, 362) ist die vom Antragsteller beabsichtigte Beschwerde unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat es voraussichtlich zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der kammerzugehörigen Rechtsanwältin C. aus D. das Auftreten als Prozessbevollmächtigte der Mutter des Antragstellers im Pflichtteilsrechtsstreit vor dem Landgericht B. - 13 O 456/06 - zu untersagen und die kammerzugehörige Rechtsanwältin C. aus D. von der Vertretung der Mutter des Antragstellers und des im Grundbuch von D. als Grundeigentümer des Nachlassvermögens des Vaters eingetragenen Bruders des Antragstellers auszuschließen. Der Antragsteller hat einen dahingehenden im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähigen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

4Dem Antragsteller steht von vorneherein ein subjektives Recht auf das begehrte Einschreiten (des Vorstandes) der Rechtsanwaltskammer nicht zur Seite. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 20.10.1992 - BVerwG 1 B 23.92 -, NJW 1993, 2066, 2067; Beschl. v. 8.1.1991 - BVerwG 1 B 137.90 -, Buchholz 350 § 73 BRAO Nr. 2) und auch des Senats (Urt. v. 27.9.1991 - 8 L 48/89 -, Umdruck, S. 5; Beschl. v. 26.7.1990 - 8 L 32/89 -, Umdruck, S. 6) ist geklärt, dass die standesrechtliche Aufsicht der Rechtsanwaltskammer über ihre Mitglieder nicht der Wahrung individueller Belange, sondern dem öffentlichen Interesse dient, wie auch die Staatsaufsicht über die Rechtsanwaltskammern nicht die Wahrung individueller Belange bezweckt. Hieraus folgt ohne Weiteres, dass Dritte einen Anspruch gegen die Kammer auf eine Aufsichtsmaßnahme oder auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über ein etwaiges Einschreiten gegen ein Kammermitglied nicht haben.

Unabhängig davon wäre der Vorstand der Rechtsanwaltskammer zu der vom Antragsteller begehrten Untersagung konkreter anwaltlicher Tätigkeiten gegenüber einem Kammermitglied auch nicht befugt. Im Rahmen der Berufsaufsicht über die Kammermitglieder nach § 73 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 BRAO kann der Vorstand der Rechtsanwaltskammer das Verhalten eines Rechtsanwalts, durch das dieser ihm obliegende Pflichten verletzt hat, gemäß § 74 BRAO selbst rügen oder aufgrund dieses Verhaltens bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft die Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens gemäß §§ 120, 121 BRAO anregen (vgl. zu diesen Handlungsalternativen: Henssler/Prütting, BRAO, 2. Aufl., § 74 Rn. 28 f.). Anders als es der Antragsteller offenbar meint, ist der Vorstand der Rechtsanwaltskammer hingegen nicht befugt, das pflichtverletzende Verhalten eines Rechtsanwalts selbst zu untersagen.

Kann der Antragsteller daher ein Einschreiten der Rechtsanwaltskammer weder allgemein noch mit dem seinem Antrag zu entnehmenden konkreten Ziel beanspruchen, bedarf es hier keiner Entscheidung des Senats, ob überhaupt ein pflichtverletzendes Verhalten der Rechtsanwältin C. aus D. vorliegt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Ansatz von Gerichtsgebühren für das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren ist im Gerichtskostengesetz nicht vorgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht erstattet.






Niedersächsisches OVG:
Beschluss v. 08.09.2015
Az: 8 ME 149/15


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