Amtsgericht Kassel:
Urteil vom 3. September 2013
Aktenzeichen: 435 C 595/13

Kosten einer Telefonanschlusssperre sind nur erstattungsfähig, wenn sie nicht Sowiesokosten sind. Der Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Telefonvertrages ist bei Fehen sonstiger Anhaltspunkte auf 50 % des verbleibenden vereinbarten Grundentgeltes für die Restlaufzeit zu schätzen. Bei unterlassener Zahlung können keine Gebühren für eine Zahlung per Überweisung oder Scheck beansprucht werden, da es eine solche Zahlung nicht gegeben hat.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 112,37 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.06.2011 sowie weitere 13,30 €zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung wird gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPOabgesehen.

Gründe

Nach dem als zugestanden anzusehenden Sachverhalt ist die Klage aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Telekommunikationsdienstleistungsvertrages begründet.

Unstreitig ist zwischen den Parteien ein Telekommunikationsvertrag zustande gekommen. Daraus ist die Beklagte zur Zahlung der vereinbarten Entgelte verpflichtet.

Diese Verpflichtung kann nicht deswegen entfallen, weil im Vertragsformular vom 02.06.2010 in der Rubrik "Kreditkarte" eine der Beklagten nicht zugeteilte Telefonnummer vermerkt ist. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein vertragsbestimmendes Element, zumal aus der Urkunde heraus nicht zu erkennen ist, ob eine solche Falschbezeichnung der Klägerin zuzurechnen ist. Da im räumlichen Zusammenhang weitere Personaldaten der Beklagten abgefragt und eingetragen sind, spricht vieles dafür, diese Bezeichnung der Beklagten zuzurechnen. Etwaige darauf beruhende Missverständnisse sind jedoch spätestens durch die Übersendungen der Rechnungen an die Beklagte zu klären gewesen.Insbesondere ist kein Verstoß gegen § 45h TKG erkennbar.

Die Forderung der Klägerin ist jedoch der Höhe nach nicht vollständig in geltend gemachter Höhe berechtigt.

Hinsichtlich von in den Rechnungen ausgewiesener Rücklastschriftkosten und Mahngebühren hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.

Darüber hinaus kann sie nicht die Kosten einer vorübergehenden Sperre beanspruchen, da es sich insoweit um Sowieso-Kosten handelt,denn die Klägerin muss nach Vertragsbeendigung ohnehin den Anschluss sperren, so dass es eine unangemessen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellt, wenn die Kosten einer nur scheinbar vorübergehenden Sperrung dem Kunden auferlegt werden.Lediglich dann, wenn der Vertrag beidseitig beanstandungslos wieder fortgesetzt werden kann, erscheint eine Kostenbeteiligung des Kunden zumutbar. Da die von der Klägerin vorgelegte Preisliste eine solche Einschränkung nicht kennt und hier der Vertrag nicht wieder aufgenommen wurde, haben danach die Sperrkosten - soweit in den streitgegenständlichen Rechnungen hier zweimal geltend gemacht -außer Ansatz zu bleiben.

Ebenso wenig kann die Klägerin - so wie sie es praktiziert - in jeder der nicht bezahlten Rechnungen eine Gebühr für die Zahlung per Überweisung bzw. Scheck ansetzen. Denn eine solche Gebühr kann nur dann anfallen, wenn der entsprechende Zahlungsweg auch genutzt wurde. Fehlt es aber wie hier schlechterdings an einer Zahlung, ist der Gebührentatbestand aus der Preisliste der Klägerin bereits nicht ausgelöst. Mit anderen Worten: Ohne Zahlung an sich kann die Klägerin auch nicht ein Entgelt für einen besonderen Zahlungsweg verlangen, selbst wenn ein solches Entgelt dem Grunde nach vereinbart sein sollte. Denn es fehlt am auslösenden Tatbestand.

Somit kann die Klägerin aus den Rechnungen vom 11.10.2010 bis zum 11.04.2011 nur das vereinbarte Grundentgelt i.H.v. 9,95 €brutto verlangen, mithin insgesamt 69,65 €.

Den in der Rechnung vom 10.05.2011 formulierten Schadensersatzanspruch wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung kann die Klägerin zwar dem Grunde nach verlangen. Diesen hat sie jedoch unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen zu berechnen, was die Klägerin indes nicht hinreichend getan hat. Da alle anderen Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen einen solchen Abschlag von bis zu 50 % vornehmen, können die ersparten Aufwendungen nicht lediglich im Wegfall von Portokosten wegen nicht mehr erforderlichem Rechnungsversand bestehen. Dies ergibt sich daraus,dass Unternehmen wie die Klägerin € gerichtsbekannt auch die Klägerin selbst € mehrere unterschiedliche Tarife zeitgleich anbietet und ihr Netz auf Spitzenbelastungen ausgelegt hat;letzteres führt dazu, dass im einzelnen Vertrag die maximalen Datenmengen regelmäßig nicht erreicht werden, sodass individuelle Überkapazitäten vorhanden sind, die mit einer Kostenersparnis für die Klägerin ungenutzt bleiben (Vgl. AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 15.07.2011 € 822 C 182/10 und AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 05.09.2012 € 24 C 107/12, jew. Zit. n. juris). Da die Klägerin trotz gerichtlichen Hinweises keinen weiteren Vortrag mehr gehalten hat, muss das Gericht gem. § 287 ZPO im Wege der Schätzung die ersparten Aufwendungen bestimmen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte orientiert sich deswegen das Gericht am Gebaren der Wettbewerber der Klägerin und schätzt die ersparten Aufwendungen auf 50 % des geltend gemachten Betrages für die Restlaufzeit des Vertrages. Im vorlegenden Fall kann die Klägerin als Schadensersatz mithin noch 53,40 € verlangen. Unter Berücksichtigung de sind er Rechnung vom 10.05.2011 enthaltenen Grundentgeltes i.H.v. 2,32€ brutto und der Gutschrift von 13,00 € verbleiben noch 42,72 €, die die Beklagte schuldet.

Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB.

Die geltend gemachten Inkassokosen sind nur in Höhe von 12,00€ netto als Verzugsschaden erstattungsfähig. Inkassokosten,die nach Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entstanden sind, können als Schadensersatz gegenüber der beklagten Partei im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs.2 BGB grundsätzlich nur in Höhe der Kosten beansprucht werden, die bei vorgerichtlicher Beauftragung eines Rechtsanwalts angefallen wären. Zugrundezulegen ist für die Berechnung eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2302 VV RVG, denn die durch Schuldnerverzug veranlasste zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entfaltete Tätigkeit des Inkassobüros ist auf Tätigkeiten gerichtet, die in diesem Gebührentatbestand beschrieben sind, nämlich auf Mahnschreiben einfacher Art, d. h. Schreiben ohne schwierige rechtliche Ausführungen und ohne größere sachliche Auseinandersetzungen.Höherwertige Tätigkeiten, die gem. Nr. 2300 VV RVG abgerechnet werden könnten, sind nicht dargelegt. Bei dem gegebenen Streitwert beträgt die demnach erstattungsfähige, auf die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG nicht anzurechnende Geschäftsgebühr nach Nr.2302 VV RVG (vgl. LG Kassel 1 S 104/09) nebst ungekürzter Auslagen 12,00 EUR netto.

Als weitere Nebenforderung kann die Klägerin die Erstattung von Auskunftskosten i.H.v. 1,30 € als solche zweckentsprechender Rechtsverfolgung verlangen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 226,14 € festgesetzt.






AG Kassel:
Urteil v. 03.09.2013
Az: 435 C 595/13


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