Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juli 2011
Aktenzeichen: 35 W (pat) 472/08

(BPatG: Beschluss v. 13.07.2011, Az.: 35 W (pat) 472/08)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin I wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts vom 29. Juli 2008 aufgehoben und der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin II zurückgewiesen, soweit er sich gegen das Streitgebrauchsmuster in der Fassung mit den mit Schriftsatz vom 5. März 2009 als 3. Hilfsantrag eingereichten Ansprüchen 1 bis 24 richtet.

2.

Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

3.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beschwerdeführerin I 1/3 und der Beschwerdeführerin II 2/3 zu Last.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin, Beschwerdeführerin zu I und Beschwerdegegnerin zu II (im Folgenden: Antragsgegnerin) war Inhaberin des am 28. März 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt unter Inanspruchnahme der inneren Priorität der deutschen Patentanmeldung 199 27 699.4 vom 17. Juni 1999 hinterlegten Gebrauchsmusters 200 23 813 (Streitgebrauchsmuster), das aus der deutschen Patentanmeldung 100 14 265.6 vom 22. März 2000 abgezweigt worden ist. Das Gebrauchsmuster wurde am 22. Juni 2006 unter der Bezeichnung

"Schalteinrichtung für eine Mehrgangnabe für ein Fahrrad"

mit Schutzansprüchen 1 bis 31 in das Register eingetragen und ist nach Erreichen der Höchstschutzdauer mit Ablauf des Monats März 2010 erloschen.

Der eingetragene Schutzanspruch 1 lautet:

"1. Schalteinrichtung für eine Mehrgangnabe für ein Fahrrad, umfassend -eine Nabenachse (1); -einen Antreiber (3); -eine Nabenhülse (5); -ein Getriebe mit mindestens einem Planetengetriebe (6, 9, 7, 8); -eine Steuereinrichtung zum Wechseln der Gangstufen im Getriebe mitmehreren dem Planetengetriebe zugeordneten, steuerbaren Freilaufkupplungen mit diesen zugehörigen Klinken (10, 11), wobei die Steuereinrichtung betätigbar ist, den Kraftfluss zwischen den Freilaufkupplungen zu wechseln, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung eine Schalteinheit (22, 22a) aufweist, die an den Freilaufkupplungen zugewandten Seiten von Vorsprüngen und Lücken gebildete Profile (23, 30; 24, 30) aufweist und dafür ausgelegt ist, vermittels dieser Profile auf die Klinken (10, 11) der Freilaufkupplungen aus einem Vortrieb des Antriebsdrehmoments entnehmbare Steuerkräfte auszuüben, um die Freilaufkupplungen auch unter Last außer Eingriff zu bringen, und dass die Schalteinheit mit einer FriktionÜberlastkupplung (39) ausgeführt ist, welche wirksam ist, auf ein von ihr übertragenes Drehmoment anzusprechen, um die unter Last aus dem Vortrieb des Antriebsdrehmoments entnommenen, auf die Klinken (10) der Freilaufkupplungen wirkenden Steuerkräfte zu begrenzen."

Zu den nachfolgenden Schutzansprüchen 2 bis 31 wird auf die Streitgebrauchsmuster-Schrift verwiesen.

Auf den Löschungsantrag der Antragstellerin, Beschwerdeführerin zu II und Beschwerdegegnerin zu I (im Folgenden: Antragstellerin) hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts das Gebrauchsmuster mit Beschluss vom 29. Juli 2008 teilgelöscht, soweit es über die Fassung des Hilfsantrags der Antragsgegnerin vom 4. Juli 2008 hinausgeht, und im Übrigen den Löschungsantrag zurückgewiesen. Sie war der Auffassung, der Schutzanspruch 1 in der eingetragenen Fassung gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus. Der Gegenstand nach den Schutzansprüchen des Hilfsantrags sei ursprünglich offenbart und zudem schutzfähig gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik.

Gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerin hat das Streitgebrauchsmuster in gegenüber der eingetragenen beschränkter Fassung mit Hauptantrag und zwei Hilfsanträgen verteidigt.

Schutzanspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet (Unterschiede zur eingetragenen Fassung durch Streichung und Unterstreichung hervorgehoben):

"1. Schalteinrichtung für eine Mehrgangnabe für ein Fahrrad, umfassend -eine Nabenachse (1); -einen Antreiber (3); -eine Nabenhülse (5); -ein Getriebe mit mindestens einem Planetengetriebe (6, 9, 7, 8); -eine Steuereinrichtung zum Wechseln der Gangstufen im Getriebe mitmehreren dem Planetengetriebe zugeordneten, steuerbaren Freilaufkupplungen mit diesen zugehörigen Klinken (10, 11), wobei die Steuereinrichtung von einer Fernbedienung betätigbar ist, den Kraftfluss zwischen den Freilaufkupplungen zu wechseln, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung eine Schalteinheit (22, 22a) aufweist, die von einer Schalthülse (21, 21a) und einer Schaltbuchse (20) gebildet ist, die welche an den Freilaufkupplungen zugewandten Seiten von Vorsprüngen und Lücken gebildete Profile (23, 30; 24, 30) aufweist aufweisen und dafür ausgelegt ist sind, vermittels dieser Profile auf die Klinken (10, 11) der Freilaufkupplungen aus einem Vortrieb des Antriebsdrehmoments entnehmbare Steuerkräfte auszuüben, um die Freilaufkupplungen auch unter Last außer Eingriff zu bringen, und dass die Schalteinheit mit einer eine FriktionÜberlastkupplung (39) ausgeführt ist aufweist, welche wirksam ist, auf ein von ihr übertragenes Drehmoment anzusprechen, um die unter Last aus dem Vortrieb des Antriebsdrehmoments entnommenen, auf die Klinken (10) der Freilaufkupplungen wirkenden Steuerkräfte zu begrenzen."

Diesem Schutzanspruch 1 schließen sich die Unteransprüche 2 bis 24 an. Zu diesen sowie zu den Schutzansprüchen nach dem 1. und 2. Hilfsantrag wird auf die Akte verwiesen.

Die Antragsgegnerin hält die verteidigten Schutzansprüche aller Anträge für zulässig und schutzfähig gegenüber dem Stand der Technik und legt als Anlage W1 zur Stützung ihrer Auffassung betreffend den Bedeutungsinhalt von "FriktionÜberlastkupplung"

Dubbel -Taschenbuch für den Maschinenbau, 19. Auflage 1997, Seiten G74, G75, vor.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts vom 29. Juli 2008 aufzuheben und den Feststellungsantrag sowie die Beschwerde der Beschwerdeführerin II zurückzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitgebrauchsmuster mit den Schutzansprüchen nach den in der mündlichen Verhandlung am 13. Juli 2011 gestellten Anträgen richten, nämlich 1. als Hauptantrag: mit den Schutzansprüchen 1 bis 24 gemäß

3. Hilfsantrag vom 5. März 2009, 2. als 1. Hilfsantrag: mit den Schutzansprüchen 1 bis 23 gemäß

4. Hilfsantrag vom 5. März 2009, 3. als 2. Hilfsantrag: mit dem Schutzanspruch 1 gemäß

5. Hilfsantrag vom 5. März 2009, an den sich die Ansprüche 2 bis 23 gemäß dem 4. Hilfsantrag vom 5. März 2009 anschließen.

Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts vom 29. Juli 2008 aufzuheben und festzustellen, dass das Gebrauchsmuster DE 200 23 813 rechtsunwirksam war, sowie die Beschwerde der Beschwerdeführerin I zurückzuweisen.

Sie ist insbesondere der Meinung, die Schutzansprüche 1 nach sämtlichen Anträgen seien gegenüber der Ursprungsanmeldung des Streitgebrauchsmusters unzulässig erweitert.

Zudem stehe der Stand der Technik den Schutzansprüchen 1 aller Anträge schutzhindernd entgegen. In der mündlichen Verhandlung hat sie sich hierzu auf folgende Druckschriften bezogen:

- EP 0 658 475 B1 (L7) mit Übersetzung DE 694 13 937 T2

(L7a)

- JP 7-165 151 A (L30) mit deutschsprachiger Übersetzung

(L31)

- EP 0 803 430 A2 (L5) mit Übersetzung DE 697 03 135 T2

(L5a) der zugehörigen B1-Schrift - DE 196 17 733 A1 (L3)

- W. Krause "Konstruktionselemente der Feinmechanik", 2. Auflage 1993, Seiten 500 bis 504, 510 bis 513 (L32), nachfolgend bezeichnet mit "Literatur Krause"

- M. Kawada "Konstruktion der Maschinenelemente", 6. Auflage 1975, Seiten 114 bis 117 (L33), nachfolgend bezeichnet mit "Literatur Kawada"

-H. Haberhauer u. a. "Maschinenelemente -Gestaltung, Berechnung, Anwendung", 10. Auflage 1996, nachfolgend bezeichnet mit "Literatur Haberhauer".

Des Weiteren macht sie unter Beweisantritt geltend, der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters sei der Öffentlichkeit in Gestalt einer Nabe mit der Bezeichnung SG-4R35 zugänglich gemacht worden. Zum Nachweis legt sie Lieferpapiere, Rechnungen, einen Produktkatalog, eine Bedienungsanleitung, eine Ersatzteilliste, ein Foto, mehrere Zeichnungen, sowie eine Videopräsentation mit Zeitablaufschema vor (L10 bis L28). Darüber hinaus führt sie in der mündlichen Verhandlung eine teilmontierte Schalteinrichtung vor, wie sie in der entgegengehaltenen Nabe SG-4R35 zum Einsatz gekommen sein soll.

Im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt mit den seinerzeit geltenden Schutzansprüchen hat sie außerdem auf folgenden weiteren druckschriftlichen Stand der Technik verwiesen:

-DE 44 02 344 C1 (L2)

-DE 42 29 023 A1 (L4)

-EP 0 531 608 B1 (L8) mit Übersetzung DE 692 02 657 T2

(L8a)

-US5896969A (L9) (Familienschrift zu L3).

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung noch einen Auszug aus dem Lehrbuch K.-H. Decker "Maschinenelemente -Gestaltung und Berechnung", 14. Auflage 1998, Seiten 440 bis 451 (nachfolgend bezeichnet mit "Decker")

in das Verfahren eingeführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Von den zulässigen Beschwerden hat nur die der Antragsgegnerin in dem sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Umfang Erfolg. Der nach Ablauf der Schutzdauer des Streitgebrauchsmusters nunmehr gestellte Antrag auf Feststellung von dessen Unwirksamkeit ist problemlos zulässig im Hinblick auf das parallele, bis zur Entscheidung im Löschungsverfahren ausgesetzte Verletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (4a O 402/06), in dem die Antragstellerin wegen Verletzung in Anspruch genommen wird. Diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden, da die zuletzt verteidigten Ansprüche gegenüber der Ursprungsanmeldung keine unzulässige Erweiterung enthalten und ihr Gegenstand gegenüber dem in Verfahren befindlichen Stand der Technik neu ist und auch auf einem erfinderischen Schritt beruht.

1. Das Streitgebrauchsmuster betrifft eine Schalteinrichtung für eine Mehrgangnabe für ein Fahrrad.

Nach der Beschreibung des Streitgebrauchsmusters ist aus der DE 196 17 733 A1 ein unter Last schaltbarer Klinkenfreilauf für Mehrgangnaben bekannt, bei dem eine Klinke zur Drehmomentübertragung mit einem Schaltring in formschlüssigem Eingriff steht. Zum Ausheben der Klinke aus ihrem Eingriff mit dem Schaltring sei eine Schaltbuchse vorgesehen, die je nach Höhe des übertragenen Drehmoments mit verschiedenen Körperabschnitten mit der Klinke zusammenwirke. Die Klinke soll dadurch auch unter Last zuverlässig ausgesteuert werden. Bei einer Mehrgangnabe nach der EP 0 803 430 A2 sei ein von einem Schubklotz in Axialrichtung beaufschlagbarer, mit dem Antreiber drehfest verbundener Schaltring vorgesehen, der ein axial wirkendes Profil zum Zusammenwirken mit dem Schubklotz aufweise. Der Schubklotz sei durch Federkraft gegen den Schaltring vorgespannt und durch eine Betätigungsstange vom Schubklotz weg verschiebbar. Der Schaltring werde durch Federkraft in Schaltrichtung beaufschlagt, wobei bei höherem Widerstand gegen die Schaltbewegung des Schaltrings der Schubklotz mit dem Axialprofil des Schaltrings zur Unterstützung der Schaltbewegung zusammenwirke. Bei übermäßig hohem Schaltwiderstand weiche der Schubklotz unter Abweisung durch Schrägen des Axialprofils unter Distanzierung von dem Schaltring aus, so dass der Schaltvorgang erst bei Erreichen eines verringerten Schaltvorgangs durchgeführt werde. Aus der DE 44 02 344 C1 sei ein Klinkengesperre für Mehrgangnaben bekannt, welches in der einen Drehrichtung einen Ringkörper mit der Nabenachse drehfest kuppele. Dabei greife eine Klinke in eine zur Nabenachse parallele Nut des Ringkörpers ein. Ein parallel zur Nabenachse verschiebbarer Steuerschieber könne unter die Klinke geschoben werden, um diese außer Eingriff mit dem Ringelement zu bringen und zu halten. Bei einem Schaltmechanismus nach der DE 42 29 023 C2 werde die Kraftübertragung in eine Antriebskomponente und eine nach innen gerichtete Steuerkomponente aufgeteilt, wobei vorteilhafterweise auch im Lastfalle nur die kleinere Steuerkomponente zu beherrschen sei.

2.

Aufgabe der Erfindung ist laut Streitgebrauchsmuster, eine Schalteinrichtung für eine Mehrgangnabe zu schaffen, die einen Gangwechsel sowohl im Stillstand als auch unter Last ohne wesentliche Erhöhung der Steuerkräfte an einer Fernbedienung betriebssicher ermöglicht.

3.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch die Schalteinrichtung mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag.

