Landgericht Berlin:
Urteil vom 25. Mai 2009
Aktenzeichen: 52 O 405/08

(LG Berlin: Urteil v. 25.05.2009, Az.: 52 O 405/08)

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 26. Januar 2009 wird hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I.1. aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass insoweit zurückgewiesen.

Im Übrigen wird sie bestätigt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen die Belehrungspflichten im Fernabsatz sowie wegen einer unzulässigen AGB - Klausel auf Unterlassung in Anspruch.

Beide Parteien vertreiben bundesweit Computer und Computerzubehör, jedenfalls die Antragsgegnerin auch über ... Am 18. November 2008 stellte die Antragstellerin fest, dass die Antragsgegnerin auf der ...-Plattform die aus Anlage Ast 3 ersichtlichen AGB mit den hier angegriffenen beiden Klauseln verwendete, d. h. darin einerseits über ein €Rückgaberecht€ belehrte und das Warenangebot unter den Vorbehalt seiner jeweiligen Verfügbarkeit stellte (Verfügbarkeitsklausel). Auf Abmahnung der Antragstellerin hin gab die Antragsgegnerin hinsichtlich der Verfügbarkeitsklausel mit Datum vom 1. Dezember 2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (nach €Hamburger Brauch€) ab, welche die Antragstellerin noch am selben Tag annahm.

Die Antragstellerin meint, selbst wenn die Einräumung eines Rückgaberechts über ... grundsätzlich möglich sei, sei die dahingehende Belehrung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin nicht deutlich genug gestaltet. Sie behauptet, dass die streitgegenständlichen Klauseln am 5. Dezember 2008 weiterhin abrufbar gewesen seien. Sie sei bei Eingabe der Suchworte €... € und z. B. €Laptop€ bei €google€ zu Ergebnisseiten gelangte, die mehrere Links zu Angeboten der Antragsgegnerin bei ... enthalten hätten. Dort auf der linken Seite habe sich unter der Überschrift €Shop - Seiten€ ein Link auf €Unsere AGB€ befunden. Die dort abrufbaren AGB hätten auch weiterhin die hier streitgegenständlichen Klauseln enthalten. Die Antragstellerin meint, die Seiten seien durch die €google€ - Recherche weiterhin herkömmlich erreichbar gewesen. Es könne sein, dass die Antragsgegnerin die Shopeingangsseite mit einer Java-Programmierung versehen bzw. überschrieben und dabei übersehen habe, dass ihre AGB auch von Unterseiten erreichbar sein würden, da diese von der Überschreibung nicht tangiert würden. Die Antragsgegnerin sei ihren Sorgfaltspflichten aber nur gerecht geworden, wenn sie die Seiten vollständig gelöscht hätte, was tatsächlich erst später geschehen sei.

Die Kammer hat der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 26. Januar 2009 im Beschlusswege untersagt, im Zusammenhang mit dem Angebot von Computern und Computerzubehör im Fernabsatz im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu handeln und dabei gegenüber Verbrauchern auf der ...-Plattform über ein Rückgaberecht zu belehren und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel über €Verfügbarkeit von Sonderposten, Re-Marketing-Ware, gebrauchter Ware etc.€ zu verwenden, wenn dies wie aus Anlage Ast 3 ersichtlich geschieht. Dagegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 26. Januar 2009 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung unter Abweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.

