Landgericht Dortmund:
Beschluss vom 1. April 2004
Aktenzeichen: 18 AktE 2/03

(LG Dortmund: Beschluss v. 01.04.2004, Az.: 18 AktE 2/03)

Tenor

Die gegen die Antragsgegnerin zu 1.) gerichteten

Anträge werden zurückgewiesen.

Die angemessen Abfindung der ausgeschiedenen Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1.) wird dahingehend festgesetzt, dass für je drei Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) im Nennwert von 50,00 DM im Wechsel je eine Stamm- oder eine Vorzugsaktie der Antrags-gegnerin zu 2.) im Nennwert von 50,00 DM und eine bare Zuzah-lung von 10,00 EUR zu gewähren sind.

Die angemessene Barabfindung der ausgeschiedenen Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1.) wird auf 140,00 EUR für jede Aktie im Nennwert von 50,00 DM festgesetzt.

Die bare Zuzahlung und die angemessene Barabfindung ist ab dem 23.01.1996 bis zum 31.12.1998 mit 2 % über dem jeweiligen Dis-kontsatz der Deutschen Bundesbank, ab dem 01.01.1999 bis zum 11.04.2002 mit 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz und ab dem 12.04.2002 mit 2 % über dem Basiszinssatz des § 247 BGB zu verzinsen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der

außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sowie die Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre trägt die Antragsgegnerin zu 2.).

Gründe

A.

Die Antragsgegnerin zu 1.), die , befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von industriellen Erzeugnissen auf dem Gebiet des Maschinen- und Apparatebaues, insbesondere von Maschinen und Geräten zur Gewinnung, Behandlung und Verarbeitung von Milch und anderen Produkten, z.B. Melkmaschinen, Kühlgeräte, Molkerei-Separatoren und Butterungsmaschinen. Außerdem werden u.a. hergestellt und vertrieben Separatoren und Schleuderungsmaschinen zum Trennen und Klären von Flüssigkeiten und zur Behandlung von Suspensionen aller Art. Das Fertigungs- und Produktprogramm läßt sich in die Sparten "Trenntechnik" und "Landtechnik" differenzieren. Im Unternehmensbereich "Trenntechnik" werden im Wesentlichen Separatoren und Dekanter hergestellt, die die Aufgabe der Konzentration von Fettstoffen, der Klärung von Suspensionen und der Trennung von Flüssigkeitsgemischen bei gleichzeitiger Abscheidung von Fettstoffen dienen. Neben einem weiteren Unternehmen (" ") ist die Antragsgegnerin zu 1.) insoweit Weltmarktführer.

Ihr Grundkapital beläuft sich auf 127.680.000,00 DM. Es ist in Aktien in verschiedenen Stückelungen aufgeteilt, deren kleinste den Nennwert von 50,00 DM hat.

Die Antragsgegnerin zu 2.) mit Sitz in Bochum verfügt über ein Grundkapital von 207.500.000,00 DM. Es wurden je 2.075.000 Stamm- und Vorzugsaktien zum Nennwert von je 50,00 DM ausgegeben. Die Antragsgegnerin zu 2.) befasst sich mit der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Maschinen, Systemen und Komponenten, insbesondere auf dem Gebiet der Energie-, Umwelt- und Prozesstechnik. Sie ist in drei Unternehmensbereiche aufgeteilt, nämlich Wärme- und Energietechnik, Luft- und Kältetechnik sowie Nahrungsmittel- und Prozesstechnik. Im Geschäftsbereich Wärmetechnik entwickelt und fertigt sie Produkte, die im Bereich der industriellen Prozesskühlung zur Anwendung kommen. Im Geschäftsbereich Energietechnik werden gleichfalls im Wesentlichen Wärmetauscher gestützte Anlagen und Systeme für den Einsatz im Kraftwerksbereich und in Müllverbrennungsanlagen entwickelt und geliefert. Das Produktionsprogramm wird durch komplette Blockheizkraftwerke, Kesselanlagen, Vorwärmestraßen und Lagertankanlagen für Öl ergänzt. Im Produktbereich der Luft- und Kältetechnik finden sich Anlagen für die Beheizung und Klimatisierung gewerblicher und industrieller Gebäude, ferner Eismaschinen und Gefriersysteme. Die Gesellschaften des Unternehmensbereiches Nahrungsmittel und Prozesstechnik planen und errichten Anlagen und Prozesse für eine Vielzahl von Industriebereichen, in denen flüssige Stoffe und Pulver hergestellt bzw. verarbeitet werden. Die Produkte werden nicht nur unmittelbar in der Nahrungsmittelindustrie, sondern auch in anderen Industriezweigen wie der Chemie, der Arzneimittelherstellung, der Umwelttechnik sowie im Maschinen- und Schiffbau eingesetzt. Die Produktpalette geht über einzelne Komponenten und Teilanlagen bis zu schlüsselfertigen Anlagen und Verarbeitungsbetrieben wie komplette Zuckerfabriken und Molkereien.

Seit Anfang 1994 erwarb die Antragsgegnerin zu 2.) sukzessive Aktien der Antragsgegnerin zu 1.). Im Mai 1994 erhielt sie von der Großaktionär-Familie , der auch der Antragsteller zu 1.) entstammt, ca. 53 % des gesamten Aktienkapitals. Zuletzt hielt sie 95,73 % am Grundkapital der Antragsgegnerin zu 1.).

Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1.) beschloss am 20.06.1995 die Eingliederung in die Antragsgegnerin zu 2.). Deren Hauptversammlung stimmte dem am 23.06.1995 zu. Die Eingliederung wurde im Handelsregister am 13.12.1995 eingetragen, die (letzte) Veröffentlichung in den Geschäftsblättern erfolgte am 22.01.1996. Zum Eingliederungsprüfer gemäß § 320 Abs. 3 AktG bestellt und mit der Erstattung des Berichtes beauftragt wurde die Wirtschaftprüfungs-Gesellschaft m.b.H.. Der Auftrag wurde ihr am 21.04.1995 erteilt; am 05.05.1995 legte der Eingliederungsprüfer seinen Bericht vor, für dessen genauen Wortlaut und Inhalt auf die Ablichtung Blatt 66 - 79 verwiesen wird. Eben diese Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft war zuvor auch schon mit den Jahresabschlüssen der Antragsgegnerin zu 1.) und mit der Vorbereitung des Berichtes des Vorstandes gemäß § 319 Abs. 3 Ziff. 3 AktG befasst gewesen. Der Eingliederungsprüfer kam zu einem Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 1.) in Höhe von 309,5 Millionen DM und der Antragsgegnerin zu 2.) in Höhe von 2.510.000.000,00 DM. Dies führte zu einem Unternehmenswert in Höhe von 121,18 DM pro Aktie der Antragsgegnerin zu 1.) im Nennwert von 50,00 DM und von 604,82 DM pro Aktie im Nennwert von 50,00 DM der Antragsgegnerin zu 2.). Der Eingliederungsprüfer schlug deshalb vor, zehn Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) in zwei Aktien der Antragsgegnerin zu 2.) umzutauschen, bei einem durch bare Zuzahlung auszugleichendem Spitzenbetrag von 2,16 DM. Tatsächlich angeboten wurden den Aktionären für je 10 Stück Inhaberaktien je eine Stamm- und eine Vorzugsaktie der Antragsgegnerin zu 2.) nebst einer baren Zuzahlung von 15,00 DM, alternativ eine Barabfindung in Höhe von 122,50 DM je Aktie im Nennbetrag von 50,00 DM.

Die Antragsteller halten dies für unangemessen niedrig und begehren im vorliegenden Spruchstellenverfahren die Festsetzung höherer, nach ihrer Auffassung angemessener Abfindungen mit folgenden Begründungen:

1.

Antragsteller zu 1.),________________________

Der Antragsteller zu 1.) war - wie schon erwähnt - Mitglied der Großaktionär-Familie. Er hielt Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) im Nennwert von 754.400,00 DM. Bis zum Jahre 1993 war er zudem als Finanzvorstand in Diensten der AG zu 1.).

Er rügt:

Den Aktionären sei der Bericht des Vorstandes ge-

mäß § 319 Abs. 3 Ziff. 3 AktG nicht zugänglich gemacht worden. Eine Überlassung sei sogar ausdrücklich abgelehnt worden.

