Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 16. Februar 2009
Aktenzeichen: 5 W 38/08

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 16.02.2009, Az.: 5 W 38/08)

Tenor

Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin zu 1) vom10.12.2008, des Antragsgegners zu 6) vom 15.12.2008 und derAntragsgegnerin zu 11) vom 2.12.2008 gegen den Beschluss desLandgerichts Frankfurt am Main vom 11.11.2008 in der Fassung desNichtabhilfebeschlusses vom 20.1.2009 werden zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben jeweils 1/3 der gerichtlichen Kostendes Beschwerdeverfahrens und der außergerichtlichen Kosten derBeschwerdegegnerin zu tragen. Im Übrigen tragen dieBeschwerdeführer und die Streithelfer der Antragsgegner ihreaußergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahrenbeträgt 125.000,00 €.

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Stadt1, deren Grundkapital in Höhe von 40.222.755 € in eine gleiche Anzahl, nennwertloser, auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt ist.

Am 20.12.2007 beschloss die außerordentliche Hauptversammlung der Antragstellerin auf Antrag der A ... GmbH (nachfolgend: Hauptaktionärin) den Ausschluss der Minderaktionäre.

Frühere Hauptaktionärin war die B AG. Dem Ausschlussverlangen waren etappenweise Erwerbsvorgänge von Anteilen an der Antragstellerin unmittelbar oder mittelbar durch die Hauptaktionärin voraus gegangen.

Auf der Hauptversammlung vom 20.12.2007 wurde über die mit der Einladung bekannt gemachten Tagesordnungspunkte, über verschiedene Anträge von Aktionären auf Durchführung von Sonderprüfungen sowie auf Abwahl des Versammlungsleiters abgestimmt. Ausweislich des notariellen Protokolls der Hauptversammlung stellte der Leiter der Hauptversammlung das Zustandekommen des Ausschließungsbeschlusses zu TOP 2. fest. Wegen der Einzelheiten der festgestellten Beschlussfassung wird auf das Protokoll (Anlage B 24 S. 20) Bezug genommen.

Gegen diesen Hauptversammlungsbeschluss haben die Antragsgegner Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen beim Landgericht Frankfurt am Main erhoben, die nach Verbindung zum Az.: 3/05 O 10/8 geführt werden. In diesem Verfahren hat das Landgericht eine Beweisaufnahme zur Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter angeordnet (Bl. 868). Wegen des Ergebnisses der bisher vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme wird auf Bl. 990 - 996 der beigezogenen Akte 3/05 O 10/08 Bezug genommen.

Mit der am 26.9.2008 eingegangenen Antragsschrift vom selben Tage hat die Antragstellerin das Freigabeverfahren gemäß den §§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG eingeleitet.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, dass die von den Antragsgegnern erhobenen Klagen offensichtlich unbegründet seien. Der Beschluss zu TOP 2 sei ordnungsgemäß gefasst und festgestellt worden. Die Hauptaktionärin halte über 95 % der Aktien der Antragstellerin. Der Aktienerwerb sei rechtswirksam erfolgt wie schließlich auch der A-Konzern allen Meldepflichten nachgekommen sei. Die Barabfindung der außenstehenden Aktionäre sei angemessen ermittelt worden. Alle auf der Hauptversammlung gestellten Fragen seien in ausreichendem Umfang beantwortet worden. Des Weiteren liege ein vorrangiges Vollzugsinteresse der Antragstellerin an der Eintragung des Übertragungsbeschlusses vor.

Die Antragstellerin hat beantragt festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen der Antragsgegner (Az.: 3/05 O 10/08) vor dem Landgericht Frankfurt am Main gegen die Wirksamkeit des auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 20.12.2007 zu TOP 2. gefassten Beschlusses über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Antragstellerin auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung (Ausschluss von Minderheitsaktionären nach den §§ 327 a ff. AktG) der Eintragung dieses Beschlusses in das Handelsregister nicht entgegenstehen.