Sie meint, die Belehrung über ein Rückgaberecht sei nicht rechtsverletzend. Eine Verwendung der Rückgabeklausel bei ... sei durch die §§ 312 c ff., 355f. BGB nicht ausgeschlossen. Für die Vereinbarung eines Rückgaberechts nach § 356 Abs. 1 S. 2 BGB sei nämlich nicht erforderlich, dass die Textform schon bei Vertragsschluss vorliege. Ebenso wie die Belehrung über das Widerrufsrecht könne auch die Information über das Rückgaberecht in Textform nach Vertragsschluss nachgeholt werden. Rechtsfolge sei nicht die Unwirksamkeit des vereinbarten Rückgaberechts, sondern lediglich die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags bis zur Erfüllung des Informationserfordernisses. Jedenfalls würde es sich bei einer insoweit fehlerhaften Belehrung über ein - tatsächlich nicht bestehendes - Rückgaberecht um eine Bagatelle im Sinne des § 3 UWG handeln, da die Kaufentscheidung des Verbrauchers nicht dadurch beeinflusst werde, ob das eine oder andere Recht gewährt würde. In die konkreten Angebotsseiten würden nunmehr AGBs ohne die streitgegenständlichen eingefügt. Sie behauptet, dass sie auch auf den sonstigen, dem allgemeinen Publikum zugänglichen Seiten der Antragsgegnerin auf ... (auf den €mich€ - oder €Shop€ - Seiten) am 5. Dezember 2008 allein ihre überarbeiteten AGB verlinkt und angezeigt habe. Von den €mich€ - bzw. €Shop€ - Seiten könnten Käufe aber ohnehin nicht unmittelbar getätigt werden. Um zu kaufen müsse der Kunde das jeweilige Angebot aufrufen. Diese Angebotsseiten und Informationen erschienen, wenn ein Käufer bei ... nach einem bestimmten Produkt suche und nur diese Informationen/AGBs nähme die Käufer auf ... vor/bei Vertragsschluss wahr. Nur sie würden Vertragsbestandteil. Die Antragstellerin könne hier nur eine €tote Seite€ aufgerufen haben, die für das €normale€€ Publikum nicht erreichbar und möglicherweise noch im Cache von €google€ gespeichert gewesen sei. Die Verwendung der Verfügbarkeitsklausel stelle keine Rechtsverletzung dar, allenfalls eine Bagatelle nach § 3 UWG. Jedenfalls habe sie gegen die Unterwerfungserklärung nicht verstoßen, da sie die Klausel nach deren Abgabe nicht mehr verwendet habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze ihrer Verfahrensbevollmächtigten nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin war die einstweilige Verfügung vom 26. Januar 2009 gemäß §§ 936, 924, 925 ZPO lediglich hinsichtlich der Verwendung der Verfügbarkeitsklausel zu bestätigen, im Übrigen aber im Hinblick auf die der Kammer zwischenzeitlich bekannt gewordene Rechtsauffassung des Kammergerichts aufzuheben.

Hinsichtlich der Verfügbarkeitsklausel gemäß Tenor zu Ziffer I. 2. ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus der Unterlassungsvereinbarung zwischen den Parteien vom 1. Dezember 2008. Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit dieser Klausel steht nicht mehr zur Überprüfung der Kammer, da die strafbewehrte Unterlassungserklärung die Antragsgegnerin bindet und die Antragstellerin ausdrücklich - und zulässiger Weise - den vertraglichen Unterlassungsanspruch geltend macht.

Dieser ist aufgrund der erneuten Verwendung der Klausel am 5. Dezember 2008 begründet. Zwar ist zwischen den Parteien streitig, ob die von Antragstellerseite eingereichte Anlage Ast 8 mit den Screenshots der entsprechenden Webseiten den Aufruf der streitgegenständlichen Klauseln über den Link €Unsere AGB€ auf den Shopseiten der Antragsgegnerin belegen kann. Dieser Aufruf ist aber jedenfalls ergänzend durch anwaltliche Versicherung des Antragstellervertreters glaubhaft gemacht, der darin bestätigt, die Seiten selbst aufgerufen zu haben. Die Angaben in den eidesstattlichen Versicherungen der Antragsgegnerin sind demgegenüber in ihrem Aussagegehalt nicht so zwingend, dass sie die Abrufbarkeit der streitgegenständlichen Klauseln wirklich definitiv ausschließen können. Die Formulierung €halten es für ausgeschlossen, dass ...€ lässt Restzweifel erkennen. Die Kammer hält es deshalb jedenfalls für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragstellervertreter die Seiten in der dargestellten Weise aufrufen konnte.