Der Prüfungszeitraum vom 21.04.1995 bis zum

05.05.1995 sei offensichtlich viel zu kurz, als dass eine substantielle, fundierte und zuverlässige Eingliederungsprüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe stattfinden können.

Ein Hinterfragen der Wertansätze durch die Aktio-

näre auf der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1.) am 20.06.1995 sei bewusst vereitelt worden, indem ihnen - wahrheitswidrig - erklärt worden sei, von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei niemand anwesend.

Methodenrügen:

aa) Die Ermittlung der nachhaltig zu erzielenden

Erträge sei für die ausscheidenden Aktionäre nicht nachvollziehbar begründet worden. Nicht ersichtlich sei, ob bei der Schätzung der Zukunftserträge auch die Planzahlen mit herangezogen worden seien. Auch sei nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang die zugrunde gelegten Erträge bereits um Körperschaftssteuer gemindert worden seien. Falls eine Minderung stattgefunden habe, müsse angegeben werden, ob die Thesaurierungsbelastung oder die Ausschüttungsbelastung abgezogen wurde. Der Antragsteller zu 1.) ist der Auffassung, dass die Körperschaftssteuer die künftigen Unternehmenserträge überhaupt nicht mindern dürfe. Die personenbezogene Steuerlast dürfe bei der Unternehmensbewertung insgesamt, also auch bei Kapitalgesellschaften, keine Rolle spielen.

Der Kapitalisierungszinsfuß sei unzutreffend

ermittelt worden.

Methodisch falsch sei es bereits, für den Prognosezeitraum I mit zwei verschiedenen Basiszinsfüßen zu arbeiten. Auch sei er zu hoch angesetzt: Die Rendite öffentlicher Anleihen habe im Juni 1995 bei einer Laufzeit von 8 - 15 Jahren nur 6,74 % betragen. Hiervon müsse einheitlich ausgegangen werden.

Der Inflationsabschlag sei bei der Antragsgegnerin zu 1.) zu niedrig angesetzt. Es sei - wie üblich - von einem Abschlag von 2 % auszugehen.

Auch der Risikozuschlag sei unzutreffend angesetzt. So bestünden einmal Gründe für eine Differenzierung der Risikozuschläge beider Antragsgegnerinnen nicht. Hier dürfe nur das allgemeine Unternehmer-Risiko angesetzt werden; spezielle Unternehmer-Risiken seien bei der Ertragsplanung zu berücksichtigen. Das allgemeine Unternehmer-Risiko sei bei beiden Unternehmen gleich und - wie üb-

lich - mit 1,5 % anzusetzen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Antragsgegnerin zu 1.) - anders als die Antragsgegnerin zu 2.) - nicht börsennotiert sei. Ein sogenannter Fungibilitätszuschlag sei deshalb nicht gerechtfertigt.

Der Eingliederungsprüfer habe es unterlassen,

alternative Bewertungsmethoden heranzuziehen und Plausibilitätskontrollen vorzunehmen. So seien einmal die Liquidationswerte nicht ermittelt worden, die hier durchaus höher liegen könnten, als der ermittelte Unternehmenswert. Außerdem sei keine Wertberechnung nach der DVFA-Methode für die Antragsgegnerin zu 1.) vorgenommen worden, anders als bei der Antragsgegnerin zu 2.).

Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 1.)

Die nachhaltig zu erzielenden Unternehmenserträge seien deutlich zu niedrig angesetzt worden. Denn die in der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1.) vorgelegten Planzahlen ergäben für den Zeitraum 1995 bis 1999 einen Durchschnittsgewinn von 29 Millionen DM. Dies ergebe bei dem vom Eingliederungsprüfer angesetzten Zinsfuß einen Ertragswert von 286,2 Millionen DM, nach dem richtigerweise anzusetzenden Kapitalisierungszinsfuß von 6,24 % sogar einen Ertragswert von 464,74 Millionen DM. Tatsächlich seien die nachhaltigen Erträge der Antragsgegnerin zu 1.) auch weit höher als die geplanten 29 Millionen DM und lägen bei ca. 40 Millionen DM, was zu einem Ertragswert von 676,44 Millionen DM führe.

Das Jahresergebnis für die Unternehmensjahre 1993 und 1994 sei negativ verfälscht worden, weil in die Bilanz Rückstellungen in einer Art und Höhe eingegangen sind, die nicht der Wirklichkeit entsprächen. So seien in diesen Jahren eigens neue Gründe für Rückstellungen geschaffen worden. Von den zum 31.12.1993 gebildeten Rückstellungen in Höhe von 14 Millionen DM seien im Folgejahr auch tatsächlich nur 3,37 Millionen DM verbraucht worden. Gleichwohl sei das Rückstellungsvolumen im nächsten Bilanzjahr noch einmal auf 19,5 Millionen DM erweitert worden.

Die Abschreibung einer Beteiligung in Österreich um 5,9 Millionen DM auf Null sei unsachgerecht, weil diese Tochtergesellschaft allein ein geschätztes Eigenkapital von 6 - 10 Millionen DM inne habe.

Auch sei zu vermuten, dass eine Abwertung der Vorräte stattgefunden habe, die nicht durch vorhandene Risiken gerechtfertigt sei.

Auch für die Wertberichtigung von Forderungen liege kein sachlich berechtigter Grund vor.

Der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sei deutlich zu gering angesetzt worden. So seien die Werkswohnungen mit dem Buchwert von 3,5 Millionen DM angesetzt worden. Nach einer Eigenbewertung der Antragsgegnerin zu 1.) belaufe sich ihr Verkehrswert aber auch 30 Millionen DM. Ein weiteres wertvolles Einzelhaus in Oelde sei mit 750.000,00 DM angesetzt worden, obwohl der Marktwert 3,8 Millionen DM betrage. Ähnlich verhalte es sich mit weiterem Grundbesitz.

Schließlich verfüge die Antragsgegnerin zu 1.) über erhebliche Steuerguthaben aus thesaurierten Gewinnen. Bei einer Ausschüttung des vorhandenen Eigenkapitals der Einstufungen "EK 50" und "EK 45" könne die Antragsgegnerin zu 1.) gegenüber den Finanzbehörden eine Rückforderung von 31 Millionen DM realsieren.

Bei Auflösung der stillen Reserven betrage das Eigenkapital der Antragsgegnerin zu 1.) mindestens 154,9 Millionen DM.

Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2.):

Nach Anwendung des vom Antragsteller zu 1.) zutreffenden Kapitalisierungszinssatzes ergebe sich hier ein Unternehmenswert in Höhe von 2.928.450.000,00 DM. Das Wertverhältnis beider Unternehmen sei daher

1 : 3,5.

Die Einschätzung des Unternehmenswertes der Antragsgegnerin zu 2.) werde auch dadurch gestützt, dass inzwischen - im Jahre 1999 - die Antragsgegnerin zu 2.) durch die Metallgesellschaft AG übernommen worden sei, wobei für sie ein Unternehmenswert von 3,946 Milliarden DM ermittelt worden sei.

2.

Antragsteller zu 2.) und 4.) __________________________

Sie wählen die Alternative (nur) der Barabfindung.

Auch sie rügen die nach ihrer Auffassung mangelnde Nachvollziehbarkeit der Ermittlung einzelner Bewertungsansätze. Auch rügen sie die Verquickung der Prüfungsgesellschaft mit den Vorbereitungsarbeiten zur Eingliederung einerseits und der Eingliederungsprüfung andererseits und weisen insoweit auf die (knappen) Zeitabläufe hin. Diese Nähe der Eingliederungsprüfer zu den Antragsgegnerinnen hat nach Auffassung der Antragsteller zu 2.) und 4.) auch dazu geführt, dass nicht ein Abfindungspreis, sondern der sogenannte "Grenzpreis" eines fiktiven Veräußerers ermittelt worden sei.

Bei der Festsetzung des Basiszinses sei die offensichtliche Zinssenkungspolitik der Deutschen Bundesbank, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Eingliederung allgemein bekannt gewesen sei, unbeachtet geblieben. Der Basiszinssatz könne allenfalls mit 6,4 % für die Folgejahre angenommen werden. Als Stabilitätsabschlag seien nur 1,2 % gerechtfertigt. Die Risikoabschläge seien willkürlich gegriffen; eine Begründung hierfür werde auch nicht gegeben. Die mangelnde Fungibilität der Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) dürfe insoweit auch nicht berücksichtigt werden, weil diese jederzeit eine Börseneinführung hätte vornehmen können, andererseits daran kein Interesse hatte, weil es finanziell so stark war, dass es des Kapitalmarktes zu Kapitalerhöhungen oder Anleiheemissionen nicht bedurfte.

