Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. August 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 31/04

(BPatG: Beschluss v. 09.08.2006, Az.: 19 W (pat) 31/04)

Tenor

Der Beschluss der Patentabteilung 22 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. November 2003 wird aufgehoben.

Das Patent wird mit den Ansprüchen 1 - 15 gemäß Eingabe vom 17. August 2002, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift, aufrecht erhalten.

Gründe

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Patentabteilung 22 - hat das auf die am 25. Juni 1999 eingegangene Anmeldung erteilte Patent mit der Bezeichnung "Türaußengriff, insbesondere für Fahrzeuge" durch Beschluss vom 27. November 2003 mit der Begründung in vollem Umfang aufrechterhalten, die Einrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 sei gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden, mit der sie auch weiteren Stand der Technik ins Verfahren eingeführt hat.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. Hilfsantrag 2 eingereicht.

Der mit Eingabe vom 17. April 2002 eingereichte und gemäß Hauptantrag geltende Patentanspruch 1 lautet (mit einer von der Patentinhaberin eingeführten Merkmalsgliederung):

"(a) Türaußengriff, insbesondere für Fahrzeuge, mit einem in der Tür ortsfesten Gehäuse (10),

(b) an dem sich ein Lager (14) für einen manuell betätigbaren Griff (20) befindet,

(c) wobei der Griff (20) einen Griffarm (21) aufweist, der bei Griffbetätigung (26) auf ein in der Tür befindliches Schloss einwirkt,

(d) und mit einem als Massensperre dienendem schwenkbaren Sperrglied (30),

(e) dessen Schwenklager (31) am ortsfesten Gehäuse (11) sitzt,

(f) das sich im Normalfall, in seiner unwirksamen Freigabelage gegenüber einer am Gehäuse (11) vorgesehenen Stützstelle (19) befindet und somit eine Betätigung (26) des Griffs (20) zuläßt,

(g) und das im Crashfall, aufgrund der Tätigkeit seiner Massen, in eine wirksame Abstützlage gelangt,

(h) wobei der bewegliche Griffarm (21) eine Schulter (24) aufweist,

(i) der eine Gegenschulter (34) am Sperrglied (30) zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet,

(k) dass im Crashfall zunächst eine Schulter (39) des Sperrglieds (30) in eine wirksame Abstützlage (30'), an der gehäuseseitigen Stützstelle (19) gelangt

(l) und danach die am Griffarm angeordnete Schulter (24) gegen die Gegenschulter (34) klappt und dort zur Anlage kommt,

(m) so dass das Sperrglied (30) blockierend zwischen der gehäuseseitigen Stützstelle (19) und der Schulter (24) des Griffarms (21) liegt,

(n) dass im Normalfall, in der Freigabelage (30) des Sperrglieds, bei der Griffbetätigung (26) die am Griffarm befindlichen Schulter (24) an der Gegenschulter (34) des Sperrglieds (30) vorbeigeht."

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass im Merkmal c) vor dem Wort "Griffarm" die Worte "damit drehfest verbundenen" eingefügt sind.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Hilfsantrag 1 dadurch,

- dass zwischen den Merkmalen m) und n) die Angabe "wobei der Klappbewegungsweg (28) der Schulter( 24) vom Griffarm (21) sich mit dem Schwenkbewegungsweg (38) der Gegenschulter (34) vom Sperrglied (30) kreuzt" eingefügt ist, und - dass Merkmal n) folgenden Wortlaut hat:

"und dass im Normalfall, in der Freigabelage (30) des Sperrglieds, bei der Griffbetätigung (26) der Klappbewegungsweg (28) der am Griffarm (21) befindlichen Schulter (24) an der Gegenschulter (34) des Sperrglieds (39) vorbeigeht".

Es soll die Aufgabe gelöst werden, einen preiswerten, kompakten Türaußengriff der im Oberbegriff des Anspruches 1 genannten Art zu entwickeln, der zuverlässig ist und hohen Belastungen standhält (Sp. 1 Z 61 bis 64 der Patentschrift).

