Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juli 2001
Aktenzeichen: 2 Ni 8/00

(BPatG: Beschluss v. 02.07.2001, Az.: 2 Ni 8/00)

Tenor

1.

Der Gegenstandswert für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht wird auf 400.000,--DM festgesetzt.

2.

Der Antrag des Beklagten auf Herabsetzung des Streitwertes gemäß § 144 PatG wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 28. Dezember 2000 hat der Senat nach übereinstimmender Erledigterklärung der Parteien hinsichtlich der erhobenen Nichtigkeitsklagen dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 14. März 2001 hat der Vertreter der Klägerinnen beantragt, den Wert der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen. Er hat auf den vom Beklagten angegebenen Streitwert des Verletzungsverfahrens von DM 100.000,--und einen Jahresumsatz der Klägerin zu 2) mit den streitgegenständlichen Energieführungsketten in Höhe von ca. DM ... hingewiesen.

Die Vertreter des Beklagten haben mit Schriftsatz vom 5. April 2001 ausgeführt, dieser Streitwert sei auch für die Nichtigkeitsklagen angemessen. Durch den Vergleichsvorschlag im Verletzungsverfahren sei dokumentiert, daß von gleichgelagerten Interessen umgekehrten Rubrums im Verhältnis zwischen Verletzungsklage und Nichtigkeitsklage ausgegangen werden könne. Der vorgetragene Gesamtumsatz mit Energieführungsketten könne nicht maßgeblich sein, da diese weder Gegenstand des Verletzungsverfahrens noch der Streitpatente seien, sondern nur eine ganz bestimmte "Einrichtung zur Energieübertragung bei Drehbewegungen". Bei der Ermittlung des angemessenen Streitwertes sei auch zu berücksichtigen, daß es sich um eine Arbeitnehmererfindung handele. Es entspreche dem besonderen sozialen Aspekt des Arbeitnehmererfindungsgesetzes, den Beklagten als den wirtschaftlich Schwächeren nicht über eine hohe Streitwertfestsetzung in der Ausübung seiner Rechte zu beschränken.

Rein vorsorglich werde daher außerdem Streitwertbegünstigungsantrag in entsprechender Anwendung des § 144 PatG gestellt. Zur Stützung dieses Antrages wurde ein Schreiben des Beklagten vom 8. April 2001 und ein Verdienstnachweis vom 22. März 2001 vorgelegt.

Die Klageseite hat hierzu ausgeführt, daß der Streitwert im Verletzungsverfahren nur für die untere Grenze der Festsetzung des Streitwertes im Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung sein könne. Einen weiteren Anhaltspunkt für den gemeinen Wert des Patentes biete das Lizenzangebot des Beklagten vom 28. September 1998 (D6), in dem alternativ die Zahlung eines einmaligen Betrages vom DM 100.000,--und eine laufende Lizenz in Höhe von 8 % oder die Zahlung eines Betrages von DM 200.000,--und die Zahlung einer laufenden Lizenz von 5 % (oder 3 % mit Verrechnungsmöglichkeit) angeboten worden sei. Zu berücksichtigen sei, daß es sich um das Angebot einer einfachen Lizenz gehandelt habe und die angegriffenen Patente zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch eine Laufdauer von etwa 10 Jahren gehabt hätten. Daher liege der gemeine Wert der angegriffenen Patente unter Einbeziehung dieser Laufzeit bei mindestens 1.000.000,--DM. Zu berücksichtigen sei auch, daß die Umschreibung bereits am 2. Juli 1998 erfolgt sei (Anlage K3 im Verletzungsverfahren) und die Arbeitgeberin des Beklagten sämtliche Ansprüche auf Schadensersatz oder Rechnungslegung an ihn abgetreten habe (Anlage K4). Eine Geltendmachung der Streitwertbegünstigung in entsprechender Anwendung des § 144 PatG setze voraus, daß die Belastung durch die Kosten des Verfahrens nach dem vollen Streitwert die wirtschaftliche Lage des Nichtigkeitsbeklagten erheblich gefährden würde. Es seien keinerlei Unterlagen eingereicht, die dies belegen könnten. Die überreichte Verdienstbescheinigung sei lediglich ein Beleg für die Arbeitnehmertätigkeit des Beklagten, nicht jedoch für eine unternehmerische Tätigkeit.

