Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 181/04

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2006, Az.: 32 W (pat) 181/04)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnungeventfabrik trierist am 12. März 2003 zur Eintragung als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse; Werbung; Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitätenangemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 22. Juli 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der mittlerweile in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene Begriff "Event" bezeichne ein besonderes Ereignis/eine besondere Veranstaltung. Das Wort "Fabrik" stehe zwar in erster Linie für einen Produktionsbetrieb, habe sich daneben aber auch zur Bezeichnung für den Herkunfts- und Erbringungsort von Dienstleistungen entwickelt. Die Wortkombination "Eventfabrik" werde auch bereits seitens dritter Unternehmen verwendet. "Trier" sei eine geographische Ortsangabe. Der angesprochene Verkehr entnehme der angemeldeten Gesamtbezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen Hinweis auf deren betriebliche Herkunft.

Dem Beschluss waren insgesamt sechs Internetseiten zum Beleg einer Verwendung der Begriffe "Eventfabrik" und "Fabrik" im aufgezeigten Sinn beigefügt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie schildert zunächst, welcher Art die von ihr seit dem Jahre 2003 tatsächlich erbrachten Dienstleistungen sind. Der Bestandteil "event" kennzeichne den herausragenden Charakter der angebotenen Veranstaltungen. Der weitere Bestandteil "fabrik" kennzeichne die "Zusammenstellung vorgefertigter Bauteile (Module) in fließbandgleicher Fertigung durch den Kunden". Um die Bezeichnung einer körperlichen Produktionsstätte gehe es nicht. Mit "trier" werde der besondere regionale und geschichtliche Bezug der Angebote benannt. Die Markenstelle habe zu Unrecht auf den Sinngehalt der einzelnen Wortbestandteile abgestellt. In der Gesamtheit sei die Wortneuschöpfung "eventfabrik" kennzeichnungskräftig, zumal es sich um die Kombination eines englischsprachigen Wortes mit einem deutschen handele.

Die Anmelderin trägt weiterhin vor, nach mehrjährigem Gebrauch der angemeldeten Bezeichnung und entsprechendem Geschäftsauftritt habe "eventfabrik trier" für die beanspruchten Dienstleistungen Verkehrsgeltung nach § 8 Abs. 3 MarkenG erworben.

Dem Schriftsatz zur Begründung der Beschwerde waren mehrere Seiten beigefügt, auf denen in Wort und Bild über Dienstleistungsangebote der Anmelderin informiert wird.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 MarkenG, wobei letztere Bestimmung inzwischen aufgehoben ist). In der Sache bleibt sie aber ohne Erfolg.

Das Vorbringen der Anmelderin ist ersichtlich so zu verstehen, dass sie ihr Eintragungsbegehren (für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen) in erster Linie darauf stützt, die angemeldete Bezeichnung sei bereits von Hause aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, unterscheidungskräftig sowie nicht freihaltebedürftig und nur hilfsweise (anscheinend für die Dienstleistungen in Klasse 41) Verkehrsdurchsetzung behauptet wird. Die Bezeichnung "eventfabrik trier" entbehrt aber für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen - wie die Markenstelle im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat - jeglicher Unterscheidungskraft (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Weiterhin ist seitens der Anmelderin nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden, dass sich die angemeldete Marke infolge ihrer Benutzung, jedenfalls für einzelne Dienstleistungen, im beteiligten Verkehr durchgesetzt haben könnte (gem. § 8 Abs. 3 MarkenG).

1. a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517, Nr. 40 - Linde, Winward und Rado; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der als Marke angemeldeten Bezeichnung ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH, a. a. O. - Cityservice).

Der Beurteilung der Unterscheidungskraft "von Hause aus" (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zugrunde zu legen ist der Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung in seiner Gesamtheit in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Auf tatsächliche Verwendungsabsichten der Anmelderin oder bereits erfolgte Benutzungshandlungen kommt es in diesem Zusammenhang - anders als bei der Prüfung einer behaupteten Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG - nicht an.

b) Die Schreibweise der angemeldeten Bezeichnung, d. h. die Verwendung kleiner Anfangsbuchstaben in beiden Wortelementen, ist - da allgemein werbeüblich - nicht geeignet, allein deshalb ein markenmäßiges Verständnis aufkommen zu lassen. Im zweiten Wortbestandteil "trier" wird daher ohne weiteres die Bezeichnung der Stadt Trier erkannt werden, die als Angabe der geographischen Herkunft der Waren und Dienstleistungen dienen kann (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) und deshalb zugleich auch - für sich gesehen - jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Nr. 86 - Postkantoor).

