Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. März 2010
Aktenzeichen: 23 W (pat) 20/03

(BPatG: Beschluss v. 23.03.2010, Az.: 23 W (pat) 20/03)

Tenor

BPatG 152 Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung DE 40 19 383.7-51 wurde am 18. Juni 1990 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität v. 22. Juli 1989 (Az. P 39 24 399.0 / vgl. Blatt 1 bzw. 27a der Amtsakte) beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Bezeichnung "Klangteile" bzw gemäß Blatt 31 der Amtsakte mit geänderten Bezeichnung "Klangteil (Saitenauflageteil) für elektrische Ganzholz-Body-Gitarren (Bässe)" eingereicht.

Im Prüfungsverfahren wurden als Stand der Technik folgende Druckschriften ermittelt:

1) US 4 625 613 A, 2) DE 30 29 951 A1, 3) US 4 248 126 A, 4) US 4 688 461 A, 5) DE 27 45 636 A1, 6) DE 28 25 051 A1, 7) US 4 506 585 A und 8) US 3 951 031 A.

Nach insgesamt 5 Prüfungsbescheiden, einschließlich eines amtsseitigen Anspruchsvorschlags gemäß Bescheid vom 5. Februar 1996 (Bl. 94f. der Amtsakte), hat die Prüfungsstelle für Klasse G 10 D des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung mit Beschluss vom 23. Januar 2003 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des mit dem Schriftsatz vom 30. September 1996 eingereichten Patentanspruchs 1 (eingegangen am 4. Oktober 1996) gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert sei.

Hiergegen richtet sich die zulässige Beschwerde des Anmelders vom 5. Februar 2003, mit Unterschrift beim Deutsches Patentund Markenamt am 25. Februar 2003 eingegangen.

Die geltenden Unterlagen wurden mit dem Schriftsatz vom 30. September 1996 eingereicht und umfassen Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung Seite 2 bis 5 und eine Teileliste, Zeichnung, Figuren 1 bis 4, diese Unterlagen sind eingegangen am 4. Oktober 1996.

Auf den vom Berichterstatter erlassenen Bescheid des 23. Senats des Bundespatentgerichts vom 16. September 2009 hat sich der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 21. Dezember 2009 geäußert.

Darin führt er an, dass in der Anmeldung überwiegend von Gitarren, also eindeutig Zupfinstrumenten geredet wurde.

-Damit seien alle Streichinstrumente automatisch schon mal raus aus dem Schutzumfang. Ganz egal was im Hauptanspruch stehe.

-Die Konstruktion sei nur mit soliden, massiven Bereichen des Holzkorpusses funktionsfähig. Damit seien alle 100 %ig akustischen Instrumente ebenso raus aus dem Schutzumfang.

-Da es sich um eine Klangoptimierung (siehe falsch gewählter Begriff Klangteil) handele, seien alle Produkte, die nichts mit Klangerzeugung zu tun hätten, raus aus dem Schutzumfang (vgl. Eingabe des Beschwerdeführers, Seite 2, unten.

Mit seiner o. g. Eingabe hat der Beschwerdeführer jedoch keine neuen Patentansprüche eingereicht, so dass nach wie vor die Unterlagen aus dem Jahr 1996 gelten.

Somit beantragt der Beschwerdeführer gemäß seinem gesamten schriftsätzlichen Vortrag sinngemäß, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 10 D des Deutschen Patentund Markenamts vom 23. Januar 2003 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung Seite 2 bis 5 und eine Teileliste, Zeichnung, Figuren 1 bis 4, diese Unterlagen sind eingegangen am 4. Oktober 1996.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"1. Brücke und Steg für gitarrenähnliche Saiteninstrumente z. B. Gitarren und Bässe, die (der) mindestens einen Saitenauflagebereich (2) zur Führung mindestens einer Saite (1) aufweist und die(der) über einen Saitenbefestigungsbereich (B) (3, 4, 12, 6) mit einem Korpus des Saiteninstruments verbindbar ist und bei der der Saitenbefestigungsbereich als Saitenhalter, Tremolo (B), oder als Bohrungseinhängung (3, 4, 12, 6) ausgebildet ist, wobei der Saitenauflagebereich (2) als ein Formblock (5) ausgebildet ist, der durch eine Preßpassung in eine angepasst geformte Ausnehmung des Korpusses auswechselbar einsetzbar ist, und bei der für ein Höhenverstellen (Brücke), bzw. Verspannen des Blockes und der Saiten (Steg) relativ zum Korpus mindestens eine quer zur Korpusoberfläche ausgerichtete Schraube vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schraube (14) in einem Gewinde des Blockes (5) geführt ist, das sich relativ zur Korpusoberfläche in lotrechter Richtung durch den Block (5) hindurcherstreckt, und die Schraube (14) im Bereich ihres, relativ zur Korpusoberfläche, in lotrechter Richtung dem Saitenauflagebereich (2) abgewandten unteren Endes mit einer kugelförmigen Abrundung versehen ist, die den Block (5) relativ zu einer, in die Ausnehmung des Korpus eingesetzte Platte (9) abstützt, und dass die Schraube (14) im Bereich ihres, der kugelförmigen Abrundung abgewandten Endes, mit einem Eingriff zum Drehen versehen ist."