Für die Interpretation dieser jeweiligen Lösung ist das Verständnis des zuständigen Fachmanns zugrundezulegen, den der Senat als Fachhochschulingenieur der Fachrichtung "Allgemeiner Maschinenbau" definiert, der bei einem Fahrradhersteller oder einem Zulieferer mit der Konstruktion von Mehrgangnaben für Fahrräder befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

Dieser Fachmann hat schon aufgrund seiner für die Zulassung zu seiner Fachausbildung notwendigen Allgemeinbildung ein gehobenes Sprachniveau mit sicherer Beherrschung der Sprachkonventionen. Er interpretiert zudem den beanspruchten Gegenstand wie auch den Stand der Technik ausschließlich im Lichte seiner technischen Fachkenntnis, eine Interpretation des Anspruchswortlauts im Hinblick auf eine Durchsetzung bzw. Vernichtung von Schutzrechten des gewerblichen Rechtsschutzes, wie es aus parteilicher Sicht als opportun angesehen werden mag, ist ihm fremd. Diese Unvoreingenommenheit des zuständigen Fachmanns ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Interpretation des streitgegenständlichen Gegenstands sowie des entgegengehaltenen Standes der Technik.

Nach dem Verständnis dieses Fachmanns ist die streitbefangene Schalteinrichtung in einer Mehrgangnabe eines Fahrrads vorgesehen, die ein Getriebe mit mindestens einem Planetengetriebe aufweist. Zum Wechseln der Gangstufen dient eine Steuereinrichtung mit mehreren Freilaufkupplungen mit Klinken, wobei die Freilaufkupplungen mit Elementen des Planetengetriebes in Wirkverbindung treten ("dem Planetengetriebe zugeordnet"). Die Steuereinrichtung ist zwecks Gangwechsel von einer Fernbedienung betätigbar. Sie weist zum Betätigen der Klinken der Freilaufkupplungen eine Schalteinheit auf, die von einer Schalthülse und einer Schaltbuchse gebildet ist. Schalthülse und Schaltbuchse sind an ihren den Freilaufkupplungen zugewandten Seiten mit Profilen, bestehend aus Vorsprüngen und Lücken, zum Aufbringen von Steuerkräften auf die Klinken versehen. Die Steuerkräfte entstammen dem Antriebsdrehmoment und dienen dem Auskuppeln der Freilaufkupplungen unter Last. Eine durch Reibschluss wirkende Kupplung der Schalteinheit begrenzt die dabei auf die Klinken durch die Steuerkräfte aufgebrachten Beanspruchungen (FriktionÜberlastkupplung).

Die Bedeutung dieses Begriffs der "FriktionÜberlastkupplung" ist unter den Beteiligten besonders umstritten. Hierunter versteht der Fachmann eine Kupplung, welche zwei Bauteile (Kupplungspartner) bis zur Höhe eines voreingestellten Drehmoments mittels Reibkraft drehfest verbindet und bei Überschreiten dieses voreingestellten Drehmoments (Rutschmoment bzw. Losbrechmoment) die drehfeste Verbindung unter Übergang zur Gleitreibung verliert, um die Bauteile vor unzulässig hoher Beanspruchung zu schützen (vgl. Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I, Seite 10, 4. Absatz). Dabei ist für den Fachmann klar, dass mit der durch Übergang in die Gleitreibung erfolgenden Begrenzung der Steuerkräfte eine innerhalb des realen Fahrbetriebs auch tatsächlich mögliche Krafteinwirkung gemeint ist. Denn anderenfalls ergäbe die Lastbegrenzung keinen Sinn. Die korrespondierenden Eingriffsbereiche der Kupplungspartner bleiben sowohl im Zustand der Haftreibung als auch im Zustand der Gleitreibung unverändert in Kontakt und in gegenseitigem Eingriff. Im Falle der Lastbegrenzung (Durchrutschen) liegt ein in jeder Drehstellung gleichbleibend großes Drehmoment an (schaltbares Drehmoment), welches zum Drehmoment unterhalb der Lastgrenze (übertragbares Drehmoment) im konstanten Verhältnis von Gleitreibung zur Haftreibung steht ("Decker" Seite 441, 1. Absatz). Das schaltbare Drehmoment ist dabei ausreichend groß, um bei Absinken der Überlast die zwar verringerten, aber immer noch vorhandenen Schaltwiderstände überwinden zu können. Dies geschieht durch Übergang zur Haftreibung mit dem dabei auftretenden übertragbaren Drehmoment. Der lediglich vom momentan anliegenden Drehmoment abhängige Übergang zur Haftreibung kann in jeder Drehstellung der Kupplungspartner erfolgen.

Zu diesem Verständnis von "FriktionÜberlastkupplung" kommt der Fachmann deshalb, weil die geschilderte Funktionsweise durch die an sich einfachste Bauweise einer Reibkupplung realisierbar und daher nächstliegend ist, nämlich durch zwei mit ihrer jeweiligen Kontaktfläche gegeneinander angedrückten Kupplungspartner, deren Kontaktzonen als Reibflächen ausgebildet und in ihrer gegenseitigen Lagebeziehung (abgesehen von der relativen Drehstellung) unveränderbar sind. Diese Bauweise und Funktion ist aus technischer Sicht als "klassisch" zu bezeichnen, die der oben definierte Fachmann bereits aus seinem Grundlagenstudium kennt und sich ihm deshalb beim Lesen der Gebrauchsmusterschrift unwillkürlich aufdrängt. An andere, kompliziertere Bauformen zu denken gibt das Streitgebrauchsmuster keinen Anlass. Denn dazu wären konkrete Angaben hinsichtlich Gestaltung und/oder Funktion erforderlich, die in der Gebrauchsmusterschrift aber gerade fehlen.

4. Die Schutzansprüche 1 bis 24 nach dem Hauptantrag sind zulässig.

4.1 Die mit ihnen beanspruchte Schalteinrichtung ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart.

Nachfolgend ist Schutzanspruch 1 in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben :

1.

Schalteinrichtung für eine Mehrgangnabe für ein Fahrrad, 2.

die Mehrgangnabe umfasst eine Nabenachse (1), 3.

die Mehrgangnabe umfasst einen Antreiber (3), 4.

die Mehrgangnabe umfasst eine Nabenhülse (5), 5.

die Mehrgangnabe umfasst ein Getriebe, 6.

das Getriebe enthält mindestens ein Planetengetriebe (6, 9, 7, 8), 7.

die Mehrgangnabe umfasst eine Steuereinrichtung zum Wechseln der Gangstufen im Getriebe, 8.

die Steuereinrichtung weist mehrere steuerbare Freilaufkupplungen auf, 9.

die Freilaufkupplungen sind dem Planetengetriebe (6, 9, 7, ,8) zugeordnet, 10.

den Freilaufkupplungen sind Klinken (10,11) zugehörig, 11.

dabei ist die Steuereinrichtung von einer Fernbedienung betätigbar, den Kraftfluss zwischen den Freilaufkupplungen zu wechseln,

-Oberbegriff 12.

die Steuereinrichtung weist eine Schalteinheit (22, 22a) auf, die von einer Schalthülse (21, 21a) und einer Schaltbuchse (20) gebildet ist, 13.

die Schalthülse (21, 21a) und die Schaltbuchse (20) weisen an den Freilaufkupplungen zugewandten Seiten Profile (23, 30; 24, 30) auf, 14.

die Profile (23, 30; 24, 30) sind von Vorsprüngen und Lücken gebildet, 15.

die Schalthülse (21, 21a) und die Schaltbuchse (20) sind dafür ausgelegt, vermittels der Profile (23, 30; 24, 30) auf die Klinken (10, 11) der Freilaufkupplungen Steuerkräfte auszuüben, 16.

die Steuerkräfte sind aus einem Vortrieb des Antriebsdrehmoments entnehmbar, 17.

die Steuerkräfte sind vorgesehen, um die Freilaufkupplungen auch unter Last außer Eingriff zu bringen, 18.

die Schalteinheit (22,22a) weist eine FriktionÜberlastkupplung (39) auf, 19.

die FriktionÜberlastkupplung (39) spricht auf ein von ihr übertragenes Drehmoment an, um die auf die Klinken (10,11) der Freilaufkupplungen wirkenden Steuerkräfte zu begrenzen, 20.

die Steuerkräfte sind unter Last aus dem Vortrieb des Antriebsdrehmoments entnommen.

