Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juni 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 156/99

(BPatG: Beschluss v. 27.06.2001, Az.: 28 W (pat) 156/99)

Tenor

Die Beschwerden des Markeninhabers und der Widersprechenden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die seit dem 19. Juli 1996 für die Waren

"aromatisierte Öle, ins. Trüffelöle; Aceto Balsamico und andere Essigsorten; Fertigsoßen der würzigen oder süßen Geschmacksrichtung"

eingetragene Marke 396 16 972 MARINA ist ua Widerspruch erhoben worden aus der Marke 2 015 340 MARINA die seit dem 11. Juni 1992 für

"Margarine, Speiseöle und -fette, Butter und Käse, ausgenommen Frischkäse und Speisequark"

eingetragen, aufgrund eines eigenen Löschungsantrags der Widersprechenden zwischenzeitlich aber nur noch für "Margarine" geschützt ist.

Auf die Einrede der Nichtbenutzung durch den Markeninhaber hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung des Widerspruchszeichens für die Waren "Würfel-Margarine" vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 29 hat die angegriffene Marke teilweise gelöscht, und zwar für die Waren "Aromatisierte Öle, insbesondere Trüffelöle", im übrigen aber den Widerspruch zurückgewiesen. Ausgehend von der Glaubhaftmachung der Benutzung für "Margarine" könne eine Ähnlichkeit der Waren nur für aromatisierte Öle angenommen werden, die als Speiseöle entsprechend der bisherigen Gleichartigkeitsrechtsprechung zum WZG mit Margarine regelmäßige Berührungspunkte hätten, was angesichts bestehender Markenidentität zwangsläufig zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führe. Hinsichtlich der übrigen Waren, nämlich "Essig" und "Fertigsoßen..", fehle es im Verhältnis zu "Margarine" bereits an der Warenähnlichkeit.

Gegen diese Entscheidung haben sowohl der Markeninhaber als auch die Widersprechende Beschwerde eingelegt, letztere allerdings beschränkt auf die Zurückweisung des Widerspruchs bezüglich der Waren "Fertigsoßen..".

Der Markeninhaber hat im Beschwerdeverfahren sein Warenverzeichnis wie folgt konkretisiert und eingeschränkt:

"Aromatisierte Öle mit sichtbarer Kräutereinlage, nämlich Trüffelöle, Steinpilzöle, Pfefferschoten und Knoblauchöle, Oreganoöle, Pfefferschotenöle, Rosmarinöle, Salbeiöle, Basilikumöle.

Aceto Balsamico und andere Essigsorten;

Fertigsaucen und Kräutersaucen, nämlich Pesto alla Genovese Sauce, Tomaten-Basilikum Sauce, Tomaten-Speck-Kräuter-Sauce, Tomaten-Fleisch-Kräuter-Sauce, Pesto Dolcino-Sauce, Pesto Agro Dolcino Sauce, Tomaten-Ricotta-Käse-Sauce, Artischokencreme mit Knoblauch-Sauce".

Er ist der Auffassung, daß damit im Verhältnis zur konkret benutzten Ware "Würfelmargarine" der Widerspruchsmarke, die allein zum Kochen und Braten geeignet sei, keine Warenähnlichkeit zu den hochwertigen Spezialprodukten der angegriffenen Marke mehr gegeben sei, zumal sich beide Warengruppen auf dem Markt auch nicht begegneten.

Der Markeninhaber beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Juli 1999 im Umfang der Löschung seiner Marke aufzuheben und die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss vom 12. Juli 1999 aufzuheben, soweit der Widerspruch auch für die Waren "Fertigsaucen der würzigen oder süßen Geschmacksrichtung" zurückgewiesen worden ist, sowie die Beschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß zwischen "Margarine" und den vom Markeninhaber auch nach Einschränkung des Warenverzeichnisses beanspruchten, noch im Streit stehenden Waren ohne weiteres Ähnlichkeit im Rechtssinne anzunehmen sei. Saucen bedürften zu ihrer Herstellung einer Fettbasis zB in Form von Margarine, während Speiseöle auch im aromatisierten Zustand Öle blieben und damit nach Beschaffenheit und Verwendung Margarine sehr nahe kämen.

