Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Mai 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 64/01

(BPatG: Beschluss v. 27.05.2002, Az.: 10 W (pat) 64/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Auf die am 11. April 1995 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung wurde mit Beschluss vom 23. September 1998 ein Patent mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Verlegen, Befestigen und/oder Verkleiden von haustechnischen Leitungen" erteilt.

Mit Bescheid vom 3. September 1998, der ausweislich der Akten am 7. September 1998 zur Postabfertigungsstelle ging, benachrichtigte das Patentamt den Patentinhaber, dass die Anmeldung als zurückgenommen gelte bzw das Patent erlösche, wenn die 4. Jahresgebühr nebst Zuschlag von 10 %, insgesamt 110,- DM, nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Monats, in dem diese Benachrichtigung zugestellt worden sei, entrichtet werde.

Da keine Zahlung der 4. Jahresgebühr erfolgte - im Oktober 1998 wurde lediglich die Erteilungsgebühr in Höhe von 150,- DM entrichtet - vermerkte das Patentamt in den Akten, dass seit 2. Februar 1999 die Anmeldung zurückgenommen gelte bzw das Patent erloschen sei wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2000, eingegangen am 26. Juli 2000, teilte der Patentinhaber mit, er habe erfahren, dass das Patent erloschen sei und wisse nicht, wie das passieren konnte. Er beantrage Wiedereinsetzung. Auf den Hinweis des Patentamts, dass ein Jahr nach Fristablauf Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden könne, trug er mit am 30. September 2000 eingegangenen Schreiben vor, es sei durch ein Versehen die 4. Jahresgebühr nicht bezahlt worden; zu diesem Versehen könnte der Umstand geführt haben, dass im gleichen Zeitraum die Veröffentlichungsgebühr gezahlt worden sei. Auf einen weiteren Zwischenbescheid des Patentamts trug der Patentinhaber weiter vor, seit 1978 werde regelmäßig in seine Wohnung eingebrochen, wobei regelmäßig Dokumente entwendet worden seien, so sei auch die Aufforderung zur Zahlung der Patentgebühr für 1998 entwendet worden. Die Staatsanwaltschaft Bonn habe jedoch das Verfahren eingestellt, weil ein Täter nicht ermittelt werden konnte.

Durch Beschluss des Vorsitzenden der Patentabteilung 11 (gemäß § 27 Abs 4 PatG) vom 4. Oktober 2001 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt, unabhängig davon, aus welchen Gründen es zum Versäumnis gekommen sei, sei ein Jahr nach Ablauf der Frist keine Wiedereinsetzung möglich.

Hiergegen wendet sich der Patentinhaber mit der Beschwerde und trägt zur Begründung vor, die 4. Jahresgebühr sei nicht rechtzeitig bezahlt worden, weil die Zahlungsaufforderung aus seiner Wohnung gestohlen worden sei (unter Verweis auf die Kopie einer Diebstahlsanzeige vom 20. Januar 2001, einen Vorfall vom 13. Januar 2001 betreffend). Es sei ein Verfahrensfehler des Patentamts, dass er nach dem Erlöschen des Patents im Februar 1999 keine Mitteilung erhalten habe und ihm somit auch nicht mitgeteilt worden sei, dass er nur noch innerhalb eines Jahres Wiedereinsetzung beantragen könne. Die Versagung der Wiedereinsetzung bedeute eine große Härte.

Der Patentinhaber stellt sinngemäß den Antrag, den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2001 aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.

II Die zulässige Beschwerde des Patentinhabers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Patentinhaber hat die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr nebst Zuschlag gemäß § 17 Abs 3 PatG aF (Fassung bis 31. Dezember 2001), die durch die Zustellung der Benachrichtigung vom 3. September 1998 in Lauf gesetzt worden ist und mit Ablauf des 1. Februar 1999 geendet hat, versäumt.