In der mündlichen Verhandlung hatte der Antragstellervertreter auch ausgeführt, dass die alten AGB auf der mich Seite nur dann aufgerufen wurden, wenn man über Google Zugriff nahm, nicht aber wenn man über ... die Shopseite aufrief. Insoweit widersprechen sich die Angaben auch nicht. Von ... aus war alles In Ordnung, ein Quereinstieg war aber nach wie vor möglich. Von dort aus konnte aber dann auch der Erwerb der Geräte stattfinden. Die mangelnde eigene Erklärung, wie es tatsächlich zu diesem Aufruf gekommen sein kann, geht zulasten der Antragsgegnerin, wobei die Einlassung, entsprechende Inhalte hätten sich möglicherweise noch im €Cache€ von €google€ befanden, nicht überzeugen. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat ausdrücklich angegeben, dass er nicht den Archivlink verwendet hat. Der Quereinstieg über €google€ in die Angebote der Antragsgegnerin ist dabei auch eine übliche Art des Aufrufs. Im Zweifel sucht man generell nach bestimmten Angeboten (hier über die Bezeichnung des Anbieters und des Produkts) und macht sich nicht die Mühe, dafür zunächst auf die Shopseiten dieses Anbieters zu gehen. Schließlich ist es auch unerheblich, dass die streitgegenständlichen Klauseln €nur€ auf den Shopseiten und nicht auf den Seiten mit den Angeboten selbst abrufbar waren. Auch das stellt eine Verwendung für die Einzelangebote dar. Denn der Kunden geht regelmäßig davon aus, dass die AGBs des Anbieters auf den Shopseiten und für jedes Angebot gleich sind. Es entspricht dem Wesen von AGBs, dass sie für eine Vielzahl von Verträgen formuliert sind. Es besteht deshalb die reale Gefahr, dass der Kunde die AGBs auf der Shopseite auf jedes konkrete Angebot bezieht, selbst wenn direkt dort andere Regelungen wiedergegeben sein sollten.

Welche technischen Ursachen letztlich für die Besonderheit des Vorhandenseins dieser alten Daten verantwortlich sind, kann dahinstehen bleiben, weil es auf ein Verschulden nicht ankommt.

Hinsichtlich der Belehrung über ein Rückgaberecht besteht dagegen kein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 312 c ff., 355ff. BGB.

Das Kammergericht hat in Bezug auf einen vergleichbaren Sachverhalt (d. h. bei einer Belehrung über eine Rückgaberecht bei Verkauf über ...) in einem Parallelverfahren (5 U 170/08) in der öffentlichen Sitzung vom 19. Mai 2009 zur grundsätzlichen Frage, ob über ... das gesetzliche Widerrufsrecht durch ein Rückgaberecht ersetzt werden kann, Folgendes ausgeführt:

€Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Berufung allein hinsichtlich des Antrags zu 1a) Erfolg haben wird. Der Senat erachtet es für möglich, ein Rückgaberecht auch beim Verkauf über ... statt eines Widerrufsrechts zu gewähren. Dies entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 14/3195, S. 33). Der Wortlaut des § 356 Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen. Soweit dort €beim Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospektes€ formuliert ist, ist dies naheliegend als €im Falle€ zu verstehen, eine klare zeitliche Regelung wie in § 357 BGB (€spätestens bei Vertragsschluss€) liegt gerade nicht vor. Das Rückgaberecht muss zwar im Vertrag vereinbart werden (Abs. 1 Satz 1), von der €Einräumung in Textform€ (Abs. 2 Nr. 3) hängt aber lediglich die Wirksamkeit dieser Vereinbarung ab; es handelt sich aus Sicht des Senats insoweit um eine aufschiebende Bedingung. Diese Zweiteilung (Vereinbarung/nachfolgende Wirksamkeitsbedingung) korrespondiert auch etwa mit der Zweiteilung bei der Widerrufsbelehrung gem. § 312c Abs. 1 bzw. 2 BGB. Bedenken der Rechtssicherheit stehen nicht entscheidend entgegen, in der Praxis wird der ... -Verkäufer in aller Regel bestrebt sein, die Vereinbarung des Rückgaberechts umgehend in Textform zu bestätigen. (...)€

Dieser auch im Schrifttum wohl überwiegend vertretenden Auffassung schließt sich die Kammer aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit unter Aufgabe ihrer Rechtsprechung nunmehr an. Da die Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht danach zulässig ist, begegnet auch die dahingehende Belehrung der Antragsgegnerin keinen Bedenken. Soweit sich die Antragstellerin zusätzlich darauf berufen will, durch Aufnahme der Rückgabeklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei die Belehrung über das entsprechende Rückgaberecht zumindest nicht €hinreichend deutlich€ kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen war auf diesen Aspekt der ursprüngliche Verfügungsantrag erkennbar nicht gestützt. Zum anderen hält die Kammer diese Anforderungen an die entsprechenden Informationspflichten hier auch nicht für angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.






LG Berlin:
Urteil v. 25.05.2009
Az: 52 O 405/08


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