Das nicht betriebsnotwendige Vermögen der Antragsgegnerin zu 1.) sei zu niedrig gegriffen. Auch sei das Steuerguthaben insoweit überhaupt nicht eingeflossen. Schließlich meinen die Antragsteller zu 2.) bis 4.), die Jahresabschlüsse der Jahre 1993 und - insbeson-

dere - 1994 seien von der zu dieser Zeit die Antragsgegnerin zu 1.) schon dominierende Antragsgegnerin zu 2.) im Hinblick auf die Eingliederung bereits gezielt manipuliert worden, indem der Ertrag durch Einstellung sachlich nicht gerechtfertigter Rückstellungen in enormer Höhe gezielt gemindert worden sei.

Der Antragsteller zu 3.) hat seinen Antrag im Verlaufe des Verfahrens zurückgenommen.

4.

Der Antragsteller zu 5.) ( ) schließt sich den Ausführungen des Antragstellers zu 1.) an und bemängelt ebenfalls die ungenügende Nachvollziehbarkeit des Eingliederungs-Prüfgutachtens.

5.

Ihren Unmut über die nach ihrer Auffassung unangemessene Abfindung geben auch die übrigen Antragsteller allgemein Ausdruck.

6.

Der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre gibt ebenfalls seinem Befremden darüber Ausdruck, dass die Eingliederungsprüfung binnen sehr kurzer Frist und zudem von Personen vorgenommen worden ist, die zuvor als Abschlussprüfer und in der Vorbereitung der Eingliederung selbst tätig waren.

Die DVFA-Methode erachtet er als ungeeignet zur Bewertung von Unternehmen. Auch der gemeinsame Vertreter hält den Basiszinssatz der Eingliederungsprüfer für zu hoch. Der Durchschnittswert der Umlaufrenditen börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von über 8 - 15 Jahren habe am Bewertungsstichtag 6,82 % ausgewiesen. Soweit die Eingliederungsprüfer für die Prognosephase II (Jahre ab 1997) einen höheren Durchschnittswert zugrunde gelegt haben, begegnet dies methodischen Bedenken: Denn abzustellen sei allein auf die Anlagealternative, die dem ausscheidenden Aktionär zum Bewertungsstichtag (theoretisch) zur Verfügung stehe. Die Inflationsquote sei mit 1 % zu niedrig angesetzt. Eine nachvollziehbare Begründung für die Ungleichbehandlung beider Antragsgegnerinnen werde nicht gegeben. Gleiches gelte auch für den angesetzten Risikozuschlag. Der gemeinsame Vertreter ist der Auffassung, dass Synergieeffekte hälftig beiden Gesellschaften zuzurechnen seien. Wegen der in den Folgejahren tatsächlich erwirtschafteten Erträge und abgeführten Steuergutschriften bedürfe die Ertragslage der Antragsgegnerin zu 1.) eingehender Überprüfung.

7.

Die Antragsgegnerinnen verteidigen das Eingliederungs-Prüfgutachten und führen hierzu an:

Der Prüfzeitraum sei nicht zu kurz gewesen, weil der Prüferbestellung vom 21.04.1995 eine mündliche Auftragserteilung vorangegangen sei. Deshalb hätten die Prüfer - teilweise auch im Rahmen der üblichen Jahresabschlussprüfung der beteiligten Gesellschaften - schon frühzeitig mit ihren Arbeiten zur Bewertung der beteiligten Unternehmen beginnen können und hätten dies auch getan. Diese Vorgehensweise sei nicht nur üblich, sondern wegen der besonderen Kenntnisse des Abschlussprüfers auch zweckmäßig und kostensparend gewesen.

Die den Aktionären während der Hauptversammlung erteilte Auskunft sei richtig gewesen, denn das Mitglied der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe die Versammlung zu diesem Zeitpunkt gerade eben verlassen gehabt.

a)Zu den Methodenrügen:

Auf die Ertragswertmethode abzustellen sei lege artis gewesen. Die Substanzwertmethode und die DVFA-Methode seien hingegen ungeeignet zur Ermittlung des Unternehmenswertes. Auf den Liquidationswert abzustellen habe keine Veranlassung bestanden, weil eine Beendigung des Unternehmens nicht in Rede gestanden habe. Jedenfalls müssten bei der Ermittlung des Liquidationswertes dann aber auch die Sozialplanverbindlichkeiten mit berücksichtigt werden, die einen 3-stelligen Millionenbetrag ausgemacht hätten. Etwaige Synergieeffekte seien zu Recht nicht berücksichtigt worden.

b) Ertragswertermittlung:

Auszugehen gewesen sei zu Recht von den Ergebnissen der Vergangenheit, weil nur sie eine einigermaßen sichere Grundlage für die Abschätzung der weiteren Entwicklung hergäben. Auf Planzahlen für die Zukunft sei hingegen kein Verlass, weil diese in der Regel viel zu optimistisch ausfielen. Dies habe sich auch bei der Antragsgegnerin zu 1.) im Nachhinein herausgestellt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers zu 1.) sei die Körperschaftssteuer insoweit zum Abzug zu bringen, als die die historischen Anschaffungskosten übersteigenden tatsächlichen Reinvestitionsaufwendungen der Körperschaftssteuer unterlägen. Dies sei methodengerecht nur bei der Antragsgegnerin zu 1.) angewendet worden, weil die Antragsgegnerin zu 2.) körperschaftssteuerliche Verlustvorträge habe, die dazu führten, dass bei ihr keine Körperschaftssteuerbelastungen auf überschießende Reinvestitionsaufwendungen anfielen.

Bei der Ermittlung des Basiszinsfußes sei nicht auf die am Bewertungsstichtag veröffentlichten Durchschnittswerte abzustellen gewesen. Mit der Idee, dass der "ewige" Ertrag des Unternehmens diskontiert werden solle, sei ein langfristig zu erwartender Basiszinssatz zu ermitteln gewesen. Hierfür sei die langfristig zu erwartende Reinvestitions-Rendite aus Vergangenheitsdaten abgeleitet worden. Insoweit seien Durchschnittsrenditen für den Zeitraum von 1968 bis 1993 unter Ausblendung der in dieser Zeitspanne stattgefundenen Hoch- und Niedrigzinsphasen zu ermitteln gewesen.

Der Inflationsabschlag von 1 % liege innerhalb der üblichen Spanne von 0,5 - 2 %. Bei der Antragsgegnerin zu 2.) keinen Inflationsabschlag vorzunehmen sei sachgerecht gewesen, weil hier die zu erwartenden zukünftigen Erträge bereits unter Anwendung einer angemessenen Inflationsquote ermittelt worden sei.

Schließlich sei auch der angesetzte Risikozuschlag sachgerecht gewesen. Denn die Antragsgegnerin zu 2.) sei in drei unterschiedlichen Geschäftsbereichen tätig, jeweils mit einer Vielzahl von Produktbereichen. Die Antragsgegnerin zu 2.) habe hingegen nur über zwei Produktbereiche verfügt. Sie sei zudem als reiner Lieferant von Komponenten in einer wettbewerbsmäßig ungünstigeren Position, als die Antragsgegner zu 2.) als Systemlieferant.

Schließlich gebiete auch die unterschiedliche Fungibilität der Aktien eine differenziere Risikobewertung.

Das Körperschaftssteuerguthaben könne nur insoweit berücksichtigt werden, als ausschüttungsfähiges Eigenkapital vorhanden gewesen sei. Für eine Ausschüttung hätten aber nur 39,1 Millionen DM zur Verfügung gestanden, so dass ein möglicher Körperschaftssteuererstattungsanspruch von rund 15,6 Millionen DM vorgelegen habe. Unterstellt, die Ausschüttung erfolge zwei Jahre nach dem Bewertungsstichtag, sei dieser auf 13,5 Millionen DM abzuzinsen. Dem stünden allerdings die durch die Realisierung der stillen Reserven entstehenden Kosten und Steuern in Höhe von 13,1 Millionen DM entgegen.

