Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 131/03

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2005, Az.: 32 W (pat) 131/03)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 11 - vom 7. Januar 2002 und vom 28. Oktober 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die für die Waren Heizungsapparate, -geräte und -anlagen, insbesondere Heizkessel, Wärmetauscher, Wärmerückgewinner, Wärmepumpen, Elektroboiler, Durchlauferhitzer, Kochendwassergeräteam 3. Mai 2001 angemeldete Wortmarke Eurospeicherhat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts in einem ersten Beschluss vom 7. Januar 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, einer Eintragung stünden die Versagungsgründe des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Die Erinnerung des Anmelders hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle durch Beschluss vom 28. Oktober 2002 zurückgewiesen. Im Heizungsbereich seien Wärme- oder Energiespeicher sehr verbreitet; mithin sei "Speicher" eine Beschaffenheitsangabe. Das voranstehende Kurzwort "Euro" werde als Hinweis auf einen bestimmten europäischen Standard, auf ein europaweit tätiges Unternehmen oder auf ein europäisch orientiertes Warenangebot verwendet. Der angesprochene Verkehr werde den Begriff "Eurospeicher" nur beschreibend im Sinne eines Speichers, der europäischen Normen oder Vorgaben entspreche, verstehen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Januar 2002 und vom 28. Oktober 2002 aufzuheben.

Die Gesamtbezeichnung "Eurospeicher" enthalte keinen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die infrage stehenden Waren ohne weiteres und ohne Unklarheiten auf Anhieb erkannt würde. Es handele sich um kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache. Der Begriff sei mehrdeutig und interpretationsbedürftig.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig und begründet, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

a) Die Bezeichnung Eurospeicher entbehrt für die beanspruchten Erzeugnisse nicht des erforderlichen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren (und Dienstleistungen) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdnr 59; GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Rdnr 123). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren in Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr., vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Eurospeicher ist eine lexikalisch nicht belegbare Wortbildung aus den Bestandteilen "Euro" und "Speicher". Die Recherche im Internet (mit der Suchmaschine Google) hat einen einzigen Treffer ergeben, wobei das Wort dort als Teil einer Firmenbezeichnung - also nicht warenbeschreibend - verwendet wird. Allerdings kann auch bei neuen Wortkombinationen ein beschreibender Sinngehalt im Vordergrund des Verständnisses der angesprochenen Verkehrskreise stehen, wenn die Einzelbestandteile für sich gesehen bereits eine Merkmalsbezeichnung für die beanspruchten Waren darstellen und auch die Zusammenfassung keinen neuen, im Bedeutungsgehalt darüber hinaus weisenden Sinn ergeben (vgl. EuGH aaO, KPN Postkantoor; GRUR 2004, 680 - BIOMILD).

Zwar ist der zweite Wortbestandteil "Speicher" auf dem vorliegenden Warensektor schutzunfähig. Das Speichern von Energie, insbesondere Wärme, ist eine seit langem vertraute Technik; Bezeichnungen wie Speicherheizung, Speicherheizgerät, Speicherkollektor, Speicherwasserwärmer, Speicherzelle, Brauchwasserspeicher, Doppelmantelspeicher, Speicherofen, Nachtspeicher usw. begegnen dem (Fach-)Verkehr ständig. Die Voranstellung der Kurzbezeichnung "Euro" führt allerdings dazu, dass völlig unklar wird, was mit einem "Eurospeicher" warenbezogen gemeint sein soll. Dies ergibt sich auch aus der Argumentation der Markenstelle selbst, die (alternativ) auf europäische Standards, ein europaweit tätiges Unternehmen oder ein europäisch orientiertes Warenangebot hinweist.

Dass im vorliegenden Zusammenhang "Euro" nicht im Sinne der Währungseinheit zu verstehen ist, liegt auf der Hand. Zurückweisungen von Markenanmeldungen unter diesem Gesichtspunkt (z.B. der Beschluss des 30. Senats vom 11. Januar 1999, 30 W (pat) 197/98 - eurorechner) sind daher unbehelflich. Für den im vorliegenden Fall angesprochenen Verkehr, insbesondere die Endabnehmer betreffender Geräte, bleibt völlig unklar, auf welche Eigenschaften die Bezeichnung "Eurospeicher" produktbezogen hinweisen soll. Das erforderliche Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft kann der angemeldeten Marke deshalb nicht abgesprochen werden.

b) Die angemeldete Marke besteht auch nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Von einer unmissverständlichen Produktmerksangabe kann nicht ausgegangen werden; dafür ist - wie ausgeführt - der Sinngehalt der Gesamtbezeichnung zu unbestimmt. Die Markenstelle hätte darlegen müssen, weshalb der angesprochene Fachverkehr den Begriff "Eurospeicher" ausschließlich rein beschreibend im Sinne eines Speichers, der europäischen Normen oder Vorgaben entspricht, verstehen wird. Ein derartiges Verständnis hätte nämlich die Existenz solcher europäischer Normierungen auf dem vorliegenden Warensektor zur Voraussetzung, was aber nicht belegt worden ist. Mithin lässt sich das von der Markenstelle unterstellte Allgemeininteresse an der Freihaltung der angemeldeten Bezeichnung nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen.

Die angefochtenen Beschlüsse konnten daher keinen Bestand haben und waren auf die Beschwerde des Anmelders aufzuheben.

Viereck Dr. Albrecht Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2005
Az: 32 W (pat) 131/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/85d1f1978e3c/BPatG_Beschluss_vom_6-April-2005_Az_32-W-pat-131-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share