-Kennzeichen -

Die Offenbarung einer Schalteinrichtung mit den Merkmalen 1 bis 5 im ursprünglichen Schutzanspruch 1 ist unstreitig.

Ein Planetengetriebe beliebiger Bauart als Bestandteil des Getriebes nach Merkmal 5 geht ebenfalls aus dem ursprünglichen Schutzanspruch 1 hervor. Zwingend durch diesen vorgeschrieben ist lediglich ein nicht näher spezifiziertes Getriebe, also ein Getriebe beliebiger Bauart. Lediglich optional kann das Getriebe ein oder mehrere Planetengetriebe mit "klassischen Elementen" (Sonnenrad, Planetenträger/Planetenrad, Hohlrad) enthalten (Oberbegriff ursprünglicher Anspruch 1: "insbesondere mindestens ein Planetengetriebe ..."). Von einem Getriebe beliebiger Bauart umfasst ist aber ohne weiteres einsehbar auch ein Planetengetriebe beliebiger Bauart, und damit auch ein solches, das nicht auf die genannten klassischen Getriebeelemente beschränkt ist. Insofern sind die im ursprünglichen Schutzanspruch 1 angegebenen "klassischen Elemente" des Planetengetriebes ebenfalls nur fakultativ mögliche Getriebeelemente und demnach vom Anspruchswortlaut her für ein auch ein Planetengetriebe aufweisendes Getriebe nicht zwingend vorgeschrieben. Von einer diesbezüglichen Erweiterung des hier geltenden Schutzanspruchs 1 durch Weglassen der ursprünglich mit dem fakultativ beanspruchten Planetengetriebe genannten "klassischen Elemente" kann daher -entgegen der Auffassung der Antragstellerin -nicht die Rede sein. (Merkmal 6).

Die Steuereinrichtung zum Wechseln der Gangstufen mit steuerbaren Freilaufkupplungen ist dem ursprünglichen Schutzanspruch 1 wieder unmittelbar entnehmbar (Merkmale 7, 8).

Die Zuordnung der Freilaufkupplungen zum Planetengetriebe folgt aus dem ursprünglichen Schutzanspruch 1 ("Wechseln der Gangstufen im Getriebe mit mindestens einer steuerbaren Freilaufkupplung") sowie aus der ursprünglichen Beschreibung (Seite 11, 2. Absatz; Merkmal 9).

Zwar bilden nach dem ursprünglichen Anspruchswortlaut die Freilaufkupplungen selbst die Klinken (Anspruch 2). Der Fachmann weiß allerdings, dass eine Klinke allein für sich keine Kupplung bilden kann. Denn letztere bedarf zwingend zweier Eingriffspartner mit lösbarem Eingriff. Der Fachmann wird daher schon allein aufgrund seines Fachverständnisses entgegen dem Anspruchswortlaut (er "klebt" nicht am Wortlaut) die Klinke lediglich als Bestandteil der Kupplung und somit als "der Kupplung zugehörig" sehen. Davon abgesehen geht Entsprechendes ohne weiteres aus der ursprünglichen Beschreibung hervor, wonach die Klinken je nach Schaltstellung in bzw. außer Eingriff mit Verzahnungen gebracht werden und somit zusammen mit diesen die Kupplungspartner bilden (z. B. Seite 13, 3. Absatz bis Seite 14, 1. Absatz; Merkmal 10).

Eine Fernbedienung zur Betätigung der Steuereinrichtung sowie eine Schalteinheit bestehend aus Schalthülse und Schaltbuchse sind dem ursprünglichen Anspruch 1 entnehmbar ( Merkmale 11, 12).

Die Profile mit Vorsprüngen und Lücken an Schalthülse und Schaltbuchse sowie die Auslegung der beiden letzteren Komponenten zum Ausüben von Steuerkräften auf die Klinken sind aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 i. V. m der Beschreibung entnehmbar (Seite 7, letzte Zeile bis Seite 8, Zeile 5; Seite 14, 2. und 3. Absatz; Merkmale 13 bis 15).

Die Offenbarung der Entnahme der Steuerkräfte aus dem Antriebsdrehmoment sowie der Nutzung der Steuerkräfte zum Auskuppeln der Freilaufkupplungen unter Last findet sich im ursprünglichen Anspruch 1 in Zusammenschau mit Angaben in der Beschreibung (Seite 8, Zeilen 5 bis 9; Seite 10, 2. Absatz; Seite 13, 3. Absatz; bis Seite 14, 1. Absatz; Merkmale 16, 17, 20).

Die FriktionÜberlastkupplung als Bestandteil einer Schalteinheit (Merkmal 18), die aus Schalthülse und Schaltbuchse besteht (Merkmal 12), geht aus einer Zusammenschau der ursprünglichen Ansprüche 1 und 20 hervor. Nach Anspruch 1 besteht die Schalteinheit aus Schalthülse und Schaltbuchse. Gemäß Anspruch 20 kann die Schalteinheit eine Friktionskupplung zur Begrenzung des Aushebedrehmoments aufweisen, wobei die Schaltbuchse der Schalteinheit lediglich fakultativ als die Kupplung aufnehmendes Bauteil genannt ist ("beispielsweise eine Schaltbuchse"). Von dieser Formulierung umfasst ist auch die Möglichkeit der Anordnung der Kupplung an der Schalthülse. Dieses ist zwar bei der konkreten Ausgestaltung gemäß Ausführungsbeispiel nicht möglich, weil die Schalthülse drehfest ist und die auf ihr sitzende Schaltbuchse zwangsweise gedreht wird (durch Kupplungsring 12). Die lediglich beispielhaft dargestellte Ausgestaltung (Ausführungsbeispiel) beschränkt jedoch nicht eine von Beschreibungsangaben und/oder Ansprüchen weiter umfasste Ausgestaltung, wie es hier durch Zusammenschau der ursprünglichen Ansprüche 1 und 20 der Fall ist (Merkmal 18).

Die FriktionÜberlastkupplung mit ihrer Funktion zur Begrenzung der Steuerkräfte ist im ursprünglichen Schutzanspruch 20 sowie in der Beschreibung (Seite 12, 3. Absatz) offenbart (Merkmal 19). Dass diese Kupplung "auf ein von ihr übertragenes Drehmoment anspricht", ergibt sich dem Fachmann aus dem insgesamt offenbarten technischen Sachverhalt. Denn die Kupplung dient der "Begrenzung des Aushebedrehmoments unter Last" sowie der Verhinderung/Verzögerung des Schaltvorgangs unter Spitzenlast (ursprünglicher Anspruch 20; Seite 12, 3. Absatz) und kommt mit ihrem stirnseitigen Profil mit der Klinke 10 zum Ausheben derselben in Eingriff (Seite 13, 4. Absatz; Seite 14, 3. Absatz; Seite 7, letzter Satz bis Seite 8, Zeile 18). Je nach anliegendem Antriebsdrehmoment laufen die Klinken dabei entweder über die Profile und die Umfangsfläche der von der FriktionÜberlastkupplung noch drehfest gehaltenen Schaltbuchse hinweg und werden dabei ausgehoben, oder sie drehen die Schaltkupplung unter Aufeinandergleiten der Reibpartner der Kupplung unter Beibehalt ihres Eingriffs mit der jeweiligen Verzahnung mit. In beiden Fällen übt die Kupplung einen Drehwiderstand auf die Klinken aus. Das ist nichts anderes als ein "von der FriktionÜberlastkupplung übertragenes Drehmoment" (Merkmal 19).