Für die nachhaltig zu erwirtschafteten Erträge der Antragsgegnerin zu 1.) sei lediglich auf die Vergangenheitsergebnisse der Jahre 1990 - 1994 abzustellen gewesen, aufgrund derer zum Bewertungsstichtag eine Prognose anzustellen gewesen wäre. Die in den Folgejahren tatsächlich festgestellten Jahresabschlüsse müssten insoweit außer Betracht bleiben. Bewertungsverfälschungen hätten nicht stattgefunden. Die Einschätzung des Wertes des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens sei unrealistisch. Schließlich habe die Antragsgegnerin zu 2.) die Mehrheit der Aktien an der Antragsgegnerin zu 1.) zu Preisen erworben, die - im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle - zu praktisch eben jenem hier ermittelten Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2.) führten.

Die Kammer hat Beweis erhoben über die Höhe der angemessenen Abfindung durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen , Düsseldorf. Wegen des Ergebnisses der Begutachtung wird auf den Inhalt seines schriftlichen Gutachtens vom 23. August 2000 verwiesen.

Gegen das Gutachtenergebnis hat der Antragsteller zu 1.) folgende Beweiseinreden erhoben:

a)

Er stellt die Authentizität der von dem Sachverständigen eingesetzten Planergebnisse in Frage und rügt, dass der Sachverständige sich nicht überzeugt habe, dass die Planzahlen auch tatsächlich der seinerzeitigen Unternehmensplanung entsprachen. Er hat behauptet, Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 2.) hätten auf Anweisung der Unternehmensleitung innerhalb weniger Tage speziell für das vorliegende Spruchstellenverfahren eine komplette neue Konzernplanung erarbeiten müssen, die von den tatsächlichen, zuvor beschlossenen Planzahlen erheblich abgewichen sei.

b)

Außerdem habe der Sachverständige es unterlassen, das Ergebnis seiner Prognose der zukünftigen finanziellen Überschüsse auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Die Ergebnisprognose des Sachverständigen habe deshalb nicht nur hinter den Planvorgaben, sondern dramatisch hinter den veröffentlichen Unternehmensergebnissen zurückgelegen. Dies widerspreche dem Prinzip der Wertaufhellung.

c)

Die vom Sachverständigen vorgenommene Bereinigung der Planzahlen sei nicht nachvollziehbar. Auch fehle es an einer Begründung, warum dies nur bei einer Gesellschaft vorgenommen worden sei.

d)

Die tatsächliche Entwicklung habe ergeben, dass der tatsächliche Überschuss der Antragsgegnerin zu 1.) 64,5 % des gesamten Konzernüberschusses der Antragsgegnerin zu 2.) ausmache, weshalb eine Wertrelation von

1 : 6 an der Realität vorbeigehe. Die Ertragskraft der Antragsgegnerin zu 1.) habe sich offensichtlich viel besser entwickelt als geplant, während sich die Ertragskraft der Antragsgegnerin zu 2.) viel schlechter entwickelt habe als geplant.

Die Antragsgegnerinnen halten dem Gutachten entgegen:

a)

Es berücksichtige beim Ansatz des Risikozuschlages nicht die strukturellen und markterheblichen Unterschiede zwischen der Antragsgegnerin zu 1.) und der Antragsgegnerin zu 2.). Deshalb sei es nicht sachgerecht, für zwei unterschiedliche Unternehmen mit demselben Risikozuschlag zu rechnen. Der Geschäftsbereich der Antragsgegnerin zu 1.) birge wegen seiner geringeren Diversifizierung für den Anteilseigner deutlich höhere Risiken. Nicht sachgerecht sei es gewesen, wenn der Sachverständige nur von Abschreibungen in Höhe der handelsrechtlichen Werte ausgegangen sei. Richtige Basis hätten die tatsächlichen Wiederbeschaffungskosten zur Substanzerhaltung sein müssen. Diese würden erheblich differieren.

Die Realisierung des Körperschaftsteuer-Guthabens sei nicht realistisch. Einmal stehe die Annahme des Sachverständigen in krassem Widerspruch zur bisherigen Praxis der Dividendenausschüttung der Antragsgegnerin zu 2.). Dividenden seien in der Vergangenheit nur in sehr begrenztem Umfange ausgeschüttet worden, da die erwirtschafteten Ergebnisse entweder als stille Reserven oder Rücklagen genutzt wurden. Außerdem setzte die Ausschüttung voraus, dass ein entsprechender Bilanzgewinn vorlag. Dieser sei aber nicht vorhanden und auch durch Realisierung der stillen Reserven nicht herstellbar gewesen.

Die Kammer hat über die tatsächliche Behauptung des Antragstellers zu 1.), dem Sachverständigen seien eigens für diesen Zweck verfälschte Planzahlen vorgelegt worden, Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9. Juli 2002 (Blatt 505 - 595) Bezug genommen.

Außerdem hat der Sachverständige sein Gutachten in diesem Lichte ergänzt; auf Blatt 581, 582 der Akte wird verwiesen.

B.

I.

Sämtliche Anträge sind zulässig. Insbesondere haben alle Antragsteller ihre Antragsberechtigung hinreichend dargetan.

II.

Als unbegründet abzuweisen waren die gegen die Antragsgegnerin zu 1.) ( ) gerichteten Anträge. Diese ist nicht passivlegitimiert. Gegen wen der Antrag im aktienrechtlichen Spruchstellenverfahren zu richten ist, war bis zum Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes in den Verfahrensvorschriften des Aktiengesetzes nicht geregelt. Dies stellt wegen der besonderen Kostennorm des § 306 Abs. 7 AktG und des Umstandes, dass sich solche Anträge regelmäßig auch gegen den richtigen Antragsgegner, die Hauptgesellschaft, richten, in der Praxis allerdings auch kein Problem dar. Richtigerweise ist die Hauptgesellschaft (hier die Antragsgegnerin zu 2.), GEA AG) passivlegitimiert, denn sie ist Schuldnerin der Ausgleichsforderung (Emmerich/Habersack, Aktienkonzernrecht, 2. Aufl., § 320 b Rdn. 3; Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 320 b Rdn. 2).

III.

Im Übrigen haben die Anträge Erfolg. Den ausscheidenden Aktionären der Antragsgegnerin zu 1.) steht ein Anspruch auf eine höhere Abfindung zu, als ihnen angeboten wurde.

Nach § 320 Abs. 5 AktG steht jedem aus der eingegliederten Gesellschaft ausscheidenden Aktionär eine angemessen Abfindung zu. Die Abfindung hat durch Aktien der Hauptgesellschaft zu erfolgen. Spitzenbeträge oder Aktienspitzen können durch bare Zuzahlung ausgeglichen werden (Münch-Komm.-Grunewald, AktG, 2. Aufl., § 320 b Rdn. 3 + 10). Gemäß § 320 b Abs. 1 Satz 3 AktG steht den ausscheidenden Aktionären dann, wenn die Hauptgesellschaft ihrerseits eine abhängige Gesellschaft ist, nach ihrer Wahl alternativ eine angemessene Barabfindung zu. Woraus sich das Abhängigkeitsverhältnis der Antragsgegnerin zu 2.) im Sinne von § 17 AktG ableitet, haben die Verfahrensbeteiligten zwar nicht näher dargelegt; dass es sich bei der Antragsgegnerin zu 2.) aber um ein beherrschtes Unternehmen handelt und den Antragstellern sowie den übrigen außenstehenden Aktionären neben einem Abfindungsanspruch durch Aktien der Hauptgesellschaft auch ein Anspruch auf angemessene Barabfindung zusteht, ist zwischen allen Verfahrensbeteiligten unstreitig.

Die Abfindung in Aktien ist nach der Verschmelzungswertrelation zu ermitteln. Den Antragstellern und außenstehenden Aktionären müssen so viele Aktien der Konzernspitze angeboten werden, wie ihnen zustünden, wenn beide Gesellschaften miteinander verschmolzen würden.