Die Einsprechende ist hinsichtlich des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag der Ansicht, dass von der Angabe "gegenüber" im Merkmal f) auch ein Aneinander- Anliegen von Sperrglied und Stützstelle umfasst sei, und dass dieser Patentanspruch ferner weder auf einen einteiligen Griffarm noch auf ein einteiliges Sperrglied beschränkt sei, wie sie das Ausführungsbeispiel zeige.

Auch schränke die in den Merkmalen k), l) und m) angegebene Bewegungsreihenfolge den Patentanspruch 1 nicht auf zugehörige Sachmerkmale des Ausführungsbeispiels ein.

Deshalb sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber den beiden mit der Beschwerdebegründung genannten, als ältere Anmeldungen zum Stand der Technik gehörenden Druckschriften nicht mehr neu, und beruhe gegenüber den beiden im Einspruchsschriftsatz genannten Druckschriften auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Die Einsprechende stellt den Antrag:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. November 2003 wird aufgehoben.

Das Patent wird widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag:

Das Patent wird mit den Ansprüchen 1-15 gemäß Eingabe vom 17. April 2002, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift, aufrecht erhalten.

Hilfsweise:

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2006, Patentansprüche 2-15 gemäß Eingabe vom 17. April 2002, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Hilfsweise:

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2006, Patentansprüche 2-15 gemäß Eingabe vom 17. April 2002, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Sie ist der Auffassung, daß die Merkmale k), l) und m) mittelbare gegenständliche Angaben seien, und dass mit dem Begriff Sperrglied bzw. im Blick auf die anspruchsgemäße Funktionalität des Griffarms eine Mehrteiligkeit jedes dieser Bauteile ausgeschlossen sei.

Deshalb sei der Gegenstand gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag gegenüber den beiden nachveröffentlichten Druckschriften jeweils neu.

Die mit den Merkmalen k), l) und m) für den Crashfall beschriebene "Sandwichlage" des blockierenden Sperrglieds unterscheide sich grundsätzlich von dem das jeweilige Lager der Sperrglieder belastenden Angriff der Trägheitskräfte an den Türgriffen gemäß den beiden im Einspruchsverfahren genannten vorveröffentlichten Druckschriften, sodass diese den Patentgegenstand jeweils auch nicht nahe legen könnten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde konnte keinen Erfolg haben, weil der Gegenstand des nach Hauptantrag geltenden Patentanspruchs 1 vom 17. April 2002 patentfähig ist.

Als zuständiger Fachmann ist hier nach Auffassung des Senats ein Techniker oder Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus mit Berufserfahrungen in der Konstruktion von Türgriffen für Kraftfahrzeuge anzusehen.

1. Zur Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung Im Tenor des Beschlusses der Patentabteilung 22 vom 27. November 2003 ist eine Aufrechterhaltung "in vollem Umfang" ausgesprochen; danach hat das Streitpatent in seiner erteilten (=unveränderten) Fassung Bestand.

Demgegenüber betreffen die Beschlussgründe nicht den erteilten Patentanspruch 1 sondern einen "am 19. April 2002 eingegangenen korrigierten Patentanspruch 1 vom 17. April 2003" als "geltenden" Hauptanspruch (offensichtlich ist der mit Eingabe vom 17. April 2002 eingereichte Anspruch 1 gemeint).

Entgegen dem Beschlusstenor ("in vollem Umfang" = unverändert) enthält dieser Anspruch eine Änderung; darüberhinaus ist er im Beschluss als "Anspruch 1 des Streitpatents" bezeichnet (a. a. O. S. 8 Z. 3 und 7).

Damit ist der Beschluss der Patentabteilung 22 des Deutschen Patent- und Markenamts widersprüchlich und war aufzuheben.