Die Antragsgegner haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, der Antrag sei schon unstatthaft, weil er erst ca. acht Monate nach Klageerhebung gestellt worden sei. Die Antragsgegner sind der Auffassung, dass ihre Klagen zulässig und begründet seien, wobei sie sich im Wesentlichen auf ihr schriftsätzliches Vorbringen im Hauptsacheverfahren bezogen haben. U.a. sei der Beschluss zu TOP 2, anders als im Hauptversammlungsprotokoll niedergelegt, insofern unrichtig festgestellt worden, als der Versammlungsleiter lediglich festgestellt habe, dass die Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschlossen habe, was auch durch die Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren nicht widerlegt worden sei. Jedenfalls habe die Hauptaktionärin im Zeitpunkt des Ausschlussverlangens nicht 95 % der Aktien der Antragstellerin gehalten, weil sie nicht von der B AG Eigentum an den Aktien der Antragstellerin habe erwerben können. Des Weiteren sei es in der Hauptversammlung zu Informationsrechtsverletzungen gekommen. Fragen seien nicht oder unzureichend beantwortet worden. Ein vorrangiges Vollzugsinteresse bei der Antragstellerin liege nicht vor. Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses sowie auf die im Freigabeverfahren und im Hauptsacheverfahren (Az.: 3/05 O 10/08) gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Mit dem am 11.11.2008 verkündeten Beschluss, auf den ebenso Bezug genommen wird, hat das Landgericht dem Freigabeantrag stattgegeben, weil der Antrag zulässig und begründet sei. Die erhobenen Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsklagen seien jedenfalls offensichtlich unbegründet, so dass dahingestellt bleiben könne, ob auch ein vorrangiges Vollzugsinteresse vorliege.

Gegen diesen - der Antragsgegnerin zu 1) am 27.11.2008 (Bl. 241), dem Antragsgegner zu 6) am 1.12.2008 (Bl. 277) und der Antragsgegnerin zu 11) am 27.11.2008 (Bl. 248) - zugestellten Beschluss haben die Antragsgegnerin zu 1) am 10.12.2008 (256), der Antragsgegner zu 6) am 15.12.2008 (Bl. 270) und die Antragsgegnerin zu 11) am 3.12.2008 (Bl. 253) jeweils sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Freigabeantrages begehren.

Wegen der Einzelheiten der sofortigen Beschwerden wird auf die Beschwerdeschriften der Antragsgegnerin zu 1) vom 10.12.2008 (B. 263 - 267), des Antragsgegners zu 6) vom 15.12.2008 (Bl. 271) und der Antragsgegnerin zu 11) vom 2.12.2008 (Bl. 254) Bezug genommen, wobei der Antragsgegner zu 6) bisher eine Beschwerdebegründung nicht eingereicht hat.

Die Antragstellerin ist den sofortigen Beschwerden entgegengetreten; sie verteidigt den angefochtenen Beschluss. Auf den in der Beschwerdeinstanz eingereichten Schriftsatz vom 8.1.2009 wird Bezug genommen.

Die Akte 3/05 O 10/08 Landgericht Frankfurt am Main ist beigezogen gewesen.

Mit Beschluss vom 20.1.2009, auf den verwiesen wird (Bl. 281 - 283) hat das Landgericht den sofortigen Beschwerden nicht abgeholfen, weil das Vorbringen in den Beschwerdeschriften keine Veranlassung gebe, von der getroffenen Entscheidung abzuweichen.

Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 23.1.2009 ist allen Beteiligten mitgeteilt worden, dass über die sofortigen Beschwerden nicht vor dem 13.2.2009 entschieden werde, nachdem bereits mit Verfügung vom 17.12.2008 u.a. mitgeteilt wurde, dass die Aktenbeiziehung (Az.: 3/05 O 10/08) veranlasst sei (Bl. 272).

II. Die sofortigen Beschwerden sind statthaft (§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 Satz 6 AktG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 Abs. 1, 2 ZPO). Die sofortigen Beschwerden sind jedoch unbegründet.

Der im September 2008 eingegangene Freigabeantrag der Antragstellerin war zulässig; insbesondere führte der Zeitablauf von ca. 8 Monaten nach Klagezustellung im vorliegenden Falle nicht zu einer Unstatthaftigkeit des Freigabeantrags. Zwar handelt es sich bei dem Freigabeverfahren um ein spezielles Eilverfahren nach den Regeln der ZPO (vgl. Happ, Aktienrecht 3. Aufl., S. 2092). Das Landgericht hat jedoch bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gesetz selbst keine zeitliche Beschränkung für die Stellung eines Freigabeantrags vorsieht. Im vorliegenden Falle hat die Antragstellerin den Ausgang der im Hauptsacheverfahren erfolgten Beweisaufnahme abgewartet, um auf diese Weise etwaigen Zweifeln hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit der eingereichten Klagen zu begegnen (Bl. 23).