Für die Verschmelzungswertrelation ist die Bewertung beider Unternehmen erforderlich; für die Bemessung der angemessenen Barabfindung die Bewertung der Antragsgegnerin zu 1.). Beide Werte bestimmen sich maßgeblich danach, wie die Gesellschaft ohne Abschluss des Unternehmensvertrages wertmäßig zu beurteilen wäre. Der nach diesen Grundsätzen ermittelte Wert stellt die angemessene Abfindung dar, weil der ausscheidende Aktionär die Summe erhalten muss, die dem Wert seiner Beteiligung am Unternehmen voll entspricht. Nur die volle Abfindung ist angemessen (BVerfGE 14, Seite 263 (284); OLG Düsseldorf, AG 1990, Seite 397).

Mathematisch oder naturwissenschaftlich anerkannte Verfahren zur Ermittlung dieses Unternehmenswertes existieren nicht. Entscheidend für die Findung der Unternehmenswerte können auch keine subjektbezogenen Determinanten (Mindestverkaufspreis einerseits/Höchstkaufspreis andererseits) sein (Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, 4. Aufl., Seite 25). Auf die individuellen Grenzwerte von potentiellen Kaufvertragsparteien (auch Abbruchpunkte genannt) kann es deshalb nicht ankommen. Zu finden ist vielmehr ein objektivierter Wert. Es ist der Unternehmenswert und die Verschmelzungsrelation festzusetzen, die aus Sicht eines objektiv vernünftigen dritten Betrachters als "angemessen" gelten kann. Da sich die Unternehmen tatsächlich nicht am Markt bewegen (sprich: nicht verkauft werden) ist die Bewertung aufgrund einer fiktiven Situation durchzuführen. Auf dem Weg zur Findung der angemessenen Abfindung müssen folgerichtig größtenteils fiktive Gedankengänge und Argumentationsstränge verfolgt werden. Um die Sicht des objektivvernünftigen Dritten zu befriedigen, muss es sich dabei um solche Vorgehensweisen handeln, die in der betriebswirtschaftlichen Lehre weitgehend anerkannt und akzeptiert sind und für die mehr Argumente existieren, als dagegen. Auch bei diesen betriebswirtschaftlichen Ansätzen handelt es sich vielfach um Verfahren, die rein subjektive Einschätzungen und Prognosen zur Grundlage habe und deshalb mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Wie eingangs schon erwähnt, können auch sie keinesfalls für sich in Anspruch nehmen, den "wahren" Unternehmenswert mathematisch exakt zu bestimmen (OLG Stuttgart, AG 2004, Seite 45). Letztendlich können sie nur zu einer tauglichen Schätzgrundlage im Sinne von § 287 Abs. 2 ZPO führen (BGH, DB 2001, Seite 969; Pilz, ZGR Seite 2001, Seite 185; Bilda JR 2002, Seite 17; BayObLG, DB 2001, Seite 36).

1.

In Rechtsprechung und Lehre (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg NZG 2001, Seite 471, OLG Düsseldorf, AG 1999, Seite 321; BayObLG, AG 1995, Seite 509, Großfeld a.a.O., Seite 203) anerkannt ist, dass der sogenannte Liquidationswert die Untergrenze des Unternehmenswertes darstellt. Hierbei handelt es sich um den Erlös, der sich erzielen läßt, wenn sämtliche Gegenstände des Unternehmens veräußert werden (Summe der Einzelveräußerungspreise nach Abzug von Schulden, Liquidationskosten und eventuellen Steuern). Auf ihn abzustellen kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn es sich nicht lohnt, das Unternehmen fortzuführen. Dem ist nach den Ausführungen des Sachverständigen , denen keiner der Verfahrensbeteiligten entgegengetreten ist, offensichtlich nicht so: Beide Antragsgegnerinnen arbeiteten bzw. arbeiten sehr profitabel. Der Ertragswert ist offensichtlich höher als der Liquidationswert, so dass auf letzteren nicht abzustellen ist.

2.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 100, Seite 189) ist es mit Art. 14 GG unvereinbar, bei der Bestimmung der Abfindung oder des Ausgleichs den Börsenkurs der Aktien eines Unternehmens außer Betracht zu lassen. Auch der BGH hat entschieden (BGHZ 147, Seite 108), dass die Abfindung der außenstehenden Aktionäre grundsätzlich unter Berücksichtigung des an der Börse gebildeten Verkehrswert der Aktie zu erfolgen hat. Der Unternehmenswert darf danach niemals geringer angenommen werden, als ein am Stichtag vorhandener Börsenwert aller ausgegebenen Aktien. Im vorliegenden Fall kommt die Anwendung dieses (Mindest-) Wertmaßstabes indes nicht in Betracht, weil die Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) nicht an der Börse notiert waren.

3.

Als derzeit bekannter bester und plausibelster Weg zur Ermittlung des objektivierten Unternehmenswertes gilt die sogenannte Ertragswertmethode. Sie ist in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt (OLG Zweibrücken , WM 1995, Seite 980; OLG Stuttgart, AG 2004, Seite 43; OLG Düsseldorf, AG 2003, Seite 688). Dabei wird der Unternehmenswert nach den erwarteten Gewinnen in der Zukunft bestimmt; sie werden auf den Bewertungsstichtag abgezinst und dadurch zum Ertragswert kapitalisiert. Maßgeblich ist das sogenannte Stichtagsprinzip. Denn die Aktionäre sollen für den Wert ihrer Aktien an diesem Stichtag Aktien der anderen Gesellschaft in dem auf denselben Tag bezogenen Gegenwert erhalten. Infolge dessen ist die Ertragsentwicklung aus der Sicht des Stichtages zu prognostizieren. Spätere Entwicklungen können nur berücksichtigt werden, wenn sie in ihren Ursprüngen bereits am Stichtag angelegt und erkennbar waren (sog. Wurzeltheorie). Zusätzlich zum Ertragswert ist das nicht betriebsnotwendige Vermögen mit dem Substanzwert (Liquidationswert) anzusetzen. Für die Verschmelzungswertrelation bzw. den Abfindungsanspruch im vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

a) Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 1.)

( )

Wie ausgeführt, setzt sich der Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2.) zusammen aus ihrem (abgezinsten) Ertragswert und dem Wert des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens.

aa) Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens

(1) Zutreffend hat der Sachverständige zunächst ermittelt, welche Beträge zukünftig aus Sicht des Bewertungsstichtages voraussichtlich für eine Ausschüttung zur Verfügung stehen werden. Methodengerecht hat er dieser Überlegung die erwirtschafteten Erträge der Vergangenheit zugrunde gelegt. Hierfür eine Referenzperiode von fünf Jahren (1990 - 1994) zu greifen, ist nicht zu beanstanden. Regelgerecht hat der Sachverständige weiter die Ergebnisrechnungen der Antragsgegnerin zu 1.) um die wesentlichen außerordentlichen Aufwendungen und Erträge sowie um die auf das nichtbetriebsnotwendige Vermögen entfallenden Aufwendungen und Erträge bereinigt sowie periodenfremde Aufwendungen und Erträge periodengerecht zugeordnet. Außerdem hat er diejenigen Aufwendungen und Erträge eliminiert, denen für die Zukunftsrechnung keine Maßstabsfunktion beigemessen werden kann, weil sie zukünftig nicht oder anders anfallen. Ferner hat er besondere konjunkturelle Einflüsse berücksichtigt und aus diesem Grund die Jahre 1990 - 1992 aus der Referenzperiode ausgeblendet. Es ist plausibel, lediglich die Ergebnisrechnungen der Jahre 1993 und 1994 als repräsentativ für die Zukunft anzusehen.

Sofern von Seiten der Antragsteller eingewandt worden ist, Grund und Höhe der Bereinigungen ließen sich dem Gutachten und seinen Anlagen nicht entnehmen, sieht die Kammer keine Veranlassung, den Sachverständigen ergänzend zu hören. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des zuständigen Obergerichts (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2004 (19 W 5/03

AktE)) an, wonach die Verfahrensbeteiligten (nur) ein Recht haben, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen, die dem Gericht vorliegen. Das Gutachten selbst soll nicht sicherstellen, dass alle Einzelheiten der Berechnung nachvollzogen werden können (OLG Düsseldorf a.a.O.; Emmerich-Habersack, § 193 a Rdn. 17; Müko-Altmeppen, § 293 a Rdn. 37). Es soll dem Aktionär neben den allgemein zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen. (OLG Hamm, NJW-RR 99, Seite 973). Dabei hat es auch im vorliegenden Fall zu verbleiben, denn der Kammer ist nicht ersichtlich, dass und warum der Sachverständige bei der Vornahme dieser Bereinigungen unsachgemäß oder gar willkürlich vorgegangen sein sollte.