Vorstehende Ausführungen zeigen, dass der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 vom oben definierten Fachmann den ursprünglichen Anmeldeunterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmbar ist.

Die mit den rückbezogenen Schutzansprüchen 2 bis 24 beanspruchten Ausgestaltungen ergeben sich aus den ursprünglichen Schutzansprüchen, gegebenenfalls unter Hinzunahme von Angaben aus der Beschreibung.

4.2 Schutzanspruch 1 in der geltenden Fassung stellt gegenüber der eingetragenen Fassung eine Beschränkung dar.

Der geltende Schutzanspruch 1 enthält alle Merkmale des Schutzanspruchs 1 der eingetragenen Fassung und konkretisiert zusätzlich die in letzterer bereits bezeichneten Komponenten Steuereinrichtung und Schalteinheit dahin, dass die Steuereinrichtung von einer Fernbedienung betätigbar ist und die Schalteinheit von einer Schalthülse und einer Schaltbuchse gebildet ist. Der Anspruchsgegenstand nach der geltenden Fassung ist somit gegenüber dem Anspruchsgegenstand der eingetragenen Fassung beschränkt.

5.

Die Schalteinrichtung nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist schutzfähig gegenüber dem Stand der Technik.

5.1 Die Schalteinrichtung nach Schutzanspruch 1 ist neu.

a) EP 0 658 475 B1 (L7) Diese Druckschrift offenbart eine Gangschaltung für ein Fahrrad, die als Nabenschaltung ausgeführt ist (Spalte 1, Zeilen 7 bis 10 i. V. m. Spalte 2, Zeilen 47 bis 49; hier wiedergegebene Figur 1; Merkmal 1). Die Mehrgangnabe umfasst eine Nabenachse 3, einen Antreiber 1, eine Nabenhülse 2 sowie ein Getriebe 10 (Merkmale 2 bis 5). Das Getriebe enthält zwei Planetengetriebe 60, 70 (Merkmal 6), wobei eine Steuereinrichtung zum Wechseln der Gangstufen vorgesehen ist (Spalte 6, Zeilen 54, 55; Spalte 10, Zeilen 49 bis 51; Merkmal 7). Diese Steuereinrichtungweist mehrere steuerbare Freilaufkupplungen 21a bis 24a, 14, 16,18, 25 auf, die mit Elementen des Planetengetriebes in Eingriff stehen können und somit diesem zugeordnet sind (Spalte 4, Zeile 33 bis Spalte 5, Zeile 45; Merkmale 8, 9). Die Kupplungen weisen Klinken auf, z. B. die Sonnenradklinken 21a bis 24a sowie die dritte Übertragungsklinke 16 (Spalte 4, Zeilen 39 bis 43; Spalte 5, Zeilen 25 bis 31; Merkmal 10). Eine Fernbedienung zur Betätigung der Steuereinrichtung ist durch einen Schalthebel mit Schaltzug 6 gebildet (Spalte 8, Zeilen 38 bis 41; Merkmal 11). Ferner wirken eine Kupplungsteuerung 34 mit Steuerelement 37 und eine Schalthülse 31 zusammen, um die Klinken 21a bis 24a und 16 auszuheben (Spalte 4, Zeilen 24 bis 27; Spalte 7, Zeilen 12 bis 26). Dabei kann die Kupplungssteuerung 34 mit Steuerelement 37 als Schaltbuchse und die Schalthülse 31 als zugehörige Schalthülse im Sinne der gebrauchsmustergemäßen Nomenklatur angesehen werden, oder umgekehrt die Kupplungssteuerung 34 mit Steuerelement 37 als Schalthülse und die Schalthülse 31 als Schaltbuchse (vgl. Figur 1; Merkmal 12). Die so definierte Schalthülse und Schaltbuchse weisen an ihrer den Klinken 21a bis 24a und 16 zugewandten Seite Profile auf, die jeweils durch Vorsprünge und Lücken gebildet sind (Spalte 7, Zeilen 23 bis 26; Spalte 8, Zeilen 17 bis 21; Figur 3, Pos. 37a bis 37d; Figur 4 Pos. 31X, Y, Z; Merkmale 13, 14). Dabei ist die so definierte Schalteinheit aus Schalthülse und Schaltbuchse dafür ausgelegt, auf die Klinken Steuerkräfte auszuüben (Spalte 7, Zeilen 18 bis 26; Spalte 8, Zeilen 17 bis 21; Merkmal 15).

Zur Entnahme der Steuerkräfte aus dem Antriebsdrehmoment schlägt die EP 0 658 475 B1 zwei Konstruktionsvarianten vor.

Bei der ersten Variante (vgl. hier wiedergegebene Figur 7B) ist in einem Steuerring 50 der Steuereinrichtung 39 eine bei fehlender Spannung des Schaltzuges 6 aktivierbare Kupplungsklaue 36 vorgesehen (beim Runterschalten, wenn aufgrund hohen anliegenden Drehmoments Kupplungsklinken nicht aushebbar sind und die Rückstellfeder 32 deshalb die Schalthülse 31 nicht rückstellen kann), die in Eingriff mit einer gerippten Oberfläche 1b des Antriebsritzels 1a kommt. Durch Verrastung der Klaue 36 mit einer der Rippen 1c wird der Steuerring 50 vom Antriebsritzel 1a mitgedreht und überträgt dabei ein Drehmoment auf die Schalthülse 31 und über diese auf das Steuerelement 37 mit der Kupplungssteuerung 34 (Spalte 8, Zeile 52 bis Spalte 10, Zeile 37). Die Schalthülse 31 kann dabei die Sonnenradklinken 21a bis 24a unter Last mit Unterstützung einer dem Antriebsdrehmoment entnommenen Kraft ausheben. Dies ist z. B. beim Wechsel von der siebten in die sechste und von der zweiten in die erste Gangstufe der Fall (Sonnenradklinken 22a, 23a; Figur 2). Diese Kupplung zur Entnahme von Steuerkräften aus dem Vortrieb des Antriebsdrehmoments ist allerdings außerhalb der Nabenhülse 2 entfernt von Schalteinheit 31, 34/37 angeordnet.

Bei der zweiten Variante (vgl. hier wiedergegebene Figur 10) ist die Einrichtung zur Drehmomententnahme innerhalb des Nabengehäuses 2 angeordnet. Der Antreiber 1 weist eine Innenverzahnung 1z auf, in die bei Klemmen der Sonnenradklinken 21a bis 24 (Runterschalten) Kupplungsklinken 180 einrasten. Diese sitzen an einer Trägerscheibe 170, die das vom Antreiber 1 aufgebrachte Drehmoment auf eine Schalthülse 130 überträgt (Spalte 12, Zeilen 6 bis 17; Figuren 8 bis 10). Auch diese Kupplungseinrichtung zur Entnahme von Steuerkräften aus dem Antriebsdrehmoment bildet eine zur Schalteinheit 130, 34/37 separate Baueinheit.