II.

1. Zur Höhe des Gegenstandswertes Der Gegenstandswert ist im Patentnichtigkeitsverfahren nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung des angegriffenen Patents zu bestimmen, welches im allgemeinen dem gemeinen Wert des Patents bei Erhebung der Klage entspricht (Busse, PatG, 5. Aufl, § 84 Rdn 48, Benkard, PatG, 9. Aufl, § 84 Rdn 21 mRNW). Der Streitwert im Verletzungsprozess hat bei dieser Bestimmung des gemeinen Wertes eine gewisse Bedeutung für die untere Grenze, einen besseren Anhaltspunkt bieten aber zB erzielbare Lizenzen für die Restdauer des Patents. Vorliegend hat der Beklagte selbst eine Lizenz von 8 %, berechnet vom Nettoverkaufserlös, vorgeschlagen (Schreiben 28.9.1998). Geht man von einer 10-jährigen Lizenzdauer, diesem Lizenzsatz und den von der Klageseite genannten Jahresumsätzen aus, ergibt sich bei Unterstellung leichter Umsatzsteigerung eine Lizenzzahlung von ca. 300.000,--DM. Berücksichtigt man mögliche Schadensersatzansprüche in der Vergangenheit sowie die Möglichkeit des Beklagten, die Streitpatente auch neben dieser einfachen Lizenz anderweitig zu nützen, erscheint die Annahme eines Gegenstandswertes von insgesamt 400.000,--DM angemessen.

2. Zum Antrag auf Streitwertherabsetzung Im "vorsorglichen" Antrag auf Streitwertherabsetzung sieht der Senat die Begehr des Beklagten, diesen Antrag jedenfalls dann als gestellt anzusehen, wenn sich ein höherer Gegenstandswert als 100.000,--DM ergeben sollte. Auch wenn man die Zulässigkeit einer derartig bedingten Antragstellung unterstellt, konnte diesem Antrag des Beklagten aber nicht entsprochen werden. Hierbei ist nach der Rechtsprechung allerdings davon auszugehen, daß weder der Umstand, daß keine Patentstreitsache vorliegt, noch der Zeitpunkt der Antragstellung nach erfolgter Kostengrundentscheidung einer entsprechenden Anwendung des § 144 PatG entgegenstehen würde (vgl Busse, aaO § 144, Rdn 7 und 23, Benkard, aaO, § 144 Rdn 4 und 9). Der vom Beklagten vorgelegte Verdienstnachweis reicht jedoch nicht aus, eine erhebliche Gefährdung seiner wirtschaftlichen Lage bei einer Belastung mit den Prozeßkosten nach dem vollen Streitwert als glaubhaft gemacht anzusehen. Wie auch die Gegenseite vorgetragen hat, läßt sich die wirtschaftliche Lage des Beklagten, ausgehend allein vom Verdienst als Arbeitnehmer, nicht ausreichend beurteilen. Somit läßt sich auch nicht beurteilen, ob seine wirtschaftliche Lage durch die bei Annahme eines Gegenstandswertes von 400.000,--DM entstandenen Anwaltskosten erheblich gefährdet wäre. Nachdem hierauf durch die Gegenseite hingewiesen wurde und der Beklagte anwaltlich vertreten ist, hat der Senat von Hinweisen auf die Vorraussetzungen des § 144 PatG vor seiner Entscheidung abgesehen. Der Hinweis der Beklagten darauf, daß es sich um eine Arbeitnehmererfindung handelt, bietet für sich betrachtet ebenfalls keine Grundlage zur Anwendung des § 144 PatG.

Meinhardt Dr. Gottschalk Gutermuth Na






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Beschluss v. 02.07.2001
Az: 2 Ni 8/00


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