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers und der Widersprechenden sind zulässig, haben aber keinen Erfolg, da die angefochtene Entscheidung der Markenstelle einer Überprüfung unter allen tatsächlichen wie rechtlichen Gesichtspunkten standhält.

Bei der Frage der Verwechslungsgefahr ist nach § 9 Abs 2 MarkenG von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND; BGH BlPMZ 1999, 112 - LIBERO).

Ausgehend von diesem Grundsatz ergibt sich vorliegend folgendes Bild:

1. Beschwerde des Markeninhabers Entgegen der Auffassung des Markeninhabers ist auch nach Beschränkung des Warenverzeichnisses auf spezielle Speiseöle mit Kräutereinlagen weiterhin von einer markenrechtlich relevanten Ähnlichkeit zu den Waren der Widerspruchsmarke auszugehen, und zwar selbst dann, wenn man die Widersprechende im Rahmen der Glaubhaftmachung der Benutzung entgegen den Grundsätzen der sog. erweiterten Minimallösung (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl. 2000, § 26 Rdnr. 106) auf die konkret benutzte Ware "Würfelmargarine" festlegt.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren sind zur Gewährleistung der Herkunftsfunktion der Marke alle Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Dabei kann auch auf Umstände zurückgegriffen werden, die bislang für die Bestimmung des Warengleichartigkeitsbereichs Geltung hatten, wie Herstellung von demselben Unternehmen, Übereinstimmungen in der stofflichen Beschaffenheit, gleicher Verwendungszweck oder Berührungspunkte beim Vertrieb, weil die Waren beispielsweise in denselben Verkaufsstätten angeboten werden. Darüber hinaus sind auch die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren zu berücksichtigen (EuGH GRUR 1998, 922, 923 TR 23 - CANON; BGH aaO - LIBERO), da die Hauptfunktion der Marke darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Die Marke muss also die Gewähr dafür bieten, dass alle Waren, die mit ihr versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt und erbracht worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Daher liegt eine die Verwechslungsgefahr begründende Warenähnlichkeit immer dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Diese Voraussetzungen werden von den sich im Rahmen der Beschwerde des Markeninhabers gegenüberstehenden Waren erfüllt. Hinsichtlich der Waren "aromatisierte Öle" teilt der Senat die Ansicht der Markenstelle in der von ihr gegebenen Begründung. Insbesondere lassen die tatsächlichen Feststellungen zur Marktsituation, wie in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien anhand von Prospekten erläutert, erkennen, daß "aromatisierte Öle mit sichtbarer Kräutereinlage" trotz ihrer Spezialisierung bei Herstellung wie Verwendung im Oberbegriff weiterhin Speiseöle bleiben und damit nach ihrer Beschaffenheit den Speisefetten, d.h. hier der Margarine in jeglicher Konsistenz und Abgabeform (sei es als hochwertiger vitaminangereichter Brotaufstrich, sei es als einfache Backmargarine) ohne weiteres so nahestehend sind, dass das Publikum Anlass zu der Annahme hat, die beiderseitigen Waren könnten aus demselben Unternehmen stammen (EuGH aaO - CANON).

Die Beschränkung des Warenverzeichnisses berührt gegenüber diesen allgemeinen Feststellungen allenfalls den Grad der Warenähnlichkeit, was indes vor dem Hintergrund identischer Markenwörter die angefochtene Entscheidung nicht in Frage stellen kann. So ist sicherlich nicht auszuschließen, da die sichtbaren Kräutereinlagen in den Speiseölen der angegriffenen Marke dem Publikum eine Art und Weise von manueller Herstellung suggerieren können, die nicht unbedingt von Unternehmen erwartet wird, die sich industriell mit der Herstellung von Margarine betätigen, sondern eher in kleineren Betrieben geleistet wird. Auch mag der Verwendungszweck aromatisierter Öle eher darauf gerichtet sein, anderen Lebensmitteln oder Salaten zur Geschmacksverfeinerung hinzugefügt zu werden, während Margarine hauptsächlich als Brotaufstrich oder zum Kochen und Backen von Speisen dient, bei denen Fett notwendiger Bestandteil ist. Dass sich die beiderseitigen Waren aus diesen Gründen nicht regelmäßig auf dem Markt bzw in denselben Vertriebsstätten begegnen, ist indes nicht zwingend, und zwar selbst dann nicht, wenn man die Waren der angegriffenen Marke eher individuell geführten Delikatessläden zuordnet als den Regalen von Supermärkten oder Kaufhäusern, da insoweit die Grenzen des Warenangebots entsprechend den Marktgepflogenheiten und Eßgewohnheiten der Bevölkerung nach den Feststellungen des Senats eher fließend und die Produkte unabhängig von ihrer Spezialisierung ohne weiteres austauschbar sind. Aus diesem Grunde kann auch nicht davon ausgegangen werden, die Produkte würden nicht miteinander konkurrieren oder richteten sich an ein anderes Zielpublikum.

