Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. April 2002
Aktenzeichen: 23 W (pat) 23/00

(BPatG: Beschluss v. 16.04.2002, Az.: 23 W (pat) 23/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Mai 2000 aufgehoben und das Patent 197 41 609 mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 6, Beschreibungsseiten 1 bis 8, diese Unterlagen jeweils übergeben in der mündlichen Verhandlung, und 3 Blatt Zeichnung, Figuren 1 bis 3, 5 und 6, eingegangen am 9. April 2002, und ein Blatt offengelegte Zeichnung, Figur 4.

Bezeichnung: Verwendung einer Übergitterstruktur aus einer Mehrzahl von hintereinander angeordneten Heterogrenzflächenschichtfolgen zur Verbesserung der lateralen Stromausbreitung in einer lichtemittierenden Halbleiterdiode Anmeldetag: 20. September 1997.

Gründe

I Die vorliegende Patentanmeldung ist mit der Bezeichnung "Halbleiterschichtanordnung zur lateralen Stromausbreitung sowie lichtemittierende Halbleiterdiode (LED) mit einer solchen Halbleiterschichtanordnung" am 20. September 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Mit Beschluß von 2. Mai 2000 hat die zuständige Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung zurückgewiesen.

Die Prüfungsstelle hat ihre Entscheidung damit begründet, daß der Gegenstand nach dem damals geltenden, ursprünglichen Patentanspruch 1 keinen Unterschied zum Stand der Technik und damit keineswegs eine erfinderische Komponente aufweise, dh die beanspruchte Schichtenfolge nicht neu und auf jeden Fall nicht erfinderisch sei, weil die Halbleiterschichtanordnungen gemäß den im Prüfungsverfahren genannten Entgegenhaltungen - US-Patentschriften 5 132 750 und 5 550 391,

- E. Greger et al. :"Polarization Effect in Light Emitting Diodes With Orderd GaInP Active Layers" in Appl. Phys. Lett. Bd 68 (1996) Seiten 2383 bis 2385,

- N. Wada et al. :"GaAs/AlGaAs Light Emitters Fabricated on Undercut GaAs on Si" in Jap. J. of Appl Phys. Bd 33 (1994) Seiten 1268 bis 1274 und - W. Bludau:"Halbleiter-Optoelektronik" C. Hanser-Verlag, München (1995) Seiten 188 bis 189 ebenfalls Heterogrenzflächenschichtfolgen aufwiesen und somit zwangsläufig Banddiskontinuitäten aufträten mit einer Anreicherungszone für Majoritätsladungsträger, vgl den angefochtenen Beschluß Seite 4, drittle Abs bis Seite 5, 1. Abs.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin neue Ansprüche 1 bis 6 mit angepaßter Beschreibung überreicht und die Auffassung vertreten, daß dem Gegenstand des neugefaßten Patentanspruchs 1 der nachgewiesene Stand der Technik, einschließlich der von ihr selbst genannten Entgegenhaltungen gemäß

- der europäischen Offenlegungsschrift 0 434 233,

- der Literaturstelle H. Sugawara et al.: "High-Efficiency InGaAlP Visible Light-Emitting Diodes" in Jpn. J. Appl. Phys. Bd 31 (1992) Seiten 2446 bis 2451,

- dem Fachbuch von Ibach / Lüth: "Festkörperphysik - Einführung in die Grundlagen" 4. Auflage (1995) Springer Verlag, Seiten 368 bis 381, sowie - dem Fachbuch von Bergmann/Schaefer: "Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd 6 - Herausgeber Raith :" Festkörper" (1992) Verlag Walter de Gruyter, Seiten 564 und 565 nicht patenthindernd entgegenstehe.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Mai 2000 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Ansprüche 1 bis 6, Beschreibungsseiten 1 bis 8, diese Unterlagen jeweils übergeben in der mündlichen Verhandlung, und 3 Blatt Zeichnung, Figuren 1 bis 3, 5 und 6, eingegangen am 9. April 2002, und ein Blatt offengelegte Zeichnung, Figur 4.