Der Freigabeantrag der Antragstellerin ist auch begründet. Zwar darf ein Freigabebeschluss nur ergehen, wenn die Klagen gegen die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind, oder wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Beschlusses nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzung zur Abwendung der vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint (§§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 Satz 2 AktG).

Dabei ist eine Anfechtungsklage dann offensichtlich unbegründet, wenn sich auf der Grundlage glaubhaft gemachter Tatsachen mit hoher Sicherheit die Unbegründetheit der Klage(n) vorhersagen lässt, wobei der für diese Prognose erforderliche Prüfungsaufwand des Prozessgerichts nicht entscheidend ist (OLG Frankfurt am Main, AG 2006, 249; Senat, Beschluss vom 16.2.2007 Az.: 5 W 43/06; Beschluss vom 5.11.2007 Az.: 5 W 22/07); vielfach wird auf die Unvertretbarkeit anderer Beurteilung abgestellt (vgl. die Nachweise bei Hüffer, Aktiengesetz 8. Aufl., § 319 Rdn. 18).

Die erhobenen Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsklagen sind jedoch in diesem Sinne offensichtlich unbegründet, so dass dahinstehen kann, ob einzelne Antragsgegner ihre Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung bisher noch nicht nachgewiesen bzw. in der Hauptversammlung Widerspruch zu Protokoll erklärt haben.

Insbesondere rechtfertigt das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerinnen zu 1) und 11) sowie das Rechtsmittel des Antragsgegners zu 6) im Ergebnis keine von den Ausführungen des angefochtenen Beschlusses abweichende Beurteilung.

Der Senat billigt zunächst die Wertung des Landgerichts, wonach auf der Grundlage der im Hauptsacheverfahren 3/05 O 10/08 bisher durchgeführten Beweisaufnahme die Antragsgegner nicht den Beweis dafür erbracht haben, dass der im notariellen Protokoll festgehaltene Vorgang der Beschlussfeststellung etwa fehlerhaft (nicht so, wie dort angegeben), erfolgt ist. Vielmehr ist auf der Grundlage des notariellen Protokolls, der Aussagen der Zeugen Z1 und Z2 und deren Schilderung des Hauptversammlungsverlaufs eine ordnungsgemäße Beurkundung der Beschlussfeststellung hinreichend glaubhaft, so dass eine Nichtigkeit der Beschlussfassung zu TOP 2. gemäß den §§ 241 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 130 Abs. 1 und 2 AktG ausscheidet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Aussagen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Ebenso haben die Beschwerdeführer gegen die Feststellung des Landgerichts, dass der streitgegenständliche Beschluss zu TOP 2 nicht gemäß § 241 Nr. 3, 3. Alt. AktG nichtig ist, weil die Hauptaktionärin bereits vor Einreichung des Ausschlussverlangens mindestens 95 % der Aktien an der Antragstellerin dinglich erworben hatte, nichts mehr € insbesondere nichts Substanzielles € eingewandt.

Des Weiteren hat das Landgericht zutreffend die Einwendungen der Anfechtungskläger gegen die erbrachte Gewährleistungserklärung für unbegründet erachtet und ebenso richtig ausgeführt, dass die dem A_Konzern zuzurechnenden Aktionäre keinen Stimmrechtsverlust nach § 28 WpHG erlitten haben.

Das Landgericht hat sich auch im Übrigen mit den weiteren Einwänden (Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsgründen) des Hauptsacheverfahrens auseinandergesetzt und zutreffend für nicht begründet erachtet. Indes führen auch die nunmehr von den Beschwerdeführern vorgetragenen Gründe zu keiner die Freigabeentscheidung des Landgerichts ändernden Beurteilung:

Soweit die Antragsgegnerin zu 1. in der Beschwerdeschrift (S. 3, 4) wiederholt einen Verstoß gegen § 131 AktG (Informationspflichtverletzung) rügt und die - bereits in der Klageschrift (Bl. 31 - 33 der Hauptsacheakte 3/05 O 10/08) bezeichneten - in der Hauptversammlung vermeintlich nicht bzw. nicht hinreichend beantworteten Fragen [der Aktionärin C] ebenso wiederholt auflistet, hat sich die Antragsgegnerin zu 1. bereits nicht mit den Ausführungen des Landgerichts (Beschlussausdruck [im Folgenden: BA] S. 28) auseinandergesetzt, auf die - zur Meidung von Wiederholungen - Bezug genommen wird.

