Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 28. April 2008
Aktenzeichen: 1 L 277/08

(VG Köln: Beschluss v. 28.04.2008, Az.: 1 L 277/08)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

2. Der Streitwert wird auf 25.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die im Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 30. November 2007 (00 00-00-0000/000.00.00) genehmigten Verbindungsentgelte für die Anrufzustellung im Mobilfunknetz der Antragstellerin in Höhe von 10,92 Cent/min. für den Zeitraum ab dem 01. Dezember 2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren VG Köln 1 K 5729/07, längstens bis zum 31. März 2009, vorläufig zu genehmigen,

ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag ist statthaft. Zwar sieht § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG im Verfahren nach § 123 VwGO die Anordnung der vorläufigen Zahlung eines beantragten höheren Entgeltes durch das Gericht selbst vor, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgeltes besteht. Die Kammer legt die Bestimmung jedoch einschränkend dahingehend aus, dass keine Anordnung einer Zahlung durch das Gericht selbst erfolgen darf, sondern lediglich eine Verpflichtung der Regulierungsbehörde zur Erteilung einer vorläufigen höheren Entgeltgenehmigung in Betracht kommt,

vgl. Beschlüsse der Kammer vom 31. Oktober 2005 und 19. Dezember 2005 - 1 L 1586/05 - sowie vom 04. April 2006 - 1 L 2056/05 -.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Genehmigung des geforderten höheren Entgeltes zusteht. Von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist dann auszugehen, wenn eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines derartigen Anspruchs spricht, als für das Nichtbestehen des Anspruchs.

vgl. Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2005 - 1 L 3263/04 -.

Das Bestehen eines Anspruchs der Antragstellerin auf Genehmigung des von ihr beanspruchten höheren Verbindungsentgeltes für die Anrufzustellung in ihrem Mobilfunknetz in Höhe von 10,92 Cent/min. (statt der genehmigten 7,92 Cent/min.) ist nicht wahrscheinlicher als das Nichtbestehen dieses Anspruchs. Es ist vielmehr offen, ob ein derartiger Anspruch besteht.

Die Genehmigungspflichtigkeit der in Rede stehenden Terminierungsentgelte ergibt sich aus der bestandskräftigen Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur - BNetzA) vom 29. August 2006 (00 00-00-000/0), in der die BNetzA die Entgelte der Antragstellerin für die Gewährung des Zugangs zu ihrem Mobilfunknetz der Genehmigungspflicht nach Maßgabe des § 31 TKG unterworfen hat.

Nach § 31 Abs. 1 TKG sind Entgelte, die - wie die vorliegend in Rede stehenden - nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG genehmigungsbedürftig sind, nur genehmigungsfähig, wenn sie die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) nicht überschreiten. Hiervon ausgehend ist zunächst nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Ansatz der BNetzA, gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG ihre Entgeltentscheidung aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung zu treffen, fehlerhaft gewesen wäre. Nach der genannten Norm kann - soweit die der Behörde vorliegenden Kosteninformationen nicht ausreichen - die Entscheidung auf einer Prüfung nach Satz 1 Nr. 1 (Vergleichsmarktbetrachtung) oder 2 (Kostenmodell) beruhen. Dass die vorgelegten Kosteninformationen nicht ausreichten, ist im angefochtenen Bescheid (Seiten 14 ff.) ausführlich begründet worden und wird von der Antragstellerin auch nicht substantiiert bestritten. Da ein Kostenmodell noch nicht vorlag, dürfte das Vorgehen anhand einer Vergleichsmarktbetrachtung im Ansatz nicht zu beanstanden sein.