Der geltende Patentanspruch 1 hat (nach Korrektur eines Bezugszeichens) folgenden Wortlaut:

"Verwendung einer Übergitterstruktur (2b) aus einer Mehrzahl von hintereinander angeordneten Heterogrenzflächenschichtfolgen zur Herstellung einer lichtemittierenden Halbleiterdiode (LED) mit verbesserter lateraler Stromausbreitung zwischen einer Stromaustrittsfläche (1a) eines Frontkontaktes (1) und einer parallel dazu angeordneten Wirkfläche (3a) einer optisch aktiven Schicht (3), wobei die Stromaustrittsfläche (1a) kleiner als die Wirkfläche (3a) ist und jede aus zwei Halbleiterschichten (2.1, 2.2) bestehende Heterogrenzflächenschichtfolge eine ausreichende Banddiskontinuität mit einer Anreicherungszone (2.3) für die Majoritätsladungsträger zur Bildung eines lateralen Stromkanales (2.3) in einer der die Heterogrenzflächenschichtfolge bildenden Halbleiterschicht (2.1) aufweist und die Bandabstände der Heterogrenzflächenschichtfolgen ein höheres Energieniveau aufweisen als die optisch aktive Schicht (3)."

Zu den Unteransprüchen 2 bis 6 und bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet, denn der Gegenstand des nunmehr geltenden Patentanspruchs 1 erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als patentfähig.

1) Sämtliche Patentansprüche sind zulässig, denn alle Anspruchsmerkmale sind für den Durchschnittsfachmann - einen berufserfahrenen, mit der Entwicklung von lichtemittierenden Halbleiterdioden oder Halbleiterlasern befaßten Diplom-Physiker oder Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Universitätsabschluß - aus der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart herzuleiten.

Der geltende Patentanspruch 1 geht auf die gemäß ursprünglichem Anspruch 6 beanspruchte Verwendung einer Halbleiterschichtanordnung im Rückbezug u.a. auf den ursprünglichen Patentanspruch 1 iVm dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung auf Seite 6 zurück, wobei die Konkretisierung der Halbleiterschichtanordnung als eine Übergitterstruktur ihre inhaltliche Offenbarungsstütze in der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 4, le Abs und Seite 8, le Abs findet.

Es ist auch für die Offenbarung der Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 unschädlich, daß abweichend von dieser Lehre im ursprünglichen Patentanspruch 6 die Heterogrenzflächenschichtfolge auf isotype Halbleiterschichten beschränkt war, da gemäß der ursprünglichen Beschreibung Seite 4, 2. Abs die Dotierung der jeweiligen Schichten der Heterogrenzflächenschichtfolge sowohl isotyp als auch verschieden (pn, pin, in usw) sein kann.

Die Verwendung gemäß dem geltenden Anspruch 2, wonach die Bandverbiegung des Majoritätsladungsträgerbandes wenigstens das Fermi-Niveau erreicht, ist in der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 3, 1. Abs und Seite 7, le Abs offenbart.

Die Verwendung gemäß den geltenden Unteransprüchen 3 bis 5 geht auf den ursprünglichen Anspruch 6 iVm den jeweiligen ursprünglichen Unteransprüchen 3 bis 5 zurück, während der geltende Unteranspruch 6 seine inhaltliche Stütze in der Beschreibung ab Seite 8, 2. Abs zu dem Ausführungsbeispiel nach Figur 6 findet.

2) Die vorliegende Patentanmeldung geht von einer lichtemittierenden Halbleiterdiode (LED) gemäß der europäischen Offenlegungsschrift 0 434 233 als nächstliegendem Stand der Technik aus, dem zufolge bereits erkannt wurde, daß bei lichtemittierenden Halbleiterdioden eine nicht ausreichende Stromaufweitung zur Lichterzeugung direkt unterhalb der nicht transparenten Elektrode führt, was eine sehr begrenzte Lichtausbeute zur Folge hat, vgl dort Sp 1, vorl Abs. Die dortige Lösung dieses Problems sieht eine transparente Fensterschicht (window layer 24) mit einer Dicke von 2 bis 30 µm und mit einer höheren elektrischen Leitfähigkeit oberhalb der aktiven Schichten (lower confining layer 21, active layer 22, upper confining layer 23) mit einer doppelten Heterostruktur vor, vgl Sp 3, Zeilen 15 bis 55 sowie Spalte 4, Zeilen 25 bis 39 iVm Figur 2 und vgl analog die Literaturstelle H. Sugawara (a.a.O) in Figur 3 die 7µm dicke Fensterschicht zur Stromaufweitung (current -spreading layer).