Die Benachrichtigung vom 3. September 1998 ist wirksam gewesen. Sie ist inhaltlich richtig gewesen, insbesondere was die Höhe des angegebenen Gebührenbetrags anbelangt. Die noch unter Geltung des PatGebG in der Fassung vom 19. Juli 1996 am 30. April 1998 fällig gewordene 4. Jahresgebühr in Höhe von 100,- DM konnte gemäß § 17 Abs 3 Satz 2 PatG aF zuschlagsfrei bis Ende Juni 1998 gezahlt werden. Eine Zahlung ist bis dahin nicht erfolgt, so dass die Benachrichtigung zu Recht die Gebühr und den tarifmäßigen Zuschlag in Höhe von 10 %, insgesamt 110,- DM aufgeführt hat.

Es ist auch von einer wirksamen Zustellung der Benachrichtigung auszugehen. Selbst wenn das Fehlen des bei der Zustellung per Einschreiben nach § 127 Abs 1 PatG iVm § 4 Abs 2 VwZG vorgeschriebenen Postaufgabevermerks zur Unwirksamkeit der Zustellung geführt hätte (str., vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, § 127 Rdn 67 mwN, Busse, PatG, 5. Aufl, § 127 Rdn 42, beide jeweils mit der Auffassung, dass es sich um keine zwingende Zustellungsvorschrift handelt; Benkard, PatG, 9. Aufl, § 127 Rdn 8), ist hier der Mangel geheilt, da der Patentinhaber das Schriftstück tatsächlich erhalten hat (§ 127 Abs 1 PatG iVm § 9 Abs 1 VwZG). Dies ergibt sich aus seinem eigenen Sachvortrag. Denn sein Vortrag, dass die Nichtzahlung ein Versehen gewesen sei, und erst recht sein Vortrag, dass ihm die Benachrichtigung gestohlen worden sei, setzen zwingend voraus, dass er Kenntnis von der Benachrichtigung gehabt hat bzw dass er zuvor in ihrem Besitz gewesen ist. Nachdem im übrigen der Patentinhaber auch zu keinem Zeitpunkt einen verspäteten Erhalt geltend gemacht hat und sich aus den Akten ergibt, dass die Benachrichtigung am 7. September 1998 von der Registratur an die Postabfertigungsstelle des Patentamts geleitet wurde, ist nach Überzeugung des Senats in Gesamtwürdigung aller Umstände von einer im Laufe des September 1998 erfolgten Zustellung auszugehen.

Innerhalb der viermonatigen Frist des § 17 Abs 3 Satz 3 PatG aF bis Anfang Februar 1999 ist die 4. Jahresgebühr nebst Zuschlag nicht gezahlt worden, so dass das Patent gemäß § 20 Abs 1 Nr 3 PatG erloschen ist.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag des Patentinhabers ist unzulässig, denn er ist nach Ablauf der Jahresfrist des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG gestellt worden. Nach dieser Vorschrift kann ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden. Da die Zahlungsfrist für die 4. Jahresgebühr nebst Zuschlag hier Anfang Februar 1999 abgelaufen ist, hätte der Wiedereinsetzungsantrag spätestens bis Anfang Februar 2000 gestellt werden müssen, stattdessen ist er erst über ein Jahr nach Fristablauf im Juli 2000 gestellt worden.

Die Vorschrift des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG stellt eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene Begrenzung und Einschränkung der Wiedereinsetzungsmöglichkeit dar. Sie setzt eine absolute Zeitgrenze, die eintritt, ohne dass Billigkeitsgründe berücksichtigt werden können (vgl Schulte, aaO, § 123 Rdn 54; BPatG BlPMZ 1996, 357, 358). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Säumige Kenntnis vom Beginn dieser Jahresfrist hat, denn sie läuft grundsätzlich unabhängig von der Kenntnis des Säumigen, also auch dann, wenn die unverschuldete Säumnis fortdauert (vgl Schulte aaO). Der Umstand, dass der Patentinhaber keine Mitteilung vom Patentamt darüber erhalten hat, dass sein Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen ist, rechtfertigt daher keine andere Beurteilung und ist im übrigen auch nicht als Verfahrensfehler zu beanstanden, zumal die Benachrichtigung vom 3. September 1998 den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass weder eine weitere Zahlungsaufforderung ergeht noch eine Mitteilung, wenn die Anmeldung als zurückgenommen oder das Patent als erloschen gilt.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Schülke Püschel Schuster Be






BPatG:
Beschluss v. 27.05.2002
Az: 10 W (pat) 64/01


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