Methodisch richtig ist der Sachverständige bei der darauf aufbauenden Prognoserechnung so vorgegangen, dass zwei Planungsphasen gebildet wurden. Es begegnet hier keinen Bedenken, die Planungsphase 1 auf den Zeitraum von fünf Jahren (1995 - 1999) und den Prognosezeitraum 2 für alle danach folgenden Jahre festzusetzen. Bei der Bestimmung der sich auf der Grundlage der Daten des Referenzzeitraums für die Planungsphase 1 voraussichtlich erwarteten Erträge hat der Sachverständige methodisch zutreffend die Unternehmensplanung berücksichtigt. Die Behauptung des Antragstellers zu 1.), dem Sachverständigen sei dabei in betrügerischer Absicht eine gefälschte, eigens für den Zweck der Verwendung bei der Begutachtung angefertigte Unternehmensplanung vorgelegt worden, erachtet die Kammer als unbewiesen. Einmal hat der hierzu uneidlich vernommene Zeuge dies nicht wahrgehalten; seine Aussage war insoweit unergiebig. Des Weiteren hat der Sachverständige auch bei einer erneuten, kritischen Hinterfragung geäußert, dass sich für ihn keinerlei Verdachtsmomente dahingehend ergeben, ihm sei eine manipulierte Unternehmensplanung untergeschoben worden.

Der Sachverständige ist bei der Ermittlung der in der Planphase 1 zu erwartenden Erträge davon ausgegangen, dass jährliche Reinvestitionen (nur) in Höhe der handelsrechtlicher Abschreibungen unterstellt werden, weil die vorhandenen Kapazitäten für die geplanten Umsatzsteigerungen ausgereicht hätten. Zu Unrecht halten die Antragsgegnerinnen dem entgegen, es dürften nicht die ursprünglichen Anschaffungspreise, sondern die (deutlich höheren) Wiederbeschaffungskosten angesetzt werden. Ihr eigenes Vorbringen unterstützt den Denkansatz des Sachverständigen: Denn auf Blatt 5 ihres Schriftsatzes vom 25.06.2001 (Blatt 431 der Akten) tragen die Antragsgegnerinnen selbst vor, in den Jahren 1990 bis 1994 Abschreibungen in Höhe von insgesamt 184,3 Millionen DM getätigt zu haben. Ihnen stehen jedoch nur Investitionen in Höhe von 204,8 Millionen DM gegenüber. Das bedeutet, dass die tatsächlichen Wiederbeschaffungskosten der erneuerten Anlagen und Güter gerade um 9 Prozentpunkte über den handelsrechtlichen Abschreibungen lagen. Von einer erheblichen Differenz der Ansätze kann deshalb nicht die Rede sein. Auf dem Denkweg der Ertragswertmethode, der noch an vielen anderen Stellen mit etlichen subjektiven Wertungen und Unsicherheiten behaftet ist, ist sie vielmehr vernachlässigbar.

Methodisch einwandfrei wurden zudem die Zinsaufwendungen- und erträge sowie die Ertragssteuern abgesetzt.

Plausibel, nachvollziehbar und deshalb akzeptabel kommt der Sachverständige deshalb zu folgenden zu kapitalisierenden Ergebnisse der Antragsgegnerin zu 1.):

Für das Jahr 1995: 18,5 Millionen DM,

für das Jahr 1996: 20,5 Millionen DM,

für das Jahr 1997: 25,8 Millionen DM,

für das Jahr 1998: 31,1 Millionen DM,

für das Jahr 1999: 29,2 Millionen DM,

für die Jahre ab 2000: 25,0 Millionen DM,

Die Findung dieser Beträge beruht auf der Grundlage der Erkenntnismöglichkeiten, wie sie (fiktiv) zum Bewertungsstichtag zur Verfügung standen. Einer immer breiter um sich greifenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (Großfeld a.a.O., Seite 62 m.w.N.) entspricht es, diese fiktiv errechneten Ergebnisse insbesondere bei recht langer Verfahrensdauer einer sogenannten retrospektiven Plausibilitätskontrolle (auch: Wertaufhellung oder Soll-/Ist-Vergleich) zu unterziehen. Dem entspricht es, wenn der Antragsteller zu 1.) gegen das Gutachten einwendet, die im neuen Konzern konsolidierten Einzelergebnisse der Antragsgegnerin zu 1.) lägen erheblich über den vom Sachverständigen prognostizierten Beträge. Ob dem tatsächlich so ist, kann indes dahinstehen, denn die Plausibilitätskontrolle veranlasst die Kammer nicht zu einer Abweichung von den prognostizierten Erträgen. Denn vom Grundsatz her soll der Anteilseigner nach dem Wert entschädigt werden, der am Stichtag erkennbar war. Weicht die spätere Entwicklung der Erträge von der am Stichtag erkennbaren deutlich ab, so ist die Frage zu stellen, warum dies so ist. Ebensowenig, wie er an späteren Risiken teilnimmt, kann der ausgeschiedene Aktionär nur dann an Chancen teilhaben, wenn die Voraussetzungen ihres Eintritts am Bewertungsstichtag im Ansatz bereits geschaffen waren (sog. Wurzeltheorie). An der allgemeinen Konjunkturentwicklung, gewinnbringenden späteren unternehmerischen Entscheidungen oder anderen unvorhergesehenen Umständen, wie Änderungen der Rahmenbedingungen etc. nimmt der ausgeschiedene Aktionär nicht mehr teil. Gründe bzw. konkrete, bereits am Bewertungsstichtag vorhanden gewesene Tatsachen, die letztlich dafür verantwortlich waren, dass die Geschäftsentwicklung erheblich besser verlaufen ist, als am Bewertungsstichtag voraussehbar, sind der Kammer nicht dargetan worden. Deshalb hat es bei dem Grundsatz der "stichtagsgerechten" Bewertung zu verbleiben.

(2) Kapitalisierungszinssatz

Nach der Ertragswertmethode waren diese fiktiv errechneten zukünftigen Erträge auf eine Größe zum Bewertungsstichtag zu reduzieren. Dieser Abzinsung auf den Stichtag liegt die Vorstellung zu Grunde, den Betrag zu ermitteln, der bei einem realistischen Zins (Kapitalisierungszins) Erträge bringt, die dem zu erwartenden Unternehmensgewinnen entsprechen (OLG Düsseldorf, ZIP 1988, Seite 1560).

a)

Ausgangspunkt zur Findung des Kapitalisierungszinssatzes ist der Basiszinssatz. Der Basiszinssatz bezieht sich auf die aus der Sicht des Stichtages auf Dauer erzielbare Rendite öffentlicher Anleihen. Abzustellen ist nach ständiger Rechtsprechung auf die durchschnittliche Rendite solcher öffentlicher Anleihen oder langfristiger festverzinslicher Wertpapiere. Dabei ist nicht auf die Höhe der Zinshöhe am Stichtag, sondern auf die aus der Sicht des Stichtages auf Dauer zu erzielende Verzinsung abzustellen. Dies hat der Sachverständige bei der Ermittlung des von ihm zu Grunde gelegten Basiszinssatzes beachtet. Die von ihm für das Jahr 1995 zu Grunde gelegte Größe von nominal 7,0 % begegnet keinerlei Bedenken. So nahm das OLG Stuttgart (AG 04 Seite 45) für einen Stichtag Ende 1989 einen Basiszins von 7,8 % an. Für einen Stichtag Mitte 1993 akzeptierte das Oberlandesgericht Düsseldorf (19 W 5/03 AktE) einen Basiszins von 7,5 %. Für die Sichtweise des Jahres 1995 7,0 % anzunehmen, entspricht deshalb der langfristig festzustellenden abnehmenden Tendenz. Eine retrospektive Plausibilitätskontrolle vorzunehmen und die danach stattgefundene tatsächliche Zinsentwicklung zu berücksichtigen, verbietet sich nach Auffassung der Kammer bereits vom Ansatz her. Für den Abfindungsanspruch in Aktien ist dies ohnehin müßig, weil es insoweit auf die Verschmelzungsrelation ankommt und bei der Bewertung der Hauptgesellschaft derselbe Basiszins zum Tragen kommen muss. Wählt der ausscheidende Aktionär die

Barabfindung, und entgeht ihm infolge der Auszahlung zu geringer Beträge und sinkenden Zinsniveaus eine entsprechende Anlagemöglichkeit, so ist dies kein Problem der Bewertung des Unternehmens, sondern des Verzugsschadensrechts (§ 320 b Abs. 1, Satz 6, letzter Absatz AktG).

b)

Methodengerecht war es weiter, diesen Basiszinssatz um einen Risikozuschlag zu korrigieren. Dies soll der Erfahrungstatsache Rechnung tragen, dass die Anlage in Kapital in einem Unternehmen mit größeren Risiken behaftet ist, als die Anlage in öffentlichen Anleihen.

