Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 203/00

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2001, Az.: 30 W (pat) 203/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnungschwabeextractaist am 16. August 1996 unter der Rollennummer 396 30 122 für

"Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesund heitspflege, pharmazeutische Drogen"

in das Markenregister eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 23. November 1988 für

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Seifen, ätherische Öle, Haarwässer, Parfümerien; pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich Vitamin- und -mineralstoffpräparate, insbesondere Haarkurtabletten beziehungsweise -kapseln, Lebertrankapseln, Multivitaminkapseln, Kalziumtabletten, auch solche mit Vitamin C und/oder Vitamin A; Stärkungsmittel und Geriatriepräparate insbesondere Knoblauchkapseln; medizinische Mund- und Hautpflegemittel"

eingetragenen Wort-/Bildmarke 113 09 49 siehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, hat den Widerspruch mit Beschluss vom 30. Mai 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, es sei von einer schwachen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, da eine Anlehnung an die Beschaffenheitsangabe "Extrakte" vorliege. Auf die Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin hin sei von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für "Haarkurtabletten, Kalziumtabletten, Multivitamin-, Knoblauch- und Lebertrankapseln" auszugehen, die unter "pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege..." zu subsumieren seien und daher im Ähnlichkeitsbereich mit den Arzneimitteln und Gesundheitspflegeerzeugnissen der jüngeren Marke lägen. Daher stünden sich "schwabeextracta" und "Extracta" gegenüber, wobei eine Neigung des Verkehrs zur Verkürzung der jüngeren Marke gering sei und daher eine Verwechslungsgefahr im Ergebnis ausscheide.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, zwischen den beiden Marken bestehe eine Verwechslungsgefahr, da sie sich auf identischen oder zumindest ähnlichen Waren begegnen könnten und der Bestandteil "Schwabe" der angegriffenen Marke als Familienname erkannt werde, der aufgrund seiner Verwendung als Firmenbestandteil nicht als prägend angesehen werden könne. Zusätzlich entstehe bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck einer Verbindung der beiden Marken.

Die Widersprechende beantragt, den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Markeninhaberin ist der Auffassung, eine Verwechslungsgefahr liege nicht vor, da die angegriffene Marke nicht durch den kennzeichnungsschwachen Bestandteil "Extracta" geprägt werde und auch eine Verkürzung der angegriffenen Marke auf diesen Bestandteil nicht zu befürchten sei. Auch sei eine rechtserhaltende Benutzung nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (st Rspr, vgl zB EuGH MarkenR 1999, 22 - CANON; BGH MarkenR 1999, 297 - HONKA; GRUR 2000, 506 - ATTA-CHÉ/TISSERAND).

Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer nur unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem daraus resultierenden verminderten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Die Bezeichnung "Extracta" der Widerspruchsmarke bedeutet im Ergebnis unter Bezugnahme auf die hier in Frage stehenden Waren nichts anderes als die Pluralform des lateinischen Wortes "Extractum" für einen Pflanzenauszug, das als Fremdwort "Extrakt" mit gleicher Bedeutung Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat (vgl Duden, Fremdwörterbuch, S 241) und daher in der hier vorliegenden deutlich beschreibenden Verwendung auch breiten Verkehrskreisen geläufig ist.

Es kann zugunsten der Widersprechenden von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren "Multivitamin-, Knoblauch und Lebertrankapseln" sowie für "Haarkur- und Kalziumtabletten" ausgegangen werden. Diese Waren können mit denen der angegriffenen Marke identisch sein.

Sowohl auf der Seite der Widerspruchsmarke als auch auf der Seite der angegriffenen Marke sind zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen, wobei allerdings nicht von einem sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH aaO, ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1998, 942 - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236 - Lloyd/Loints) und der regelmäßig allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal).

Den unter diesen Umständen erforderlichen Markenabstand hält die jüngere Marke noch ein. Der in der jüngeren Marke enthaltene Zusatz "Schwabe-" bewirkt eine Unterscheidbarkeit der beiden Marken. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist dieser Markenteil nicht zu vernachlässigen. Es kann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht davon ausgegangen werden, dass der Bestandteil "Extracta" die Marke allein prägen und der Bestandteil "schwabe" von den hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen, gegebenenfalls anders im Fachverkehr (vgl BGH GRUR 1997, 897 - IONOFIL), nur als Firmenname ohne zeichenrechtliche Bedeutung aufgefasst würde. Selbständig kollisionsbegründend ist einer von mehreren Markenbestandteilen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aber nur dann, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt. Davon ist auszugehen, wenn die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Für die Prägung des Gesamteindrucks kommen schutzunfähige oder auch kennzeichnungsschwache Bestandteile in der Regel nicht in Betracht. Hier behält auch ein als solcher erkannter Firmenname seine mindestens mitprägende Kraft (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdnr 191) mit zahlreichen Nachweisen.

Insoweit kommt auch der Frage, ob der in der jüngeren Marke enthaltene Firmenbestandteil als solcher erkannt wird, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Denn auch wenn der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung hervorhebt, dass in einer kombinierten Marke eine - erkennbare - Firmenangabe im allgemeinen hinter weiteren Markenbestandteilen zurücktritt (vgl BGH GRUR 1996, 404 - Blendax Pep), ist dies nicht schematisch anzuwenden und kann jedenfalls dort nicht gelten, wo der weitere Bestandteil, wie hier "Extracta", nur aus einer warenbeschreibende Angabe zumindest angelehnten Bezeichnung besteht, der in der Gesamtbezeichnung eine markenrechtlich selbständige kollisionsbegründende Bedeutung nicht beigemessen werden kann.

Es besteht auch keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG in dem Sinne, dass die beiden Zeichen gedanklich in Verbindung gebracht würden. Denn auch wenn "Extracta" teilweise der Firmenkennzeichnung der Widersprechenden entspricht, ist doch auch in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der Verkehr in dieser Bezeichnung mit beschreibenden Anklang in erster Linie einen Hinweis auf so bezeichnete Waren sehen wird, nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdnr 217).

Schließlich ergibt sich aus der Gesamtheit der jeweiligen Marken weder die Gefahr von Verwechslungen in klanglicher, noch in schriftbildlicher Hinsicht.

Zu einer Auferlegung von Kosten gemäß § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Voit Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)203-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2001
Az: 30 W (pat) 203/00


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