2. Zu den geltenden Patentansprüchen Der geltende Patentanspruch 1 ist gegenüber der erteilten Fassung im Merkmal f) dadurch geändert, dass anstelle des Begriffs "Stützfläche" der Begriff "Stützstelle" angegeben ist. Diese Änderung ist zulässig, denn schon der erteilte Patentanspruch 1 verwendet diese Bezeichnung für den ortsfesten Anlageort des Sperrglieds im Crashfall in den Merkmalen k) und m); auch die Patentbeschreibung enthält diesen Begriff an mehreren Stellen.

Diese Änderung wird vom Senat als Beschränkung angesehen. Denn dem Begriff Stützfläche kommt hinsichtlich der gegenständlichen Ausgestaltung eine andere Bedeutung zu als dem Begriff Stützstelle.

Die zulässigen Änderungen der Bezugsziffern in den geltenden Unteransprüchen entnimmt der Fachmann aus der Patentbeschreibung.

Im Hinblick auf das im erteilten Anspruch 15 angesprochene andere Griffende und auf die Lagerung des Eingriffendes im Gehäuse stellt sich die Änderung im geltenden Anspruch 15 lediglich als sprachliche Variante desselben Sachverhalts dar.

3. Zur Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 Das Streitpatent befasst sich mit dem Problem der unerwünschten Öffnung von Türen im Crashfall aufgrund von Trägheitskräften, die bei einem Seitenaufprall des Fahrzeugs an Klappgriffen im gleichen Sinne wie die manuelle Betätigung im Normalfall angreifen.

Deshalb liest der Fachmann im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag mit, dass der Griffarm ein mit dem manuell betätigbaren Griff verbundenes einziges Bauteil ist.

Zwar enthält der Patentanspruch 1 in den Merkmalen k), l) und m) auch die funktionsbeschreibenden Angaben "zunächst... und danach.. sodass...", welche den zeitlichen Ablauf der Bauteilebewegungen im Crashfall betreffen.

In diesen Funktionsmerkmalen erkennt der Fachmann aber ohne weiteres Sachmerkmale, nämlich eine diesen Ablauf ermöglichende konstruktive Gestaltung des Türaußengriffs mit einer Lagerung von Griffarm und Sperrglied auf unterschiedlichen Drehachsen sowie eine konstruktive Gestaltung des Sperrglieds und des manuell betätigbaren Griffs derart, dass letzterer langsamer/später auf die Crash(Seiten)kräfte reagiert als das Sperrglied (vgl. Sp. 2 Z. 5 bis 8 und Sp. 3 Z. 52 bis Sp. 4 Z. 4 der PS).

Die Funktionsmerkmale sind somit lediglich Kurzfassungen entsprechender - in der Patentbeschreibung erläuterter - Sachmerkmale, ohne dass die Patentkategorie des Sachanspruchs verlassen oder unklar wird.

Darüberhinaus kommt es - entgegen der Auffassung der Einsprechenden - für die gewünschte Funktion des Patentgegenstandes auch auf die in den Merkmalen k) und l) vorgeschriebene Reihenfolge der Bewegungen an. Denn damit das Sperrglied blockierend wirken kann, muss es zuerst in den Bewegungsweg des Griffarms hineingeschwenkt werden.

Deshalb ist die Reihenfolge, mit der die verschiedenen Bauteilflächen in gegenseitige Anlage geraten, auch nicht austauschbar, wie die Einsprechende vorgetragen hat.

Wenn sich das Sperrglied gemäß Merkmal f) im Normalfall gegenüber einer am Gehäuse vorgesehenen Stützstelle befindet und gemäß Merkmal k) im Crashfall ineine wirksame Abstützlage an der gehäuseseitigen Stützstelle gelangt, so versteht der Fachmann unter der Angabe "gegenüber" im Merkmal f) einen gegenseitigen Abstand der jeweiligen Bauteile, der im Crashfall (Merkmal k)) zu Null wird.

