Landgericht Düsseldorf:
Teil-Urteil vom 30. April 2013
Aktenzeichen: 2a O 113/12

(LG Düsseldorf: Teil-Urteil v. 30.04.2013, Az.: 2a O 113/12)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Widerklage wird hinsichtlich des Antrages

zu Ziffer 2. abgewiesen.

Im Übrigen wird der Rechtsstreit nach Art. 100 Abs. 7 GMV ausgesetzt.

Die Beklagten werden aufgefordert, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieses Urteils beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) die Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke "F" im Rahmen des mit der Widerklage zu Ziffer 1. gestellten Antrags zu beantragen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin kauft und verkauft F und deren einzelne Komponenten. Seit dem Jahr 1996 firmierte sie zunächst unter der Bezeichnung "energie bau Köln solartechnik und ökologisch bauen gmbH", seit dem Jahr 2001 firmierte sie unter der Bezeichnung "F GmbH", wobei im Jahr 2006 die jetzige Schreibweise "F GmbH" ins Handelsregister eingetragen wurde. Eingetragener Geschäftsgegenstand ist der Groß- und Einzelhandel mit Solarstromsystemen und Komponenten, die Installation von Photovoltaikanlagen, Verteilungs- und Umwandlungssystemen, die Herstellung von Solarmodulen, Befestigungssystemen, Schaltschränken und Komponenten, die Entwicklung von autarken solaren Stromversorgungsanlagen, Beratungen, Veröffentlichungen und die Erstellung von Gutachten und Planungsleistungen.

Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschaftswortmarke Nr. ...#/...

"F" (nachfolgend: Klagemarke) mit Priorität vom 4.11.2009, die u.a. Schutz genießt für die Warenklassen 6 "Baumaterialien aus Metall ...", 7 "Maschinen und Werkzeugmaschinen ...", 9 "...Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern , Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, ..., Solarstromerzeugungsmodule, ...", 17 "... elektrische und Schallisolierungsmittel ...", 19 "Baumaterialien (nicht aus Metall), ...", 37 "Bauwesen, ..., Installation von ... Stromnetzen, ..." und 39 "... Verteilung von Energie, ...".

Die Beklagte zu 1) ist im Bereich der Energieversorgung aus der Nutzung erneuerbarer Energien, der Vermietung von Solaranlagen und dem Aufbau und Betrieb von Solaranlagen zur Gewinnung von elektrischer Energie tätig.

Die Beklagte zu 1) ist unter ihrer Firma eingetragen für folgenden Geschäftsgegenstand:

"Erwerb und Betrieb von Solar- und Photovoltaikanlagen und anderer Anlagen zur Förderung erneuerbarer Energien, die Einspeisung des erzeugten Stroms in das öffentliche Netz und dessen Nutzung zum eigenen Bedarf, Handel mit Baumaterialien aller Art, Bauzubehör, Materialien zur Errichtung von Straßen, Gebäuden und öffentlichen Plätzen und alle damit in Zusammenhang stehenden Hilfs- und Nebengeschäfte".

Der Beklagte zu 3) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Zugleich ist er auch der Geschäftsführer der Volz Handels- und N mbH, die wiederum Komplementärin der Beklagten zu 2) ist. Diese betreibt die Internetseite www.volzenergiebau.de.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten würden im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit nicht nur ihre Rechte aus der Klagemarke, sondern auch die Rechte aus dem ihr zustehenden Unternehmenskennzeichen "F" verletzen. Aus diesem Grund mahnte sie die Beklagte zu 1) mit patentanwaltlichem Schreiben vom 23.09.2011 ab (vgl. Anlagenkonvolut LLR 10). Die Beklagte zu 1) wies die Abmahnung durch patentanwaltliches Schreiben vom 16.11.2011 (Anlage B1) zurück und berief sich darauf, "F" sei der Gegenstand ihrer geschäftlichen Tätigkeit, die Klagemarke sei rein beschreibend und daher freihaltebedürftig. Die Klägerin legte mit patentanwaltlichem Schreiben vom 16.11.2011 (Anlage B2) nochmals ihre Rechtsauffassung dar und bestand weiterhin auf der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch die Beklagte zu 1).

Hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 7 haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ersatzordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

1.1 die Bezeichnungen

und/oder

W2

für Energieversorgung aus der Nutzung erneuerbarer Energien, Vermietung von Solaranlagen, Aufbau und Betrieb von Solaranlagen zur Gewinnung vom elektrischer Energie und/oder eines darauf gerichteten Geschäftsbetriebs zu verwenden wie nachfolgend wiedergegeben:

a.

b.

c.

d.

e.