Im Zusammenhang mit der Frage 1. (Bl. 264 € Inhalt des letzten Jahresabschlusses der A ... GmbH € €u.a.) ist ergänzend auszuführen, dass die Antragstellerin mit der Anlage B 29 zur Hauptsacheakte (Auszug aus dem Verlaufsprotokoll der außerordentlichen Hauptversammlung vom 20.12.2007 - S. 91) hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass der Vorstand der Antragstellerin die gestellte Frage dahingehend beantwortet hat, dass der Inhalt des Jahresabschlusses des Hauptaktionärs für das Squeeze-out-Verfahren der Antragstellerin nicht relevant sei, in den Konzernabschluss der A AG sei der Hauptaktionär gemäß § 264 Abs. 3 HGB einbezogen und eine Kopie des Konzernabschlusses sei in Papierform am Wortmeldetisch ausgelegt.

Hierzu hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass der Jahresabschluss der Hauptaktionärin als solcher von der Antragstellerin nicht vorgelegt werden musste und die Information über die wirtschaftlichen Kennzahlen der Hauptaktionärin nicht in den Rechtskreis der Antragstellerin falle; die Information sei auch nicht erforderlich gewesen, um über den Übertragungsantrag gegen Barabfindung zu entscheiden, da die Barabfindung durch die Gewährleistungserklärung eines zugelassenen Kreditinstituts gesichert sei und des Weiteren der Gesetzgeber in Abweichung von § 293 f. AktG keine Auslage des Jahresabschlusses des Hauptaktionärs zur Vorbereitung der Beschlussfassung normiert habe (BA S. 28 - vgl. auch OLG Düsseldorf, NZG 2005, 347 (350); OLG Hamburg, NZG 2003, 978 - Bl. 580 Hauptsacheakte). Die Frage 2. (Bl. 264), warum die D [Antragstellerin] ein Sanierungsfall sei, wurde in der Hauptversammlung ausführlich beantwortet (BA S.28). Gemäß dem Auszug aus dem Verlaufsprotokoll S. 27, 102, 107, 108 (Anlage B 31 zur Hauptsacheakte) führte der Vorstand hierzu u.a. aus, dass sich die Antragstellerin infolge der Insolvenz der B-Gruppe im ersten Halbjahr 2007 in einer Liquiditätskrise befand; diese wäre ohne eine Zurverfügungstellung von Finanzmitteln durch den Hauptaktionär und die E in Form von Gesellschaftsdarlehen und Kreditlinien nicht in der Lage gewesen, ihre laufenden Verbindlichkeiten aus dem eigenen Cash Flow zu bedienen. Zur Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit sei von der A AG ein Sanierungsgutachten erstellt worden [vgl. auch Bl. 581 Hauptsacheakte].