Bei beiden Ausführungsarten sind somit zwar zwecks Aushebung der Kupplungen unter Last Steuerkräfte aus dem Antriebsdrehmoment entnehmbar (Merkmale 16, 17, 20), eine Begrenzung dieser Steuerkräfte ist allerdings nicht angegeben.

Die Schalteinrichtung nach dem Schutzanspruch 1 unterscheidet sich bei alledem zumindest in folgenden Merkmalen von den beiden Ausführungsvarianten gemäß EP 0 658 475 B1:

- die die Steuerkraft abzweigende Kupplung ist Bestandteil dervon Schalthülse und Schaltbuchse gebildeten Schalteinheit

(aus den Merkmalen 12, 18, 19)

- die Kupplung ist eine Überlastkupplung (Merkmale 18, 19)

- die Überlastkupplung ist eine Friktionskupplung (Merkmal 18, 19).

Die Auffassung der Einsprechenden, der Fachmann lese bei den beiden Kupplungsanordnungen ohne weiteres eine Begrenzung der Steuerkraft infolge Abrutschens der Klinken aus der Zahnverrastung bei zu hohem Drehmoment mit, folgt der Senat nicht. Denn dazu müsste das Einfedern der Klinken abhängig vom betrieblich möglichen Drehmoment eine diesem Kupplungstyp immanent beigegebene Funktion sein, die der Fachmann auch ohne ausdrückliche Erwähnung in selbstverständlicher Weise grundsätzlich unterstellt. Das ist bei einer Klinkenkupplung dieses Typs aber nicht der Fall. Vielmehr ist dieser Kupplungstyp in dem von der EP 0 658 475 B1 dargelegten Einsatzfall geeignet und vorgesehen, den Schaltvorgang bei allen betrieblich möglichen Lastzuständen zu erzwingen (Spalte 2, Zeilen 19 bis 25).

b) Viergang-Nabe SG-4R35 (L10 bis L28) Ob diese der Öffentlichkeit vor dem Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters zugänglich gemacht worden ist, kann dahinstehen. Denn diese Nabe entspricht hinsichtlich ihrer Ausgestaltung zur Unterstützung der Schaltkräfte den Ausführungen der Antragstellerin, den vorgelegten Unterlagen (Anlagen L24, L25) sowie der vorgeführten Schalteinrichtung zufolge im Prinzip der vorstehend dargelegten zweiten Ausführungsart gemäß EP 0 658 475 B1 (dort Figuren 9, 10). Deshalb unterscheidet sich die Schalteinrichtung nach dem Streitgebrauchsmuster schon durch die Anordnung der die Steuerkraft übertragenden Kupplung in der Schalteinheit.

Nach den Ausführungen der Antragstellerin werden bei dieser Kupplung die Kupplungsklinken im Eingriffszustand über Reibschluss an den Zähnen festgehalten (Zeichnung Anlage 24; vgl. auch Figur 10 der EP 0 658 475 B1). Die Klinken seien an die Kontur der Zahngeometrie so angepasst, dass sie bei Auftreten eines unzulässig hohen Drehmoments unter Übergang zur Gleitreibung an der Zahnkontur entlang rutschen und somit eine Relativdrehung zwischen Antreiber und Schalthülse ermöglichen würden (vgl. hier wiedergegebene Skizze gemäß Anlage L25). Die von der Antragstellerin vorgelegte Videopräsentation gemäß Anlage L26/L27 (insbesondere 3. Animation) veranschaulicht die behauptete Bewegungsabfolge der Kupplungspartner in Form einer Simulationsdarstellung. Bei der in der mündlichen Verhandlung vorgeführten Schalteinrichtung wurde ein entsprechendes "Durchrutschen" der Klinken demonstriert, wobei allerdings der für den regulären Betrieb notwendige endgültige Montagezustand nicht vorlag und somit die hier einzig interessierende, bei diesem endgültigen Montagezustand vorhandene Funktion nicht belegt wird. Bei der behaupteten Funktionsweise sei die Kupplung der Nabe SG-4R35 eine Friktionskupplung mit Überlastfunktion im Sinne der o.g. Merkmale 18, 19.

Von dieser Auffassung vermochte die Antragstellerin den Senat nicht zu überzeugen. Denn es fehlt auch hier das charakteristische Verhältnis der Drehmomente im Verhältnis von Gleitzu Haftreibung und damit die Aufrechterhaltung eines für den Schaltvorgang nutzbaren Drehmoments im Falle des Durchrutschens mit der einhergehenden Schaltbarkeit der Kupplung in jeder beliebigen Drehstellung

(s. Ausführungen zur EP 0 658 475 B1). Auch diese Kupplung weist zudem das für den Formschluss typische Kennzeichen auf, dass zum Lösen des Eingriffs die Kupplungspartner einander ausweichen müssen. Der Wechsel von Eingriffsund Lösestellung ist ohne Aufhebung des Formeingriffs unmöglich.

Demnach unterscheidet sich die Schalteinrichtung nach dem Streitgebrauchsmuster selbst bei Unterstellung der von der Antragstellerin behaupteten Überlastfunktion der Nabe SG-4R35 von dieser zumindest wie folgt:

- die die Steuerkraft abzweigende Kupplung ist Bestandteil dervon Schalthülse und Schaltbuchse gebildeten Schalteinheit

(aus den Merkmalen 12, 18, 19)

- die Überlastkupplung ist eine Friktionskupplung (Merkmal 18, 19).

c) JP 7-165 151 A (L30) mit Übersetzung (L31) Diese Druckschrift ist prioritätsbegründendes Dokument zur vorstehend dargelegten EP 0 658 475 B1 und hat die dort als erste Ausführungsart beschriebene Kupplung mit der Klaue 36 und der Oberfläche 1b des Antriebsritzels 1a zum Gegenstand (s. o.). Insoweit besteht Übereinstimmung mit der Ausgestaltung der Kupplung nach der EP 0 658 475 B1. Es wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zur EP 0 658 475 B1 verwiesen.

Zusätzlich ist in der JP 7-165 151 A angegeben, dass anstelle der Kupplungsklinke 36 eine Reibkupplung eingesetzt werden kann (Übersetzung Seite 22, 6. und 5. Zeile von unten). Ein Hinweis auf eine Steuerkraftbegrenzung fehlt allerdings auch hier. Zwar hat -wie die Antragstellerin ausführt -jede Reibkupplung eine Grenzlast, bei der Durchrutschen auftritt. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass diese Kupplung zum Schalten bei im Fahrbetrieb auftretenden Kräften ausgelegt sein muss (Merkmale 16 bis 20) und dieses vom Fachmann auch ohne Hinweis auf eine solche Überlastfunktion mitgelesen wird. Denn dazu müsste dies bei derartigen Reibkupplungen grundsätzlich vorgegebenes Konstruktionsziel sein, so dass der Fachmann die Möglichkeit eines schlupffreien Eingriffs unter betriebsmäßig auftretenden Bedingungen von vornherein ausschließt. Dies kann für die vorbekannte Kupplung jedoch nicht unterstellt werden.