1.2 die Firma

W2 GmbH

zur Kennzeichnung eines auf Energieversorgung aus der Nutzung erneuerbarer Energien, Vermietung von Solaranlagen, Aufbau und Betrieb von Solaranlagen zur Gewinnung von elektrischer Energie, den Erwerb und Betrieb von Solar- und Photovoltaikanlagen und anderer Anlagen zur Förderung erneuerbarer Energien, die Einspeisung des erzeugten Stroms in das öffentliche Netz sowie auf den Handel mit Solar- und Photovoltaikanlagen und deren Komponenten gerichteten Geschäftsbetrieb zu verwenden;

2. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin 2.080,50 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin jeden über Ziffer 2 hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer 1 entstanden ist;

4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unverzüglich darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar unter chronologischer Auflistung

a. der Anzahl der Web-Zugriffe auf die Internetseite www.volzwerke.de,

b. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

5. die Beklagten zu 1 und 3 zu verurteilen, der Klägerin unverzüglich - über Ziffer 4 hinaus - Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar unter chronologischer Auflistung der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Umsatzes und Gewinns der Beklagten zu 1;

die Beklagte zu 1 zu verurteilen, in die Löschung des Bestandteils "F" in ihrer im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg unter HRB 98726 eingetragenen Firma "W2 GmbH" einzuwilligen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragen sie,

1. die Gemeinschaftsmarke "F" für die X und Dienstleistungen der

Klasse 6

Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke), Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohre; X aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Masten aus Metall; Dachbeläge aus Metall; Dachpfannen aus Metall; Dächer aus Metall; Dachbedeckungen und Wandverkleidungen aus Metall; Metallfolien; Zentralheizungsrohre aus Metall; Stromleitungsmasten aus Metall

Klasse 7

Pumpen für Heizungsanlagen; Gleichstromgeneratoren; Generatoren (Wechselstrom-); Generatoren (Strom-)

Klasse 9

Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Software zur Steuerung industrieller Abläufe; elektronische Anzeigetafeln; Computer; Solardachziegel und -schiefertafeln; Software für den Handel über ein globales Kommunikationsnetz; Apparate zur Erzeugung von Elektrizität unter Verwendung von Sonnenenergie; elektronische und elektrische Apparate und Instrumente zur Verwendung bei der Energieerzeugung oder -verteilung; Geräte zum Prüfen von Isolierung und Erdwiderstand; Steuerungen für Heizungen und Heizanlagen; elektrische Stromkreisschließer; Anordnungen von Solarbatterien; Solarbatterieladegeräte; Solardachziegel und -schiefertafeln; Solarkollektoren; Solarmodule; Solarstromerzeugungsmodule; Solarzellenplatten; tragbare Solarbatterien zur Erzeugung von Elektrizität; Netzverwaltungssoftware; Schalteinrichtungen (Switches) für öffentliche und proprietäre digitale und analoge Netze

Klasse 17

Verzeichnis der X und Dienstleistungen Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und X daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; X aus Kunststoff (Halbfabrikate), Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Schläuche (nicht aus Metall), Folien (Isolier-) aus Metall; Folien (Kunststoff-), außer für Verpackungszwecke; Kunststoffmaterialien in Form von Folien, Stangen und Rohren; Dichtungen und Isolierungen, elektrische, Wärme- und Schallisolierungsmittel; Materialien für elektrische Isolierungen

Klasse 19

Verzeichnis der X und Dienstleistungen Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nichts aus Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Bauglas; Beläge (Dach-), nicht aus Metall; Dachbeläge, nicht aus Metall; Dachhäute

Klasse 37

Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten; Installation von Telefonnetzen, Kabelnetzen, unternehmensweiten Kommunikationssystemen, Datennetzen, Stromnetzen

Klasse 39

Verteilung von Energie

für nichtig zu erklären;

2. die Klägerin zu verurteilen, 2.080,50 € nebst Zins in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit an die Beklagten zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Löschungswiderklage vorab durch Teilurteil bezüglich sämtlicher X der Klassen 6, 7, 17, 19 sowie bezüglich der X "Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Software zur Steuerung industrieller Abläufe; elektronische Anzeigetafeln; Computer; Solardachziegel und -schiefertafeln; Software für den Handel über ein globales Kommunikationsnetz; Geräte zum Prüfen von Isolierung und Erdwiderstand; Steuerungen für Heizungen und Heizanlagen; elektrische Stromkreisschließer; Netzverwaltungssoftware; Schalteinrichtungen (Switches) für öffentliche und proprietäre digitale und analoge Netze" und ferner bezüglich der Dienstleistungen "Installation von Telefonnetzen, Kabelnetzen, unternehmensweiten Kommunikationssystemen, Datennetzen" als unzulässig abzuweisen;