Im Zusammenhang mit der Frage 3. (Wie lauten die WpHG-Meldungen genau und zu welchem Datum€ - Bl. 264) hat die Antragstellerin zunächst glaubhaft gemacht, dass die gemäß den §§ 21, 22, 24 WpHG abzugebenden Mitteilungen tatsächlich erfolgt sind. Sie hat dabei auf die Mitteilungen der A AG vom 11.7.2007 an die BaFin und an die Antragstellerin Bezug genommen (vgl. die Anlagen B 1 und B 2 zur Hauptsacheakte - Bl. 474) sowie auf die Veröffentlichung der Antragstellerin gemäß § 26 WpHG vom 12.7.2007 (Anlage B 3 zur Hauptsacheakte und Bl. 474); ebenso hat die Antragstellerin unbestritten vorgetragen [und außerdem unter Zeugenbeweis gestellt - Bl. 499 der Hauptsacheakte], dass die aktuellen Stimmrechtsmitteilungen gemäß § 21 f. WpHG in Bezug auf die Beteiligungen an der Antragstellerin, die von der Hauptaktionärin und der E abgegeben wurden, auch in der Hauptversammlung am Wortmeldetisch auslagen und auf Anforderung jedem anwesenden Aktionär oder Vertreter eine Kopie dieser Stimmrechtsmitteilungen ausgehändigt wurde (Bl. 499 der Hauptsacheakte). Die [vom Aktionär F vertretene] Antragsgegnerin zu 1. (vgl. Bl. 31 der Hauptsacheakte) verhält sich indes mit ihrer jetzt vorgetragenen Rüge widersprüchlich (treuwidrig), wenn sie nunmehr die Nichtbeantwortung von Fragen der Aktionärin C beanstandet, obwohl diese Aktionärin dies letztlich hingenommen - zumal keine Anfechtungsklage erhoben - hat, und die Antragsgegnerin zu 1. sich zufrieden gegeben (hat), in der Hauptversammlung also nicht mehr gerügt hat, dass sie die gestellte Frage etwa als noch unbeantwortet ansieht (vgl. hierzu auch Hüffer, Aktiengesetz 8. Aufl., § 131 Rn 21 m. N.). Auf diese Problematik hat das Landgericht bereits hingewiesen (BA S. 27). Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, dass der gerügte vermeintliche Verfahrensfehler durch einen Bestätigungsbeschluss gemäß § 244 AktG behebbar (wäre) (vgl. z.B. OLG Stuttgart, ZIP 1997,75 [77]) und im Hinblick auf die tatsächlich erfolgten Mitteilungen auch nicht derart schwerwiegend wäre, dass ein solcher hier durch das hinreichend glaubhaft gemachte Vollzugsinteresse der Antragstellerin (vgl. die Anlage ASt 1 - Bl. 37, in der u.a. die Unterbilanz der Antragstellerin und die notwendige Liquiditätszufuhr [durch die Hauptaktionärin und die E - Bl. 482, 581 der Hauptsacheakte] glaubhaft gemacht sind) nicht ausnahmsweise hingenommen werden könnte, zumal ein möglicher Nichtigkeitsgrund vorliegend nicht in Frage steht.

Die Frage 4. (nach den Ist-Zahlen der D per 1.11.2007 - Bl. 265) ist ausweislich des Verlaufsprotokolls S. 48, 89 (Anlagen B 32 zur Hauptsacheakte) dahingehend beantwortet worden, dass per November kein Abschluss der Antragstellerin erstellt wurde und die letzten vorliegenden Ist - Zahlen von per September 2007 seien. Auch hierzu hat das Landgericht richtig ausgeführt, dass die Antragstellerin mangels Vorliegens eines solchen Zwischenabschlusses (per November 2007) demzufolge solche Ist-Zahlen auch nicht vorlegen musste (BA S. 29).

Zur Frage 5. (Können Sie uns bitte den BaFin -Bescheid vorlesen€) und zur Frage 7. (Wie lautet der Befreiungsantrag an die BaFin€) hat die Antragstellerin unter Hinweis auf das Verlaufsprotokoll S. 62, 68 (Anlage B 38 zur Hauptsachakte) [ Bl. 501, 585] hinreichend glaubhaft gemacht, dass diese Fragen vom Vorstand der Antragstellerin dahin beantwortet wurden, dass der Bescheid der BaFin, mit dem die Hauptaktionärin sowie die A AG von den Verpflichtungen des § 35 WpÜG befreit wurden, weder verlesen noch in Kopie ausgelegt würde, weil es sich bei dem Befreiungsbescheid der BaFin vom 26.9.2007 um einen Bescheid im verwaltungsrechtlichen Verfahren handele, an dem die Antragstellerin nicht beteiligt gewesen sei; die wesentlichen Gründe dieses Bescheids habe die A AG veröffentlicht [Bl. 585]. Hierzu hat das Landgericht - zutreffend - ausgeführt, dass die Fragen hinsichtlich des BaFin-Bescheides und des Befreiungsantrags das Verhältnis von Hauptaktionärin und BaFin betrafen und deshalb keine Angelegenheiten der Gesellschaft (Antragstellerin) im Sinne des § 131 AktG sind. Gleiches gilt für das Sanierungsgutachten, das nicht von der Antragstellerin eingeholt worden ist (BA S. 29).