Über diesen Stand der Technik hinaus weist die Schalteinrichtung nach dem Streitgebrauchsmuster demnach folgende Merkmale auf:

- die die Steuerkraft abzweigende Kupplung ist Bestandteil dervon Schalthülse und Schaltbuchse gebildeten Schalteinheit

(aus den Merkmalen 12, 18, 19)

- die Kupplung ist eine Überlastkupplung (Merkmale 18, 19).

d) EP 0 803 430 A2 (L5) mit Übersetzung (L5a) Die Mehrgangnabe für ein Fahrrad (Seite 1 der Übersetzung gemäß Anlage 5a, 1. Absatz) nach dieser Druckschrift weist eine Nabenachse 10, einen Antreiber 25, eine Nabenhülse 70 sowie ein Getriebe mit einem Planetengetriebe auf (Übersetzung Seite 2, 3. Absatz; vgl. hier wiedergegebene Figur 3; Merkmale 1 bis 6). Zum Wechseln der Gangstufen im Getriebe ist eine Steuereinrichtung (u. a. 100, 101, 30, 55) vorgesehen, die eine dem Planetengetriebe zugeordnete steuerbare Freilaufkupplung 55/70a mit einer Klinke 55 aufweist (Merkmale 7 bis 10). Die Steuereinrichtung ist von einer Fernbedienung 5, 5a betätigbar (Merkmal 11). Eine als Schalthülse bezeichenbare erste Kupplung 31 und eine als Schaltbuchse bezeichenbare zweite Kupplung 32 wirken zum Schalten der Gangstufen im Getriebe zusammen und bilden eine Schalteinheit 30 der Steuereinrichtung (Merkmal 12). Schalthülse und Schaltbuchse können Steuerkräfte auf die Klinke 55 ausüben (Seite 15, 2. Absatz; Teil aus Merkmal 15). Die Steuerkräfte werden dabei aus dem Vortrieb des Antriebsmoments entnommen, indem bei drehender Schalteinheit 30 die Schaltbuchse 32 durch einen Schaltbolzen 100 mit Axialkraft beaufschlagt wird (in der hier wiedergegebenen Figur 6 nach rechts), wobei bei entsprechend geringem Drehmoment die Klinke 55 ausgehoben wird (Seite 10, 2. Absatz; Merkmale 16, 17, 20). Dabei läuft die Schaltbuchse 32 mit ihrer Nockenfläche 32c gegen den Schaltbolzen 100 und wird axial verschoben. Bei festsitzenden Eingriffspaarungen infolge hohen Lastmoments kann die Schaltbuchse 32 dagegen nicht ausweichen, aber stattdessen der Schaltbolzen 100 (nach links in Figur 6; Seite 11, 2. Absatz). Damit bildet der Schaltbolzen zusammen mit der Schaltbuchse 32 (Schaltbolzen 100, Nockenfläche 32c) eine an der Schalteinheit 30 angreifende Überlastkupplung. Allerdings findet auch hier ein gegenseitiges Ausweichen der Eingriffspaarung Schaltbolzen-Schaltbuchse und somit ein Auflösen eines Formschlusses statt (es wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zur EP 0 658 475 A1 und zur Nabe SG-4R35 verwiesen, die hier gleichermaßen gelten). Profile mit Schaltvorsprüngen und Lücken sind an der Schalteinheit zudem nicht vorgesehen.

Die Schalteinrichtung nach dem Streitgebrauchsmuster unterscheidet sich von diesem Stand der Technik somit durch:

- die Schalthülse und die Schaltbuchse weisen aus Vorsprüngen und Lücken gebildete Profile auf (Merkmale 13, 14)

- die Überlastkupplung ist ein e Friktionskupplu ng (Merkmale 18, 19).

e) Übrige Druckschriften Der Stand der Technik nach den übrigen Druckschriften liegt weiter ab als die vorstehend dargelegten Schalteinrichtungen und kann der Schalteinrichtung nach dem Schutzanspruch 1 die Neuheit umso weniger nehmen.

5.2 Die Schalteinrichtung nach Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht auf erfinderischem Schritt.

a) EP 0 658 475 B1 (L7) Gemäß der Beschreibung der EP 0 658 475 B1 ist Sinn und Zweck der vorbekannten Kupplungsanordnung das Erzwingen des Schaltvorgangs auch bei hohem anliegenden Antriebsmoment (Spalte 2, Zeilen 30 bis 46). Der Eingriff der Kupplungspartner 36/1b (erste Variante) bzw. der Kupplungspartner 180/1z (zweite Variante) soll bis zur Vollendung des zu unterstützenden Schaltvorgangs bestehen bleiben (Spalte 10, Zeilen 16 bis 37; Spalte 12, Zeilen 6 bis 22). Dabei beruht der kraftübertragende Eingriff der Kupplungspartner auf einer Verrastung der jeweiligen Klinke in der zugehörigen Verzahnung (erste Variante: Spalte 9, Zeilen 5 bis 9; zweite Variante: Spalte 12, Zeilen 14 bis 17). Der Fachmann erhält aus dieser Druckschrift somit die Lehre, die Kupplung so zu dimensionieren, dass der Schaltvorgang bei im regulären Fahrbetrieb auftretenden Drehmomenten auf jeden Fall erzwungen wird. Dies führt von einer Begrenzung der Steuerkräfte nach Art des Streitgebrauchsmusters geradezu weg. Würde dessen ungeachtet eine Weiterbildung dieses Standes der Technik auf eine Steuerkraftbegrenzung mittels Friktionskupplung hin als für den Fachmann naheliegend unterstellt, ergäbe sich auch damit nicht die mit Schutzanspruch 1 beanspruchte Ausgestaltung. Denn dann würde die Klinkenkupplung zwar durch eine lastbegrenzende Reibkupplung ersetzt. Diese bliebe aber eine zur Schalteinheit separat angeordnete Baugruppe, wie es in der vorbekannten Nabe vorgesehen ist. Ein Anlass, die so gestaltete Kupplung in die Schalteinheit bestehend aus Schalthülse und Schaltbuchse zu integrieren (Merkmal 18; "die Schalteinheit weist ... auf"), bestünde nicht.

b) Viergang-Nabe SG-4R35 (L10 bis L28) Unterstellt man der Nabe SG-4R35 die lastbegrenzende Funktion, wie es von der Antragstellerin dargetan ist, so ergibt sich schon keine Anregung, die vorhandene Konstruktion überhaupt zu ändern. Denn die Kupplungspartner wären bereits gegen übermäßige Beanspruchung geschützt. Unterstellt man davon abgesehen den Ersatz der bei dieser Nabe verwendeten formschlüssigen Klinkenkupplung durch eine Reibkupplung dennoch als naheliegende Maßnahme -was der Senat für ausgeschlossen hält -, so würde dies nicht auf die hier beanspruchte Schalteinheit führen, die die Friktionskupplung als ihren Bestandteil aufweist (s. Ausführungen zur EP 0 658 475 B1).