2. im Übrigen die Beklagten aufzufordern, innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) die Erklärung der Nichtigkeit (im Umfang des zulässigen Teils der Löschungswiderklage) zu beantragen und insoweit das Verfahren auszusetzen (Art. 100 Abs. 7 GMV);

3. die Widerklage im Übrigen abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin nicht in ausreichendem Maße deutlich gemacht habe, welchen ihrer Anträge sie auf welches Schutzrecht stützen wolle. Im Übrigen sei die Klage aber jedenfalls unbegründet, weil der Begriff "F" rein beschreibend sei. Insofern stehe der Klagemarke ein absolutes Eintragungshindernis entgegen, weshalb sie mit ihrer Widerklage unter anderem die Löschung der Klagemarke für die Klassen 6, 7, 9, 17, 19, 37 und 39 begehrt.

Die Klägerin hält die Widerklage zum Teil bereits für unzulässig, da diese Warenklassen umfasse, die nicht Gegenstand der Klage seien. Im Übrigen sei die Widerklage aber jedenfalls unbegründet, da der Begriff "F" eine hinreichend starke Kennzeichnungskraft aufweise und vom Verkehr gerade nicht als beschreibende Angabe verstanden werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Widerklage ist zulässig, hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 2 aber unbegründet. Im Übrigen ist das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 1 der Widerklage gemäß Art. 100 Abs. 7 GMV auszusetzen.

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Die Klage ist zulässig.

Die einzelnen Klageanträge sind hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 ZPO. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche gegen die Beklagten wegen der beanstandeten Benutzung der Bezeichnung "F" sowohl auf die Klagemarke als auch auf das von ihr behauptete Unternehmenskennzeichen "F". Damit macht sie verschiedene Streitgegenstände geltend.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 154, 342, 347 - Reinigungsarbeiten). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, GRUR 2001, 755, 756 f. - Telefonkarte). Wird ein Antrag alternativ auf mehrere mögliche Klagegründe gestützt, so gehört auch die Benennung der Reihenfolge, in der diese zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden, zu der gebotenen Bestimmung des Streitgegenstandes (BGHZ 189, 56 ff. - TÜV).

Vorliegend macht die Klägerin ihre einzelnen Klageanträge kumulativ geltend. In ihren Rechtsausführungen zur Klage stellt sie dabei klar, dass der Klageantrag zu Ziffer 1.1. vordringlich auf die Klagemarke und nur hilfsweise (alternativ) auf das von ihr behauptete Unternehmenskennzeichen gestützt wird. Ihren Klageantrag zu Ziffer 1.2. stützt sie ausschließlich auf das von ihr behauptete Unternehmenskennzeichen. Die Klageanträge zu den Ziffern 2. bis 5. stellen Annexanträge zu den in Ziffer 1. aufgeführten Unterlassungsansprüchen dar. Der Antrag zu Ziffer 6. wird ebenfalls auf das behauptete Unternehmenskennzeichen gestützt.

Es liegt allein hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 1.1. ein Fall der alternativen Klagehäufung vor. Diesbezüglich hat die Klägerin die Reihenfolge der vom Gericht vorzunehmenden Prüfung - nämlich zunächst die Rechte aus der Klagemarke und nur hilfsweise die Rechte aus dem von ihr behaupteten Unternehmenskennzeichen - klar vorgegeben.

2.

Die Klage ist indes unbegründet.

Der Klägerin stehen die von ihr geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a)

Soweit die Klägerin unter Ziffer 1.1. ihrer Klage begehrt, den Beklagten zu verbieten, die Bezeichnungen "F" und/oder "W2" für Energieversorgung aus der Nutzung erneuerbarer Energien, Vermietung von Solaranlagen, Aufbau und Betrieb von Solaranlagen zur Gewinnung von elektrischer Energie und/oder eines darauf gerichteten Geschäftsbetriebs zu verwenden, liegt jedenfalls im Hinblick auf den zweiten Teil des Antrages (Geschäftsbetrieb) bereits keine Benutzung der Klagemarke vor, die nach Art. 9 Abs. 1 GMV untersagt werden könnte.

Denn eine markenverletzende Benutzungshandlung nach dieser Vorschrift ist nur dann gegeben, wenn unter der Marke X oder Dienstleistungen angeboten werden; ein rein firmenmäßiger Gebrauch der Marke unterfällt dagegen nicht dem Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 GMV (BGH, GRUR 2008, 254 - THE HOME STORE; vgl. auch: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. § 14 Rn 117).

