Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Februar 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 279/03

(BPatG: Beschluss v. 15.02.2006, Az.: 32 W (pat) 279/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. August 2003 aufgehoben, soweit die Anmeldungen für die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung" zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke GAY DAY wurde von der mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse; Photographien; Veranstaltung von Reisen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistung zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen"

mit Beschluss vom 8. August 2003 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. In ihrer Kombination verstünden die inländischen Verkehrskreise die englischsprachigen Wörter "GAY DAY" als Hinweis auf einen speziellen Tag für Homosexuelle. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren werde die Marke als Hinweis auf deren Inhalt und Thematik verstanden, beispielsweise könnten die Druckereierzeugnisse über einen solchen Tag berichten bzw. Photographien, Eindrücke eines solchen Tages wiedergeben. Hinsichtlich der Dienstleistungen werde die Marke als Sachhinweis auf deren Art und Bestimmung verstanden, beispielsweise könnten sich die zurückgewiesenen Dienstleistungen speziell an Homosexuelle als Zielgruppe richten und an einem bestimmten Tag angeboten werden. Da die angemeldete Bezeichnung bereits von verschiedenen Mitbewerbern des Anmelders verwendet werde, bestehe auch ein Freihaltebedürfnis. Dem Beschluss beigefügt sind verschiedene Internetausdrucke, die eine entsprechende Verwendung von GAY DAY durch Dritte belegen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Unter teilweise Bezugnahme auf sein Vorbringen im Amtsverfahren vertritt er die Auffassung, der Marke könne in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen kein klarer Sinngehalt entnommen werden. Die eingeräumte mehrfache Verwendung der Marke GAY DAY in identischer und abgewandelter Form durch Dritte indiziere für sich genommen noch keinerlei Freihaltungsbedürfnis. Im Übrigen verweist die Anmelderin auf die Eintragungspraxis des Patentamtes, das vergleichbare Marken wie z. B. GAY SUNDAY und GAY GAMES eingetragen haben. In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder u. a. einen Auszug aus dem US-Markenregister vorgelegt, wonach in den USA MarkenG wie GAY DAYS und GAYDAY eingetragen sind.

II.

Die nach § 165 Abs. 4 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist teilweise, nämlich hinsichtlich der Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung" begründet. Bezüglich der Waren und deren Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse; Photographien; Veranstaltung von Reisen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" ist der Beschwerde der Erfolg zu versagen.

1. Für die zuletzt genannten Waren und Dienstleistungen fehlt es der Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft des gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnenden konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle, ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr, etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungskraft (st. Rspr.: vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).

Die Wortfolge GAY DAY wird der Verkehr für die weiterhin zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen als eine im Vordergrund des Verständnisses stehende beschreibende Angabe ansehen. Die angemeldete Marke ist aus den englischsprachigen Wörtern "GAY" und "DAY" zusammengesetzt. Hinsichtlich der weiterhin zu versagenden Waren und Dienstleistungen wird der Verkehr die Wortfolge "GAY DAY" in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen, nämlich als Hinweis auf einen speziellen Tag für Homosexuelle. Die Wortfolge gibt einen Hinweis auf den Inhalt und die Thematik der Waren und Dienstleistungen bzw. auf deren Zielgruppe. In diesem Sinn wird die Marke auch bereits von Dritten verwendet, wie die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke belegen. So finden in deutschen Städten wue Bottrop oder Regenburg sowie in Orlando/Florida regelmäßig als GAY DAY bezeichnete Unterhaltungsveranstaltungen für Homosexuelle statt. Druckereierzeugnisse und Photographien können über diese Veranstaltungen berichten. Im Zusammenhang mit diesem Ereignis können auch die Dienstleistungen "Veranstaltungen von Reisen; Unterhaltung; sportlich und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" angeboten werden. Dies gilt auch für die Dienstleistungen sportliche Aktivitäten, wie dem Internetausdruck www.gay.at/news.php zu entnehmen ist, wonach bei dem GAY DAY in Orlando u. a. ein Golf-Turnier und ein Triathlon-Wettbewerb stattgefunden hat.

Aus der Schutzgewährung für andere (deutsche und ausländische) Marken - die nach der Auffassung des Anmelders ähnlich gebildet sind - vermag der Anmelder keinen Anspruch auf Registrierung abzuleiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt kein Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BPatG-Entscheidung 32,5 - CREATION GROSS; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 - Henkel). Durch die zuletzt angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ist der früheren Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Eintragung einer fremdsprachigen Angabe in das Markenregister in einem Land des betreffenden Sprachraums ein tatsächliches Indiz für die Schutzfähigkeit entnommen werden kann (BGH GRUR 2001, 1046 - GENESCAN), die Grundlage entzogen.

Auch der Hinweis des Anmelders in der mündlichen Verhandlung auf die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG vermag seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die in Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 Markenrichtlinie ergangene Regelung des § 23 Nr. 2 MarkenG ist nicht geeignet, ein vorhandenes Eintragungshindernis im Sinne des § 8 Abs. 2 MarkenG zu relativieren oder die Anforderungen an die erforderliche strenge und vollständige Prüfung herabzusetzen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 58, 59). Der Regelungsgehalt beider Bestimmungen ist nämlich unterschiedlich. Zweck des Eintragungsverbots nach § 8 Abs. 2 MarkenG ist es, bereits im Registerverfahren die Entstehung von Fehlmonopolisierungen an beschreibenden Angaben zu verhindern. § 23 Nr. 2 MarkenG stellt demgegenüber eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber bei der Verwendung derartiger beschreibender Angaben dar, welche aus irgendwelchen Gründen gleichwohl zur Eintragung gelangt sind. Die negativen Folgen einer etwaigen Fehleintragung sollen abgemildert werden, die Regelung stellt aber keine Rechtfertigung dafür dar, die gebotene gründliche und umfassende Prüfung der Schutzhindernisse im Registrierungsverfahren zu beschränken (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 23 Rdn. 24 m. w. N.).

Ob die Bezeichnung GAY DAY auch als Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, wofür die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke sprechen, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

2. Eine andere Beurteilung ist hinsichtlich der Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung" geboten. Für diese Dienstleistungen stellt GAY DAY keine im Interesse der Mitbewerber freizuhaltende beschreibende Angabe dar. Da insoweit für das angesprochene Publikum kein beschreibender Begriffsinhalt der Wortfolge GAY DAY im Vordergrund des Verständnisses steht, kann der Marke auch nichtdas erforderliche Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft abgesprochen werden.






BPatG:
Beschluss v. 15.02.2006
Az: 32 W (pat) 279/03


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