4. Neuheit Aus den Figuren 5 und 6 der DE-OS 20 23 859, die hinsichtlich des Schlossgehäuses und der Grifflagerung gemäß Figur 1 zu ergänzen sind, ist bekannt eina) Türaußengriff, insbesondere für Fahrzeuge (S. 1 Abs. 1), mit einem in der Tür ortsfesten Gehäuse (Fig. 5 und 6 i. V. m. Fig. 1 und S. 5 Abs. 6 bis S. 6 Abs. 1), b) an dem sich ein Lager für einen manuell betätigbaren Griff 37 befindet (Fig. 5 i. V. m. Fig. 1, die die Lagerung am rechten Griffende zeigt), c) wobei der Griff 37 einen Griffarm 37b aufweist, der bei Griffbetätigung auf ein in der Tür befindliches Schloss einwirkt (S. 5 Abs. 5 Z. 1 bis 3), d) und mit einem als Massensperre dienenden schwenkbaren Sperrglied 30 (S. 8 Abs. 2), e) dessen Schwenklager 26 am ortsfesten Gehäuse sitzt, f)teilweise das sich im Normalfall (Fig.: 5), in seiner unwirksamen Freigabelage befindet und somit eine Betätigung des Griffs 37 zuläßt, g) und das im Crashfall, aufgrund der Trägheit seiner Massen, in eine wirksame Abstützlage gelangt (Fig. 6 und S: 9 Abs.: 3), h) wobei der bewegliche Griffarm 37b eine Schulter 36 aufweist (S. 8 Abs. 3 letzter Satz), i) der eine Gegenschulter 34a am Sperrglied 30 zugeordnet ist (S. 9 Abs. 3), k)teilweise dass im Crashfall zunächst eine Schulter 34 des Sperrglieds in eine wirksame Abstützlage an einer Stützstelle (die dem Haken 34 zugewandte Seite der Griffarm-Ausnehmung) gelangt, l) und danach die am Griffarm angeordnete Schulter 36 gegen die Gegenschulter 34a klappt und dort zur Anlage kommt, m)teilweise sodass das Sperrglied 30 blockierend liegt, n) dass im Normalfall, in der Freigabelage des Sperrglieds 30, bei der Griffbetätigung die am Griffarm befindliche Schulter 36 an der Gegenschulter 34a des Sperrglieds vorbeigeht.

Abweichend vom Anspruchsgegenstand befindet sich das bekannte Sperrglied in seiner Normallage nicht gegenüber einer gehäuseseitigen Stützstelle, sondern liegt an einer solchen Stützstelle an (Anschlag 40 in Fig. 5) und liegt dabei gegenüber einer in der Griffausnehmung 36 befindlichen Stützstelle.

Die Blockierung des manuell betätigbaren Griffs 37 erfolgt durch den Eingriff des Hakens in die Griffausnehmung.

Der Türgriff gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 unterscheidet sich demnach vom bekannten durch die Unterschiedsmerkmalef)Restmerkmal dass sich das Sperrglied in seiner Freigabelage gegenüber einer am Gehäuse vorgesehenen Stützstelle befindet, k)Restmerkmal dass sich die wirksame Abstützlage an der gehäuseseitigen Stützstelle befindet, undm)Restmerkmal dass das Sperrglied blockierend zwischen der gehäuseseitigen Stützstelle und der Schulter des Griffarms liegt.