Im Hinblick auf den ersten Teil des Antrages zu Ziffer 1.1. ist der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 GMV zwar eröffnet, die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch sind aber nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin misst die Kammer der Klagemarke nur eine geringe Kennzeichnungskraft zu. Zwar mag der Begriff nicht unmittelbar vergleichbar zu ähnlichen zusammengesetzten Bezeichnungen wie "Holzbau" oder "Metallbau" sein, da Energie kein Baustoff ist, aus dem etwas erschaffen werden könnte; der Verkehr versteht aber die Zusammensetzung der beiden einzelnen Begriffe "Energie" und "Bau" - auch wenn diese Wortzusammensetzung insoweit lexikalisch nicht erfasst sein mag - ohne weiteres dahingehend, dass es um Anlagen, Apparate und Dienstleistungen des Bauwesens geht, die der Gewinnung oder Einsparung von Energie dienen.

Für sich genommen stellt das Wort "F" eine rein beschreibende Angabe dar, die keine ausreichende Eigenart besitzt, um vom Verkehr als hinreichend deutlicher Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen aufgefasst zu werden.

Vor diesem Hintergrund besteht selbst in den mit dem Schutzbereich der Klagemarke identischen Geschäftsfeldern keine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke und der Bezeichnung "W2". Der angesprochene Verkehr versteht den Bestandteil "F" als rein beschreibende Angabe der angebotenen X und Dienstleistungen, während er den Bestandteil "Volz" als Herkunftshinweis wahrnimmt.

Soweit die Beklagten den Begriff "F" überhaupt ohne den Zusatz "Volz" zur Bezeichnung der von ihnen angebotenen X und Dienstleistungen nutzen, geschieht dies ausschließlich rein beschreibend. Eine solche Nutzung ist nach Art. 12 lit. b) GMV zulässig.

Die Kammer sieht insofern nicht die Gefahr, dass der angesprochene Verkehr allein aufgrund der Benutzung der Bezeichnung "F" auf eine wie auch immer geartete Verbindung zwischen den Parteien schließen könnte.

Soweit die Klägerin ihren Antrag zu Ziffer 1.1. hilfsweise auf das von ihr behauptete Unternehmenskennzeichen "F" zu stützen sucht (§ 15 MarkenG), bleibt auch dies ohne Erfolg. Anknüpfungspunkt für einen Unterlassungsanspruch sind insoweit nicht die vollausgeschriebenen Firmen der Parteien, weil diese wegen der verschiedenen Zusätze zu dem jeweils identischen Firmenbestandteil "F" als solche nicht verwechslungsfähig sind. Ein Unterlassungsanspruch kommt vielmehr lediglich in Bezug auf das Firmenschlagwort "F" in Betracht. Insoweit kann dahinstehen, ob es sich dabei um eine schutzfähige Bezeichnung im Sinne des § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG handelt, das Wort "F" also überhaupt eine unterscheidungsfähige Bezeichnung ist, die auf die angesprochenen Verkehrskreise wie ein Name wirken würde.

Auch insoweit nämlich gilt, dass die Beklagte den Begriff "F" in einer lediglich rein beschreibenden Weise nutzen, die ihnen nach Art. 12 lit. b) GMV bzw. § 23 MarkenG gestattet ist. Auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen an dieser Stelle Bezug genommen.

b)

Der auf § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG gestützte Unterlassungsanspruch zu Ziffer 1.2. der Klageschrift kann aus den vorstehend aufgeführten Gründen ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Bezeichnung "F" wird rein beschreibend benutzt im Sinne von § 23 MarkenG.

c)

Soweit die Klägerin mit den Klageanträgen zu Ziffer 2., 3., 4. und 5. Schadensersatz bzw. Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Auskunft von den Beklagten verlangt, handelt es sich um Annexanträge zu den mit den Klageanträgen zu Ziffer 1. geltend gemachten Unterlassungsansprüchen. Mangels des Vorliegens einer Marken- oder Unternehmenskennzeichenverletzung haben auch diese Anträge keinen Erfolg.

d)

Gleiches gilt für den Klageantrag zu Ziffer 6., mit dem die Klägerin die Einwilligung der Beklagten zu 1) in die Löschung des Bestandteils "F" ihrer eingetragenen Firma "W2 GmbH" begehrt.

Ein solcher Anspruch kommt mangels der Verletzung eines Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die Beklagte zu 1) nicht in Betracht.

II.

1.

Die Widerklage ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Widerklage begegnen keine Bedenken.