Die Frage 6. (Inwieweit Schadensersatzansprüche gegen die Organe der Gesellschaft geprüft wurden u.a. - Bl. 265) wurde ausweislich des Verlaufsprotokolls S. 50, 85 (Anlage B 30 zur Hauptsacheakte) vom Vorstand der Antragstellerin dahin hinreichend beantwortet, dass sich der Aufsichtsrat der Beklagten darauf verständigt bzw. beschlossen habe, zur Überprüfung möglicher Ansprüche einen Gutachter zu beauftragen; Ergebnisse würden in den nächsten Wochen vorliegen; Aufsichtsrat und Vorstand würden dann entsprechen reagieren (vgl. BA S. 28 und Bl. 581 Hauptsacheakte).

Die - unter Beweis gestellte - Behauptung der Antragsgegnerin zu 1., zu den gestellten Fragen habe es keine Antwort gegeben (Bl. 33 und 266 der Hauptsacheakte), ist in dieser Pauschalität schon nicht richtig und damit ein unzulässiges Bestreiten (§ 138 Abs. 2 ZPO).

Ebenso greift die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 11. nicht durch, mit der diese geltend macht (Bl. 253, 254), das Landgericht habe das Klagevorbringen der Antragsgegnerin zu 11) (hier: Klageschrift vom 18.1.2008 - Bl. 398 - 404 der Hauptsacheakte nebst Anlagen) nicht bzw. nicht ausreichend zur Kenntnis genommen, wie auch das Landgericht zu Unrecht davon ausgehe, dass die Angemessenheit der Barabfindung sowie der Referenzzeitraum zur Berechnung derselben nur in einem Spruchverfahren zu überprüfen seien (BA S. 26). Nach erneuter Befassung mit diesen Einwänden bleibt der Senat dabei, dass die Frage der vermeintlichen Unangemessenheit der angebotenen Barabfindung, auch soweit diese unter einem (Börsen-)Schlusskurs am Tag der Hauptversammlung lag, in das Spruchverfahren gemäß § 327 f AktG gehört.

Unabhängig davon, dass das Landgericht u.a. den Kläger zu 6. auf den fehlenden Nachweis seiner Aktionärsstellung hingewiesen hat (Bl. 815 der Hauptsacheakte), ist auch die sofortige Beschwerde des Klägers zu 6. unbegründet, die eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss vermissen lässt. Allerdings sieht der Senat die in der Klageschrift vom 21.1.2008 (Bl. 199 - 216 der Hauptsacheakte) erhobenen Einwände (u.a. zu vermeintlichen Fragerechtsverletzungen der Antragstellerin), soweit sie hier nicht bereits erörtert worden sind, im vorliegenden Freigabeverfahren im Ergebnis als nicht durchgreifend an (vgl. auch BA S. 29); ebenso wenig liegt der mit Schriftsatz vom 19.4.2008 (Bl. 809 - 810) zu TOP 2 geltend gemachte Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 241 Nr. 1 AktG vor (weil die Hauptversammlung unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG einberufen worden sei), denn die Formulierung in der Einladung zur Hauptversammlung reflektiert sowohl die entsprechende Passage der Satzung der Beklagten in § 14 Nr. 2 als auch den Wortlaut des § 123 Abs. 3 Satz 2 AktG. Eine Auflistung der sonstigen Möglichkeiten des Nachweises der Teilnahmeberechtigung war nicht notwendig, auch bestand hierzu keine rechtliche Verpflichtung [Bl. 851].

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Bei den Streithelfern der Antragsteller handelt es sich nicht um streitgenössische, sondern um einfache Nebenintervenienten (z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 18.1.2007 - Az.: 27 W 33/06). Die Festsetzung der Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO i.V.m. § 53 Abs. 1 Ziff. 4 GKG und entspricht der Festsetzung des Landgerichts nach Berücksichtigung des zu bewertenden Interesses der Antragstellerin an der Überwindung der Registersperre. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil sie im Freigabeverfahren ausgeschlossen, also bereits nicht statthaft ist (§§ 319 Abs. 6 Satz 7, 327 e Abs. 2 ZPO).






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 16.02.2009
Az: 5 W 38/08


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