Als nachteilig bei diesen bekannten Lösungen wird von der Anmelderin die gegenüber den aktiven Schichten (Dicke < 1µm) erhebliche Dicke dieser Fensterschichten angesehen, die einen hohen Materialaufwand und eine lange Epitaxiezeit zu ihrer Herstellung erfordern, vgl geltede Beschreibung Seite 1 vorle Abs bis Seite 2 Abs 1.

Demgegenüber liegt der vorliegenden Erfindung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine lichtemittierende Halbleiterdiode (LED) mit verbesserter lateraler Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und einer aktiven Schicht der LED anzugeben, die eine sehr gute Lichtleistung aufweist und dabei einfach und kostengünstig herstellbar ist, vgl geltende Beschreibung Seite 3, Zn 29 bis 34.

Die Lösung ist im einzelnen im Patentanspruch 1 angegeben. Hierbei kommt es wesentlich darauf an, daß bei einer lichtemittierenden Halbleiterdiode zwischen einer Stromaustrittsfläche eines Frontkontaktes und einer parallel dazu angeordneten Wirkfläche einer optisch aktiven Schicht eine an sich, beispielsweise aus dem in der vorliegenden Beschreibung ab Seite 2, vorl Abs bis Seite 3, 1. Abs zitierten Fachbuch Ibach / Lüth (a.a.O Seite 373f, Abb 12.24 b), bekannte Übergitterstruktur aus einer Mehrzahl von hintereinander angeordneten Heterogrenzflächenschichtfolgen mit verbesserter lateraler Stromausbreitung verwendet wird, wobei sich die verbesserte laterale Stromausbreitung durch eine Anreicherungszone für die Majoritätsladungsträger aufgrund einer hinreichend großer Banddiskontinuität im Majoritätsladungsträgerband ergibt, weil die dadurch bedingte Bandverbiegung des Majoritätsladungsträgerbandes im Bereich der Halbleitergrenzschichten in die Nähe des Fermi-Niveaus oder darüber hinaus reicht.

Nach dem vorstehend genannten und von der Anmelderin selbst vorausgesetzten fachmännischen Wissen liegt die wesentliche Voraussetzung für die Bildung einer Anreicherungszone für die Majoritätsladungsträger in der Heterogrenzflächenschichtfolge darin, daß das Fermi-Niveau durch n-Dotierung zum Leitungsband bzw durch p-Dotierung zum Valenzband hin so weit verschoben wird, daß die Majoritätsladungsträger sich in einer Leitungsbandvertiefung bzw in einer Valenzbanderhöhung ansammeln können.

3) Der Anmeldungsgegenstand nach dem Patentanspruch 1 ist gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu (PatG § 3).

Von den vorstehend genannten und u.a. lichtemittierende Halbleiterdioden betreffenden Entgegenhaltungen offenbart keine eine Verwendung einer Übergitterstruktur aus einer Mehrzahl von hintereinander angeordneten Heterogrenzflächenschichtfolgen mit verbesserter lateraler Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und einer parallel dazu angeordneten Wirkfläche einer optisch aktiven Schicht einer lichtemittierenden Halbleiterdiode, vgl den jeweiligen Schichtaufbau zwischen dem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht in der US-Patentschrift 5 132 750 die Figuren 1 bis 4 mit Frontkontakt 28 und optisch aktiver Schicht 20 iVm zugehöriger Beschreibung; weiter in der US-Patentschrift 5 550 391 die Figuren 1B bis 11 mit den Frontkontakten 10, 512, 612, 712, 812, 912, 112, 132, 212, 312 sowie die optisch aktiven Schichten 3, 503, 603, 703, 803, 903, 103, 123, 203, 303 iVm zugehöriger Beschreibung; weiter in der europäischen Offenlegungsschrift 0 434 233 die Figur 2 mit Frontkontakt 25, Stromausbreitungsschicht (window 24) und optisch aktiver Schicht 22 iVm zugehöriger Beschreibung; weiter in H. Sugawara (a.a.O) mit Frontkontakt aus AuZn/Au, Stromaufweitungsschicht (Currentspreading layer) und optisch aktiver Schicht (undoped InGaAlP) iVm zugehöriger Beschreibung; weiter in N. Wada (a.a.O) die Figur 1(a) mit zugehöriger Legende zu Frontkontakt aus Au-Zn und optisch aktiver Schicht (n-GaAs active 0,1µm) iVm zugehöriger Beschreibung; und weiter in G. Greger (a.a.O) Figur 3 mit zugehöriger Legende zu Frontkontakt aus p+-GaAs und optisch aktiver Schicht aus i-GaInP.