Vom Ansatz her nicht zu beanstanden hat der Sachverständige versucht, den Risikozuschlag aus Kapitalmarktdaten abzuleiten und hierfür die Renditendifferenz zwischen langfristigen Erträgen aus Aktienanlagen im Vergleich zu denen öffentlicher Anleihen zu ermitteln (sog. Risikoprämie). Die Risikoprämie hat der Sachverständige mit 3 - 6 % ermittelt; in einem vorausgegangenen vom zuständigen Obergericht entschiedenen Verfahren (OLG Düsseldorf, AG 03, Seite 329 (333)) wurde die Bandbreite auf 4 - 6 % angesetzt. Dieser Denkansatz versagt im vorliegenden Fall jedoch, weil für die Gewinnung dieser Spanne kein geeigneter Maßstab zur Verfügung steht: Die Antragsgegnerin zu 1.) war nicht börsennotiert, so dass einmal die Realisierung von Spekulationsgewinnen ausscheidet, zum Zweiten eine taugliche Grundlage zur Ermittlung des sog. "Beta-Faktors" nicht gegeben ist.

Folglich muss auf andere Methoden zur Erkennung eines angemessenen Risikozuschlages zurückgegriffen werden. Im Allgemeinen bewegen sich die von der Rechtsprechung angenommenen Risikozuschläge zwischen 0,5 % und 2 % (Großfeld, Seite 130 m.w.N.). In besonders begründeten Ausnahmefällen wurden auch 0,0 % (OLG Düsseldorf, AG 2003, Seite 693) für einen Teil-Konzern und 4,1 % (OLG Düsseldorf AG 2003, Seite 333, für ein im Bereich der "newtechnologie" tätiges Unternehmen) angenommen. Der Sachverständige hat die Antragsgegnerin zu 1.) als ein Unternehmen mit mittlerer Risikoklasse bezeichnet. Dagegen sind keine durchgreifenden Argumente vorgebracht worden. Der Mittelwert zwischen dem niedrigsten angenommenen Risikozuschlag (0,0 %) und dem höchsten der Kammer bekannt gewordenen (4,1 %) beträgt 2,05 %. Der Mittelwert der am häufigsten angenommenen Spanne

(0,5 - 2 %) beträgt 1,25 %. Mangels jedweder anderer greifbarer Anhaltspunkte schätzt die Kammer den Risikozuschlag im vorliegenden Fall deshalb auf 1,65 %. Dies hält der Plausibilitätskontrolle stand: Denn die Antragsgegnerin zu 1.) ist ein Unternehmen, für dessen Unternehmensbereiche in der Vergangenheit sich weder spezielle Unternehmensrisiken verwirklicht haben, noch wegen ihrer Diversifizierung in verschiedene Bereiche und der weltweiten Positionierung für die Zukunft durchgreifende Veränderungen in Sicht sind. Revolutionäre technische Neuerungen, die den Absatz ihrer Produkte beeinträchtigen könnten, sind definitiv nicht in Sicht. Es handelt sich um klassische, solide "old economy".

Diesen Risikozuschlag deshalb zu modifizieren und in der Folge für beide Unternehmen von verschiedenen Risikozuschlägen auszugehen, weil einmal die Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) nicht börsennotiert sind (sog. Fungibilitätszuschlag) und des Weiteren die beiden Gesellschaften verschiedene Strukturen aufweisen, sieht sich das Gericht nicht veranlasst.

Die Kammer schließt sich einmal der Auffassung an, dass es den ausscheidenden Anteilsinhabern nicht zum Nachteil gereichen darf, dass sie eine nicht oder nur schwierig veräußerbare Beteiligung inne hatten (Großfeld a.a.O., Seite 133). Denn die Enteignung der Anteilseigner ist gegen ihren Willen geschehen. Derjenige, der sich für den Erwerb nicht börsennotierter Aktien entscheidet, hofft gerade nicht auf Spekulationsgewinne durch Kursschwankungen. Er hofft auf Dividendenausschüttungen oder - wie hier im Fall einer quasipersonalistisch geprägten Aktiengesellschaft - auf Wertsteigerungen des Anlagevermögens durch Bildung stiller Reserven oder sonstiger Thesaurierungen. Dafür ist er zu entschädigen. Kommt wie im vorliegenden Fall noch hinzu, dass die Gesellschaft, aus der er ausscheidet, dauerhaft hoch profitabel wirtschaftet, so kommt ein Fungibilitäts-Abschlag jedenfalls nicht in Betracht.

Auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin zu 2.) in drei Unternehmensbereiche diversifiziert ist, bleibt außer Betracht. Denn bei näherem Hinsehen besteht für

die Bewertung (anders, als es aus innerbetrieblichen Gründen möglicherweise sinnvoll ist) kein durchschlagender Grund, zwischen den Unternehmensbereichen zu 1.) (Wärme- und Energietechnik) und dem Bereich zu 2.) (Luft- und Kältetechnik) zu differenzieren. Beide Bereiche sind nach Auffassung der Kammer praktisch gleichzusetzen: Der Kreis potentieller Nachfrager dürfte weitgehend identisch sein. Auch ist weder vorgetragen, noch ersichtlich, warum etwa konjunkturelle Schwankungen oder Änderungen irgendwelcher Rahmenbedingungen sowie irgendein allgemeines oder besonderes Unternehmensrisiko den einen Bereich anders treffen sollte, als den anderen.

c)

Der weitere Abzug der persönlichen Ertragssteuer von

35 % und eines Wachstumsabschlages von 1 % sind methodengerecht und werden mit durchgreifenden Argumenten auch nicht angegriffen.

Nach allem errechnet sich ein Kapitalisierungszinssatz von (7 % + 1,65 % = 8,65 % - 3,5 % - 1,0 % =) 4,15 %.

Aus diesem Kapitalisierungszinssatz errechnet sich folgender Ertragswert zum Bewertungsstichtag:

(aa) Ertragswert zum 31.12.1994/01.01.1995

zu kapitalisierende Ergebnisse (Mio. DM) Abzinsungsfaktor Barwert (Mio. DM) 1995 18,5 0,9602 17,8 1996 20,5 0,9219 18,9 1997 25,8 0,8852 22,8 1998 31,1 0,8499 26,4 1999 29,2 0,8160 23,8 ab 2000 25,0 19,6632 491,6 Ertragswert 601,3

(bb) Aufzinsung zum 20.06.1995

Die Aufzinsung führt unter Zugrundelegung

von 170 Zinstagen und einem Zinssatz von 7 %

zu einem Aufzinsungsbetrag von 19,5 Mio. DM.

Der gesamte Ertragswert der Antragsgegnerin

zu 1.) beträgt mithin 620,8. Mio. DM.

bb)

Mit dem Sachverständigen geht die Kammer davon aus, dass der Wert des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens nach Steuern 83,7 Millionen DM betrug.

In diesem Betrag ist zu Recht das latente Körperschaftsteuer-Guthaben in Höhe von 53,9 Millionen DM enthalten. Dass ein derartiges Guthaben vorhanden war, ist zwischen allen Beteiligten unstreitig. Die von den Antragsgegnerinnen gegen die Ansetzung des Betrages in voller Höhe vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Einmal müssen sich die ausscheidenden Anteilseigner nicht an ihrem früheren Ausschüttungs- bzw. Thesaurierungsverhalten festhalten lassen, denn dieses war maßgeblich dadurch beeinflusst, dass im vorliegenden Fall die Gruppe der Aktionäre der (nicht börsennotierten) Antragsgegnerin zu 1.) quasi - personalistisch geprägt war; obwohl als Kapitalgesellschaft inkorporiert, handelte es sich mehr oder weniger um einen "Familienbetrieb".