Aus der DE 44 18 317 A1 bekannt ist eina) Türaußengriff, insbesondere für Fahrzeuge (Zusammenfassung), mit einem in der Tür ortsfesten Gehäuse 2 (Fig. 1 bis 3 i. V. m. Sp. 2 Z 21 bis 25), b) an dem sich ein Lager für einen manuell betätigbaren Griff 3 befindet (vom Fachmann mitgelesen im Blick auf Fig. 1), c) wobei der Griff 3 einen Griffarm 5 aufweist, der bei Griffbetätigung auf ein in der Tür befindliches Schloss einwirkt (Sp. 2 Z. 26 bis 34), d) und mit einem als Massensperre dienenden schwenkbaren Sperrglied 11 (Fig 1. bis 3 und Sp. 2 Z. 37 bis 42), e) dessen Schwenklager 10 am ortsfesten Gehäuse sitzt (Sp. 2 Z. 37 bis 9), f)teilweise das sich im Normalfall (Fig. 1), in seiner unwirksamen Freigabelage befindet und somit eine Betätigung des Griffs 3 zuläßt, g) und das im Crashfall, aufgrund der Trägheit seiner Massen, in eine wirksame Abstützlage gelangt (Fig. 3 und Sp. 3 Z 1 bis 6), h) wobei der bewegliche Griffarm 3 eine Schulter aufweist (das untere Ende der Ausnehmung 7), i) der eine Gegenschulter (die Unterseite des hakenförmigen Ansatzes 15) am Sperrglied 11 zugeordnet ist), k)teilweise dass im Crashfall zunächst eine Schulter (die rechte Seitenfläche des Vorsprungs 15) des Sperrglieds 11 in eine wirksame Abstützlage an einer Stützstelle (die dem Vorsprung 15 zugewandte Innenfläche der Griffarm-Ausnehmung 7) gelangt (Fig 3), l) und danach die am Griffarm angeordnete Schulter gegen die Gegenschulter klappt und dort zur Anlage kommt (Fig. 3 i. V. m. Sp. 3 Abs. 2), m)teilweise sodass das Sperrglied 11 blockierend liegt, n) dass im Normalfall (Fig. 1), in der Freigabelage des Sperrglieds 11, bei der Griffbetätigung die am Griffarm befindliche Schulter an der Gegenschulter des Sperrglieds vorbeigeht.

Entgegen der Auffassung der Einsprechenden befindet sich das Sperrglied 11 in seiner unwirksamen Freigabelage nicht gegenüber einer am Gehäuse vorgesehenen Stützstelle und kommt im Crashfall auch nicht an einer solchen in eine wirksame Abstützlage.

Denn um im Crashfall sowohl einen sicheren Eingriff des hakenförmigen Ansatzes 15 in der Griffausnehmung 7 als auch ein sicheres Einrasten der zweiten Blattfeder 17 hinter dem nasenförmigen Vorsprung 18' zu gewährleisten, muss die dem ersten Hebelarm 12 gegenüberliegende Fläche der Griffführung 2 zu dieser immer beanstandet sein.

Ebenso wie schon in der DE-OS 20 23 859 befindet sich demnach auch hier das Sperrglied im Normalfall gegenüber einer in der Griffausnehmung befindlichen Stützstelle und gelangt im Crashfall in wirksame Abstützlage in der Griffausnehmung.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 unterscheidet sich deshalb von dem aus der DE 44 18 317 A1 bekannten Türaußengriff ebenfalls durch die drei vorgenannten Unterschiedsmerkmale.

Es kann dahingestellt bleiben, ob für die der EP 1 050 640 A2 bzw. der WO 00/43617 A2 jeweils zugrundeliegenden Anmeldungen die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland gezahlt worden ist, was von der Einsprechenden nicht vorgetragen wurde, aber gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 PatG Voraussetzung für eine Berücksichtigung als ältere Anmeldung ist.

Denn der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 unterscheidet sich von dem in der EP 1 050 640 A2 beschriebenen Türaußengriff insbesondere dadurch, dass im Crashfall die Schulter 19 des dortigen Griffarms 18 (Fig. 1 und 2 i. V. m. Absatz [0014]) nicht gegen eine Gegenschulter am Sperrglied 31 klappt und dort zur Anlage kommt, wie Merkmal l) vorschreibt. Denn die Schulter 19 bewegt lediglich einen schwenkbar gelagerten Übertragungshebel 20 (vgl. insbes. [0015] bis [0017]).