Da in diesem Stand der Technik eine lichtemittierende Halbleiterdiode mit einer Übergitterstruktur zwischen deren Frontkontakt und deren optisch aktiven Schicht zur verbesserten lateralen Stromausbreitung nicht offenbart ist, ist die Verwendung gemäß dem Patentanspruch 1 gegenüber diesen Druckschriften neu.

Das Fachbuch W. Bludau (a.a.O) betrifft einen oberflächenemittierenden Halbleiter-Laser, dessen aktive Schicht, bestehend aus einer zwischen zwei GaAlAs-Schichten eingebetteten InGaAs-Schicht, beidseitig von p- bzw ndotierten Übergitterstrukturen aus abwechselnden Schichten aus AlAs und GaAs als dielektrische Spiegelschichten eines optischen Resonators umgeben ist, vgl dort Abb 12-7 mit zugehöriger Beschreibung.

Bei dieser Ausgestaltung eines oberflächenemittierenden Lasers befindet sich zwar eine pdotierte Übergitterstruktur zwischen dem Frontkontakt (p-Kontakt) und der optisch aktiven Schicht, jedoch ist dort die Verwendung einer Übergitterstruktur zur verbesserten Stromausbreitung zwischen dem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht auch für den oberflächenemittierenden Laser nicht offenbart, da dort die zur verbesserten lateralen Stromausbreitung erforderlichen Maßnahmen zum Erzeugen von Anreicherungszonen durch dotierungsabhängige Verschiebung des Fermi-Niveaus zur Valenzbandkante nicht angesprochen werden und da das Vorhandensein solcher Anreicherungszonen aus den kontinuierlichen Stromlinien in der Abbildung 12-7 nicht gefolgert werden kann.

Daher ist die Verwendung gemäß Patentanspruch 1 gegenüber der Verwendung einer Übergitterstruktur bei einem oberflächenemittierenden Laser nicht nur wegen des Unterschiedes zwischen einer lichtemittierenden Halbleiterdiode und einem Laser neu, sondern auch weil die Verwendung der Übergitterstruktur zur verbesserten Stromausbreitung zwischen dem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht des oberflächenemittierenden Laser in diesem Fachbuch nicht offenbart ist.

Die von der Anmelderin selbst genannten Fachbücher Ibach / Lüth (a.a.O Abschnitt 12.7, insbesondere Seite 374) und Bergmann / Schaefer (a.a.O Seite 564f) befassen sich ganz allgemein mit Halbleiterheterostrukturen und Übergittern mit Anreicherungszonen an den Heterogrenzflächen, in denen sich die Majoritätsladungsträger ansammeln. Zwar entnimmt der Fachmann der dort getroffenen Feststellung, daß bei ndotierten Halbleiterhetero- und Übergitterstrukturen, bei denen die verbogene Leitungsbandkante das Fermi-Niveau an der Grenzfläche überschreitet, sich im Halbleiter geringerer Bandlücke ein zweidimensionales Elektronengas ausbildet und somit die laterale Mobilität dieser Ladungsträger parallel zur Grenzfläche stark erhöht ist, jedoch ist dort von einer Verwendung einer Übergitterstruktur zur verbesserten lateralen Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht einer lichtemittierenden Halbleiterdiode, wie im Patentanspruch 1 vorgesehen, keine Rede.

Somit ist die Verwendung nach Patentanspruch 1 neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß diesen Fachbüchern.

Auch die übrigen, von der Anmelderin in der Beschreibung zitierten Druckschriften offenbaren keine Verwendung einer Übergitterstruktur zur verbesserten lateralen Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht einer lichtemittierenden Halbleiterdiode, so daß die Verwendung gemäß Patentanspruch 1 auch gegenüber diesem Stand der Technik neu ist.

4) Die gewerblich anwendbare Erfindung (PatG § 5) beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn die Lehre gemäß dem Patentanspruch 1 ergibt sich für den in Betracht zu ziehenden, vorstehend definierten Durchschnittsfachmann nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik (PatG § 4).