Bei der in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG vorgesehenen Vergleichsmarktmethode sind die Preise solcher Unternehmen als Vergleich heranzuziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten; dabei sind die Besonderheiten der Vergleichsmärkte zu berücksichtigen. Dabei sind nicht - wie im GWB - (nur) Märkte mit wirksamem Wettbewerb zu betrachten, sondern „dem Wettbewerb geöffnete Märkte". Damit sind auch regulierte Märkte als potenzielle Vergleichsmärkte zugelassen,

vgl.: BT-Drs. 755/03, S. 95, Begründung zu § 33 des Regierungsentwurfs, der § 35 TKG entspricht.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG nur noch - anders als § 3 Abs. 3 TEntgV - auf „Preise" abstellt. Dies bedeutet, dass sich ein Vergleichsmarktverfahren auf die auf den Märkten zu beobachtenden Preise und nicht auch auf Kosten stützen soll,

vgl. Schuster/Ruhle in: Beck´scher Kommentar zum TKG, 03. Auflage, § 35 Rdn. 18.

Es ist zunächst nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die von der BNetzA gewählte Vorgehensweise, die zu genehmigenden Terminierungsentgelte statt anhand einer internationalen Vergleichsmarktbetrachtung aufgrund eines nationalen Tarifvergleichs zu ermitteln und in diesem Zusammenhang lediglich auf die Preise eines einzigen regulierten Vergleichsunternehmens - nämlich O2 (Germany) - abzustellen, rechtswidrig gewesen wäre. Denn nach der insoweit einschlägigen kartellrechtlichen Rechtsprechung ist der Vergleich mit nur einem einzigen Unternehmen rechtlich nicht zu beanstanden, sofern trotz der schmalen Vergleichsbasis die Vergleichbarkeit der Preise gewährleistet ist,

vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 1976 - KVR 2/76 -, BGHZ 68, 23, 33 - Valium I, vom 21. Oktober 1986 - KVR 7/85 -, WuW/E 2309, 2311 - Glockenheide, vom 21. Februar 1995 - KVR 4/94 -, BGHZ 129, 37 - Weiterverteiler und vom 28. Juni 2005 - KVR 17/04 -, BGHZ 163, 282 - Stadtwerke Mainz.

Die bezüglich des letztgenannten Erfordernisses von der BNetzA angestellte Erwägung, die Vergleichbarkeit der Preise sei im Hinblick darauf gewährleistet, dass die Rahmenbedingungen bei der Antragstellerin mit denjenigen bei O2 (Germany) weitestgehend übereinstimmten, ist jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.

Abgesehen davon ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Ermittlung der Terminierungsentgelte anstelle der von der BNetzA gewählten Methode anhand der von der Antragstellerin vorgelegten internationalen Vergleichsmarktbetrachtung erfolgen musste. Dabei ist die in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin aufgestellte These, für die Ermittlung von KeL im Wege der Vergleichsmarktbetrachtung sei der höchste unverzerrte Wettbewerbspreis maßgeblich, rechtlich nicht zutreffend. Dies hat die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 23. April 2007 (1 L 1997/06), der den Beteiligten bekannt ist, ausgeführt. Auf die dortigen Darlegungen wird Bezug genommen.

Auch sofern eine Durchschnittsbildung der zu vergleichenden Preise in Rede steht, spricht nicht Überwiegendes dafür, dass allein die von der Antragstellerin gewählte Vorgehensweise rechtmäßig gewesen wäre. Denn insofern dürfte der BNetzA ein Beurteilungsspielraum zustehen,

vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im zitierten Beschluss der Kammer vom 23. April 2007.

Ebenso wenig ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragstellerin ein Terminierungsentgelt von 8,8 Cent/min. zustünde, wie sie - gewissermaßen hilfsweise - geltend macht. Es erscheint im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der von der BNetzA in Ansatz gebrachte Korrekturabschlag von 10 Prozentpunkten bezogen auf das O2 (Germany) genehmigte Entgelt, der maßgeblich mit Unterschieden in den Terminierungsvolumina, deren Bestehen von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt wird, begründet worden ist, rechtswidrig wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Hälfte des in Hauptsacheverfahren auf Erteilung einer Entgeltgenehmigung nach der Rechtsprechung der Kammer anzusetzenden Wertes zugrundegelegt worden ist.

Dieser Beschluss ist nach § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG unanfechtbar.






VG Köln:
Beschluss v. 28.04.2008
Az: 1 L 277/08


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