Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. April 2000
Aktenzeichen: 34 W (pat) 29/99

(BPatG: Beschluss v. 18.04.2000, Az.: 34 W (pat) 29/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderinnen wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse F 23 J des Deutschen Patentamts vom 2. März 1999 aufgehoben und das Patent erteilt.

B e z e i c h n u n g : Durchführung durch ein einen Durchgang aufweisendes Anschlußteil.

A n m e l d e t a g : 27. März 1996.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 12, eingegangen am 24. März 2000, Beschreibung Seiten 1, 3, 5 und 8, eingegangen am 24. März 2000, Seiten 2, 4, 6, 7 und 9 - 11, eingegangen am 7. April 2000, 3 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 - 3, eingegangen am 24. März 2000.

Gründe

I Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Prüfungsstelle die Patentanmeldung zurückgewiesen, weil der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderinnen.

Sie haben im Beschwerdeverfahren eine eingeschränkte Anspruchsfassung eingereicht und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Unterlagen zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Durchführung durch ein einen Durchgang aufweisendes Anschlußteil - für ein Rohr (20) zwischen einer Feuerstelle und einer Zuluft-

bzw Abgasleitung oder einem Schornstein - mit einer dichtend in den Durchgang einsetzbaren Buchse (2c)

- aus elastomerem Material,

- die zwei dichtend ineinandersetzbare buchsenförmige Teile

(22, 24) aufweist,

- wobei der äußere Teil (22)

- mehrere sich von seiner Wandung (26) nach innenerstreckende Dichtlippen (28, 30) aufweist,

- die mit dem inneren Teil (24) dichtend zusammenwirken,

- und das innere Teil (24)

- mindestens eine sich von seiner Wandung (36) nach innenerstreckende Dichtlippe (40, 42) aufweist,

- die mit dem hindurchgeführten Rohr (20) dichtendzusammenwirkt.

Hieran schließen sich 11 Unteransprüche an.

Im Verfahren befinden sich folgende Druckschriften:

DE 44 43 603 A1 DE 93 09 769 U1 DE 34 31 599 A1 DE 83 11 835 U1 GB-PS 13 50 593.

Wegen Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II A) Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

B) Zu formalen Bedenken gegen die geltenden Patentansprüche besteht kein Anlaß. Anspruch 1 geht aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 9 in Verbindung mit der ursprünglichen Figur 4 hervor. Die Ansprüche 2, 3, und 4 leiten sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 5, jeweils in Verbindung mit Figur 4 ab, die Ansprüche 5 bis 12 aus den ursprünglichen Ansprüchen 6, 7, 8 und 10 bis 14.

C) Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt die Patentierungsvoraussetzungen.

1. Neuheit und gewerbliche Anwendbarkeit der beanspruchten Durchführung durch ein einen Durchgang aufweisendes Anschlußteil sind zweifellos gegeben; sie wurden mit dem Zurückweisungsbeschluß auch nicht angegriffen.

Der Anmeldungsgegenstand ist insbesondere auch gegenüber der älteren, nachveröffentlichten Anmeldung DE 44 43 603 A1 neu, die eine Fugenverbindung für Rohre und damit einen anderen Gegenstand betrifft. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist diese Schrift nicht in Betracht zu ziehen (§ 4 Satz 2 PatG).

2. Die beanspruchte Durchführung beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Das deutsche Gebrauchsmuster DE 93 09 769 U1 zeigt und beschreibt zwar auch eine Rohrdurchführung für eine Wand zwischen einer Feuerstelle und einer Zuluft- bzw Abgasleitung oder einem Schornstein. Dort wird aber die Abstützung des im Inneren des Frischluftrohres geführten Abgasrohres beschrieben und nicht eine dichtend in einen Durchgang (zB eine Wanddurchführung) einsetzbare Anschlussbuchse aus elastomerem Material. Diese Druckschrift vermittelt somit keinerlei Anregungen für die Ausbildung der hier beanspruchten Durchführung.

In der DE 34 31 599 A1 wird eine Anordnung zum Verbinden der Enden von Rohren oder von rohrförmigen Verbindungsteilen beschrieben. Die dabei verwendeten polymeren Dichtungsmanschetten werden, wie den Figuren ohne weiteres zu entnehmen ist, durch ein Klemmband auf die zu verbindenden Rohrenden gedrückt. Hinweise für die Ausbildung einer Durchführung durch ein einen Durchgang aufweisendes Anschlussteil für ein Rohr zwischen einer Feuerstelle und einer Zuluft- bzw Abgasleitung oder einem Schornstein lassen sich dieser Schrift nicht entnehmen.

Der aus der DE 83 11 835 U1 bekannte Rohrverbinder dient zur Verbindung von Rohren mit unterschiedlichem Außendurchmesser (S 3 leAbs bis S 4 Abs 1). Auch dieser Rohrverbinder (vgl Fig 4, Bezugsziffer 4) wird mit einem Spannelement auf die zu verbindenden Rohrenden gedrückt. Weder die Verbindung von Rohren mit unterschiedlichen Durchmessern noch das Zusammenspannen der Rohre über eine oder mehrere Dichtungsmanschetten mittels eines Spannelementes spielt aber bei der Entwicklung der anmeldungsgemäßen Durchführung durch ein einen Durchgang aufweisendes Anschlussteil für ein Rohr zwischen einer Feuerstelle und einer Zuluft- bzw Abgasleitung oder einem Schornstein eine Rolle. Der hier zuständige Fachmann konnte somit in dieser Schrift keine Anregungen für die Weiterbildung der ihm bekannten (Kaminrohr-) Durchführungen durch ein Anschlussteil, von dem die vorliegende Erfindung (vgl S 1 der geltenden Beschreibung) ausgeht, erwarten. Damit lag diese Entgegenhaltung, die zweifelsohne eine Reihe von Einzelmerkmalen des geltenden Anspruchs 1 offenbart, schon nicht im Blickfeld des hier zuständigen Fachmannes. Sie hätte ihn, sofern er von ihr Kenntnis erlangt hätte, aber auch nicht dazu angeregt, die darin beschriebenen, teilweise mehrteiligen Dichtungsmanschetten aus elastomerem Material als quasi selbstdichtend einsetzbare Buchse in der Durchführung eines Anschlussteiles einzusetzen. Denn dazu gibt diese Druckschrift keinerlei Anregungen. Schließlich war dieser Rohrverbinder schon mehr als zwölfeinhalb Jahre lang bekannt, bis die vorliegende Anmeldung eingereicht wurde. Dieser relativ lange Zeitraum stützt die getroffenen Feststellungen.

Die GB-PS 13 50 593 betrifft wiederum eine Rohrverbindung und nicht die Ausbildung einer Durchführung durch ein Anschlussteil. Außerdem ist dort der dichtend zwischen den Rohrenden angeordnete Dichtungsring (vgl die Abbildungen) als einteilige Buchse ausgebildet. Somit hat auch diese, schon über 20 Jahre lang bekannte Schrift, nicht auf den hier beanspruchten Gegenstand hingeführt.

Da die beanspruchte Durchführung im Hinblick auf den dem Senat bekannt gewordenen Stand der Technik für den Fachmann somit nicht naheliegend war, ist eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

Der Patentanspruch 1 ist daher gewährbar, ihm können sich die Ansprüche 2 bis 12 anschließen, die auf nicht platt selbstverständliche Ausführungsformen gerichtet sind.

Lauster Hövelmann Dr. Barton Dr. Frowein Bb






BPatG:
Beschluss v. 18.04.2000
Az: 34 W (pat) 29/99


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