Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 16. November 2000
Aktenzeichen: 20 W 242/2000, 20 W 242/00

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 16.11.2000, Az.: 20 W 242/2000, 20 W 242/00)

Tenor

Die weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen wird.

Beschwerdewert: 5.000,-- DM.

Gründe

Die zulässige weitere Beschwerde ist in der Sache nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Erteilung der Prokura (Vertretung gemeinsam mit einem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin) in dieser Form gesetzlich unzulässig ist und deshalb nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann. Allerdings hätte die Erstbeschwerde, die sich gegen die Zwischenverfügung des Rechtspflegers des Amtsgerichts mit dem Hinweis auf dieses Eintragungshindernis richtete, nicht verworfen, sondern - da sie unbegründet war- zurückgewiesen werden müssen.

Zwar ist in § 48 HGB die Prokura nur als Einzelprokura oder als Gesamtprokura, die, mehreren Prokuristen gemeinschaftlich erteilt werden kann, gesetzlich geregelt. Hieraus folgt jedoch nicht, dass jede andere Erteilung der Prokura, die das Handeln des Prokuristen an die Mitwirkung einer anderen Person koppelt, gesetzlich ausgeschlossen wäre. Vielmehr wird von der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur aus der Regelung der §§ 125 Abs. 3 HGB, 78 Abs. 3 AktG und 25 Abs. 2 GenG, wonach die gesetzliche Vertretungsmacht eines organschaftlichen Vertreters auch an die Mitwirkung eines Prokuristen gebunden werden kann, gefolgert, dass auch umgekehrt die Vertretungsbefugnis eines Prokuristen von der Mitwirkung eines organschaftlichen Vertreters der Gesellschaft abhängig gemacht werden darf, sog. gemischte Gesamtprokura (vgl. BGHZ 99, 76, 78 auch für die GmbH; BayObLG Rpfleger 1970, 92; Baumbach - Hopt, HGB, 30. Aufl., § 48 Rn. 6; Koller/Roth/Morck, HGB, 2. Aufl., § 48 Rn. 19; GK-HGB/Nickel, 6. Aufl., § 48 Rn. 14; Canaris, Handelsrecht, 23. Aufl., § 14 IV 2; Karsten Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., § 16 III 3 S. 468; HK-HGB/Ruß/Selder, 5. Aufl., § 48 Rn. 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 48 Rn. 26; einschränkend: Münch Komm HGB/Lieb/Krebs, 3. Aufl., § 48 Rn. 84; Beuthien/Müller, DB 1995, 461 ff).

Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof in seiner vorgenannten Entscheidung die Zulässigkeit der hier vorgesehenen Bindung des Prokuristen einer Kommanditgesellschaft an die Zustimmung eines gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gerade offen gelassen (a.a.O., S. 80). Eine derartige Beschränkung der Prokura ist jedoch mit der gesetzlichen Gesamtregelung nicht vereinbar. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des BayObLG (NJW 1994, S. 2965) an, die auch im Schrifttum weitgehend Zustimmung erfahren hat (vgl. Baumbach-Hopt, a.a.O., Rn. 7; Canaris, a.a.O., S. 293; GK-HGB/Nickel, a.a.O., Rn. 14; Koller/Roth/Morck, a.a.O., Rn. 21; Hesselmann/Tillmann, Handbuch der GmbH & Co., 18. Aufl., Rn. 482). Denn eine derartige weitere Ausdehnung der Beschränkung der Prokura lässt sich mit dem Grundgedanken der unechten Gesamtprokura nicht mehr vereinbaren. Diese findet nämlich ihre Rechtfertigung gerade darin, dass der Prokurist an die Mitwirkung eines organschaftlichen Vertreters des Unternehmens gebunden wird. Die gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind als solche jedoch kein Organ der Kommanditgesellschaft, für die die Prokura hier erteilt werden soll. Vielmehr sind diese Geschäftsführer als Personen in Bezug auf die Kommanditgesellschaft als Dritte einzuordnen, an deren Mitwirkung der Prokurist mit Außenwirkung nicht gebunden werden kann.

An diesem Ergebnis vermag auch die Argumentation der Rechtsbeschwerde nichts zu ändern. Dem aufgeführten wirtschaftlichen Bedürfnis zur Erteilung der Prokura nur für den Geschäftsbereich der Kommanditgesellschaft und dessen Bindung an ein "4-Augen-Prinzip" kann in gesetzlich zulässiger Weise dadurch Rechnung getragen werden, dass der Prokurist an die Mitwirkung der Komplementär-GmbH als Vertretungsorgan allgemein gebunden wird. Hierdurch wird im Ergebnis eine Mitwirkung der Geschäftsführer der GmbH erreicht, ohne in rechtsdogmatisch unzulässiger Weise die Prokura an die Mitwirkung eines Dritten zu binden (vgl. hierzu BayObLG, a.a.O.).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 16.11.2000
Az: 20 W 242/2000, 20 W 242/00


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