Der erste Wortbestandteil "eventfabrik" wird bereits, wie die Markenstelle anhand von Internet-Ausdrucken belegt hat, seitens unterschiedlicher Anbieter in verschiedenen Orten Deutschlands verwendet. Es handelt sich ersichtlich nicht um eine Wortneubildung der Anmelderin, was im Übrigen aber nicht entscheidungserheblich ist, weil für die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Anmeldung gerade auch der Entscheidungszeitpunkt maßgeblich ist (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 12). Die Bezeichnung "eventfabrik" ist daher nicht geeignet, den Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem (einzigen) Betrieb zu vermitteln.

Ob die Wortkombination "Eventfabrik" ursprünglich einmal eine gewisse Originalität aufgewiesen hat, kann dahingestellt bleiben. Da der Begriff "Event", wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, bereits als Lehnwort in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen ist, kann hier nicht von einer Kombination eines englischsprachigen mit einem deutschen Wort ausgegangen werden, abgesehen davon, dass derartige Wortbildungen auf wirtschaftlichem Gebiet nicht selten anzutreffen sind.

Die Markenstelle hat ebenfalls ausreichend belegt, dass ehemalige (stillgelegte) Fabriken oftmals eine neue Verwendung als Kultur- und Kommunikationszentren gefunden haben. Diese bieten typischerweise Dienstleistungen der Unterhaltung sowie kultureller und sportlicher Art an, wie sie auch vorliegend beansprucht werden. Ein solches Unternehmen als "Eventfabrik" zu bezeichnen, liegt daher nicht fern. Aber auch wenn keine Verbindung zu einem (ehemaligen) Fabrikgelände vorhanden ist, der Wortteil "-fabrik" also in einem übertragenen Sinn als Hinweis auf die geistige oder gestalterische Produktivität der Dienstleistungsanbieter gedacht ist, liegt keine die betriebliche Herkunft kennzeichnende Angabe vor, weil derartige Eventfabriken - wie belegt - bereits in verschiedenen Orten vorhanden sind und gerade die hier beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41 anbieten.

Die Anmelderin macht - im Ansatz zutreffend - geltend, es dürfe nicht auf die Bedeutung der Einzelteile abgestellt werden, sondern auf die als Marke Schutz suchende Bezeichnung in ihrer Gesamtheit. Ein nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (a. a. O. Postkantoor, Nrn. 100, 104; GRUR 2004, 680 - BIOMILD) erforderlicher begrifflicher "Überschuss" des Wortbestandteils "eventfabrik" gegenüber der Bedeutung der Einzelteile mag im vorliegenden Fall zwar vorhanden sein. Jedoch weist gerade diese Zusammenfassung - in einem nicht geringeren Maß als die Einzelteile - einen deutlichen Waren- und dienstleistungsbezogenen Sinngehalt auf. Diese Beurteilung gilt auch bei Einbeziehung des zweiten Wortbestandteils "trier". Es lässt sich nämlich nicht mit der gebotenen Sicherheit ausschließen, dass es in einer Stadt von der Größenordnung Triers (rd. 100 000 Einwohner) mehr als nur eine "Eventfabrik" im oben aufgezeigten Wortsinn geben kann.

Für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41 (Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten), die für eine "Eventfabrik" typisch sind, steht ein beschreibender Sinngehalt im Vordergrund des Verständnisses maßgeblicher Interessentenkreise. Entsprechendes gilt für Druckereierzeugnisse in Klasse 16, die über derartige Aktivitäten informieren können. Aber auch Werbung in Klasse 35, sofern sie als selbständige Dienstleistung für Dritte angeboten wird, kann Besonderheiten aufweisen und Aufmerksamkeit evozieren, welche ihr Eventcharakter verleihen. Auch insoweit entbehrt die angemeldete Bezeichnung daher jeglicher betriebskennzeichnender Hinweiskraft.

2. Ob der angemeldeten Wortfolge "eventfabrik trier" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zusätzlich auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

3. Was die - hilfsweise - geltend gemachte Verkehrsdurchsetzung der Marke (für die Dienstleistungen in Klasse 41, wie sich aus der Begründung ergibt) anbetrifft, reichen die sehr allgemein gehaltenen Angaben in Verbindung mit den beigefügten Unterlagen nicht aus, eine solche - auch nur ansatzweise - glaubhaft zu machen (vgl. zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 343 bis 345). Für eine Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt ohne abschließende Sachentscheidung des Senats (gem. § 70 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) ist deshalb kein Raum.






BPatG:
Beschluss v. 19.07.2006
Az: 32 W (pat) 181/04


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