Bezüglich der Unteransprüche 2 und 3 sowie bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1) Das zentrale Problem dieses Erteilungsbzw. Beschwerdeverfahrens liegt gerade darin, dass der Anmelder auf Rügen von unzulässigen Änderungen in seinen Patentansprüchen mit Diskussionsvarianten reagiert, anstatt die unzulässigen Änderungen zu entfernen. Für die Zulässigkeit von Patentansprüchen ist der Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung maßgeblich (vgl. Schulte PatG, 8. Auflage, § 34 Rdn. 202 und 307). Im Hinblick darauf weist der geltende Anspruch 1 folgende unzulässige Änderungen auf (vgl. Bescheid vom 30. Januar 2008 bzw. vom 22. Oktober 2008):

Nach der ursprünglichen Beschreibungseinleitung betrifft die vorliegende Anmeldung Klangteile von mehrteiligen oder einteiligen Brücken für elektrische Ganzholz-Body-Gitarren (vgl. ursprüngliche Beschreibung Seite 1, Abs. 1 i. V. m. dem ursprünglichen Anspruch 1 und sämtlichen Ausführungsbeispielen gemäß den ursprünglichen Figuren 2 und 4 bis 6 mit zugehöriger Beschreibung), wodurch rein begrifflich Gitarren mit einem hohlen Resonanzkörper -die der geltende Anspruch 1 mitumfasst -ausgeschlossen sind.

In den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 32 und der ursprünglichen Beschreibung ist von einem "Steg" oder "gitarrenähnlichen Saiteninstrumenten" wörtlich nirgends die Rede.

Was der Begriff "gitarrenähnliche Saiteninstrumente" anbetrifft, so muss festgehalten werden, dass die Saiten einer Violine mit einem Resonanzkörper auch "gezupft" (pizzicato) werden können. Daher geht der Begriff "gitarrenähnlicher Saiteninstrumente" weit über den ursprünglichen Offenbarungsgehalt der vorliegenden Anmeldung hinaus.

Weiter ist in den ursprünglichen Unterlagen ein allgemeiner "Saitenbefestigungsbereich (B)" nirgends genannt. Vielmehr ist in der ursprünglichen Beschreibung von einem Klangteil A die Rede, das als "Saitenbefestigungsteil (Extrapatent)" oder mit einer "Tremolovorrichtung (Extrapatent)" eingesetzt wird (vgl. ursprüngliche Beschreibung Seite 4, Abs. 1).

In diesem Zusammenhang ist ursprünglich lediglich offenbart, dass ein Sustainblock (5, 7) mittels einer Presspassung in einen Gitarrenkörper angeordnet wird und in diesen Sustainblock (5, 7) die Saiten eingehängt werden können, wie es anhand der Figur 4 mit zugehöriger Beschreibung offenbart ist.

Ferner ist ursprünglich als technisch viel präziserer Begriff die "Saitenlängenauflage (2)" als punktförmiger Ort oder das "Saitenauflageteil" offenbart (vgl Anspruch 1 oder Figur 4 mit zugehöriger Beschreibung) und nicht ein "Saitenauflagebereich (2)".

Die verallgemeinerten Begriffe "Formblock (5)" und "Block (5)" sind ursprünglich nicht offenbart und somit nicht zulässig. Vielmehr ist ursprünglich ein "Sustainpassteil (5)" (Seite 7, Z. 25) bzw. ein "Sustainblock (5)" (Seite 10, le. Abs.) offenbart.

Somit ist der geltende Patentanspruch 1, eingegangen am 4. Oktober 1996, nach wie vor unzulässig (vgl. auch den Bescheid der Prüfungsstelle vom 24. April 2002).

2) Die in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2009 vorgetragene Auffassung, zur Definition des Schutzbereichs sei die gesamte Offenbarung heranzuziehen und nicht nur der Hauptanspruch oder die Unteransprüche (vgl. Seite 3, Abs. 2), steht im krassen Gegensatz zur gefestigten Rechtsprechung des BGH.

So hat der BGH in seinem Urteil vom 7. September 2004 entschieden, dass ein Ausführungsbeispiel regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs erlaubt, vgl. BGH GRUR 2004, 1023, Leitsatz 1 -"Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung".

Auch die Auffassung des Beschwerdeführers, dass ursprüngliche, möglicherweise unübliche oder sogar falsche Bezeichnungen in einer Anmeldung durch fachlich korrekte Ausdrücke ersetzt werden können, wird von der BGH-Rechtsprechung nicht gestützt.

So hat der BGH in seinem Urteil vom 2. März 1999 entschieden, dass Patentschriften im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellen, und für den Fall, dass diese vom allgemeinen technischen Sprachgebrauch abweichen, ist letztlich nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgebend, vgl. BGH GRUR 1999, 909, Leitsatz 2 -"Spannschraube".

In einem weiteren Urteil vom 16. Dezember 2008 hat der BGH entschieden, dass auch dasjenige offenbart sein kann, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern "mitgelesen" wird; die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d. h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt, vgl. BGH GRUR 2009, 382, Leitsatz 2 -"Olanzapin".

Schließlich ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, es komme auf die Anspruchsfassung nicht an (wörtlich: "Ganz egal was im Hauptanspruch steht.") völlig unzutreffend.

Schon im § 14 Satz 1 PatG ist festgelegt, dass "der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung durch die Patentansprüche bestimmt wird."

Auch der BGH bestätigt in seinem Urteil vom 19. November 1991, dass die Patentansprüche stets die maßgebliche Grundlage des Patentschutzes bleiben müssen, vgl. BGH GRUR 1992, 305, 307, Abschnitt II. 3. -"Heliumeinspeisung".

Daher musste die Beschwerde des Anmelders zurückgewiesen werden.

Lokys Dr. Hock Maile Dr. Friedrich Pr






BPatG:
Beschluss v. 23.03.2010
Az: 23 W (pat) 20/03


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