Zwar ist der Klägerin insoweit Recht zu geben, als eine Löschungswiderklage nur dann zulässig ist, wenn sie sich gegen die Eintragung der Marke für Produkte richtet, auf die die Verletzungsklage gestützt ist. Entgegen der klägerischen Auffassung stützen die Beklagten ihre Löschungswiderklage jedoch nicht auf X und Dienstleistungen, die nicht Gegenstand der vorliegenden Verletzungsklage sind.

Die Beklagten bezwecken mit ihrer Widerklage nicht, die Frage der Nichtigkeit der Marke auch für Produkte prüfen zu lassen, die mit der Verletzungsklage in keinerlei Verbindung stehen. Dies ist schon deswegen nicht der Fall, da die Klägerin selbst ihre Unterlassungsanträge nur insoweit eingegrenzt hat, als diese für Energieversorgung aus erneuerbaren Energien, Vermietung von Solaranlagen, Aufbau und Betrieb von Solaranlagen zur Gewinnung von elektrischer Energie und/oder eines darauf gerichteten Geschäftsbetriebs gelten sollen. Sämtliche Warenklassen, auf die die Beklagten in ihrer Löschungswiderklage Bezug nehmen, stehen auch in Zusammenhang mit diesen X oder Dienstleistungen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne der von der Klägerin monierten X oder Dienstleistungen, auf die die Widerklage Bezug nimmt, wie z.B. Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität oder Steuerungen für Heizungen und Heizanlagen, nicht doch im Rahmen der Energieversorgung aus erneuerbaren Energien, Vermietung von Solaranlagen, Aufbau und Betrieb von Solaranlagen zur Gewinnung von elektrischer Energie, um die es in der Verletzungsklage geht, benötigt werden bzw. zum Einsatz kommen. Insoweit eine zuverlässig sichere Differenzierung noch innerhalb der einzelnen Warenklassen vorzunehmen, kann den Beklagten hier nicht zugemutet werden.

Eine Unzulässigkeit der Löschungswiderklage wäre hingegen nur anzunehmen, wenn die Beklagten die Erklärung der Nichtigkeit der Marke für X oder Dienstleistungen begehrten, die mit den von der Klägerin im Rahmen ihrer Verletzungsklage geltend gemachten X und Dienstleistungen mit Sicherheit nichts zu tun haben.

Dies ist indes nicht der Fall.

2.

a.

Hinsichtlich des Antrags zu 2 ist die Widerklage allerdings unbegründet.

Zwar kann ein auf Erstattung der Kosten einer Gegenabmahnung gerichteter Schadensersatzanspruch gemäß § 678 BGB grundsätzlich in Erwägung gezogen werden, er kommt aber nur dann in Betracht, wenn die Gegenabmahnung auch erforderlich war. Dies wird regelmäßig nicht der Fall sein, weil der zu Unrecht Abgemahnte einfach die weitere Rechtsverfolgung durch den Abmahnenden abwarten kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.07.2011, Az: I-20 U 69/11). Ein besonderer, die Gegenabmahnung ausnahmsweise rechtfertigender Grund ist vorliegend nicht ersichtlich.

b.

Im Hinblick auf Antrag 1 der Widerklage ist der Rechtsstreit aufgrund des Antrags der Klägerin vom 14.09.2012 auszusetzen und die Beklagten sind aufzufordern, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieses Urteils beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) die Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke zu beantragen, Art. 100 Abs. 7 GMV.

Zwar besteht grundsätzlich ein Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens; erscheint es aber wahrscheinlich, dass die Gemeinschaftsmarke zumindest für einzelne Klassen für nichtig erklärt werden muss, sollte vorrangig das Harmonisierungsamt hierüber entscheiden.

Dies ist hier der Fall:

Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c) GMV sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Wie bereits ausgeführt, steht der Begriff "F" rein beschreibend für die Bezeichnung von Anlagen, Vorrichtungen und Dienstleistungen im Rahmen des Bauwesens, die der Gewinnung oder Einsparung von Energie dienen. Er stellt damit eine Art Gattungsbegriff dar, dem eine Unterscheidungskraft im Hinblick auf ein bestimmtes Unternehmen gerade nicht zukommt.

Dies gilt für sämtliche X und Dienstleistungen, die beim F zum Einsatz kommen. Um solche handelt es sich überwiegend bei den in den Klassen 6, 7, 9, 17, 19, 37 und 39 aufgeführten X und Dienstleistungen.

III.

Die Schriftsätze der Parteien vom 17.4., 18.4. und 23.4.2013 boten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

IV.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.






LG Düsseldorf:
Teil-Urteil v. 30.04.2013
Az: 2a O 113/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9c1016aaa627/LG-Duesseldorf_Teil-Urteil_vom_30-April-2013_Az_2a-O-113-12




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share