Entgegen Anspruchsmerkmal f) befindet sich bei dem in der WO 00/43617 A2 beschriebenen Türaußengriff das Sperrglied 12 in seiner wirksamen Freigabelage (Fig. 1) nicht gegenüber einer am Gehäuse 2, 4 vorgesehenen Stützstelle, sondern liegt an zwei Stützstellen am Gehäuse 2 an, nämlich mit seiner Rückseite und im Schwenklager (bei 14) am Lagerende des Sperrglieds.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist damit auch gegenüber diesem Stand der Technik neu.

Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften gehen in Bezug auf den Türaußengriff nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag über den vorstehend abgehandelten Stand der Technik nicht hinaus. Sie wurden in der mündlichen Verhandlung weder von den Beteiligten noch vom Senat aufgegriffen, sodass auf sie nicht eingegangen zu werden braucht.

5. Erfinderische Tätigkeit Der Türaußengriff gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgehend von dem aus der DE-OS 20 23 859 oder der DE 44 18 317 A1 bekannten Stand der Technik mag sich dem Fachmann die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe, einen preiswerten, kompakten Türaußengriff zu entwickeln, der zuverlässig ist und hohen Belastungen standhält, in der Praxis von selbst stellen.

Denn die Frage der Kompaktheit stellt sich dem Fachmann schon durch eine gewünschte jeweilige Einbausituation und die übrigen Teilaufgaben hat er bei Entwicklungsarbeiten - insbesondere für den Bereich der Automobiltechnik - regelmäßig zu beachten.

Dem Fachmann fehlt aber in den vorgenannten Druckschriften jegliche Anregung, von dem in beiden Druckschriften verwirklichten Prinzip abzugehen, nach dem ein ortsfest gelagerter Winkelhebel mit einem hakenartigen Vorsprung in eine Ausnehmung des Griffarms derart eingreift, dass die auf den manuell betätigbaren Griff im Crashfall einwirkenden Massenkräfte durch das Lager des Winkelhebels aufgefangen werden.

Dies gilt auch für die von der Einsprechenden vorgetragenen Erwägungen, nach denen es bedarfsweise nahegelegen hätte, die in der DE-OS 20 23 859 vorgesehene Feder durch einen gehäusefesten Anschlag zu ersetzen.

Denn ein solcher zusätzlicher Anschlag dürfte das Eingreifen des Vorsprungs 34 in die Griffarmausnehmung 36 nicht behindern und gäbe auch noch keine Veranlassung zur Abkehr von dem in dieser Druckschrift offenbarten Wirkprinzip eines Winkelhebels als Massensperre.

Selbst wenn der Fachmann daran denken würde, bei der aus der DE 44 18 317 A1 bekannten Anordnung auf die lediglich fakultativ vorgesehene zweite Blattfeder 17 zu verzichten und den ersten Hebelarm 12 im Crashfall an der Griffführung 2 anschlagen zu lassen, hätte er keine Veranlassung, von dem dort vorgesehenen Winkelhebel abzugehen und diesbezüglich nach anderen Lösungen zu suchen.

Die Erfinder haben demgegenüber erkannt, dass eine kompakte und zuverlässige Massensperre dadurch verwirklicht werden kann, dass sich das Sperrglied im Crashfall blockierend zwischen eine Schulter des Griffarms und eine gehäusefeste Stützstelle legt, der es im Normalfall gegenüberliegt (d. h. beabstandet ist), wie der geltende Patentanspruch 1 im Zusammenwirken der Merkmale f) bis m) lehrt.

Hierzu fehlt dem Fachmann im Stand der Technik jedes Vorbild, sodass es einer über bloßes Fachkönnen hinausgehenden erfinderischen Tätigkeit bedurfte, um zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 zu kommen.

Mit dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat das Streitpatent auch im Umfang der geltenden Unteransprüche 2 bis 15 Bestand.

Die beiden Hilfsanträge kamen nach alledem nicht mehr zum Tragen.






BPatG:
Beschluss v. 09.08.2006
Az: 19 W (pat) 31/04


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