Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Mai 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 76/07

(BPatG: Beschluss v. 28.05.2009, Az.: 30 W (pat) 76/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung MOBILE für die Dienstleistungen

"Betrieb von Kindergärten; Erziehung, Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; medizinische, psychologische und pädagogische Dienstleistungen; persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse."

Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen -einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen -wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Verkehr werde in der angemeldeten Bezeichnung lediglich eine Sachaussage im Sinne der Veränderlichkeit bzw. der Beweglichkeit der beanspruchten Dienstleistungen erkennen. "Mobile" als englisches und italienisches Wort für "mobil, flexibel, beweglich" und zugleich als Pluralform des deutschen Adjektivs "mobil" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen problemlos als "beweglich im Sinne der Fortbewegung" also "nicht stationär" aber auch im übertragenen Sinn für "geistig mobil" oder "flexibel in der Verhaltensweise" verstanden werden.

So beschreibe "mobile" -erläuternd zu einem Nomen -auch die moderne, aktuell anzuwendende Verhaltensweise beim Umgang mit Menschen z. B. in der Erziehung oder beim Betrieb eines Kindergartens und hinsichtlich der in Psychologie und Pädagogik anzuwendenden Methoden. Der Verkehr werde "mobil" hier nicht nur im Sinne von Fortbewegung sondern auch im Sinne von Flexibilität verstehen. Alle beanspruchten Dienstleistungen könnten mobil erbracht werden entweder im Sinne einer mobilen Verhaltensweise oder eines mobilen Einsatzes.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, sie habe nicht das Adjektiv "mobil" angemeldet, sondern das Substantiv "Mobile". Es sei originell, einen Kindergarten mit "MOBILE" zu bezeichnen, wobei das "Mobile" als Metapher stehe für das pädagogische Konzept, das im Kindergarten der Anmelderin vertreten werde, so dass die Assoziation mit dem Substantiv "Mobile" daher eher nahe liegend sei. Zudem würden die beanspruchten Dienstleistungen regelmäßig nicht mobil erbracht. Ein Kindergarten sei jedenfalls eine stationäre Einrichtung, so dass die angemeldete Bezeichnung "MOBILE" unterscheidungskräftig sei. "MOBILE" sei auch nicht freihaltebedürftig, da die Mitbewerber nicht darauf angewiesen seien, etwa einen Kindergarten unter der Bezeichnung "MOBILE" zu betreiben.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 8. Februar 2007 und vom 8. Oktober 2007 aufzuheben.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.

Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.

Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehru. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können.

Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es für die Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 -DOUBLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es Bezeichnungsalternativen, nämlich Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 -BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 -KPN-Postkontoor).

Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können".

Diese Voraussetzungen liegen bei dem angemeldeten Begriff "MOBILE" vor.

Die angemeldete Bezeichnung "MOBILE" ist als englischsprachiger Begriff nicht zuletzt aufgrund der sprachlich weitgehenden Übereinstimmung mit dem deutschen "mobil" breitesten Verkehrskreisen ohne weiteres verständlich. Das englische Wort "mobile" bedeutet im Deutschen "beweglich, mobil, ortsveränderlich, veränderlich, wendig, nicht ortsgebunden" (vgl. LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität, 1. Aufl. 2001). Wie die Markenstelle bereits festgestellt hat, wird der Begriff "mobil(e)" nicht nur zur Bezeichnung der Fortbewegung im Sinne von "beweglich" oder der Beförderung im Sinne von "transportabel" sondern auch zur Bezeichnung der Veränderlichkeit im Sinne von "agil, anpassungsfähig, wandlungsfähig" verwendet (vgl. wortschatz.unileipzig.de). Der inländische Verkehr erkennt die gleiche Bedeutung ohne weiteres Nachdenken und wird die angemeldete Marke in diesem Sinne ohne weiteres verstehen.

Es liegt für die angesprochenen Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung "MOBILE" als "nicht ortsgebunden, beweglich" zu verstehen. In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung "MOBILE" die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Dienstleistungen handelt, die nicht ortsgebunden erbracht werden oder die dazu bestimmt sind oder dafür eingesetzt werden, Mobilität zu schaffen oder diese zu steigern.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin dürfte -neben dem engl. Adjektiv -auch das dt. Adjektiv in der Pluralform "mobile" in Alleinstellung auf z. B. mobile Dienste hinweisen bzw. als Bestimmungsangabe auf den Zweck einer Steigerung der Mobilität. Wie aus den der Anmelderin mit entsprechendem Hinweis des Senats übersandten Ergebnissen einer Internetrecherche ersichtlich, wird der Begriff "mobil(e)" gerade im Zusammenhang mit den Leistungen eines Kindergartens genannt. So werden in besonderen Kindergärten im Rahmen der kindlichen Frühförderung spezielle Maßnahmen zur Unterstützung und Steigerung der Beweglichkeit angeboten (vgl. "Der mobile Kindergarten: Er mischt sich tiefgreifend in die Bewegungsund Entwicklungsförderung von Kindern im Vorschulalter ein" unter www.Schulsportinessen.de...; "Integrativer Bewegungskindergarten Mobile ..." unter www.Tvjahnrheine...; "Im mobilen Kindergarten ... werden grobmotorische Fähigkeiten geübt. ... Der Spaß an Bewegung steht im Vordergrund" unter www.Kindersportmedizin ...; "Bestandteil des Förderzentrum mobile ist: der Heilpädagogische Kindergarten und die mobile Frühförderung ... Frühförderung: Entwicklung ist Bewegung" unter www.Foerderzentrummobile ...).

Entgegen der Ansicht der Anmelderin lässt sich damit ein eindeutig beschreibender Begriffsgehalt feststellen. Auch wenn die Anmelderin auf das "Mobile" -als Bezeichnung für ein hängendes, mehrfach beweglich gestaltetes Gebilde aus Fäden und Figuren -abstellt, was zudem ein gern herangezogener bildlicher Vergleich im Bereich der Intergrationskindergärten bzw. Schulen ist, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder zusammen betreut werden (vgl. www.Foerderzentrummobile...), kann diese weitere Bedeutung nicht zur Schutzfähigkeit führen. Denn zum einen setzt eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Dienstleistungen nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt hat und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat, zum anderen kann von einem die Dienstleistungen beschreibenden Begriff auch dann auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat (vgl. BGH GRUR 2008, 900 -903 -SPA II; EuGH a. a. O. -DOUBLEMINT).

Der Begriff "MOBILE" ist damit ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 -LOKMAUS). Die Angabe eines Ausstattungsmerkmals bzw. einer Bestimmungsoder Inhaltsangabe der beanspruchten Dienstleistungen mit "MOBILE" ist eine wichtige Sachinformation, die auch unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und davon, ob möglicherweise andere Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gebräuchlich sind, den Mitbewerbern zur Beschreibung ihrer Waren zur Verfügung stehen muss (vgl. EuGH a. a. O. -Postkontoor).

Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden.

Dr. Vogel von Falckenstein Paetzold Hartlieb Cl






BPatG:
Beschluss v. 28.05.2009
Az: 30 W (pat) 76/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/932395e45030/BPatG_Beschluss_vom_28-Mai-2009_Az_30-W-pat-76-07




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share