Dem entspricht es, dass die Ausschüttung des Körperschaftssteuer-Guthabens auch nicht auf den Bilanzgewinn eines Jahres beschränkt sein kann, ebensowenig wie auf den Überschuss aus der Liquidation es nichtbetriebsnotwendigen Vermögens nach Abzug von Veräußerungskosten und Steuern. Unerheblich ist auch, ob das Garantie-Kapital bei sofortiger Ausschüttung dieses Guthabens angegriffen werden müsste; denn hier wird nur ein fiktiver Gedankengang zum Zwecke der Bewertung vorgenommen.

Der Gesamt-Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 1.) zum Stichtag beträgt mithin 704,5 Millionen DM.

Wie eingangs bereits ausgeführt, handelt es sich bei dieser Zahl nicht um einen mathematisch oder naturwissenschaftlich tatsächlichen objektivierbaren Umstand, sondern lediglich um das Ergebnis eines mit einer Vielzahl von Unsicherheiten, Fiktionen und Wertungen versehenen Denkweges zur Findung eines angemessenen Ergebnisses. Nach Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass als Ausgangspunkt für eine angemessene Entschädigung der ausgeschiedenen Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1.) von einem Unternehmenswert in Höhe von insgesamt

700 Millionen DM

auszugehen ist.

Auf die Aktie im Nennwert von 50,00 DM entfällt damit ein anteiliger Unternehmenswert von 274,12 DM. Dies entspricht 140,16 EUR.

Nach erneuter, rundender Schätzung gemäß § 287

Abs. 2 ZPO legt die Kammer deshalb die angemessene Barabfindung der ausgeschiedenen Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1.) für jede Aktie im Nennwert von 50,00 DM auf

140,00 EUR

fest.

b) Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2.)

(GEA AG)

aa)

Auch der Berechnung der zukünftig zu erwartenden Überschüsse der Antragsgegnerin zu 2.) ist der Sachverständige methodengerecht vorgegangen. Keinen Bedenken begegnet es auch, die steuerlichen Verlustvorträge wie geschehen (Blatt 37 des Gutachtens) zu berücksichtigen.

Auch hinsichtlich des Kapitalisierungszinssatzes kann auf das zuvor aufgeführte Bezug genommen werden, allerdings mit der Besonderheit, dass bei der Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes bezüglich der Antragsgegnerin zu 2.) ein Wachstums- bzw. Inflationsabschlag nicht mehr zu geschehen hatte. Daraus ergab sich für die Abzinsung der zukünftigen Überschüsse der Antragsgegnerin zu 2.) ein Kapitalisierungszinssatz von (7 % + 1,65 % - 3,5 % =) 5,15 %. Daraus ergibt sich folgender Barwert:

zu kapitalisierende Ergebnisse (Mio. DM) Abzinsungsfaktor Barwert (Mio. DM) 1995 149,3 0,9510 142,0 1996 174,5 0,9044 157,8 1997 181,8 0,8601 156,4 1998 195,4 0,8180 159,8 1999 202,6 0,7780 157,6 2000 183,8 0,7399 136,0 2001 183,8 0,7036 129,3 2002 183,8 0,6691 123,0 2003 183,8 0,6364 117,0 2004 172,1 0,6052 104,2 2005 160,3 0,5756 92,3 2006 160,3 0,5474 87,7 2007 160,3 0,5206 83,4 2008 160,3 0,4951 79,4 2009 159,5 0,4708 75,1 ab 2010 158,9 9,1423 1.452,7 Ertragswert 3.253,7

Dieser war mit 170 Zinstagen auf den

Stichtag, den 20. Juni 1995 aufzuzinsen,

und zwar mit einem Betrag von 106 Mio. DM.

Insgesamt ergab sich damit ein Ertrags-

wert von 3.359,7 Mio. DM.

bb)

Mit dem auch insoweit methodengerecht

vorgehenden Sachverständigen kommt die

Kammer zu einem Wert des nicht betriebs-

notwendigen Vermögens in Höhe von 164,4 Mio. DM.

Der gesamte Unternehmenswert der Antrags-

gegnerin zu 2.) zum Stichtag betrug

mithin 3.524,1 Mio DM.

Nach rundender Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO setzt die Kammer den Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2.) auf

3.500 Mio. DM

fest.

Bei 4.150.000 Stück Aktien im Nennwert von 50,00 DM ergibt sich ein anteiliger Unternehmenswert pro Aktie in Höhe von 843,37 DM. Dies entspricht umgerechnet 431,21 EUR.

Nach erneuter Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO erachtet die Kammer den anteiligen Unternehmenswert jeder Aktie der Antragsgegnerin zu 2.) im Nennwert von 50,00 DM mit

430,00 EUR

für angemessen.

4)Umtauschverhältnis

Da die Anzahl der Aktien der Antragsgegnerin zu 2.) je zur Hälfte aus Stamm- und Vorzugsaktien bestehen, ist ein Umtauschverhältnis zu wählen, in dem sich diese Relation wiederfindet. Zugleich ist ein Modus zu finden, der eine möglichst geringe bare Zuzahlung ergibt, um die Rechtstellung der Aktionäre, die die Abfindung in Aktien der Antragsgegnerin zu 2.) wählen, so gering wie möglich zu beeinträchtigen. Deshalb sind für drei Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) je eine Stamm- oder Vorzugsaktie der Antragsgegnerin zu 2.) nebst einer baren Zuzahlung durch die Antragsgegnerin zu 2.) in Höhe von 10,00 EUR zu gewähren nach folgender Berechnung:

-Aktien (3 x 140,00 EUR) 420,00 EUR

-Aktie ( 1 x 430,00 EUR) 430,00 EUR

Bare Zuzahlung 10,00 EUR

Um die Parität zwischen Stamm- und Vorzugsaktien zu wahren, ist dabei so vorzugehen, dass für die ersten drei Aktien der Antragsgegnerin zu 1.) eine Stammaktie der Antragsgegnerin zu 2.) zu gewähren ist, für die zweiten drei Aktien hingegen eine Vorzugsaktie, usw..

Verbleibende Aktienspitzen sind mit dem festgesetzten Wert der Aktie der Antragsgegnerin zu 1.) bar abzufinden.

C.

Der Anspruch auf bare Zuzahlung und der Anspruch auf angemessene Barabfindung ist gemäß § 320 b Abs. 1 Satz 6 AktG mit 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Dieser ist mit Wirkung vom 01.01.1999 durch den Basiszinssatz ersetzt worden. Die Vorschrift selbst ist mit Art. 5 der Verordnung über die Ersetzung von Zinssätzen vom 05.04.2002 (BGBl I, Seite 1250) geändert worden; zum 12.04.2002 an ist Bezuggröße der Basiszinssatz gemäß

§ 247 BGB getreten. Die Zinspflicht beginnt mit dem 23.01.1996. Sie setzt mit dem Ablauf des Tages ein, an dem die Eintragung der Eingliederung bekannt gemacht wurde. Die Eintragung selbst erfolgte am 13.12.1995, die (letzte) Veröffentlichung in den Geschäftsblättern geschah am 22.01.1996.

Die Kosten des Verfahrens trägt gemäß § 306 Abs. 7

Satz 8 AktG die Antragsgegnerin zu 2.). Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, die Kosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, liegen nicht vor. Dies gilt auch, soweit gegen die Antragsgegnerin zu 1.) gerichtete Anträge mangels Passivlegitimation zurückgewiesen worden sind. Denn dies ist wirtschaftlich letztlich bedeutungslos und hat auch keine besonderen Kosten verursacht (§ 92 Abs. 2 ZPO analog).

Insoweit entspricht es auch der Billigkeit, dass die Antragsgegnerin zu 2.) die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller tragen (§§ 306 Abs. 2, 99 Abs. 1 AktG, § 13 a FGG). Der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre kann gemäß § 306 Abs. 4 Satz 6 AktG von der Antragsgegnerin zu 2.) den Ersatz angemessener barer Auslagen sowie eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen.






LG Dortmund:
Beschluss v. 01.04.2004
Az: 18 AktE 2/03


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