Dass bei der möglicherweise vorbenutzten Nabe zum Halten des Formschlusses zwischen Kupplungsklinken und Verzahnung Reibkräfte wirksam sind, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Wechsel von Eingriffsund Lösestellung nur durch Aufhebung des Formeingriffs möglich ist (z. B. treten bei miteinander kämmenden Zahnrädern zweifelsohne Reibkräfte zwischen den Zahnflanken auf, dennoch handelt es sich dabei nicht um einen Reibantrieb). Diesem Verständnis steht auch nicht entgegen, dass gemäß von der Antragstellerin vorgelegter Fachliteratur bei "reinen Mitnehmerverbindungen" die Kraftübertragung allein durch Formschluss erfolgt und der Kontakt durch die zu übertragenden Kräfte selbst aufrechterhalten wird ("Literatur Haberhauer" Seite 141, Abschnitt 2.5). Daraus kann allenfalls abgeleitet werden, dass es sich bei einer Kraftübertragung unter Beteiligung von Reibkräften nicht um eine "reine Mitnehmerverbindung" handelt (allerdings immer noch um eine Mitnehmerverbindung). Vorliegend geht es jedoch überhaupt nicht um eine Mitnehmerverbindung, bei der nämlich ein wechselweises Inund Außereingriffbringen im bestimmungsgemäßen Betrieb gar nicht vorgesehen ist, sondern um eine Kupplung zum beliebig häufigen Schalten unter Betriebsbedingungen. Auch die von der Antragstellerin weiter entgegengehaltene "Literatur Krause" vermag die dargelegte Interpretation nicht zu entkräften. Danach soll eine Spreizbandkupplung mit Formpaarung den Reibkupplungen zuzuordnen sein (Seite 503). Allerdings tritt auch hier ein Formeingriff auf, wobei zumindest einer der Kupplungspartner eine translatorische Schaltbewegung zum Wechsel zwischen Schließund Lösestellung ausführt (Lageverschiebung, ggf. durch Gestaltänderung).

c) JP 7-165 151 A (L30) mit Übersetzung (L31) Soweit Übereinstimmung mit der Schalteinrichtung gemäß EP 0 658 475 B1 besteht, wird auf die vorstehenden diesbezüglichen Ausführungen verwiesen. Auch bei der darüber hinausgehenden Ausgestaltung mit Reibkupplung ergibt sich keine Anregung zur Lastbegrenzung unter Betriebsbedingungen. Diese Druckschrift offenbart nämlich nicht, dass die dort vorgeschlagene Ausgestaltung als Reibkupplung zum Zwecke einer Begrenzung der aus dem Antriebsdrehmoment herrührenden Beanspruchungen dienen soll. Vielmehr stellt auch die Vermeidung von Laststößen beim Einkuppeln einen technisch sinnvollen Grund für eine derartige Ausgestaltung dar, z. B. zum Schutz der Antriebsseite (vgl. "Literatur Kawada", Seite 1, 1. Absatz). Die aus der JP 7-165 151 A vom Fachmann hinsichtlich der Dimensionierung der Kupplungen entnehmbare Lehre ist zudem dieselbe wie bei der EP 0 658 475 B1, nämlich das Erzwingen des Schaltvorgangs unter allen betrieblich auftretenden Bedingungen (Seite 8 der Übersetzung, 1. Absatz; Seite 18, letzter Absatz bis Seite 20, 1. Absatz). Im Übrigen ergäbe sich auch für den Fall der Lastbegrenzungsfunktion dieser Reibkupplung nicht die Integration der Kupplung in die Schalteinheit (vgl. vorstehende Ausführungen zur EP 0 658 475 B1).

Darüber hinaus belegt diese Druckschrift in eindrucksvoller Deutlichkeit, dass der hier zuständige Fachmann eine Kupplung mit Klinken und Rastzähnen gerade nicht als Reibkupplung sieht. Denn dieser Stand der Technik stammt aus dem Hause Shimano, einem anerkannt fachkompetenten, führenden Hersteller von Fahrradgangschaltungen. Dabei kann gemäß Beschreibung die durch Kupplungsklinke 36 und Rastzähne 1c gebildete Kupplung durch eine Reibkupplung ersetzt werden. Hätte der Erfinder die Rastkupplung 36/1c bereits als solche schon als Reibkupplung aufgefasst, wäre ein Hinweis auf einen Ersatz derselben durch eine Reibkupplung überflüssig. Der Erfinder aus dem Hause Shimano war folglich der Ansicht, dass Kupplungen mit verrastbaren Klinken eben gerade nicht zu den Reibkupplungen zu zählen sind.

d) EP 0 803 430 A2 (L5) mit Übersetzung (L5a) Wie oben zur Neuheit ausgeführt, ist bei dieser Nabe eine Lastbegrenzungsfunktion bereits vorhanden. Deshalb besteht nach Überzeugung des Senats eine Anregung zu einer konstruktiven Änderung schon als solche nicht. Unterstellt man den Austausch der formschlüssigen Eingriffspaarung, gebildet durch den Schaltbolzen 100 in der Schlitzführung 12 und die Schaltbuchse 32 (Nockenfläche 32c) durch eine Reibkupplung, so ergäbe sich damit nicht auch die Ausbildung der Schalteinheit 30 mit Vorsprüngen und Lücken.

e) Übrige Druckschriften Der weiter abliegende Stand der Technik nach den übrigen Druckschriften steht auch einem der beanspruchten Schalteinrichtung zugrundeliegenden erfinderischen Schritt nicht entgegen. Entsprechendes wurde von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht.

f) Zusammenschau Wie vorstehenden Ausführungen entnehmbar, legt keine der entgegengehaltenen Nabenkonstruktionen die Verwendung einer lastbegrenzenden FriktionÜberlastkupplung für regulär auftretende Betriebsbedingungen nahe. Somit führt auch eine beliebig geartete Zusammenschau nicht auf eine derartige Nabenausgestaltung. Unterstellt man die Verwendung einer entsprechenden Kupplungskonstruktion dem fachmännischen Können, so ergibt sich daraus allenfalls eine zur Schalteinheit separate FriktionÜberlastkupplung (EP 0 658 475 B1, JP 7-165 151 A, Nabe SG-4R35) oder eine zwar als Bestandteil der Schalteinrichtung anzusehende Kupplung, bei der aber Profile zum Schalten der Klinken fehlen (EP 0 803 430 A2, JP 7-165 151 A). Zwar ist -wie die Antragstellerin geltend macht -die Gestaltung mit Profilen als solche grundsätzlich bekannt (DE 196 17 133 A1), jedoch gibt es keinen erkennbaren Grund, die gemäß EP 0 803 430 A2 ohne Profile funktionsfähige Eingriffnahme zwischen Schalteinheit 30 und Klinke 55 nunmehr über Profile zu realisieren. Der Senat ist bei dieser Sachlage der Überzeugung, dass eine Zusammenschau des Standes der Technik -auch unter Einbeziehung des fachmännischen Könnens -mit dem Ergebnis einer Schalteinrichtung mit allen Merkmalen nach dem Schutzanspruch 1 nur aus rückschauender Betrachtung in Kenntnis der Erfindung zustande kommen kann.

Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 beruht daher auch auf einem erfinderischen Schritt.

5.3 Von der Schutzfähigkeit des Schutzanspruchs 1 getragen werden die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 24.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1, 2 ZPO.

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BPatG:
Beschluss v. 13.07.2011
Az: 35 W (pat) 472/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b716d9d89cc3/BPatG_Beschluss_vom_13-Juli-2011_Az_35-W-pat-472-08




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