Wie vorstehend zur Frage der Neuheit dargelegt wurde, können die US-Patentschriften 5 132 750 und 5 550 391, die europäische Offenlegungsschrift 0 434 233 sowie die Literaturstellen N. Wada (a.a.O), E. Greger (a.a.O) und H. Sugawara (a.a.O) mangels einer Verwendung einer Übergitterstruktur zur verbesserten lateralen Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht einer lichtemittierenden Halbleiterdiode den Fachmann nicht zu einer Verwendung gemäß Patentanspruch 1 anregen, zumal auch die bei der lichtemittierenden Halbleiterdiode nach der US-Patentschrift 5 132 750 vorgesehene Übergitterstruktur des rückseitigen Reflektors (lightreflecting layer 16 in Figur 2, superlattice 38 in Figur 4) lediglich der Lichtreflexion und nicht einer - an dieser Stelle der lichtemittierenden Halbleiterdiode unnötigen - Stromausbreitung dient.

Auch die bei dem oberflächenemittierenden Laser gemäß dem Fachbuch W. Bludau (a.a.O Abb 12-7) vorgesehene pdotierte Übergitterstruktur zwischen dem Frontkontakt (p-Kontakt) und der optisch aktiven Schicht wirkt als ein Reflektor des Laserresonators und dient nicht einer Stromausbreitung mittels von Anreicherungszonen für Majoritätsladungsträger innerhalb der Übergitterstruktur, da einerseits eine solche Stromausbreitung am stufenförmigen Verlauf der Strombahnen erkennbar sein müßte und andererseits dort für die Stromeingrenzung um die optisch aktive Schicht ein Isolator angeordnet ist, um die Strombahnen entsprechend zu leiten.

Somit vermag auch diese Literaturstelle nicht, den Fachmann zu einer Verwendung nach Patentanspruch 1 anzuregen.

Schließlich belegen die Hinweise auf mögliche Anwendungen solcher Übergitterstrukturen in den Fachbüchern Ibach / Lüth (a.a.O Seite 378 und 381) und Bergmann/Schaefer (a.a.O Seite 564), daß die Fachwelt den Einsatz dieser Übergitterstrukturen wegen ihrer völlig neuen Eigenschaften, die eine neue "Dimension" im Bereich der Mikroelektronik geöffnet haben, wohl für die aktiven Schichten "neuer Bauelementkonzepte" in Betracht gezogen hat, nicht aber für die überraschend einfache und doch sehr wirkungsvolle Verwendung einer Übergitterstruktur zur verbesserten lateralen Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht einer lichtemittierenden Halbleiterdiode gemäß Patentanspruch 1.

Nachdem auch die übrigen, von der Anmelderin in der Beschreibung zitierten Druckschriften ebenfalls keine Verwendung einer Übergitterstruktur zur verbesserten lateralen Stromausbreitung zwischen einem Frontkontakt und der optisch aktiven Schicht einer lichtemittierenden Halbleiterdiode bzw eines anderen optoelektronischen Halbleiterbauelements offenbaren, kann der Fachmann auch durch diesen Stand der Technik nicht zu der Verwendung gemäß Patentanspruch 1 angeregt worden sein.

Die Verwendung einer Übergitterstruktur aus einer Mehrzahl von hintereinander angeordneten Heterogrenzflächenschichtfolgen zur Verbesserung der lateralen Stromausbreitung in einer lichtemittierenden Halbleiterdiode nach dem geltenden Anspruch 1 ist somit patentfähig.

5) An den Patentanspruch 1 können sich die auf ihn zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 anschließen, denn sie haben vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsformen der Verwendung nach dem Anspruch 1 zum Gegenstand; ihre Patentfähigkeit wird von derjenigen des Gegenstandes des Hauptanspruchs mitgetragen.

6) Die geltende Beschreibung erfüllt die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der Wiedergabe des maßgeblichen Standes der Technik und - in Verbindung mit der Zeichnung - bezüglich der Erläuterung der beanspruchten Verwendung einer Übergitterstruktur zur Verbesserung der lateralen Stromausbreitung in einer lichtemittierenden Halbleiterdiode.

Dr. Beyer Dr. Meinel Knoll Lokys Na






BPatG:
Beschluss v. 16.04.2002
Az: 23 W (pat) 23/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/842de563ff32/BPatG_Beschluss_vom_16-April-2002_Az_23-W-pat-23-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share