Verbietet es sich damit, eine Ähnlichkeit der sich hier gegenüberstehenden Waren zur Gänze auszuschließen, führt das angesichts der Markenidentität selbst bei Unterstellung eines erheblichen Warenabstands und nur geringen Grades der Warenähnlichkeit zwangsläufig zur Annahme einer rechtserheblichen Verwechslungsgefahr gem § 9 Abs 2 Nr 2 MarkenG, so dass die Beschwerde des Markeninhabers erfolglos bleiben musste.

2. Beschwerde der Widersprechenden Soweit sich hier nach Beschränkung des Warenverzeichnisses entscheidungsrelevant noch die Waren "Fertig- und Kräutersoßen, nämlich.." und "Würfelmargarine" gegenüberstehen, ist die Markenstelle im angefochtenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen, dass es mangels regelmäßiger Berührungspunkte der Waren insoweit bereits an der Warenähnlichkeit im Rechtssinne fehlt.

Die Feststellungen des Senats haben keinen Hinweis darauf ergeben, dass Margarinehersteller auch als Produzenten von Spezialsoßen wie sie unter der angegriffenen Marke angeboten werden, in Betracht kommen. Schon insoweit hat Publikum keinen Anlass anzunehmen, dass die beiderseitigen Waren aus demselben Unternehmen stammen könnten. Die von der Widersprechenden angeführten Beispiele einer Überschneidung von Speisefett- und Soßenprodukten auf Herstellerebene (Vertrieb von Koch- und Bratfetten unter BISKIN gleichzeitig mit Saucen wie "Bearnaise" und "Hollandaise" bzw. Öle und andere Koch- und Bratfetten unter LIVIO mit verschiedenen Salatdressings) betreffen demgegenüber andere Waren bzw stellen bestenfalls Ausnahmen dar. Dem entspricht, dass sich die streitigen Waren auch deutlich in Bezug auf ihre stoffliche Beschaffenheit und ihren Verwendungszweck unterscheiden. Zwar können Saucen auch Margarine als Bestandteil enthalten, doch wird hierdurch der Warencharakter nicht dergestalt geprägt, daß man zu der Annahme gelangen könnte, wegen dieser Zutat werde die ganze Ware beim Hersteller von Margarine produziert. Selbst wenn die Waren - lässt man einmal die Verkaufsstätten außer Betracht - schließlich beim Verzehr einer Mahlzeit bei Tisch aufeinandertreffen sollten, reicht das für sich genommen nicht aus, eine Ähnlichkeit der hier konkret gegenüberstehenden Waren anzunehmen. Der Widersprechenden ist insoweit auch entgegenzuhalten, dass sie zu ihren Gunsten den Bereich der Warenähnlichkeit nicht in einer Umkehrung der Grundsätze der Integrationstheorie über die allein für die Spezialware "Margarine" nachgewiesene Benutzung hinaus etwa auf den weiteren Oberbegriff "Speisefette" für sich in Anspruch nehmen kann, um aus der Tatsache, dass es Unternehmen gibt, die Salatöl und die unter der angegriffenen Marke angebotenen Soßen anbieten (zB unter der Marke "Sasso") eine Warenähnlichkeit herzuleiten. Beiden Warenverzeichnissen liegt vielmehr ein eng begrenzter Warenbegriff zugrunde, der allein bei der Prüfung der Warenähnlichkeit heranzuziehen war.

Die Beschwerde der Widersprechenden war damit mangels Ähnlichkeit der streitigen Waren zurückzuweisen.

Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), bestand nicht.

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BPatG:
Beschluss v. 27.06.2001
Az: 28 W (pat) 156/99


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